Weihnachten als Hintergrund im Film

Heute mal ein etwas kürzerer Artikel, der auch noch in einer Frage endet. Mal sehen, ob Ihr meine Neugier befriedigen könnt!

Weihnachtsfilme. Der eine hasst sie, der andere liebt sie. Jeder mag vermutlich zumindest eine Handvoll von ihnen. Wenigstens irgendeine Filmversion von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte. Entweder die mit den Muppets, oder irgendeine falsche. Dass es unterschiedliche Level von Süßlichkeit für den typischen „am Ende haben sich alle lieb“ Weihnachtsfilm geben sollte, ist keine ganz neue Erfindung. ‚Ist das Leben nicht schön?‘ stellte immerhin schon 1946 Selbstmord als ein zentrales Element in seine Geschichte. Bei der Erstaufführung floppte er zwar, doch gilt er inzwischen zu Recht als Klassiker. Neuer ist die Idee eines Films, der den Gedanken der oft erzwungenen Weihnachtsharmonie direkt unterläuft. Sei es über Weihnachtshorror, ‚Black Christmas‘ (1974) bis ‚Krampus‘ (2015), oder über die Präsentation eines kinderhassenden, versoffenen, kriminellen Weihnachtsmanndarstellers in ‚Bad Santa‘ (2003).

Aber um wie auch immer geartete Weihnachtsfilme soll es heute gar nicht gehen. Sondern um Filme die um die Weihnachtszeit herum spielen und das Fest als Hintergrund verwenden. Als ironischen Kontrapunkt, oder um gewisse Themen zu untermauern. Das bekannteste Beispiel für diese Art von Film ist natürlich ‚Stirb Langsam‘ (1988). In diesem Actionklassiker muss Bruce Willis‘ John McLane die Mitarbeiter des Nakatomi Plaza Hochhauses aus der Hand von Terroristen befreien. Weihnachten ist hier der oftmals ironische Gegenton für die brutale Gewalt, der sich in Musik und Hintergrund äußert („Now I have a machine gun! HOHOHO!“). Er ist allerdings nicht der erste Film, der Weihnachten derart handhabt. Autor und Regisseur Shane Black scheint geradezu besessen von Weihnachten. Ein guter Teil seiner Filme von ‚Lethal Weapon‘ (1987) über ‚Tödliche Weihnachten‘ (1996), ‚Kiss Kiss Bang Bang‘ (2005), bis ‚The Nice Guys‘ (2016) spielt rund um das Fest und setzt die aufgesetzte Harmonie in Kontrast zu den handfesten Auseinandersetzungen.

Das tut auch ‚Kevin allein zu Haus‘ (1990) für seine Home Invasion-Komödie, allerdings macht hier die Tatsache, dass der Junge Kevin McAllister ausgerechnet an Weihnachten von seiner Familie vergessen wird, die ganze Sache noch einmal dramatischer. ‚Gremlins‘ (1984) könnte man vielleicht direkt als Weihnachtshorrorkomödie einordnen, aber dafür spielt das Fest dann doch eine zu kleine Rolle. Aus der Tatsache, dass sich der niedliche Gizmo alsbald in einen zerstörerischen Schrecken verwandelt, weil die Kinder sich nicht an die Pflegeregeln halten, ziehen Eltern jedoch hoffentlich Grund zum Nachdenken, bevor sie lebende Tiere zum Fest verschenken! Auch in ‚Ghostbusters 2‘ (1989) ist Weihnachten im Hintergrund, man muss allerdings schon genau hinschauen. Vermutlich ist hier der Gag, dass der Emotionsschleim, der Manhattan unterwandert, gerade zur Weihnachtszeit mit so viel Ärger und Hass aufgeladen wird, dass er die Geißel von Moldawien auferstehen lässt.

In ‚Batmans Rückkehr‘ (1992) nutzt Tim Burton das Weihnachtsfest um die Themen rund um zerrüttete Familien, Aussenseitertum und Einsamkeit zu unterstreichen. In ‚Edward mit den Scherenhänden‘ (1990) stellte es bei ihm noch die banale Normalität des Vorortes dar, in den Edward hineinstolpert. Stanley Kubrick nutze in seinem letzten Film, dem „elevated erotic thriller“ ‚Eyes Wide Shut‘ (1999) Weihnachten als hintergründiges Element des Verlangens. Als etwas, das immer mehr verspricht, als es am Ende halten kann. Martin McDonaghs nachwievor bester Film ‚Brügge sehen… und sterben?‘ nimmt die fröhliche Weihnachtszeit und verdreht sie mittels eines Gangsterfilms zur existentialistischen Frage: was wenn wir in der „season to be jolly“ eben nicht die notwendige Freude empfinden? Wenn die längsten Nächte des Jahres vielleicht doch etwas zu finster werden. Und schließt damit den Kreis zu ‚Ist das Leben nicht schön?‘. Nicht nur weil beide deutsche Titel ein Fragezeichen mitbringen.

Natürlich eignet sich die konsumorientierte Weihnachtszeit auch sehr gut dafür sozioökonomische Klassenunterschiede noch klarer herauszuarbeiten, als das zu anderen Zeiten der Fall ist. In Todd Haynes‘ wunderbarem ‚Carol‘ (2015) etwa, treffen sich Cate Blanchets titelgebende wohlhabende Frau und Rooney Maras Verkäuferin im Weihnachtsverkauf, wobei aber nicht nur Waren, sondern auch jede Menge Funken über die Ladentheke gehen. ‚Die Glücksritter‘ (1983) ist eine (inzwischen nicht mehr ganz) moderne Neuerzählung des „Prinz und Bettelmann“-Stoffes, in dem Dan Aykroyds  Commodity Broker und Eddie Murphys Kleinganove die Rollen tauschen.

Nun aber zu meiner Frage: bei meinen Überlegungen in welchen Filmen Weihnachten eine wichtige Hintergrundrolle spielt, war der älteste Film, der mir einfiel ‚Die drei Tage des Condor‘ von 1975. Hier symbolisiert Weihnachten die verlorene Normalität, als sich Robert Redfords CIA-Datenanalyst plötzlich von den eigenen Leuten gejagt sieht. Ich bin mir absolut sicher, dass es da frühere Beispiele geben muss. Wenn Ihr welche wisst, dann bitte her damit! Man könnte sicherlich argumentieren, dass der von mir bereits erwähnte ‚Ist das Leben nicht schön?‘ die Kriterien erfüllt. Der ist mir allerdings schon zu sehr Weihnachtsfilm. Wobei die Übergänge dabei natürlich fließend sind.

Und selbst wenn Ihr meine Frage nicht beantworten könnte wäre ich interessiert, Eure liebsten Weihnachtsfilme, alternativen Weihnachtsfilme, oder Filme mit Weihnachten als Hintergrund für diese Jahreszeit zu wissen. Selbst wenn es eine Version von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte ohne die Muppets (oder Michael Caine) sein sollte… warum auch immer.

15 Gedanken zu “Weihnachten als Hintergrund im Film

  1. Also was Filme mit weihnachtlichem Hintergrund angeht, würde mir spontan „Anna und die Apokalypse“ einfallen. Ich persönlich schau ja zu Weihnachten immer sehr gerne „Das letzte Einhorn“ und früher habe ich auch „Schweinchen Babe“ liebend gerne geschaut, nur leider haben die österreichischen Sender vor 3 Jahren plötzlich beschlossen, dass sie nicht mehr die österreichische, sondern nur mehr die deutsche Synchro ausstrahlen und nachdem ich vorher eben über 20 Jahre nur die österreichische gekannt habe, passt die neue Synchro einfach überhaupt nicht 😅.

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    • Anna habe ich auf „der Liste“!

      Ich wusste gar nicht, dass es österreichische Synchros gibt. Ich dachte die würden für den ganzen deutschen Sprachraum erstellt. Scheint vor allem Kinderfilme zu betreffen, wie mir 2 Minuten Recherche verraten. Spannend! Die DVD von Babe hat sogar damit geworben drei deutsche Sprachfassungen (schwyzerdütsch ist die dritte) mitzubringen. Aber merkwürdig, dass die dann nicht mehr genutzt wird. Wem machen wir was vor, wird mit Lizenzkosten zu tun haben… Aber ich kann verstehen, dass Dir die Umstellung dann schwerfällt.

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      • Es kommt zwar sehr selten vor aber bei manchen Filme haben wir hier in Österreich tatsächlich eigene Synchros. Hmmm…ich glaube, dass die Synchro damals im Auftrag vom ORF gemacht wurde (unser öffentlich-rechtliches Fernsehen), insofern kann ich mir nicht vorstellen, dass die da Probleme bekommen sollten…aber naja, irgendeinen Grund wird es schon geben, warum jetzt die andere Synchro ausgestrahlt ist🤷

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        • Tja, vielleicht weil es fürs Streaming „vereinheitlicht“ werden soll und die anderen Synchros deshalb nicht mehr verfügbar sind? Naja, reine Spekulation.

          ‚Oben‘ war übrigens das neueste Beispiel, das ich finden konnte. Ist also durchaus noch üblich… oh ‚Oben‘ ist auch schon wieder 10 Jahre alt??? Was ist bloß mit der Zeit los… 😉

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  2. Ich kenne nur die beiden Weihnnachtsgeschichten von Dickens. die mir beide gefallen.
    Meine persönlichen Hassfilme: „Der kleine Lord“, die Bratze würde ich am liebsten verprügeln, und „Drei Nüsse für Aschenblödel“.

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  3. In BLAST OF SILENCE (1961) dient das weihnachtliche New York dazu, die Einsamkeit und emotionale Erstarrung des Killers hervorzuheben. Ich denke mal, der erfüllt deine Kriterien zu 100%.

    Noch deutlich älter, aber vielleicht nur halb passend, weil man sie mit etwas gutem (oder bösem, je nachdem) Willen als Weihnachtsfilme bezeichnen könnte, sind THE MAN WHO CAME TO DINNER (1942) und CHRISTMAS IN CONNECTICUT (1945). Jedenfalls zwei satirische und gelegentlich boshafte Komödien, die ich sehr mag.

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    • Oh, ‚The Man who came to dinner‘ passt wunderbar auf meine Frage! Damit haben wir die Uhr 30 jahre zurückgedreht!

      Blast of silence ist völlig an mir vorbeigegangen, sieht aber sehr interessant aus!

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  4. Pingback: Filmforum Bremen » Das Bloggen der Anderen (09-12-19)

  5. Einer meiner Lieblingsfilme – BRAZIL von Terry Gilliam – spielt in der Weihnachtszeit. Allerdings gibt es keinen offensichtlichen Grund dafür, weil der Film in jeder anderen Jahreszeit funktionieren würde. Darüber müsste man nachdenken: Über Filme, die auf der visuellen Ebene sich jahreszeitlich mühelos einordnen lassen, ohne dass dieser zeitliche Hintergund (Ostern, Thanksgiving etc.) konstitutiv für den Film wäre.

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