„I’m a friend of Sarah Connor“ – Terminator (1984)

Der folgende Text geht davon aus, dass die Handlung von ‚Terminator‘ bekannt ist!

1984 war James Cameron 30 Jahre alt. Er arbeitete seit etwa 5 Jahren als Special Effects Experte für allerlei B-Movies. So war er bei einer Reihe von Roger Corman Produktionen für die Erstellung von Miniatur-Modellen zuständig und bei  John Carpenters ‚Die Klapperschlange‘ für Matte Paintings. 1981 hat er zum ersten Mal Regie bei einem Spielfilm geführt. Mehr oder weniger. Bei Cormans ‚Piranha 2 – Fliegende Killer‘ war er als Effects Mann engagiert, sollte jedoch die Regie übernehmen, nachdem sich der eigentliche Regisseur abgesetzt hat. Mit einer Crew, die kein Wort Englisch sprach, während Cameron kein italienisch verstand. Produzent Ovidio G. Assonitis  hätte gern selbst Regie geführt und so kam es zu täglichen Streitigkeiten am Set. Um Camerons Erlebnis bei dem Film perfekt zu machen erlitt er auch noch eine schwere Lebensmittelvergiftung. Dadurch (so will es zumindest die Legende) hatte er, in einem Fiebertraum, die Vision eines unaufhaltsamen Robotermannes.

Damit sind wir wieder im Jahr ’84 angekommen. Denn inzwischen hatte Cameron diese Traumvision in ein Drehbuch gefasst. Ein Drehbuch, in dem eine bösartige KI aus der Zukunft zwei Terminatoren zurückschickt, um Sarah Connor, die Mutter eines zukünftigen, menschlichen Anführers (John Connor) zu töten. Der erste Terminator besäße ein metallenes Endoskelett mit synthetischem Fleisch und Haut darüber, der zweite bestünde aus Flüssigmetall und könnte jede beliebige Form annehmen. John Connor würde es gelingen einen Getreuen in der Zeit zurückzuschicken, um seiner Mutter beizustehen.

Als Cameron dieses Drehbuch Roger Corman zeigte, winkte dieser sofort ab: viel zu teuer! Doch seine Assistentin Gale Ann Hurd zeigte sich interessiert. Sie hatte Kontakte zu Orion Pictures, die so etwas möglicherweise finanzieren würden – in einem reellen Rahmen. Der Flüssig-Terminator würde jeden Rahmen sprengen, folglich flog er aus dem Drehbuch (um später in ‚T2‘ seine Rückkehr zu feiern). Cameron und Hurd überarbeiteten das Buch weiter (Hurds genauer Anteil hierbei ist nicht ganz klar). Und schließlich verkaufte Cameron es ihr für einen Dollar und das Versprechen, den Film von Niemandem außer ihm drehen zu lassen. Ein Besprechungstermin mit den Leuten von Orion wurde anberaumt und Cameron hatte eine… exzentrische Idee: sein Favorit für die Rolle des Terminatoren, Kumpel Lance Henriksen, würde in voller Bikermontur, mit Sonnenbrille, aufgeschminkten Schusswunden und Alufolie auf den Zähnen die Tür zum Besprechungsraum auftreten, bevor Cameron selbst auftauchen würde. Erstaunlich: sie wurden nicht rausgeworfen. Noch erstaunlicher: Orion wollte den Film produzieren ­­– allerdings nicht mit Henriksen in der Titelrolle. Orion bot die Rolle des Terminator Sylvester Stallone und Mel Gibson an. Beide sagten nein. Dann schlug das Studio O.J. Simpson vor. Den fand Cameron als kalten Killer jedoch nicht glaubwürdig…

Auch für die Rolle des Kyle Reese, des Mannes den Sohn John Connor aus der Zukunft schickt, um seine Mutter zu beschützen (was in genau der Art von Zeitparadox endet, die bei Doc Brown für erhöhten Baldrianbedarf sorgt), hatte Orion einen Vorschlag. Einen österreichischen Bodybuilder, der schon mehrfach versucht hatte ins Filmgeschäft einzusteigen. Bei seinem ersten Versuch, der Komödie ‚Hercules in New York‘ von 1970 hatten die Filmemacher beschlossen, dass sein Nachnahme für das amerikanische Publikum zu kompliziert sei. Er wird dort als „Arnold Strong“ geführt (kreative Leute in Hollywood) und wurde, aufgrund seines starken, steirischen Akzents, nachsynchronisiert. Doch 1982 hatte er dann einen echten Erfolg als Groschenroman-Barbar ‚Conan‘ im gleichnamigen Film. Und sein echter Name war nun durchaus bekannt: Arnold Schwarzenegger. Cameron hielt den Vorschlag für idiotisch. Wie sollte irgendein Schauspieler neben Schwarzenegger einen bedrohlichen Terminator abgeben? Aber das Studio bestand auf einem Treffen. Cameron plante den Mann zu provozieren, bis der Streit anfinge, um gar nicht erst verhandeln zu müssen.

Beim Treffen geschah dann aber Überraschendes: beide waren sich auf Anhieb sympathisch. Nach dem Gespräch war klar: Arnold würde nicht Kyle Reese spielen aber Cameron wollte ihn als Terminator. Das war eine recht erstaunliche Wahl, änderte sie doch die Figur des Terminator und damit die Geschichte grundlegend. Der Terminator sollte zwar unaufhaltsam sein, was ihn aber wirklich unheimlich machte, war die Fähigkeit in einer Menschenmenge zu verschwinden. Die einzige Gruppe Menschen, in der Schwarzenegger nicht sofort auffallen würde, ist in der Extrem-Pump-Ecke eines Fitnessstudios zu finden. Es würde also mehr um die rohe Konfrontation gehen müssen. Als rücksichtslos gewalttätige Figur war Schwarzenegger durchaus bedrohlich. Der Terminator war eben kein perfekter Infiltrator. Dazu passte auch Schwarzeneggers Akzent – die stimmliche Modulation des Terminator war auch nicht perfekt. So zeigt denn der fertige Film auch in einem Flashforward/einer Traumsequenz, wie ein Terminator schon am Tor eines Bunkers der Menschen überführt wird aber – aufgrund von Brutalität und Durabilität – dennoch erheblichen, tödlichen Schaden anrichtet.

Schwarzenegger seinerseits war von dem Film anfangs nicht sehr angetan. Als „irgendein Scheißfilm“ bezeichnete er ihn noch kurz vor Drehbeginn in einem Interview. Als Kyle Reese wurde schließlich Michael Biehn verpflichtet (ein zukünftiger Stammdarsteller von Cameron, der das Drehbuch für „dämlich“ hielt), sowie Linda Hamilton als Sarah Connor (eine zukünftige Ehefrau von Cameron, ihre Meinung zum Buch ist nicht überliefert). Lance Henriksen bekam eine Nebenrolle als Polizist Vukovich und würde 2 Jahre später in Camerons ‚Aliens‘ endlich die Chance bekommen einen Maschinenmann zu spielen. Cameron hatte zunächst Schwierigkeiten einen Special Effects Experten zu finden, der in der Lage war, bei nicht überragendem Budget, eine Menge Effekte abzuliefern. Schließlich wies ihn jemand auf einen gewissen Stan Winston hin. Der hatte für das berühmt-berüchtigte ‚Star Wars Holiday Special‘ die Wookie Anzüge hergestellt und teilweise für die ‚Freitag der 13.‘ Serie gearbeitet. ‚Terminator‘ wäre seine bis dato aufwändigste Arbeit, doch er zeigte sich motiviert. Für die Musik wollte Cameron – entgegen Hurds Empfehlungen – den Fernsehmusik-Komponisten Brad Fiedel.

Damit sind die Domino-Steine aufgestellt und man könnte sagen: der Rest ist Geschichte. ‚Terminator‘ wurde einer dieser Filme, bei dem jeder Beteiligte sein absolut Bestes ablieferte, das Ganze noch besser wurde als die Summe der Teile und somit zum Turboboost für zahlreiche Karrieren. Es ist ein wenig schwer vorstellbar, wenn man aus der heutigen Zeit zurückgeht, dass Cameron seinen ersten „echten“ Spielfilm für „nur“ etwa 6 Millionen Dollar ablieferte. Zum Vergleich: „T2“ kostete etwa das 18fache und von ‚Avatar‘ wollen wir gar nicht anfangen. Ich glaube für mich ist es aber gerade diese „B-Qualität“, die mit dem Budget einhergeht, die den Film so ansprechend macht.

Cameron hat hier einen Haifisch von einem Film geschaffen. Perfekt stromlinienförmig und kein Gramm Fett zu viel auf dem Knorpel. Eine längere Expositionszene wird benötigt? Die kann man problemlos in eine Autoverfolgungsjagd einbinden! Die einzigen Momente zum Durchatmen sind die wenigen frühen Momente, die wir mit Sarah Connor verbringen, bevor sie weiß, dass sie gejagt wird. Das Drehbuch schreibt ihr eine Verwundbarkeit zu, die allerdings eine tiefe Stärke maskiert. Und das setzt Linda Hamilton hier sehr gekonnt um. Zwischen der Kellnerin vom Anfang und der Frau am Ende, die allein ins Herz des aufkommenden Sturms fährt, liegen Welten. Hamilton erhält meist nur Aufmerksamkeit für den zweiten Teil, wo sie als durchtrainierte, paramilitärische Amazone natürlich auch mehr Eindruck hinterlässt, allerdings ist sie auch im ersten Teil wirklich gut. Verwundbarkeit ist auch ein gutes Stichwort für Kyle Reese. Der ist nämlich so gar nicht der typische 80er Actionheld, unbesiegbar und immer zu einen One-Liner aufgelegt, er ist vom ersten Moment an in der Defensive. Er sucht eigentlich immer sein (und Sarahs) Heil in der Flucht. Es ist nicht er, der den Terminator am Ende ausschaltet, es ist Sarah. Er ist der Vater des kommenden Helden, selbst eher unbedeutend. Der unwichtige Peleus zum kommenden, großen Achilles, sozusagen. Das macht ihn, zumindest für mich, aber zu einer eigentlich interessanteren, beinahe subversiven Figur.

Und damit sind wir natürlich bei Arnold angekommen. Ironischerweise entspricht der Terminator beinahe exakt den 80er Action-Klischees. Beinahe unbesiegbar (hier storytechnisch begründet) mäht er sich durch Reihen seiner Gegner und gibt sogar den einen oder anderen One-Liner von sich (nicht zuletzt „I’ll be back“, was zu Arnolds Markenzeichen werden sollte). Der Unterschied ist, das Arnold normalerweise Leute erschießt, die der entsprechende Film als „böse“ codiert. Hier erschießt er Charaktere, die „gut“ codiert sind. Die Parallelen funktionieren natürlich nicht zu einhundert Prozent und Cameron baut die eine oder andere Szene ein, die nur dazu dient, den Terminator zu entmenschlichen, etwa, wenn der sein beschädigtes Auge herausschneidet. In der zweiten Hälfte des Films sieht der Terminator, aufgrund schwerer Beschädigungen, mehr und mehr wie eine Leiche aus, bis er am Ende schließlich als Skelett noch immer Sarah verfolgt. Und seine Morde werden immer exzessiver. Sind es am Anfang noch „persönliche“ Morde, der Punk, dem er die Faust durch den Magen rammt, die Sarah Connors, aus dem Telefonbuch, die er an der Tür tötet, eskaliert es mit der rücksichtslosen Schießerei im Club Tech-Noir (ein Versuch von Cameron ein Genre für seinen Film zu definieren?), um schließlich im Massaker in der Polizeistation zu gipfeln und dann wieder eine persönliche Ebene um Sarah Connor anzunehmen. Die Angst, der Horror vor dieser unaufhaltsamen Kreatur steigt immer mehr, in der Polizeistation werden sogar Vukovich und ein Kollege, bis dato wichtige Nebenfiguren, fast achtlos im Kugelhagel ermordet. Was ich sagen will: Arnie ist gut und effektiv in der Rolle des Monster und ich wünschte, er hätte in seiner Karriere häufiger Schurken gespielt (nein, Mr. „vot killed de dinosaurs?“ Freeze zählt nicht).

Natürlich zeichnet für die Darstellung des Terminator nicht Arnold allein verantwortlich, auch Stan Winston hat hier ganz entscheidenden Anteil. Seine Special Effects nehmen, für mich, die seltsame Situation ein, dass sie einerseits problemlos als Effekte erkennbar sind, andererseits so gut sind, dass mir das völlig egal ist. Seine Miniaturarbeit, um die maschinenbeherrschte Zukunft darzustellen hat heute noch genauso viel Rumms, wie damals, die Detailaufnahmen von blanken Totenschädeln, die unter den schweren Eisenketten der Fahrzeuge bersten, trägt dazu ebenso bei, wie die Totalen, wo Reese und ein anderer Mann vor angreifenden Fliegern und Fahrzeugen in einem Jeep fliehen. Sie haben eine Ästhetik, die kein Film außerhalb der Terminator-Reihe (und auch da nicht alle) jemals wirklich wiederholen konnte. Die Stop-Motion ist nicht in jedem Moment perfekt, gerade das Finale in der Fabrik, mit den Komposit-Aufnahmen hat erkennbare Probleme, doch hinterlässt sie einen bleibenden Eindruck. Kein Wunder, dass Winston nach diesem Film zu „dem“ Special Effects Mann Hollywoods wurde, den Spielberg, Burton und natürlich Cameron und Dutzende mehr anriefen, wenn sie die besten praktischen Effekte brauchten.

Und wie hat sich Brad Fiedel, der Fernseh-Komponist, dem Hurd nicht viel zutraute, gemacht? Nun, wenn es Euch so geht wie mir, habt ihr gleich als ihr das Wort „Terminator“ gelesen habt das typische Thema im Hinterkopf gehört. Als den „Herzschlag eines mechanischen Mannes“ beschrieb Fiedel sein Ohrwurmthema. Dank Synthesizer-Sound ist es problemlos in den 80ern zu verorten, hat aber bis heute wenig verloren und dürfte, ähnlich wie die Star Wars Hymne in ihrer Reihe, bei jedem neuen Terminator-Film zum Einsatz kommen. Der restliche Soundtrack, nicht nur Synthie-Musik auch Klavier und elektrische Geige kommen zum Einsatz, ist subtiler, unterlegt den Film aber mit einer zusätzlichen Klangdimension, die fast immer positiv spürbar ist.

Was bleibt noch zu sagen? Man könnte die grundlegenden Themen des Films diskutieren, das unausweichliche Ende der Menschheit, problematische Beziehungen zu Technologie (vielleicht aktueller denn je) oder die Grenzen zwischen Mensch und Maschine. Das wäre sicherlich interessant, doch muss ich sagen, dass ‚Terminator‘ für mich ein Film ist, den ich eher mit dem Bauch als mit dem Kopf schaue. Vielleicht ist das seiner Herkunft aus einem Alptraum geschuldet. Die Themen haben andere Filme eleganter und besser behandelt, doch ist und bleibt ‚Terminator‘ ein fieser, kleiner B-Movie, der mir weit, weit sympathischer ist als das, was Cameron heute produziert. „Kein bisschen mehr als nötig“ scheint das Gebot des Films gewesen zu sein, dass sicher ein Stück dem Geld geschuldet war. Schon in der Fortsetzung geht diese exakte Zielanpeilung ein wenig verloren. ‚T2‘ hat die eine oder andere Problemzone, wo ein wenig Abnehmen nicht schaden könnte. Versteht mich nicht falsch, „T2“ ist ein großartiger Film, beinhaltet Szenen, die alles aus dem ersten Teil in den Schatten stellen (und beantwortet die Frage, wie man einen Gegenspieler mit Arnold als Held bedrohlich macht) aber ich verstehe nicht, warum er als der Beste der Reihe gilt. Als Ganzes erreicht er nie die Eleganz des ersten Teils. Aber vielleicht liegt das halt an meiner merkwürdigen Vorliebe für zielgerichtete B-Movies, die gar kein Interesse daran haben vorzugeben etwas anderes zu sein, als sie sind? I’ll be back!

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14 Gedanken zu “„I’m a friend of Sarah Connor“ – Terminator (1984)

  1. Pingback: Kritik: Terminator – filmexe

    • Yep, war bei mir auch ein Prozess. T2 hab ich zuerst gesehen, den ersten später und gekürzt (einer dieser Fälle, wo Schulhofgerüchte über die Kürzungen sehr abenteuerlich werden konnten). Hat mich erst mal gar nicht beeindruckt. Jahre später auf DVD hat’s dann geklickt.

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