Sonderarchiv: ‚Die Akte Springfield‘

In meiner „Archivarbeit“ schaue ich mich derzeit ja durch die ersten fünf Staffeln und den ersten Film der Serie ‚Akte X‘. Im „Sonderarchiv“ will ich dabei nun Dinge betrachten, die nicht direkt zur Serie gehören, aber vielleicht die kulturelle Bedeutung und Einfluss der Serie zeigen. Und dafür ist wohl wenig geeigneter als unser heutiges Beispiel, das „Crossover“ der FOX-Superhits der 90er, ‚Akte X‘ und ‚Die Simpsons‘.

Die Idee hat eine Weile bei den Simpsons Autoren herumgelegen. Das lag wohl vor allem daran, dass die meisten keine besonders großen Fans der X-Akten waren. Nachdem die Produzenten Al Jean und Mike Reiss, Showrunner der Staffeln drei und vier, inzwischen unter Vertrag bei Disney, für ein paar Folgen von Staffel acht an FOX ausgeliehen wurden, beschlossen sie das Crossover endlich umzusetzen. Herausgekommen ist eine vor kulturellen Anspielungen fast platzende, aber sehr unterhaltsame Folge der späten Hochphase der Simpsons.

Leonard Nimoy erscheint im Rahmenprogramm und moderiert eine Show über UFO Phänomene (eine Anspielung auf die Show ‚In Search Of…‘, die Nimoy von 1977 bis 82 moderierte, die es aber erst in späteren Versionen (ohne Nimoy) nach Deutschland geschafft hat). Homer, Lenny und Carl schleichen sich an einem Freitag früher von ihren Jobs im Kernkraftwerk Springfields davon. Homer schließt dazu einen Videorecorder mit alten Aufnahmen an das Überwachungskamerasystem an. Ein Trick, den er im Film „der Bus, der nicht langsamer werden durfte“ gesehen hat. Später (nach umfänglichem Genuss von Düff (aus Schweden!) und Red Tick Beer) macht sich Homer durch den Wald auf den Heimweg. Dort begegnet er gruseligen Plakaten, dem Springfield Philharmonic Orchestra, das im Bus die Psycho Melodie spielt und einem dürren, leuchtenden, fistelstimmigen Alien, dass Frieden und Liebe verspricht.
Doch weder seine Familie noch Chief Wiggum glauben Homer die Geschichte. Dennoch tauchen zwei uns bekannte FBI Agenten in Springfield auf. Mulder und Scully machen eine Reihe Test mit Homer, zeigen ihm ein Line-Up mit Marvin, dem Marsmenschen, Gort, Chewbacca, ALF und einem der Aliens aus den Halloween Folgen. Letztlich ist Homer aber derart unglaubwürdig, dass nicht einmal Mulder mit dem Fall zu tun haben will. Nur Bart stellt sich auf seine Seite und so lauern sie eine Woche später dem Alien erneut auf. Trotz Homers Ungeschick gelingt ihnen eine Videoaufnahme und alsbald ist ganz Springfield im Alien Fieber.
In der nächsten Woche wartet folglich die gesamte Bevölkerung auf das Alien. Kaum taucht es auf und verspricht Liebe, rottet sich, in typischer Springfield Manier, ein Mob zusammen, um es zu töten. Doch da stellt sich heraus, dass das „Alien“ Mr. Burns war. Nach seiner allwöchentlichen Verjüngungskur aus Drogen, Augentropen und Stimmbandreinigung, ist er desorientiert, glubschäugig und erstaunlich friedfertig. Das Leuchten hingegen entsteht aus seiner lebenslangen Karriere im Atomkraftwerk. Die Drogen lassen nach, Burns droht zu seinem bösartigen Selbst zu werden, da verpasst ihm Dr. Nick eine weitere Dröhnung und alle Anwesenden, inklusive der X-Aktler, Chewbacca und Leonard Nimoy singen „Good Morning Starshine“. Entsprechend muss Nimoys jugendlicher Praktikant die Abmoderation der Rahmenhandlung vornehmen. Ende.

Es fällt durchaus auf, dass die Autoren keine Riesenfans der ‚Akte X‘ sind. Alle Verweise auf die Serie bleiben reichlich oberflächlich. Die geschriebenen Orts- und Zeitangaben (die immerhin für einen ‚Shining‘ Gag genutzt werden) und der Cigarette Smoking Man im Hintergrund einiger Szenen. Die einzige etwas tiefere Anspielung ist das Foto von Mulder in Speedo-Badehose, das er hier neben seiner Marke vorzeigt. In einer Folge der zweiten Staffel ‚Akte X‘ sehen wir Mulder länger in Badehose. Und gerade in den 90er war es wohl noch auffällig genug, dass man den männlichen Hauptdarsteller spärlich bekleidet zeigt und nicht die Hauptdarstellerin, dass das eine Parodie wert war. Wobei die Idee, dass Mulder so ein Foto neben seiner Marke mit sich rumträgt sehr, sehr lustig ist! Nicht zuletzt, weil es wohl Duchovny war, der die Badehosen-Szene unbedingt wollte.

Aber fast alle anderen Gags beziehen sich auf ältere UFO Medien. Die Nimoy Moderation, deren Herkunft ich heute zum ersten Mal nachgeschaut habe, etwa. Ansonsten werden ‚E.T.‘‚Unheimliche Begegnung der dritten Art‘, ‚Der Tag an dem die Erde stillstand‘, ‚Plan 9 aus dem Weltall‘ oder die FOX Alien Autopsie erwähnt. Und Milhouse spielt an einem ‚Waterworld‘ Arcade Automaten, der sich als wahres Groschengrab erweist. Wobei das nix mit UFOs zu tun hat.

Aber die wirklich guten Gags liegen ohnehin zumeist abseits der Anspielungen. Wiggums „unsichtbare Schreibmaschine“ zum Beispiel. Oder Moes Killerwal Schmuggel. Oder die Geheimzutat von Red Tick Beer. Oder Homer, der so doof ist, dass er Scullys Lügendetektor mit nur einer Antwort in die Luft jagt.

Durch die reine ‚Akte X‘ Brille betrachtet ist die Folge ein wenig enttäuschend. Hinterlässt einem mit dem Gefühl, dass man aus dem Auftritt der Figuren mehr hätte machen können. Ich hätte gerne Burns mit dem Cigarette Smoking Man interagieren sehen, denn natürlich wäre der in die große Verschwörung verwickelt. Oder Anspielungen auf die Springfield-internen Verschwörungen (die genaue Lage der Stadt, trägt Krusty Makeup, oder nicht?, wo ist Herb Simpsons Baby Übersetzer?, wer hat Mr. Burns WIRKLICH angeschossen?, Hans Sprungfeld, Armin Tamzarian taucht ja erste ne Staffel später auf). Der Eindruck bleibt aber nicht lange bestehen, denn es ist einfach eine sehr gute Simpsons Folge. Damit steht sie, zugegeben, nicht allein da. Das gilt für quasi alle Folgen der Staffeln 3 bis 8. Und viele davor und einige danach.

Ich weiß übrigens noch nicht, ob dieses „Sonderarchiv“ einmalig bleibt. Sollte mir noch mehr berichtenswertes Akte X Material der Zeit über den Weg laufen, werde ich sicher weitere Einträge erwägen. Ich hätte z.B. durchaus Interesse an dem damaligen FMV Spiel. Weil ich für diese Art Spiel mehr Sympathie habe, als die meisten Leute. Aber das gibt es weder bei Steam noch gog.com. Und ich mag mir den Alptraum selbst zu versuchen das auf einem modernen System zum Laufen zu bringen gar nicht vorstellen. Falls Ihr Euch an das Auftauchen der X-Aktler an ungewöhnlicher (aber heute möglichst ohne die Spende einer Niere erschwinglicher) Stelle erinnert, schreibt es gern in die Kommentare.

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4 Gedanken zu “Sonderarchiv: ‚Die Akte Springfield‘

  1. Das FMV-Game habe ich damals während meiner Zivizeit ein wenig gespielt bzw. dabei zugeschaut. Habe aber nicht mehr viele Erinnerungen daran, nur dass ich durchaus beeindruckt war von der Leistung der PS2 (meine letzte Konsole war ein SNES).

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