Ich mag Neo-Western. Ich glaube, ich habe noch keinen gesehen, den ich wirklich schlecht fand. Klar, manche sind „malen nach Zahlen“ einfallslos aber doch immer mit zumindest etwas Liebe gemacht. Und kein Wunder, denn Geld kann man mit Western wohl nicht mehr machen.
Diese franko-amerikanische Produktion entstand unter der Regie von Tommy Lee Jones. In der Mitte des 19. Jahrhunderts geraten drei Frauen in einer abgelegenen Siedlung in Nebraska in grauenhafte Situationen, denen sie nur mit ernsthaften psychischen Problemen entkommen. So „verrückt geworden“ nutzen sie Ihren Ehemännern, nicht mehr und es muss ein „Homesman“ gewählt werden, der die Frauen zurück in den Osten bringt.
Die unverheiratete Mittdreißigerin (und damit soziale Außenseiterin) Mary Bee Cuddy (Hilary Swank) hält jedoch keinen der Männer für fähig und beschließt selbst die Fahrt zu unternehmen. Unterwegs rettet sie den Claimräuber George Briggs(Tommy Lee Jones) vor dem Lynchmord, nachdem sie ihm das Versprechen abgenommen hat sie zu begleiten. Ein Geschäft, dass Briggs umso weniger gefällt , je länger er die Schlinge nicht mehr um den Hals hat.
So weit und so hervorragend die Ausgangslage, die auf einen echten Anti-Western hoffen lässt: zum größten Teil weibliche Charaktere, die Ironie statt „Vierzig Wagen Westwärts“ einen Wagen ostwärts zu begleiten und die großartig fotografierte Landschaft Nebraskas (in der Realität New Mexico).

Hey Leute, kommt das nur mir so vor, oder haben wir seit Jahrzehnten keinen Treck mehr überfallen? Wird mal Zeit!
Leider wird es nicht so gut, wie man hofft. Die kranken Frauen werden, sobald die Fahrt losgeht, zu reinen Staffage, zu einem Problem, dass mehrfach gelöst werden muss. Und während Swank und Jones beide sehr gut in Ihren Rollen sind, scheinen sie in verschiedenen Filmen zu agieren: Swank in dem oben beschrieben realistischen Anti-Western und Jones beinahe in einem Cartoon. Seht euch mal seine Einführunsszene an:
hat noch jemand an Bugs Bunny gedacht? Im dritten Akt kommt es dann noch zu einem erzählerischem Bruch, der dem Film nicht gut tut. Oh, und dann taucht Meryl Streep auf und zeigt, wie man dem Zuschauer in einer 5 minütigen Szene, die nur aus höflicher Konversation besteht, alles über einen Charakter vermitteln kann was er wissen muss.
FAZIT: leicht schizophrener Neo-Western, der einerseits die Nähre zur Realität sucht (Jones‘ Charakter ist gegenüber Indianern rassistisch, ein Wagen mit Sklaven in Ketten fährt vorbei etc.) andererseits eben ein bisschen Bugs Bunny ist, wenn Jones in seinen Backenbart murmelt, singt und säuft.
6/10 Dead US Cavalry Buglers
Seltsam aber so steht es geschrieben: Der DVD Klappentext-Schreiber hielt eine unverheiratete Hilary Swank wohl für so unwahrscheinlich, dass er sie kurzerhand zur Witwe machte. . .
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