Streiflichter Nummer 4: Sammelsurium

Nachdem ich auf anderen Blogs immer mehr gelungene Kurzrezensionen gelesen habe, habe ich mich entschlossen meinen Streiflichtern noch eine Chance zu geben. Und im Gegensatz zum letzten Mal, wo es auf zwei quasi normal lange Rezensionen hinauslief, schaffe ich diesmal wirklich was weg. ‚Der Mönch‘, ‚Amy‘, ‚Nausicaä‘, ‚Les Misérables‘, ‚Robin und Marian‘, ‚The Void‘ und ‚Höhle der Vergessenen Träume‘. Das sind sieben Besprechungen zum Preis von keiner! Wenn das mal nicht mehr als nix ist. Legen wir los!

‚Der Mönch‘ (2011) – OT: ‚Le Moine‘

Mönch Ambrosio (Vincent Cassel) lebt in den letzten Tagen des 16. Jhdts. in einem spanischen Kloster. Er ist ein hervorragender Prediger und überzeugt über jede Versuchung erhaben zu sein. Diese Überzeugung wird auf eine harte Probe gestellt, als ein neuer, maskierter Mönch ins Kloster kommt.
Dominik  Moll inszeniert in den interessanten, teilweise beinahe surrealen Bildern eines gothischen Schauerstücks und Cassel wirkt wie direkt einem monastischen Portrait entstiegen. Das alles hilft wenig, da der Film sich damit begnügt die Charaktere durch die Gänge des Klosters huschen zu lassen und wenn sie sich begegnen einander die überaschungslose Handlung in Flüsterstimmen zu erzählen. Wirkt wie ein Film, den vor 40 Jahren Mario Bava inszeniert hätte. Dann wäre im dritten Akt allerdings hinter irgendeiner Ecke ein Dämon hervorgesprungen. So oder so hätte das zumindest die lähmende Langeweile gelockert. Nicht für mich.

 

‚Amy‘ (2015)

Dokumentarfilm über Amy Winhouses zu kurzes Leben. Wie in seinem großartigen ‚Senna‘ zeigt Regisseur Asif Kapadia ausschließlich Archivmaterial, von privaten Handyaufnahmen bis zu Fernsehbildern und Konzertmitschnitten. Er zeichnet ein Bild von einer hochtalentierten Frau, die von ihrem Erfolg völlig überrumpelt wurde und einen gewissen Hang zur Selbstzerstörung besaß. Unterlegt wird das Ganze mit Interviews mit Menschen aus Winehouses Umfeld, die der Regisseur kommentarlos für sich sprechen lässt. Wie bei ‚Senna‘ gilt, dass der Film gut genug ist, dass er auch lohnt wenn man sich für die behandelte Person eigentlich nicht sonderlich interessiert. Ein etwas merkwürdiges Gefühl hinterließ bei mir nur der Gedanke, was die sehr auf Privatsphäre bedachte Amy wohl von diesem Film gehalten hätte.

 

‚Nausicaä aus dem Tal der Winde‘ (1984) – OT: ‚Kaze no Tani no Naushika‘

Hayao Miyazakis Verfilmung seines eigenen Manga wird oft als der erste Studio Ghibli Film beschrieben, entstand aber vor der Gründung des Studios. Die Verwirrung ist aber nur zu verständlich nimmt der Film, der in einer postapokalyptischen Zukunft spielt, in der ein Großteil der Welt von einem giftigen, von gigantischen Insekten bewohnten Pilzwald überwuchert ist, viele Themen vorweg, die Miyazaki auch in seinem eigenen Studio umtreiben würden. So wird die Hauptfigur der Nausicaä zur Mittlerin zwischen Natur und Technologie, so wie sie in sich selbst kämpferische und fürsorgliche Elemente verbindet. Am Ende wird sie gar zur Harmonie-spendenden Erlöserfigur. Auch Miyazakis Liebe für ungewöhnliches Luftfahrtgerät zeigt sich hier bereits. Absolut sehenswert, auch wenn Miyazaki später manches (noch) besser gelingen würde.

 

‚Les Misérables‘ (2012)

Ex-Sträfling Jean Valjean (Hugh Jackman) ist auf der Flucht vor seiner Vergangenheit und der ständigen Verfolgung durch den Inspektor Javert (Russel Crowe). Es entspinnt sich ein gewaltiges Beziehungsgeflecht, dass während der Geschehnisse um den erfolglosen Juniaufstand 1832 in Paris seinen Höhepunkt findet. Hier bin ich äußerst positiv überrascht worden, was damit zusammenhängen kann, dass ich nichts erwartet habe. Regisseur Tom Hooper „rechtfertigt“ seine Musical-Verfilmung, indem er Dinge tut, die bei einem Bühnenstück nicht möglich wären, Massenszenen, große Aufnahmen des Paris der 1830er und extreme Nahaufnahmen. Gesangstechnisch bewegt sich der Film – für meine Ohren – zum größten Teil auf sehr hohem Niveau, erwähnenswert ist hier vor allem Samantha Barks als Éponine. Und falls die Handlung mal zu deprimierend zu werden droht, singt bestimmt bald wieder Russel Crowe und sorgt für unfreiwillige Komik. Versucht mal durch diese Szene zu kommen ohne zu lachen! Hatte wirklich niemand dem Mut ihm zu sagen, sein Gesang (?) sollte nachsynchronisiert werden? Lohnt sich sofern man Musicals nicht komplett hasst.

 

‚Robin und Marian‘ (1976) – OT: ‚Robin and Marian‘

Sean Connery hat auch den anderen großen, britischen Helden verkörpert, den der im Wald wohnt und nicht mal weiß, was ein Martini ist. Hier kehrt er als Robin Hood, mehr als zwanzig Jahre nach dem üblichen Ende der Geschichte, aus den Kriegen Richard Löwenherz‘ (Richard Harris) heim. Zwanzig Jahre älter, weiser aber auch erschöpfter. Und doch scheint sich nach seiner Rückkehr beinahe alles wieder in die bekannten Bahnen zu lenken. Die Kumpanen räubern immer noch im Wald, Robin nimmt die Beziehung zu Lady Marian (Audrey Hepburn) wieder auf, obwohl die inzwischen zur Nonne geworden ist und selbst der Sheriff von Nottingham (Robert Shaw) begibt sich beinahe widerwillig zurück in die Rolle der Nemesis. Richard Lester wollte hier eine Dekonstruktion des Robin Hood Mythos schaffen. Leider scheint er sich nicht ganz sicher, wo er thematisch hin will. Soll es eine Farce sein? Ein nostalgisch verbrämter Rückblick? Eine Kommentar auf den Vietnamkrieg? Es ist von allem ein bisschen aber nichts richtig. Dass der Film dennoch funktioniert ist vor allem seiner großartigen Besetzung zu verdanken, allen voran Connery und Hepburn, die hier eine im Alter neuentflammte Jugendromanze absolut glaubhaft verkörpern. Lohnt sich, vor allem für Hood Fans (Hoodies?).

 

‚The Void‘ (2016)

Vor einiger Zeit war ich an dieser Stelle sehr begeistert vom Trailer zu ‚The Void‘ (erstaunlicherweise scheint genau der verändert worden zu sein). Ganz so begeistert bin ich nach der Sichtung des ganzen Films leider nicht. Provinz-Hilfssheriff Daniel Carter (Aaron Poole) liest einen offenbar unter Drogen stehenden Mann von der Landstraße auf und bringt ihn in ein nahegelegenes Krankenhaus. Das ist gerade im Umzug begriffen und der winzige Notstab und Carter sehen sich plötzlich nicht nur von jeglicher Kommunikation abgeschnitten, sondern auch von einer Horde weißberobter Kultisten umstellt, die jeden Fluchtversuch brutal unterbinden. Alsbald tauchen immer groteskere Kreaturen im Krankenhaus auf und auch das Haus selbst beginnt sich zu verändern.
Das Positive zuerst: der Film ist ein Lehrstück dafür, was man mit Latex, Kunstblut, geschickter Ausleuchtung und jeder Menge Fantasie an Effekt erreichen kann. Das Design der Kreaturen ist interessant und ungewöhnlich genug, die Kultisten verstörend genug, dass bereits ein halber großartiger Film vorhanden ist. Aber ach, die andere Hälfte. Die Charaktere sind – freundlich ausgedrückt – halbgar. Die Idee scheint da aber die Umsetzung mangelt. Und die Darsteller sind ihrerseits nicht gut genug, um aus dem sehr Wenigen was ihnen gegeben wird glaubwürde Charaktere zu formen. So verlässt sich der Film dann das eine oder andere Mal zu oft auf seine (wie gesagt gelungenen) Splattereffekte. Was ist ein halber großartiger Film? Letztlich Durchschnitt oder zumindest sowas ähnliches. Schade.

 

‚Die Höhle der Vergessenen Träume‘ (2011) – OT: ‚Cave of Forgotten Dreams‘

Werner Herzog und sein dreiköpfiges Team haben eine sechstägige, außerordentliche Drehgenehmigung in der französischen Chauvet Höhle erhalten, in der sich die ältesten, bekannten Höhlenmalereien der Welt, mit 32.000 Jahren die frühesten Kunstwerke aus menschlicher Hand, befinden. Herzog unterlegt seine beeindruckenden Aufnahmen mit seinen üblichen, mäandernden aber dennoch faszinierenden Gedankengängen. Dazwischen gibt es Interviews mit Wissenschaftlern. Herzog hat seine Aufnahmen, für die er die vorgegebenen Wege nicht verlassen durfte, in 3D erstellt. Obwohl ich den Film nur in 2D gesehen habe, kann ich hier den Zugewinn der dritten Dimension anhand der texturierten Wände erahnen. Doch auch in 2d zeigt sich hier ein faszinierendes Bild frühester, menschlicher Kreativität. Nur die Musik kann etwas repetitiv werden. Sehenswert!

12 Gedanken zu “Streiflichter Nummer 4: Sammelsurium

    • Irgendwas an seinem Gesang spricht direkt mein Humorzentrum an. Als würde man in einem Stück ’ne Tuba erwarten und dann ertönt ein Nebelhorn.
      Nur ums klarzumachen: ich will nicht sagen er habe den Film versaut oder so, ich fand Javert einen sehr interessanten Antagonisten. Vielleicht kann man auch sagen, es passt zum Charakter, der Gesang hat was von ’ner Sirene (nicht der mythologischen Figur, sondern dem Ding am Polizeiauto). 😉

      Aber mit dem was ich über Musik weiß könnte man schwerlich die Rückseite einer Kreditkarte füllen, ist also alles nicht allzu ernst zu nehmen.

      Gefällt 1 Person

  1. Nicht kleckern, klotzen. Ziel erfüllt. Kurz, knapp und auf den (subjektiven) Punkt. Well done….Hat mir gefallen, auch wenn ich nicht alle angesprochenen Filme kannte.
    Crowes Gesang? Passte für mich zum Charakter. Ja, wie der liebe Ma-Go schon anführte…..eine überraschend Leistung. Nicht mehr, nicht weniger. Ich hätte es schlechter gemacht.

    Gefällt 2 Personen

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