Oh je, die Filmbesessenheit wird schlimmer: nicht nur müssen es zwei Filme sein, nein es sollen auch Filme über Filme sein. Aber auch das kriegen wir hin.
Wenn die Herren Golan und Globus von Cannon (siehe ‚Electric Boogaloo‚) die Fürsten des Trashfilms waren, dann ist Roger Corman sein Gottkaiser. Seit Mitte der 50er Jahre führt Corman Regie unter der Maxime „schnell und billig“. Bald begann er jedoch auch Filme zu produzieren. Und er hatte nicht nur ein fast perfektes Auge dafür was beim (vor allem jungen) Publikum ankommt sondern war auch hervorragend darin Talente zu entdecken. So haben Regisseure wie Francis Ford Coppola, Ron Howard, Martin Scorsese und James Cameron für Corman einige ihrer frühesten Arbeiten abgeliefert. Auf Schauspieler Seite sind Jack Nicholson und Peter Fonda als Beispiele zu nennen, denen Corman den Karrierestart ermöglicht hat. In zahlreichen Interviews mit Mitarbeitern, unter anderem einem sehr emotionalen Nicholson, und Corman selbst zeichnet ‚Corman’s World‘ das Bild eines Rebellen, eines Pfennigfuchsers und auch das eines Ausbeuters. Allerdings ist es ein wenig frustrierend, dass die Macher der Dokumentation sich ein wenig zu sehr als Vertreter Cormans zu sehen scheinen. Vor allem die Frage warum die Qualität seiner Filme seit den 80ern extrem nachgelassen hat wird nur unzureichend beantwortet und statt dessen mit dem Finger auf Lucas und Spielberg gedeutet (sie haben Ideen genommen, die normalerweise in Cormans Metier gefallen wären (‚Der weiße Hai‘, ‚Star Wars‘) und haben sie mit hundertfachem Budget produziert und damit zum Mainstream gemacht – wie unfair). Trotzdem ein sehenswerter und interessanter Film. Wer danach Interesse an Werken Cormans gefunden haben sollte, dem seien seine Poe Umsetzungen aus den 60ern empfohlen (insbesondere ‚Masque of the Red Death‘, dt. ‚Satanas – Das Schloß der blutigen Bestie‘ mit Nicolas Roeg an der Kamera!) und natürlich ‚Death Race 2000‘ mit einem der ersten Auftritte von Sylvester Stallone.
‚Side by Side‘ hingegen beschäftigt sich mit einem Wandel, der derzeit in Hollywood und dem Rest der Welt stattfindet. Das Ende des Celluloidfilms und dem Beginn des digitalen Zeitalters. Keanu Reeves interviewt zahlreiche Regisseure, Kameraleute, Cutter, Techniker und Schauspieler. Darunter Technophile, die den Wandel kaum abwarten können und aktiv vorantreiben, wie James „3D“ Cameron und George Lucas aber auch Zweifler wie Christopher Nolan und Wally Pfister. In einige Bereiche hat die Digitalisierung längst Einzug gehalten, wie den Schneideraum und die Einfärbung der Bilder, doch die Änderung direkt an der Kamera ist immer noch ungewohnt für die meisten Beteiligten und bedeutet eine Verschiebung von Kontrolle und Verantwortung. Keanu Reeves ist sicher kein brillanter Interviewer aber ein sympathischer. Und durch seine Mitwirkung hatte Regisseur Christopher Kenneally Zugriff auf Gesprächspartner, die er sonst sicher nicht gehabt hätte. Zwischen den Interviews finden sich immer wieder Szenen, die grundlegende Filmtechnik erklären und die Unterschiede zwischen Film und Digital verdeutlichen. Absolut sehenswert, wenn man auch nur geringes Interesse an dem Thema hat. Das Schöne an der UK DVD ist, wem die 90 Minuten Film nicht reichen hat Zugriff auf Stunden an Langfassungen der Gespräche.
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