Hier sind die Regeln, wie ich sie verstehe: der 31. Oktober war einmal der Reformationstag. Nun ist er Halloween und Halloween ist nicht nur ein Tag, sondern ein Monat und dieser Monat ist gruselig! Ein guter Zeitpunkt also unser furchtsam zuckendes Auge auf ein paar Spuktakuläre Filmmonster zu richten!
Der Zombie ist ein Sonderfall unter den Filmmonstern. Was wir uns heute unter dem Wort vorstellen, hat mit den mythologischen Ursprüngen nur noch ganz am Rande zu tun und ähnlich wie beim Vampir hat vieles der modernen Vorstellung seinen Ursprung in der Arbeit eines Mannes, doch diesmal ist die moderne Version direkt im Film geboren worden. Aber fangen wir vorne an, wo kommt der Zombie eigentlich her?
Die Idee von Toten, die aus dem Grab zurückkehren ist wohl in so ziemlich jeder Gesellschaft vorhanden. Schon in der ältesten überlieferten, schriftlichen Dichtung, dem Gilgamesch Epos droht die Göttin Ishtar bei Ungehorsam die Toten wiederzuerwecken, auf das sie die Lebenden an Zahl übertreffen. Ein wesentliches literarisches Werk für unsere Vorstellung vom Zombie ist weiterhin Mary Shelleys „Frankenstein“ von 1818, in dem der namensgebende Doktor ein Wesen aus Leichenteilen mit rein „wissenschaftlichen“ Mitteln wiederbelebt.
Zonbi oder Zombi ist ein Wort aus der haitianischen Kreolsprache und beschreibt sowohl eine Leiche, die von einem Hexer wiederbelebt und kontrolliert wurde als auch einen Lebenden, der vom Hexer seinem Willen unterworfen wurde und jedem seiner Befehle gehorchen muss. Die Vorstellung des Zombi entstand aus dem Aberglauben der Voodoo-Religion, wie der Vampir aus dem Aberglauben der christlichen Religion. Voodoo ist eine Vermischung verschiedener afrikanischer Religionen und des Christentums, entstanden durch die gewaltsame Verbringung von Afrikanern aus verschiedenen Regionen als Sklaven für die Neue Welt. Es ist vielleicht nicht überraschend, dass der Zombi auf Haiti zu einer Schreckgestalt wurde, war dies doch eine Nation aus ehemaligen Sklaven, die sich ihrer Herren entledigt hatten und was könnte die Schrecken der Sklaverei besser repräsentieren als eine willenlos gehorchende, lebende Leiche, ihrem sadistischen Meister schutzlos ausgeliefert.
Die USA hielten Haiti von 1915 bis 1934 besetzt und so gelangte die Idee des Zombi oder in der englischen Schreibweise Zombie nun auch nach Hollywood. 1932 entstand der erste Zombiefilm, ‚White Zombie‘ von Victor Halperin. Bela „Dracula“ Legosi gibt den bösartigen Voodoomagier Murder Legendre, der seine Plantage mit Hilfe von Zombies betreibt. Ein anderer Plantagenbesitzer bittet Legendre um Hilfe dabei die schöne Madeleine Short (Madge Bellamy) für sich zu gewinnen. Legendre verwandelt sie daraufhin in den titelgebenden weißen Zombie. Das Ganze war ebenso überzogen gespielt, wie geschrieben und wurde nur ein mäßiger Erfolg. Allgemein wurde der haitianische Zombie (in allen entscheidenden Rollen stets mit weißen Schauspielern besetzt) nie wirklich zum Hit in der Traumfabrik. Einer der besseren Vertreter ist der aus der produktiven Zusammenarbeit von Produzent Val Lewton und Regisseur Jaques Torneur hervorgegangene ‚I Walked With A Zombie‘ von 1942. Die Macher haben sich einigermaßen mit tatsächlichen Voodoo-Zeremonien auseinandergesetzt und lassen geschickt die Frage offen, ob übernatürliche oder rein weltliche Erklärungen für die Geschehnisse herangezogen werden können.
Neben diesen gibt es die Linie der wissenschaftlich wiederbelebten Leichen, die ihren Anfang natürlich in der Universal ‚Frankenstein‘ Serie hatte. Die hatte wenig mit dem Roman zu tun, bot aber mit Boris Karloff im Make-Up von Jack Pierce eine eindrucksvolle Kreatur und zumindest in den ersten beiden Teilen eine hochkreative Regie von James Whale. Diese Zombies (die natürlich nie so genannt wurden) überlebten den Niedergang der alten Filmmonster und retteten sich, aufgrund ihrer wissenschaftlichen Wurzeln, in die Ära des SciFi Horrors der 50er und frühen 60er. Zahllose Außerirdische und irre Wissenschaftler haben in den 50er Jahren Tote wiederbelebt. Im „schlechtesten Film aller Zeiten“ z.B., Ed Woods ‚Plan 9 From Outer Space‘ von 1959 wollen wohlmeinende Außerirdische die Menschheit durch die Wiederbelebung ihrer Toten ausrotten, bevor die Menschen eine Waffe entwickeln, die das ganze Universum in Gefahr bringt. Wood nutzt für diesen Film einige Aufnahmen des alternden Legosi. Da der aber vor Beginn der Dreharbeiten verstarb ersetzte Wood ihn kurzerhand durch seinen Chiropraktiker. Der sah Lugosi zwar nicht ähnlich aber solange er sich einen Umhang vor das Gesicht hält und nichts sagt macht das ja nichts, oder?
Aber der Zombie wie wir ihn heute kennen, als kannibalistischer Kadaver der in Horden auftritt wurde 1968 in George A. Romeros ‚Night of the Living Dead‘ geboren. Hier wurde das Auftreten der Zombies zu einem apokalyptischen Ereignis, dass die Gesellschaft zumindest an den Rand des Zusammenruchs bringt. Die Hauptrolle des Ben besetzte Romero mit Duane Jones, einem schwarzen Schauspieler, für das Hollywood der 60er immer noch sehr ungewöhnlich. Der Film begleitet eine Gruppe Überlebende, die sich in einem Haus vor den anrückenden Zombies verbarrikadiert, eine Handlung die ebenfalls viele Zombiefilme übernehmen sollten. Nervenaufreibend und schonungslos bis zu seinem brutal sozialkritischen Ende wurde der Film (vor allem international) für sein Budget von ca. 110.000 Dollar ein gigantischer Erfolg, der weltweit über 30 Millionen einspielte. Die unerfahrenen Filmemacher machten allerdings bei der Eintragung des Urheberrechts einen Fehler, der dafür sorgte, dass der Film quasi sofort in die „public domain“ überging. Das sorgte ab den 80ern dafür, dass zahllose Versionen auf günstigen VHS veröffentlicht wurden. Vielleicht hat das mehr zur Verbreitung des Zombie-Virus beigetragen als alles andere.
Fünf weitere „of the Dead“ Filme drehte Romero bis 2009. Während die ersten beiden, ‚Dawn of the Dead‘ (1978) und ‚Day of the Dead‘ (1985) zumeist allgemeine Anerkennung finden, wird es bei den nächsten dreien umstrittener. Romero beklagte manchmal die Tatsache, dass er keinen Film ohne Zombies mehr finanziert bekomme, doch ist kaum ein Name so eng mit einem Monster verbunden, wie der des kürzlich verstorbenen Regisseurs, der vielleicht genau deswegen nie ganz den Respekt für sein stets deutliches Ansprechen sozialer Probleme und seinen Einsatz für den Independent Film erhalten hat, der ihm zugestanden hätte. Neben diesen „offiziellen“ „of the Dead“ Filmen gab es noch die ‚Return of the Living Dead‘ Reihe, die sich ebenfalls als Fortsetzung von Romeros Erstling begreift, die das Klischee des hirnfressenden Zombies („Braaaaaiiiins!“) einführt, sich nicht ganz ernst nimmt und mit ihrem ersten Teil von 1985 meinen liebsten Zombiefilm stellt. Eine weitere inoffizielle Fortsetzung stellt Lucio Fulcis ‚Zombi 2‘ (1979) dar, der ‚Dawn of the Dead‘ fortsetzt, der in Italien als ‚Zombi‘ erschien, in einer von Dario Argento bearbeiteten Schnittfassung. Verwirrend genug? Dazu kommen jede Menge direkte Plagiate (insbesondere Italien war ein fruchtbarer Boden hierfür), Parodien und Hommagen, deren beste wohl Edgar Wrights großartiger ‚Shaun of the Dead‘ von 2004 war.
Was nicht heißen soll, dass die Zombies abseits von ‚of the Dead‘ untätig gewesen wären. In den 70ern gingen in Spanien z.B. die ‚Reitenden Leichen‘ um (seit 1971 ‚Die Nacht der reitenden Leichen‘, magisch wiederbelebte Kreuzfahrer ohne Augen aber mit Blutdurst. Eine erste Explosion erfuhr das Genre in den 80ern. In Stuart Gordons ‚Re-Animator‘ (1985) erschafft der verrückte Wissenschaftler Herbert West einige der groteskesken Zombies bis dato überhaupt und in Fred Deckers ‚Night of the Creeps‘ (1986) übernehmen außerirdische Parasiten ihre Wirtskörper. Es gab ‚Redneck Zombies‘ (1987), Zombies von Nebenan ‚The Dead Next Door‘ (1989) und sogar mal wieder den klassischen, haitianischen Zombie ‚Die Schlange im Regenbogen‘ (1988). Auch in den 90ern riss der Faden nicht wirklich ab, auch wenn sich der Zombie ein wenig aus dem Mainstream (nicht das er da jemals wirklich angekommen wäre) verabschiedete. Aber Peter Jacksons Schlachtplatte ‚Braindead‘ (1992) oder Michele Soavis toller ‚DellaMorte DellAmore‘ (1994), ein anderer Favorit von mir, hielten das Genre am Laufen.
Eine kleine Revolution vollführte dann Danny Boyles ’28 Days Later‘ 2004. Die Zombies waren hier nicht mehr rottende, langsame Kadaver, sondern im Gegenteil extrem schnelle, aggressive Infizierte. Zack Synders Remake von ‚Dawn of the Dead‘, ebenfalls von 2004 bediente sich ebenfalls schneller Zombies. Beide Arten existieren allerdings bis heute im Film nebeneinander her. In den 2000ern wurden es dann auch definitiv zu viele Zombies für mich. Mehr oder eher weniger gelungene Videospiel-Verfilmungen, wie ‚Resident Evil‘ (2002) oder ‚House of the Dead‘ (2003), Zombiekomödien, wie ‚Fido‘ (2006), Zombiefilme aus Ländern, an deren Filmindustrie man nicht sofort denkt, wie Chile (‚Descendants‘ 2008), Pakistan (‚Zibahkhana‘ 2007) oder Kuba (‚Juan of the Dead‘ 2010). Zombies waren überall. Remakes, Fortsetzungen, Comics, Serien, Hörspiele, Videospiele, Flashmobs, sogar ein deutscher Zombiefilm mit so etwas wie einem Budget (‚Rammbock‘ 2010). Und auch wenn es immer noch interessante Filme gab, wie den spanischen Found Footage Film ‚[REC]‘ (2007) oder den cleveren ‚Pontypool‘ (2008) hatte ich für meinen Teil Zombies für lange Zeit komplett satt.
Erst in den letzten Monaten kehrte ich mit Filmen, wie dem großartigen, südkoreanischen ‚Train to Busan‘ (2016) oder dem australischen ‚Wyrmwood‘ (2014), der es tatsächlich schafft der ausgelutschten Schädelhöhle des Zombiefilms noch etwas Neues abzugewinnen langsam zu den lebenden Toten zurück. Wenn ich also gerade aus den letzten 15 Jahren etwas Entscheidendes vergessen haben sollte, so tut es mir leid und ich bitte Euch es in den Kommentaren nachzulegen. Auch den Low- bis No Budget Bereich der 80er und 90er Jahre habe ich, vor allem aus Unwissenheit, weitgehend ausgespart. Wer aber die Ehre des Werks von Olaf Ittenbach oder Andreas Schnaas verteidigen möchte, der soll sich bitte keinen Zwang antun.
Was denn Zombiefilm gegenüber allen anderen Monsterfilmen aber besonders macht ist wie unangenehm gerade dem modernen Film der Name „Zombie“ zu sein scheint. „Infizierte“, „Walker“, „Ghoule“ alles scheint besser als der Begriff Zombie. ‚Shaun of the Dead‘ macht sogar einen Gag daraus, wenn Ed Shaun auffordert doch bitte nicht das „Z-Wort“ zu verwenden. Weiß jemand warum „Zombie“ ein so schmutziges Wort ist? Kritik und Publikum verwenden es doch ohnehin, um den Film einzuordnen, weshalb ich den Sinn nicht sehe es unbedingt zu vermeiden.
Wie auch immer, ich gehe jetzt und spiele mit der Katze mit den merkwürdig toten Augen, die irgendein Spaßvogel durch mein Fenster geworfen hat. Die hat mich vorhin schon gebissen. Naja, heut Mittag mache ich mir ein schönes Stück rohes Fleisch und zum Abendbrot gibt’s Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiirn!!
Zombie Alarm!!!
Interessant, dass du mit keinem Wort „The Walking Dead“ erwähnst. Mal abgesehen von den „Walkers“, die ja in der Serie umher schleichen. Schaust du die Serie eigentlich?
Und welche Zombies magst du eigentlich mehr? Blöde Frage ich weiß 😉
Die langsamen stöhnenden oder die schnellen fauchenden? Ich bin ja eher bei den langsam stöhnenden.
Und Frankenstein gehört meine Meinung nach nicht in dieses Genre. Auch wenn ich verstehe warum die die Figur in die Entwicklungsgeschichte miteinbeziehst. Das Monster unterscheidet sich in einem ganz wesentlichen Punkt von den echten Zombies. Egal ob diese nun schnell, langsam, wissenschaftlich kreiiert oder spirituell erschaffen sind. Es hat ein Gewissen und ein Bewusstsein. Deswegen ist es etwas ganz Besonderes und Shelleys Werk so grandios. 🙂
Aber das nur so am Rande.
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Frankensteins Monster ist natürlich kein Zombie, insbesondere nicht das des Buchs. Aber es ist für unsere Vorstellung vom Zombie als Produkt einer ausser Kontrolle geratenen Wissenschaft eine wichtige Grundlage. So wie „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ für unsere Vorstellung vom Werwolf, als Trennung des Lust- und Vernunftprinzips wichtig ist, ohne dass Hyde selbst ein Werwolf wäre.
Meine liebsten Zombies sind die rudimentär sprachfähigen aus ‚Return of the Living Dead‘. „SEND… MORE… COPS!“
Insbesondere diese Szene, die das Zombie-sein weit gruseliger macht als die Zombies selbst: https://www.youtube.com/watch?v=2NhF6zphSx8
Ansonsten hängt es von der Inszenierung ab. Wenn es so gut gelingt wie in 28 Days Later oder Train to Busan dann sind auch die schnellen Zombies hocheffektiv.
The Walking Dead habe ich nicht direkt erwähnt, weil ich mich auf Filme konzentriert habe. Aber tatsächlich war es, als ich den ersten Comicband und die ersten 1-2 Folgen der Serie gesehen habe, dass ich Zombies endgültig satt hatte. Das lag aber vermutlich mehr an der gesamten Übersättigung, als an den beiden Sachen im Besonderen.
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Sehr schöner Überblick. Ich bin ja der festen Überzeugung, dass der Zombie seinen richtigen Durchbruch erst durch Michael Jacksons „Thriller“ erfahren hat 😉
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Damit hast Du Vincent Price, John Landis und Jackson am Höhepunkt seiner Fähigkeiten auf Deiner Seite. Da versuche ich gar nicht erst zu widersprechen… 😉
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Auf dem Seriensektor ist natürlich die coole Vielfalt der Zombies bei Z Nation nicht zu verachten… Und Docs Zombie – Weed 😆
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