Ich habe ‚Mara und der Feuerbringer‘ vermutlich nicht aus den besten Beweggründen geschaut. Genau genommen habe ich ihn nur angesehen, weil Macher Tommy Krappweis mich bei der Ehre gepackt hat: zufällig habe ich ein Interview mit ihm gesehen, in dem er sich beklagte, dass so viele Leute sich lauthals deutsche Genreproduktionen wünschen, wenn sie dann aber gemacht würden sie nicht ansähen. Dadurch fühlte ich mich dann doch sehr gut beschrieben und etwas beschämt.
Zu meiner Verteidigung: ich wusste nicht einmal, dass der Film existiert. Habe nie den Trailer oder Plakate bewusst gesehen. Und das mit RTL als Koproduzent, die hier sonst alles für ihre hirntote Dschungelshow mit Werbung tapezieren. Und sollte ich den Titel irgendwo gelesen haben, dann habe ich vermutlich gedacht, es handle sich um eine romantische Komödie um eine Mara und einen Lieferanten für mexikanisches Essen (mit Til Schweiger und mindestens einem seiner Kinder), das ist nun einmal für eine deutsche Produktion wahrscheinlicher. Aber fangen wir am Anfang an.
Die Edda verrät uns, dass der hinterhältige Loki, nachdem er den Tod des Gottes Balder herbeigeführt und die anderen Götter hinlänglich beleidigt hat, in einer Höhle an einen Stein gefesselt wird (mit den Gedärmen seines Sohnes übrigens). Über ihm wird eine Schlange platziert, deren ätzender Geifer unablässig in Lokis Gesicht triefen würde, stünde nicht Lokis treue Frau Sigyn bereit um den Sabber mit einer Schale aufzufangen. Wenn sie aber die Schale ausleeren muss, dann windet sich Loki vor Schmerz und die Erde bebt. Wenn Loki sich dereinst befreit, dann beginnt die Götterdämmerung.
Und hier setzt der Film ein. Mara Lorbeer (Lilian Prent) ist eine stille, etwas verträumte 15Jährige aus München. Ihre größten Probleme sind ihre überfürsorgliche, esoterische Mutter (Esther Schweins) und die Bullies aus der Schule. Doch dann stellt sich heraus, dass ihre Tagträume tatsächlich Visionen sind. Und Loki (Christoph Maria Herbst) schickt ihr immer aggressivere Visionen, denn jemand hat Sigyn (Eva Habermann) entführt und der Gott leidet, möchte sich jedoch nicht losreißen und das Ende der Welt auslösen. Also braucht er Hilfe. Von der einzigen Seherin, die er finden kann. Gemeinsam mit dem, von der Situation etwas zu begeisterten, Experten für Germanen und Wikinger Professor Weissinger (Jan Josef Liefers) macht sich Mara auf um eine Göttin und die Welt zu retten.
Okay, dass hat weitgehend Spaß gemacht. Vor zwanzig Jahren, hätte ‚Mara‘ vermutlich das Zeug gehabt mein Lieblingsfilm zu werden. Ich liebte diese Art von Geschichte, in der das Erwachsenwerden mit mythologischen Elementen angereichert und allegoriert wird. Und die Tatsache, dass der Film sich exakt an die Mythologie hält (etwas das Hollywood in 100 Jahren nie geschafft hat) hätte mich damals begeistert und gefällt mir heute immer noch. Prent und Liefers haben sichtlich Spaß, sind sympathisch und funktionieren gut als Hauptfiguren. Esther Schweins als baumbesprechende Eso-Mutti, die mit völligem Unglauben reagiert als tatsächlich Übernatürliches passiert gefiel mir besonders gut. Der Film hat ein solches Vorwärtsmoment, dass er viele seiner Schwächen überspielen kann und die 90 Minuten wie im Flug vergehen. Sicher er sieht nicht eben großartig aus, alles ist flach und so fernsehartig ausgeleuchtet, dass man auch eine Folge ‚Löwenzahn‘ schauen könnte, und die CGI sind nicht eben Cutting Edge aber wirkt zu jedem Zeitpunkt professionell. Maras Voice-Over Sequenzen scheinen nicht nur überflüssig, sondern leiden auch unter etwas, dass den Rest des Films nicht berührt: Text, der so klingt, wie sich ein Mann in seinen 40ern vorstellt, dass Teenager reden. Etwas unangenehm. Das größte Problem aber ist das viele Nebenhandlungen einfach enden, ohne je aufgelöst zu werden. Selbst die Haupthandlung gipfelt in einem etwas unterwältigenden Finale, das mehr darauf ausgelegt scheint Richard Wagner ans Bein zu pinkeln (an sich nix Schlechtes) als wirkliche Antworten zu geben. Für die wird man auf „ein Andermal“ vertröstet, das nach dem mauen Kinoauftritt wohl eher unwahrscheinlich ist. Es wirkt so als habe man zu krampfhaft versucht unter 90 Minuten zu bleiben, um eine junge Zielgruppe bei der Stange zu halten. Da Krappweis sowohl der Autor der Vorlage, als auch der Adaption ist und für die Regie verantwortlich zeichnet ist es wohl unwahrscheinlich, dass irgendwo noch ein „Director’s Cut“ in der Schublade liegt, der die meisten Probleme lösen könnte. Und doch, wie gesagt: es hat Spaß gemacht. Die Probleme sind nicht groß genug, um die erzählerische Begeisterung des Films zu brechen.
FAZIT: Es bleibt einer der besten deutschen Fantasyfilme seit der ‚Unendlichen Geschichte‘ (tolles Lob, ich weiß, was gabs denn noch? ‚Krabat‘? der war auch okay) der nach dem Fehlschlag im Kino auf Fantasy Conventions und Mittelaltermärkten ein begeistertes Publikum gefunden hat.
PS: das ist das erste Mal, dass ein Trailer so schlecht ist, dass ich ihn fast nicht in den Beitrag genommen hätte. Frage mich echt wer das Marketing zu verantworten hat. Furchtbar.