‚Underwater‘ wurde von FOX (Disney) ganz am Anfang des Seuchenjahres 2020 ins kalte Wasser geworfen. Üblicherweise ein Zeichen dafür, dass das Studio von dem Film nichts erwartet, letztes Jahr aber, welche Ironie, einer der letzten Monate, in dem der Filmmarkt noch normal funktionierte. ‚Underwater‘ nützte das nicht viel, am Publikum spülte er weitgehend vorbei, die Kritik hatte wenig Lust ihm einen Rettungsring zuzuwerfen und so ging er eher sang- und klanglos unter. Die Hauptkritik war dann aber genau das, was mich neugierig machte: der Film sei ja bloß „‚Aliens‘ unter Wasser“. Und, öh, das ist schlecht? Ich für meinen Teil mag ‚Octalus‘ und der ist ‚Aliens‘ auf dem Wasser und nicht mal ein sonderlich guter Film. Wenn ‚Underwater‘ also wirklich „Aliens Underwater“ wäre, sprich ein Cameron-Cocktail aus ‚Aliens‘ und ‚Abyss‘ (geschüttelt nicht gerührt), dann wäre ich für meinen Teil aber mal sowas von an Bord. Leider ist er das nicht ganz, aber die merkwürdige Häme mancher Rezensionen hat er dennoch nicht verdient.
In der nahen Zukunft betreibt der Konzern Weyland-Yut…Tian Industries im Mariannengraben eine Tiefsee-Bohrstation. Diese wird plötzlich von einem heftigen Erdbeben erschüttert und schwer beschädigt. Viele der 300 Mitarbeiter können sich mittels Fluchtkapseln retten, noch mehr kommen ums Leben. Eine kleine Gruppe Überlebender aus Mechanikerin Norah (Kristen Stewart), Stationskapitän Lucien (Vincent Cassel), den Unterwassertechnikern Paul (T.J. Miller), Liam (John Gallagher jr.) und Rodrigo (Mamoudou Athie), sowie Biologin Emily (Jessica Henwick) findet sich aber in der auseinanderbrechenden Station gestrandet. Ihre einzige Hoffnung ist zu Fuß den Weg zu einer Schwesterstation zurückzulegen, in der Hoffnung, dort einen Weg an die Oberfläche zu finden. Doch natürlich war das Erdbeben nicht einfach ein Erdbeben. „Da draußen“ ist „etwas“ und es ist nicht eben amüsiert, dass Menschen meinen, in seinem Vorgarten nach Rohstoffen bohren zu müssen.
Die Handlung beginnt in medias chaos. Stewarts Norah hat nicht einmal Zeit, sich die Zähne fertig zu putzen bevor das Unheil über sie hereinbricht. Im wahrsten Sinne des Wortes. Da bleibt für Charakterzeichnung nicht wahnsinnig viel Platz und so werden die mit recht groben Strichen skizziert. Emily hat Angst, Liam will sie beschützen, Lucien hat sowas schon mal erlebt und Norah ist Ellen Ripley mit rausgefeilter Seriennummer. Gerade im ersten Akt, der in der zerbrechenden Station spielt, ist der Film teilweise dann aber so nah an ‚Aliens‘, dass, zugegeben, sogar ich mit den Augen gerollt habe. Wenn Taucher mit Helmkameras unterwegs sind und aus einem Kontrollzentrum beobachtet werden und dabei ein merkwürdiges Lebewesen entdecken, das aus dem Oberkörper einer Leiche hervorbricht, dann braucht Biologin Emily kaum noch zu spekulieren, dass das wohl nur die juvenile Version ist und wir das erwachsene Wesen noch nicht gesehen haben. Gibt es womöglich sogar ein besonders großes Alpha oder Königinnenwesen? Naja, was glaubt Ihr denn?
Wenn die Überlebenden die Station verlassen und sich auf den Fußmarsch machen, dann findet ‚Underwater‘ zu seinen eigenen Stärken und Schwächen. Wobei ein Zyniker wohl sagen könnte die Autoren Duffield und Cozard, sowie Regisseur William Eubanks haben nicht nur ‚Aliens‘, sondern auch dessen Derivat ‚Pitch Black‘ gesehen. Denn „pitch black“ ist es natürlich auch auf dem Grund des Mariannengrabens. Dazu kommen die ständige Gefahr des Wasserdrucks und der wenige vorhandene Sauerstoff. Das nutzt Eubanks einerseits sehr gut um Spannung aufzubauen, Klaustrophobie in einer eigentlich gigantischen Umgebung zu schaffen. Andererseits verliere ich, sobald die Action beginnt, quasi sofort jegliche Orientierung. Das mag gewollt sein, doch war ich ernstlich verwirrt, als ein Charakter scheinbar weit davon gezerrt wurde, sich dann aber plötzlich wieder direkt neben einem anderen wiederfand. Dennoch weiß Eubanks mit der Finsternis stimmungsvoll umzugehen. Weniger stimmungsvoll ist, dass er auf kaum ein visuelles Klischee verzichten mag. So gibt es etwa keine Explosion, bei der die Darsteller nicht kurz in extremer Zeitlupe in der Luft (oder dem Wasser) festgehalten würden.
Den Höhepunkt bildet ausgerechnet das Finale, über das ich aus offensichtlichen Spoilergründen hier nicht viel sagen möchte. Nur so viel, es ist wunderbar over the top und ich wünschte es wäre länger. [an dieser Stelle stand ein literarischer Vergleich, allerdings war das was ich als Anspielung sah, vom Regisseur gewollter Text und somit ein Spoiler, aber fragt halt in den Kommentaren, falls es Euch ernstlich interessiert] Gewöhnlich stehe ich heutigem CGI-Bombast im Finale ja meist sehr skeptisch gegenüber, hier ist es genau richtig gemacht und findet eine sehr gute Synthese zwischen dem Persönlichen und dem Gigantischen.
Die Darsteller, allen voran Stewart und Cassel, sind wie gewohnt gut und ehrlich gesagt ein wenig unterfordert. Daher lohnt es kaum einzeln auf sie einzugehen. Einen möchte ich doch hervorheben, allerdings negativ. T.J. Miller wähnte sich offenbar in einem komplett anderen Film als alle anderen. Allzu gewollt launige Bemerkungen und ein ständig herumgetragener Stoffhase, lassen mit einiger Ungeduld auf den Moment warten, wenn es für ihn heißt: „Game over, man! Game over!“
Wenn Ihr ‚Aliens‘ mögt, vor allem wenn Ihr auch Derivate wie eben ‚Pitch Black‘ oder ‚Octalus‘ mögt, dann gebt ‚Underwater‘ ruhig auch eine Chance. Wenn Ihr Tiefsee SciFi allgemein mögt, seid Ihr vermutlich auch nicht ganz verkehrt. Wenn Ihr Euch aber arg daran stört, dass der Film garkeinen Versuch macht, sein Vorbild zu leugnen, naja, Ihr habt ‚Underwater‘ bis hierhin ignoriert und solltet es vermutlich weiterhin tun. Eubanks erfindet nicht nur das Rad nicht neu, er wuchtet es nicht mal frisch aus. Aber drehen tut es sich halt trotzdem. Sogar unter Wasser…
Wenn mir nichts anderes mehr einfällt, werde ich da vielleicht mal einen Blick rein 😉
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Ich fand den Film besser als „Aliens“, was mehr über mein Verhältnis zu „Aliens“ sagt, als zu „Underwater“. Kristen Stewart war für mich das Highlight eines soliden Films, der irgendwie nicht in die aktuelle Zeit passt. Gerade in Deutschland kam der allerdings von denen, die ihn gesehen haben, ganz gut weg.
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Hm, ich mag ihn vermutlich lieber als den Aliens Directors Cut. Ich glaube die DCs zu Aliens und Terminator 2 sind die, die ich am wenigsten mag. Irgendwo hat Cameron die Fähigkeit verloren seine Filme in Schwung zu halten…
Deutsche Bespr. hatte ich nicht noch gekuckt, aber fast die ganze erste Seite bei rottentomatoes ist merkwürdig hämisch.
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Ich fand den Film ganz okay, aber man hätte eben weit mehr aus der Idee und dem Setting machen können.
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Das stimmt, mehr wäre gegangen. Ich hätte halt vor allem vom finalen Wesen gerne noch mehr gesehen. In jeder Hinsicht, Interaktion und Sichtbarkeit. 😉
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Der letzte Film den ich im Kino gesehen habe und Kristen Stewart, den Film kann man mir gar nicht madig machen 😉
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Ja, Stewart ist wohl der Hauptgrund, dass das Finale so gut funktioniert. Ich hoffe ich kam nicht zu negativ rüber. Ich hatte Spaß mit dem Film!
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