Das Nachfolgeprojekt von Sony Pictures Animation zu ‚Spider-Man: A New Universe‘ ist gefühlt ein wenig untergegangen. Dafür wird es wohl eine Reihe Gründe geben. Zum einen, natürlich, die Pandemie. Zum anderen die Tatsache, dass man sich für eine Veröffentlichung auf Netflix entschieden hat (wofür auch die Pandemie verantwortlich war). Tatsächlich war der Film für den Oscar für den besten animierten Film nominiert, genau wie ‚Spider-Man: A New Universe‘. Und wenn man mich fragen würde, macht sich Sony Pictures Animation damit langsam zu einem ernstzunehmenden Pixar-Konkurrenten, abseits von ihrer ‚Schlümpfe‘, ‚Angry Birds‘ und ‚Peter Rabbit‘ Stangenware oder möchtegern-trendigem Schrott wie dem ‚Emoji Movie‘. Natürlich fragt mich keiner. Aber ich labere hier selbstverständlich trotzdem.
Im Mittelpunkt des Films stehen Katie Mitchell (Abbi Jacobson) und ihr Vater Rick (Danny McBride). Katie war ihr Leben lang Technologie- und Filmbegeistert, dreht Filme für Youtube und nimmt die Welt durch ihr Smartphone war. Rick ist ein technophober Heimwerker und Naturbursche. Was dafür sorgt, dass zwischen beiden einiges Unverständnis herrscht. Als es am Abend vor Katies Abreise zum College fast zum Bruch kommt, beschließt Rick Katie mit dem Rest der Familie, Mutter Linda (Maya Rudolph), Katies Dinosaurier-begeisterten kleinen Bruder Aaron (Mike Rianda) und Mops Monchi, als Roadtrip selbst zum College zu fahren. Unterwegs stehen ihnen nicht nur die innerfamiliären Probleme im Weg, sondern Technologiefürst Mark Bowman löst versehentlich auch noch eine Roboterapokalypse, angeführt von der K.I. PAL (Olivia Coleman) aus. Durch Glück entgehen gerade die Mitchells der Festsetzung durch die Roboter und sind nun für die Rettung der Menschheit verantwortlich. Doch dabei steht ihnen alles im Weg, was einen PAL Chip ins einem Inneren hat. Und nicht zuletzt sie sich selbst.
Der Stil von ‚Die Mitchells gegen die Maschinen‘ ist nicht ganz einfach zu beschreiben. Wo ‚Spider-Man: A New Universe‘ Effekte von Comics übernommen hat, bis hinunter zur Maserung der „Zeichnungen“, wirkt ‚Die Mitchells gegen die Maschinen‘ als hätte man grobe 2D Karikaturen in einen CGI Film überführt. Verstärkt wird das noch mit echten 2D Effekten, die vor allem Katies Emotionen unterstreichen. Das Figurendesign mit seinen spitzen Nasen ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach ein paar Minuten hätte ich die Figuren nicht anders haben wollen. Vor allem gelingt es dem Film in seiner visuellen Sprache, die Differenzen zwischen Vater und Tochter deutlich zu machen. Auch im Soundtrack setzt sich dies fort, wo Ricks Thema etwa mit Holzblasinstrumenten arbeitet und Katies mit Synthesizern.
Dieser Konflikt und seine Lösung sind denn auch der warmherzige Mittelpunkt des Films. Man könnte kritisieren, dass Linda und Aaron etwas zu kurz kommen, aber auch sie bekommen beide ihre Momente. Wobei der vom Regisseur selbst gesprochene Aaron sicher der bizarrste Charakter des Films ist. Ein einsamer Junge, der das Telefonbuch abtelefoniert, in der Hoffnung irgendwer wolle mit ihm über Dinosaurier reden.
Der Humor sitzt zu einem guten Teil. Dass Olivia Coleman wunderbar einen gewissen Größenwahnsinn transportieren kann, hat sie ja spätestens in ‚The Favourite‘ wunderbar gezeigt. Und hier als K.I. im Smartphone gefangen, die es Leid ist, dass ihr die Menschen im Gesicht herumstochern und sie in den Müll geworfen wird, sobald es etwas Besseres gibt ist grandios. Auch Mops Monchi ist eine Quelle vor allem visuellen Humors. Humor, der sogar Plot-entscheidend wird, denn die Roboter überhitzen, wenn sie ihn sehen, da sie ihn nicht als Hund, Schwein oder Brotlaib kategorisieren können. Weit weniger funktioniert für mich der Einsatz zumeist alter Internet-Memes. Die dienen sowohl dem Humor, als auch eine Verbindung zwischen Vater und Tochter zu finden. Allerdings werden sie glücklicherweise weit weniger eingesetzt, als die ersten Minuten des Films das befürchten lassen. Filmanspielungen gibt es ebenfalls viele, allerdings sind die meist clever genug und nicht allzu sehr auf die Nase. Sol teilt etwa der Erfinder von PAL seinen Nachnamen, Bowman, mit Dave Bowman aus ‚2001‘.
Die wilde Prämisse des Films, quasi ‚Die schrillen Vier auf Achse‘ trifft ‚Terminator’ sorgt für eine Stimmung, in der fast alles passieren kann. Wenn die vermittelnde Mutter Linda später Roboter haufenweise zerlegt oder wenn Furbies mit PAL Chip quasi in einer Gruselsequenz eingesetzt werden, dann ist das auch eine zutiefst wilde Erzählung. Aber eine Erzählung, die durch die stringente und konsequent erzählte Familiengeschichte in ihrem Zentrum jederzeit auf Linie gehalten wird.
Ist es eine erzählerische Glanzleistung von der Qualität eines ‚Spider-Man: A New Universe‘? In meinen Augen nicht ganz, nein. Der Film ist unterhaltsam von vorne bis hinten und sicherlich für Kinder geeignet, aber er ist kein Erdbeben in der Welt der Computeranimation, mit der Aussicht, Pixar in die Seile zu boxen. Wobei man sicherlich argumentieren könnte, mit ‚Lightyear‘ hängen die da eh schon. Ich hoffe der Netflix-Deal bedeutet keinen Knick für Sony Animation. Denn wenn sie dieses Niveau weiter halten und festigen können, werden sie fraglos zu einem der großen Spieler im CGI Film Geschäft. Und vermutlich zu einem der ästhetisch mutigsten und erzählerisch versierten.
Herrlich schräg ist das. 🙂
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Den Film mochte ich auch sehr. Gerade den Familienfokus fand ich sehr charmant.
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