‚Blob – Schrecken ohne Namen‘ von 1958 war auf manche Weise ein typischer Vertreter des 50er Jahre B-Movies. Ein alles verschlingender, außerirdischer Organismus, delinquente Teenager von 30Jährigen gespielt, die amerikanische Kleinstadt gegen „das Fremde“, das letztlich mehr oder weniger Metapher für den Erzfeind des kalten Krieges, den Kommunismus war. Dennoch bringt er auch einige Auffälligkeiten mit. So entstand er außerhalb des Hollywoodsystems, Regisseur Irvin Yeaworth arbeitete sonst mit dem Televangelisten Billy Graham zusammen. Es war die erste Hauptrolle für „King of Cool“ Steve McQueen und brachte durchaus ein paar erinnerungswürdige Szenen mit, allen voran vielleicht die, wenn der Blob in ein Kino eindringt.
30 Jahre später jedenfalls schwebten Pläne eines Remakes durch Hollywood. Und mit Autor Frank Darabont und Regisseur Chuck Russell waren zwei am Werk, die mit dem unterschätzen dritten ‚Nightmare On Elmstreet‘ bereits zusammengearbeitet haben. Darabont ist heute für seine Stephen King Verfilmungen, vor allem aber als Entwickler des TV Dauerbrenners ‚The Walking Dead‘ bekannt. Russell hat später etwa den unterschätzten Arnie-Kracher ‚Eraser‘ gedreht und mit ‚Die Maske‘ dazu beigetragen Jim Carrey zu dem Komiker der 90er zu machen.
In ‚Der Blob‘ schlägt ein Meteorit nahe der Kleinstadt Arborville ein. Er bringt eine Schleimpilz-artige Substanz auf die Erde, der sich aus eigener Kraft fortbewegen und biologisches Material auflösen kann. Sein erstes Opfer wird ein Landstreicher (Billy Beck) an dessen Hand er sich festsetzt. Panisch läuft der Mann vor das Auto von Highschool-Football-Star Paul (Donovan Leitch) und Cheerleaderin Meg (Shawnee Smith). Die beiden bringen ihn ins Krankenhaus und da sich Teenage-Tunichtgut und Biker Brian Flagg (Kevin Dillon) in der Nähe aufhält, zwingt Paul den auch zum Mitkommen, denn sicher hat der was mit der Sache zu tun. Im Krankenhaus kommt es zu ersten grotesken Toden und bald ist auch der Rest des Dorfes nicht mehr sicher. Nicht vor dem Blob und nicht vor einer Gruppe Soldaten und Wissenschaftlern in Gefahrenschutzanzügen, die alsbald auftauchen.
Im Großen und Ganzen folgt der Film den Konventionen des 50er Jahre B-Movies. Allerdings hat er auch einige „moderne“ 80er Kniffe zu bieten. So stellt sich das „Alien“ alsbald nämlich als misslungenes Biowaffenexperiment der USA heraus, der „Meteorit“ als abgestürzter Satellit. In der post-Watergate Welt, nach der Paranoia der 70er und dem Zynismus der 80er steht das Fremde und Böse nicht mehr notwendig für den Feind am anderen Ende der Welt, sondern für hausgemachte Gefahr und ihre rücksichtslose Vertuschung. In gewisser Weise nimmt der Film so die Thematik von ‚Akte X‘ voraus, an die ich mich hier durchaus teilweise erinnert fühlte.
Aber selbstverständlich schaut so einen Film niemand, aufgrund möglicher politischer Kommentare, sondern wegen der B-Movie Thrills, die man sich erhofft. Und da kann ich sagen, hier liefert ‚Der Blob‘ auch heute noch voll ab. Er überrascht zunächst mal damit, wer wann stirbt. Und hier weiß er wirklich zu überzeugen, weswegen ich dazu gar nicht mehr sagen möchte. Bleiben die praktischen Effekte, die hier elegant-eklig und wirklich grotesk sind. Seien es die Opfer des Blob, die bizarr aufgelöst werden, oder ihre Leichen, die später in seiner Gallerte herumschwimmen. Das ist eklig und sieht verdammt überzeugend aus. Weit weniger funktionieren Composite Shots, wenn Leute später dem Riesenblob gegenüber stehen. Derartige Tricks hat man auch aus den 80ern besser gesehen. Aber wenn der Blob eine Telefonzelle umschwemmt, was wir aus dem Inneren sehen, oder der Film die Kinoszene des Originals nachstellt und übertrifft, dann sind das echte Höhepunkte der Tricktechnik.
Ich habe daher öfters den Vergleich mit John Carpenters ‚The Thing‘ gesehen, den ich für mich aber kaum nachvollziehen kann. Sicher, die Effekte in beiden Filmen sind beeindruckend, aber die Atmosphäre von ‚Der Blob‘ ist weit weniger nihilistisch und düster. Wenn ich ihn stimmungsmäßig mit etwas aus der Zeit vergleichen sollte, dann vermutlich am ehesten ‚Return of The Living Dead‘. Wobei auch der durchaus zynischer und sicherlich mehr „punk“ ist.
Beiden gemein ist aber ein amüsierter Tonfall, ohne wirklich zur Komödie zu werden. So wird hier im Kino der fiktive Slasher ‚Garden Tool Massacre‘ gezeigt. Und der Moment, in dem Meg Paul ihrem Vater vorstellt, könnte auch direkt aus einer Sitcom stammen. Die Atmosphäre der Kleinstadt mit ihrem Diner, Sheriffstation und der hübschen Cheerleaderin zwischen dem Football-Quarterback und dem Biker-Außenseiter hat mich, selbstverständlich, auch an ‚Twin Peaks‘ erinnert. Nicht ganz ohne Grund, so tauch Jack Nance (Pete Martell in ‚TP‘) hier immerhin für ein paar Sekunden als Arzt auf.
Unter den Darstellern sticht ganz klar Shawnee Smith (Jigsaws rechte Hand in der ‚Saw‘-Reihe) positiv hervor. Ihre Meg ist von Anfang an ein hochsympathischer Charakter, der eine glaubhafte Wandlung von der naiven Cheerleaderin zum „badass“, aber nicht übermächtigen Final Girl durchmacht. Kevin Dillon (Matts jüngerer Bruder und „Drama“ aus ‚Entourage‘) kämpft als Biker Brian gelegentlich mit dem allzu offensichtlichen (und sicherlich augenzwinkernden) Skript (er muss tatsächlich „ich habe ein Problem mit Autoritätsfiguren“ sagen), liefert letztlich aber ebenfalls eine sehr sympathische Performance ab. Ansonsten möchte ich nur noch Del Close als Pastor Meeker erwähnen, der im Blob alsbald eine biblische Strafe und die Apokalypse erkennen will. Nun ist im Horrorfilm für Priester allgemein wenig Platz zwischen „heldenhaftem Exorzist“ und „Untergangsprediger, 5 Minuten vom eigenen, apokalyptischen Kult entfernt“. Allerdings frage ich mich hier, ob der eine Anspielung auf die Verbindung des Blob-Originals zum durchaus unangenehmen Prediger Billy Graham sein soll. Zutrauen tät ich es dem Film.
Wer für Halloween noch einen ekligen Monsterfilm, mit durchaus grotesken, überraschenden, aber nicht unbedingt Alpträume auslösenden Toden sucht, macht mit ‚Der Blob‘ sicherlich wenig falsch. Die Kunst von Darabont und Russell ist es die bekannten Versatzstücke so geschickt anzuwürzen, dass ein wirklich interessantes Menü dabei herauskommt. Schmeckt wirklich gut, auch wenn es nach Glibber aussieht!
Der war ganz nett aber ich mag den alten S/W – Film lieber.
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Ja, der hat seinen eigenen Charme. War aber nicht sw, der Gag war ja gerade, dass der Blob immer roter wurde je mehr Opfer er… verblobbt hat. 😉
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Der war schon in Farbe? Ich hätte auf S/W gesetzt.
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