Im Newslichter dieser Woche habe ich mir ja nun endgültig die Maske heruntergerissen und mich als einer dieser Cinephilen geoutet, die für die Oscars wenig mehr übrig haben als bittere Häme. Ich hoffe es ist am Text selbst deutlich geworden, dass das nicht ganz ernst zu nehmen ist. Damit will ich nicht sagen, dass die Oscars nicht zu kritisieren seien, ganz im Gegenteil. Ich stehe hinter allem, was in meinem „Brief“ steht. Aber sagen wir doch wie es ist: die Oscars sind ja gar nicht für mich gemacht.
Der selbsternannte „wichtigste Filmpreis der Welt“ richtet sich doch eher an Gelegenheitsfilmschauer. Ist der Film mit einem Oscar ausgezeichnet, dann ist das eben schon mal ein gewisses Qualitätsmerkmal. Man wird (im Normalfall) keinen Totalausfall zu sehen bekommen. Ebenso, wenn ein Film damit wirbt, dass „Oscarpreisträger“ XY mitspielt. Das heißt, ein wenigstens passabler Schauspieler ist dabei. Sagt natürlich nichts darüber aus, ob er durch den Film schlafwandelt oder nicht. Natürlich sind oft genug die „richtigen“ Filme gar nicht erst nominiert und alle nicht-englischsprachigen Filme in eine Kategorie zu stopfen ist für den „wichtigsten Filmpreis der Welt“ halt auch schon mal sehr… amerikanisch.
Aber ist es für einen Preis, der sich an die große Menge der Gelegenheitsfilmschauer wendet nicht merkwürdig, dass die Einschaltquoten ganz heftig bröckeln? Ich meine die Cinephilen lassen sich eh in drei Gruppen einteilen: 1. die die Oscars noch nie gesehen haben. 2. die es seit Jahren nicht mehr tun (da gehöre ich dazu) und 3. die als erste vor dem Fernseher sitzen, das Smartphone mit geöffneter Twitter-App in der einen Hand und einen Backstein, um ihn bei besonders schlimmen Entscheidungen durch den Fernseher donnern zu können, in der anderen. Gruppe 3 wird auch zu den Letzten gehören, die die Verleihung noch schauen. Aber was ist mit dem Schwund der „normalen“ Zuschauer? Zum einen ist das sicherlich dem wachsenden Desinteresse am linearen Fernsehen zuzuschreiben. Und dagegen sehe zumindest ich kein Heilmittel. Zum anderen scheint es mir aber auch etwas hausgemacht. Die Idee der Academy dem „populären“ Film einen prominenten Platz in der Veranstaltung zu geben, war in meinen Augen genau die richtige. Einzig die Umsetzung als „Popularitätspreis“ war die falschest mögliche. Dabei gibt es doch so viel elegantere Wege von populären Blockbustern zu profitieren.
Schauen wir ein paar Wochen in der Zeit zurück, zum Super-Bowl. In den Werbepausen wurden allerlei Trailer zu Blockbustern uraufgeführt. Warum passiert das da? Warum ist genau das nicht die Domäne der Oscars? Warum sind die Werbepausen hier kein „Happening“? Während der ersten gibt es einen exklusiven Clip aus ‚Captain Marvel‘. In der zweiten einen ersten Teaser zu ‚Star Wars: Episode IX‘. In den nächsten womöglich sogar etwas, dass nichts mit Disney zu tun hat. Warum ist die Verleihung nicht der Ort, an dem der nächste Batman- oder Bond-Darsteller oder was-weiß-ich verraten wird. Warum hat die Academy solche Dinge, die sicherlich Zuschauer ziehen würden, an eine Sportveranstaltung und allerlei ComicCons abgegeben? Oder verloren? Oder nie gewollt? Aber warum keinen Nutzen ziehen aus genau jeden Blockbustern, die das System Hollywood am Laufen halten, an jenem Abend, an dem sich das System Hollywood mit größtem Pomp selbst feiert?
Gelegentlich wirkt es fast auf mich, als würden die Oscars aktiv an ihrer eigenen Absetzung arbeiten. Pläne zur Modernisierung wirken wirr und unausgereift und beinahe panisch vorgetragen. Womöglich sind die Tage eines so alten Preises, in einer Branche die immer dem neuesten Trend zustrebt, auch einfach vorbei. Und doch hat der Oscar ja immer noch eine gewisse Mythologie an sich, die dafür sorgt, dass Leute hier bis in die frühen Morgenstunden wach bleiben.
So, sollte bei der „In Memoriam“-Montage nichts Schreckliches passieren, waren das vermutlich meine letzten Worte auf dem Blog zum Thema dieses Jahr. Wie ist es bei Euch, habt Ihr Meinungen zum Oscar, oder ist er Euch bereits völlig egal?
Die Oscars sind mir auch ziemlich egal. Es freut mich für Filme/ Filmschaffende, die ich mag. Aber meistens erscheint mir die Auswahl der Nominierten gleichermaßen willkürlich wie vorhersehbar, auch wenn das paradox klingen mag. Gewisse Genres und Filmemacher werden niemals einen dieser Goldjungen bekommen, während andere quasi ein Abo darauf haben. Den Begriff „oscar-bait“ gibt es nicht zu Unrecht.
Der letzte mich begeisternde Oscargewinn war 2016. Nein, nicht DiCaprio. Sondern Enio Morricone, dessen Gewinn ich einfach mal als Auszeichnung seines Lebenswerks begreife.
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„dessen Gewinn ich einfach mal als Auszeichnung seines Lebenswerks begreife.“
Tja, damit hätte ich dieses Jahr für Paul Schrader gerechnet, wurd aber nix…
Und ja, Oscarbait existiert absolut.
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Ich muss ja sagen, dass ich die Oscars tatsächlich mag und auch schätze – allerdings alles andere als überschätze. Ich sehe ihn nur als einen von vielen Filmpreisen, dessen öffentliche Wirkung aber nach wie vor die größte Relevanz von allen hat. Und natürlich muss man auch immer beachten, dass es in erster Linie ein Hollywood-Preis ist.
Aber ja, die Veranstaltung ist wohl irgendwann über sich hinaus gewachsen bzw. ist in ihrer Größe nicht mehr zeitgemäß. Eine Entschlackungskur ist mehr als notwendig.
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Es scheint ja so als wären alle ganz zufrieden damit, dass es keine Moderation gab. Das wäre also wohl ein guter Ansatzpunkt für ne ENtschlackung.
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Dachte ich bisher auch. Nun, da die Veranstaltung durch ist, muss ich aber konstatieren, dass sie sich ohne die Moderation irgendwie „leer“ angefühlt hat. Soll nicht heißen, dass es zwingend eine Moderation braucht. Aber damit das funktioniert, muss sich noch mehr tun
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Okay, ich hätte gedacht, jetzt wo wir alle medial Youtube-„geschädigt“ sind, würde es funktionieren die Elemente einfach aneinader zu hängen. Vielleicht müsste man auf den nächsten Preis klicken… 😉
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Ich finde die Preisverleihung an sich schon interessant. Allerdings reicht es mir am nächsten Tag nachzulesen wer welchen Award gewonnen hat. Wenn ich mir die letzten Jahre so ansehe, war die Auswahl an Nomierten (und Siegern) und meine persönlichen Jahresbestenlisten nur selten deckungsgleich. Bei den Oscars 2017 (also dem Filmjahr 2016) beispielsweise waren von meinen Top 20 ganze 16 für keinen einzigen Oscar nominiert und ich fand sie trotzdem toll. Einer der Nominierten war dann übrigens auch noch The Salesman in der Kategorie „Bester ausländischer Film“. Andere Acadamy-Filme wie Birdman, Lala Land oder Lady Bird fand ich bestenfalls ok.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich messe der Verleihung keine allzu große Bedeutung bei, finde das Ergebnis aber durchaus interessant 🙂
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Geht mir genauso. Es dauert dann immer ne Weile um rauszufinden, ob etwa die Aufregung um Green Books Gewinn wirklich berechtigt ist. Wobei Schrader und Spike Lee hätten beide eigentlich kumulativ für ihre Leistungen im Film gewinnen müssen. Darauf haben zumindest meine Tipps gesetzt… 😉
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