Willkommen im Orwell-Jahr! In diesem Jahr wartet erneut eine interessante Top 10 auf uns. Wie üblich stütze ich mich für diesen Artikel auf die Daten der entsprechenden Liste von chartsurfer.de. Ich denke der üblichen statistischen Auswertung lohnt sich in diesem Jahr aber einen neuen Punkt hinzuzufügen: die Anzahl von Franchise-Einträgen in den Top 10. Denn dieses Jahr beginnen sowohl einige, während andere fortgesetzt werden. Und außerdem öffne ich damit der – sicherlich wesentlichen – Diskussion, ob Die Supernasen ein Franchise darstellen Tür und Tor. Doch schauen wir zuerst einmal ins Zeitgeschehen des Jahres.
Am 1.1.1984 geht Deutschlands erster Privatsender PKS (der sich später in Sat1 umbenennen würde) aus einem Kellerstudio in Ludwigshafen am Rhein auf Sendung. Einen Tag später folgt RTL-plus, der aus Luxemburg sendet. Letzterer erhält aufgrund seines frühen Programms einige skandalträchtige Aufmerksamkeit. Insbesondere für Hugo Egon Balders anarchische Erotik-Spielshow „Tutti Frutti“. Ebenfalls im Januar entlässt der westdeutsche Verteidigungsminister Wörner den General Günter Kießling, der sich durch angebliches homosexuelles Verhalten erpressbar gemacht habe. Kießling wird später rehabilitiert, aber dennoch, diesmal in Ehren, entlassen. Dazu werden im Januar die Beschaffungslisten der Bundeswehr in einem Straßengraben gefunden. Ein Rücktrittsangebot Wörners lehnt Bundeskanzler Kohl jedoch ab. Im Februar wird Konstantin Tschernenko zum neuen Generalsekretär der KPdSU gewählt. Im April wird er Staatsoberhaupt der Sowjetunion. Der greise Tschernenko folgt damit der kurzen Regierungszeit des greisen Juri Andropow, der seinerseits den greisen Breschnew abgelöst hat. Die sowjetische Führung wird in dieser Zeit auch als „Gerontokratie“ bezeichnet. In seiner kurzen Amtszeit bis zu seinem Tod 1985 sucht Tschernenko die Annäherung an die USA. Eine Politik, die sein Nachfolger Gorbatschow intensivieren würde. Am 23.Juli erschießt der frühere Boxer Gustav „Bubi“ Scholz im Alkoholrausch seine Ehefrau. Er wird wegen fahrlässiger Tötung zu drei Jahren Haft verurteilt. Ab August werden angelegte Sicherheitsgurte auf deutschen Straßen zur Pflicht. Am 22. September, während einer Gedenkstunde auf dem Soldatenfriedhof von Verdun, reicht der französische Staatschef François Mitterrand Bundeskanzler Kohl überraschend die Hand. Dieser „Handschlag von Verdun“ wird zum Symbol für die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland und für europäische Politik. Am 31. Oktober wird die indische Ministerpräsidentin Indira Gandhi von zwei Sikh-Extremisten aus ihrer Leibwache ermordet. In den folgenden, landesweiten Ausschreitungen werden etwa 1000 Menschen, vor allem Sikhs, getötet. Im November machen die Hacker des Chaos Computer Clubs erstmals auf sich aufmerksam. Nachdem sie die Bundespost auf eine Sicherheitslücke im BTX-System, das auch für Geldgeschäfte verwendet wurde, aufmerksam gemacht hatten, die Bundespost dies aber ignorierte, nutzten sie im November diese Lücke um 135.000 DM auf ihr Konto zu überweisen und dann unter großer Medien-Aufmerksamkeit den Vorgang zu beschreiben. An der innerdeutschen Grenze werden die letzten Selbstschussanlagen demontiert, während in der deutschen Botschaft in Prag 40 DDR Flüchtlinge in Hungerstreik treten, um ihre Ausreise nach Westdeutschland zu erwirken. Zum Ende des Jahres treten die USA aus der Unesco aus. Nun aber, wie immer, schnell ins Kino!
- ‚Didi – Der Doppelgänger‘
Dies ist bei weitem nicht Dieter Hallervordens erster Ausflug ins Kino (tatsächlich ist er mit einer kleinen Rolle in dem Fritz Lang Spätwerk ‚Die 1000 Augen des Doktor Mabuse‘ 1960 gestartet). Auch nicht der erste in seiner typischen „Blödel“-Persona. Es ist jedoch der erste mit dem „Didi“ Präfix, dem durch die 80er noch einige mehr folgen sollten. Hier gibt Hallervorden eine Doppelrolle aus dem runtergekommen Kneipenwirt Koob und dem Großunternehmer Immer, die einander zum verwechseln ähnlich sehen. Immer fürchtet entführt zu werden und tauscht daher die Identität mit Koob. Für das Geschäftliche stattet er ihn mit den unsterblichen Floskeln „Schreiben Sie es auf, ich beschäftige mich später damit“, „das ist nur Ihre Meinung“ und „ich brauche mehr Details“ aus. Der Rest des Films folgt ansonsten den typischen Klischees der Verwechslungskomödie. Wenn man Hallervordens Stil jedoch mag, dann kann man hier durchaus gut unterhalten werden. Und für die Floskeln findet man immer Anwendung. Selbst wenn man nicht Chef ist.
- ‚Es War Einmal In Amerika‘
Sergio Leone beweist in seiner letzten Regiearbeit, dass er deutlich mehr kann als nur den perfekten Italo-Western. Er liefert auch auf einen Streich ein beinahe perfektes Gangster-Epos, das über Jahrzehnte die Unterweltkarrieren der jüdischen New Yorker Gangster Noodles (Robert De Niro) und Max (James Woods) begleitet. Drei verwobene Zeitebenen zeigt der Film in geradezu überbordender Pracht. Mythologische Wucht trifft hier auf leise Melancholie und stille Kritik. Zunächst wollte Leone zwei dreistündige Filme aus dem Thema machen, musste sich schließlich aber auf nur ein, dafür aber beinahe 4 Stunden langes Werk beschränken. Berüchtigt ist der Film dafür, dass für die US-Veröffentlichung ohne Beteiligung Leones beinahe 90 Minuten herausgeschnitten wurden. Neben einer Vergewaltigungsszene (der einzige Moment im Film, mit dem ich ein echtes Problem habe) und einigen Gewaltspitzen wurde vor allem der Laufzeit wegen geschnitten. Der übrig gebliebene Rumpf wurde (wohl zu Recht) von der Kritik verrissen und bei den Oscars ignoriert. Kritiker, die später die „europäische“ Version sahen, verdammten diese Form der Kürzung. Nicht zuletzt deswegen gibt es bis heute Gerüchte um eigentlich noch längere oder alternative, verlorene Szenen. Der Film und nicht zuletzt der grandiose Soundtrack von Ennio Morricone verdienen jedenfalls immer noch mehr Aufmerksamkeit als sie bis heute bekommen. Grandios!
- ‚Zwei Nasen Tanken Super‘
Tommy und Mike gewinnen zwei Trikes in denen wertvolle Diamanten versteckt sind und werden deshalb von Gangstern gejagt. Gottschalk macht unterschwellig Reklame für jene „einfach gut“e Burgerkette bei der er damals unter Vertrag war, Jürgen von der Lippe, Hans Werner Olm und Dagmar Berghoff absolvieren Cameo Auftritte und sind, wie alles andere, platt und schmerzhaft unlustig. Aber hey, ein paar Sprüche abgekupfert aus Rainer Brandts Spencer/Hill Skripten retten ihn dann vermutlich doch noch, oder? Eh. Dann aber hundertmal lieber Didi. Das mag nur meine Meinung sein, aber ich beschäftige mich später trotzdem nicht damit. Ich hoffe einfach, wir haben die Nasen hier zum letzten Mal gesehen.
- ‚Highway 2 – Auf Dem Highway Ist Wieder Die Hölle Los‘
Ich glaube, den habe ich nie gesehen. Und falls doch, dann hat er so gar keinen Eindruck hinterlassen. Im Gegensatz zum ersten wurde der hier jedenfalls von der Kritik zerrissen. Weil es mehr oder weniger derselbe Film noch einmal ist. Die meisten Stars, darunter Hauptdarsteller Burt Reynolds, kehren zurück. Es fehlt Roger Moore, aber der persifliert Bond ja inzwischen auch schon gekonnt in der Bond -Reihe selbst. Dafür ist „Beißer“ Richard Kiel als Beifahrer von Jackie Chan dabei. Und Khaaaaan! Ricardo Montalban. Bemerkenswert ist höchstens, dass Regisseur Hal Needham hier noch einmal das komplette „Rat Pack“ versammelt.
- Gremlins – Kleine Monster
Erfinder Pelzer kauft seinem Sohn bei einem mysteriösen, chinesischen Händler den niedlichen Mogwai Gizmo. Mit der felligen Knuddelkugel gehen aber gewisse Regeln einher. So soll man den Mogwai bitte nicht nass machen. Sohn Billy tut genau dies und eine Reihe asozialer Mogwai poppt aus Gizmos Rücken. Billy-Fehler Nummer 2 ist die dann auch noch nach Mitternacht zu füttern. Da verpuppen sie sich und werden zu fies-schleimigen Gremlins, die in der Kleinstadt reichlich Unheil anrichten. Joe Dante ist hier ein kleines Meisterstück gelungen, einen „Einsteiger“-Horrorfilm zu schaffen, den eigentlich zu junge Kinder vor allem des knuddeligen Gizmo wegen sehen wollen. Vermutlich werden vielerorts bestürzte Eltern bemerkt haben, dass sie die Altersfreigabe von 16 genauer hätten studieren sollen. Spätestens wenn Billys Mutter recht… handfest gegen die Gremlins vorgeht. Auch Jahrzehnte später immer noch ein Riesenspaß und ein toller Weihnachtsfilm. Verantwortlich für allerlei Nachahmerfilme von den Critters über die Ghoulies bis zu den Hobgoblins. Und dann erklärte sich Warner nach allerlei Gesprächen bereit dem unwilligen Dante bei ‚Gremlins 2‘ volle kreative Kontrolle zu überlassen… aber das ist eine irrsinnige Geschichte für einen anderen Tag.
Das war mal durchwachsen. Zwei sehr gute Filme, ein okayer und zwei, die man wohl nicht braucht. Doch was wird die obere Hälfte der Charts bringen? Nächste Woche sehen wir eine offizielle und eine inoffizielle Rückkehr, eine Romanverfilmung, die der Autor gehasst hat und die Grundlage eines wahnsinnig erfolgreichen Franchises. Das alles und sogar noch einen Film mehr, gibt es nächste Woche hier!
Es War Einmal In Amerika und Gremlins…. einfach geil.
LikeGefällt 1 Person
Immer wieder komisch
„Ludwigshafen am Rhein“ irgendwo in einem Beitrag zu lesen 😂
LikeGefällt 1 Person
Kommt das häufig vor?
LikeLike
Immer wenn es um die hässlichsten Städte Deutschlands geht zum Beispiel 😉
LikeLike
Berlin? 🙂
LikeGefällt 1 Person
Das ist ein Geheimtipp
LikeLike
😂😂
LikeLike
Pingback: Top 10 Filme von damals 1984 Platz 5 bis 1 | filmlichtung