Ist der wirklich sooo schlecht? – ‚Der Wüstenplanet‘ (1984)

Der folgende Artikel enthält Besprechungen später Teile des Buches und des Lynch Films. Diese können natürlich als Spoiler für den kommenden zweiten Teil der Villeneuve Version verstanden werden. Ihr seid gewarnt!

Wer bereits meinen Artikel „Wenn eine Neuverfilmung den alten Film besser macht“ gelesen hat, kennt meine Antwort hier ja bereits. Nö, der ist bei weitem nicht so schlecht, wie ich und viele andere ihn lange eingeschätzt haben. Ich denke, ich werde mein übliches Rezensionsformat hier ein wenig abändern. Ich werde mich auf die Teile konzentrieren, die ich für gut gelungen befinde und die meiner Meinung nach den Film sehenswert machen. Am Ende werde ich auch die fraglosen Probleme des Films noch kurz ansprechen.

Also dann, es waren einmal die frühen 80er. Jeder wollte noch unbedingt seinen eigenen Star Wars haben. Einen Blockbuster, der dank Merchandise ein ungeahntes und womöglich nie endendes Geld einspielen würde. Der italienische Produzent Dino De Laurentiis, seit Mitte der 70er in Hollywood, wollte das auch gerne. Und da traf es sich gut, dass er die Rechte an einer Verfilmung von Frank Herberts Roman ‚Dune – Der Wüstenplanet‘ gekauft hatte, nachdem Alejandros Jodorowskis Version grandios in der frühen Produktion scheiterte und eine von Ridley Scott nie zustande kam. Star Wars hatte sich fraglos von ‚Dune‘ inspirieren lassen, was hätte also bessere Chancen der Star Wars Killer zu werden? Und für die Regie wollte De Laurentiis David Lynch. Ob das an dessen früheren Filmen, ‚Eraserhead‘ und ‚Elephant Man‘ lag, ist unklar. Es ist nicht einmal sicher, ob De Laurentiis die gesehen hatte. Aber Lynch hatte die Regie an ‚Die Rückkehr der Jediritter‘ abgelehnt. Damit wäre man Star Wars also noch einen Schritt näher!

Das Problem war, dass Lynch sich nicht für SciFi interessierte. Er behauptete später, er habe ‚Dune‘ nie gelesen, was ich aufgrund der Tatsache, dass er das Drehbuch geschrieben hat und es in vielen Dingen nicht so weit ab von der Vorlage ist (und sogar auf andere Dinge anspielt), für unwahrscheinlich halte. De Laurentiis lockte ihn wohl mit dem Versprechen, ihm danach sein Herzensprojekt ‚Blue Velvet‘ zu finanzieren. Etwas wofür Lynch so dankbar war, dass er sich bis heute weigert schlecht über De Laurentiis zu sprechen. Obwohl ihre professionelle Beziehung während der Arbeit an ‚Der Wüstenplanet‘ wohl mindestens angespannt war. Lynch jedenfalls legte ein Drehbuch vor, das auf gut vier Stunden Drehzeit gekommen wäre (erstaunlich nahe an dem, wo Villeneuves Zweiteiler landen könnte…). Heute wäre ein vierstündiger Blockbuster nicht mehr unvorstellbar, aber in den 80ern? Unmöglich. So entwickelte Lynch einen zweiten Entwurf, der auf etwa drei Stunden kam. Mit dem begann er auch zu drehen. Am Ende würde man ihm den Endschnitt nehmen und einen 2 ¼ Stunden Film schneiden. Der für Zuschauer ohne Kenntnis des Buches, trotz ewiger Exposition und geflüsterten, inneren Monologen der Charaktere, kaum nachzuvollziehen sein dürfte.

Die Handlung in aller Kürze: im 11ten Jahrtausend baut das mächtige Adelshaus Atreides im geheimen eine Armee auf, die es mit revolutionären Schallwaffen ausstatten will. Das gefällt dem mächtigen Imperator (José Ferrer) überhaupt nicht. Daher verleiht er ihnen das wertvollste Lehen, den Planeten Arrakis, auf dem das Spice geerntet wird, dass für die Raumfahrt und somit das Imperium unabdingbar ist. Der Planet gehörte bislang den Erzfeinden der Atreides, den Harkonnen. Der Imperator und die Harkonnen planen die Übergabe nur als reine Falle, in der sie ihre Feinde vernichten können. Doch Jessica (Francesca Annis), die Konkubine des Herzogs Atreides (Jürgen Prochnow) und mächtige Bene Gesserit, ihr gemeinsamer Sohn Paul (Kyle MacLachlan) entkommen dem Gemetzel und fliehen zu den Ureinwohnern des Planeten, den Fremen, in die Wüste. Der Kult der Bene Gesserit hat auf sämtlichen Welten Religionen gestreut, die in einer Bene Gesserit und ihren Nachkommen Messias-Figuren erkennen, für den Fall, dass eine der ihren in Not geraten sollte. Und so übernimmt Paul, als Paul Muad’dib alsbald die Führung der Fremen, die er mit den Schallwaffen ausstattet. So bringen sie die Spice Ernte zum Erliegen, was den Imperator zum Eingreifen zwingt und er in einer letzten Schlacht geschlagen wird.

Was ist gut an dem Film? Ich finde eine frühe Szene sehr beschreibend. Wir sehen den Imperator und seinen Hofstaat im typischen SciFi Feudalismus mit viel Gold und aufwändigen Kostümen. Herein kommt eine Abgesandtschaft der Navigatorengilde, deren Navigatoren durch ständige Spice Einnahme die Fähigkeit erlangen den Raum zu beugen und so Reisen durch das All zu ermöglichen. In schwarzes Leder gekleidet, kahl und merkwürdig, übernehmen sie direkt die Kontrolle. Der Imperator ist abhängig von ihnen und gibt sich unterwürfig. Dann sehen wir den Navigator selbst (etwas was im Buch noch niemals jemand hat) und was für ein Anblick er ist. Irgendwo zwischen Fötus und der Frau in der Heizung aus ‚Eraserhead‘ beginnt das Wesen aus einer Art Anus-Mund zu sprechen. Als die Gesandtschaft geht, versuchen einige Gildenmitglieder halbherzig den Schleim des Navigators wieder aufzufeudeln, doch der marmorne Fußboden ist unwiederbringlich verschmutzt.

Das ist ein David Lynch-Film, der in einen klassischen SciFi Film einmarschiert und direkt die Kontrolle übernimmt. An dieser Stelle wäre ich nicht mehr überrascht, wenn der Navigator „In heaven, everything is fine“ zu singen begänne. Ich liebe jede Sekunde dieser Szene und immerhin das tat ich schon immer.

Weiterhin positiv zu erwähnen ist die Musik von Toto. Nicht unbedingt die Leute an die man für einen SciFi Film denken würde, aber die leicht rockigen Melodien funktionieren wunderbar. Und wenn Paul und Stilgar (Everett McGill) später einen Sandwurm reiten und vor rotem Sonnenuntergang die E-Gitarren einsetzen, dann ist das einfach verdammt cool. Hans Zimmers Klangteppich für die neue Version ist viel gelobt worden, aber Totos Fassung muss sich echt nicht verstecken. Besser im Ohr bleibt sie auch. Besonders hervorheben möchte ich allerdings Brian Enos wunderbar ätherisches „Prophecy Theme“:

Weiterer Höhepunkt sind die Harkonnen. Angefangen bei ihrem Planeten Giedi Prime. Offiziell hatte H.R. Giger mit dem Film nichts mehr zu tun, aber möglicherweise hat man einige Entwürfe der Jodorowski Version mit eingekauft. Denn Giedi Prime sieht zutiefst nach Giger aus. Von einem Fabrikschlot der schwarzen Qualm aus aufgeblähten Backen zu pusten scheint, über irrwitzige industrielle Labyrinthe hin zu den Alptraum-Kerkern, in denen die Harkonnen selbst hausen. Kenneth McMillen ist ein widerwärtiges Highlight des Films. Im Englischen spricht man von „chewing the scenery“, wenn ein Darsteller übertrieben agiert. Nun, McMillen zerkaut das Bühnenbild, schluckt es runter, würgt es wieder hoch und kaut es gleich noch einmal. Das ist ein Charakter derart übertrieben, dass nur Lynch ihn funktionieren lassen kann. Herberts Homophobie, die sich im Buch an Harkonnen abarbeitet, überzieht er ebenfalls ins Absurde, wenn der Baron einem verängstigten Untergebenen einen Herzstecker aus der Brust zieht und sich (weitgehend off camera) über ihn hermacht, während sein Blut spritzt. Paul L. Smith (Fun Fact über Smith: der hat in den 70ern mit dichtem Vollbart an italienischen Bud Spencer Plagiatsfilmen mitgearbeitet) gibt seinen stumpfen Neffen Rabban, ähnlich grausam aber weniger raffiniert. Der zerquetscht kleine Insekten, um sie wie eine Capri-Sonne auszutrinken und reißt die Zunge aus einem Kuhkadaver, um sie aufzuessen. Brad Dourif ist Mentat Piter De Vries, ähnlich psychopatisch wie das Haus dem er dient. Ein Sadist, der sich bis zu seinem eigenen Tod durch Herzog Atreides Zahngas, an der eigenen Bösartigkeit weidet. Stings Feyd Rautha wirkt zunächst wie ein Fremdkörper zwischen den grotesken Gestalten und doch sehen wir Andeutungen, dass er der Schlimmste von allen ist.

Die Atreides bleiben weitgehend blass, mit einer Ausnahme. Alia, gespielt von einer sehr jungen Alicia Witt, ist der Stoff aus dem Alpträume sind. Lady Jessica war schwanger mit ihr, als sie als Ehrwürdige Mutter der Fremen eine Überdosis Spice zu sich nehmen musste. Dadurch wurde Alia mit dem gesamten Wissen einer Ehrwürdigen Mutter der Bene Gesserit geboren. Im Film sehen wir sie, als sie zwei oder drei Jahre alt ist und im Schiff des Imperators auftaucht, um Baron Harkonnen zu bedrohen und zu ermorden. Sie spricht mit der Stimme eines Kleinkinds aber in seltsam reifen Sätzen. Einmal sehen wir kurz ihr flammend rotes Haar, was ein Hinweis auf viel spätere Entwicklungen der Buchreihe sein könnte (oder schlicht der Tatsache geschuldet ist, dass Witt rote Haare hat…).

Ansonsten hat der Film eine Reihe brillanter Miniatureffekte, insbesondere, wie reale Darsteller mit Miniaturen interagieren, also etwa aus gigantischen Raumschiffen aussteigen. Die Wurmeffekte  funktionieren bis heute sehr gut. Sei es der Moment, wenn ein Wurm den Ernter frisst, oder Paul den Reithaken zwischen die Segmente drückt. Man hat sich weiterhin ein Beispiel an Star Wars genommen und lässt Dinge gebraucht aussehen. Besonders sichtbar in der Szene, wenn Liet Kynes (Max von Sydow) den Atreides die Spice Ernte zeigt. Sein Stillsuit ist sonnengebleicht, abgenutzt und verschmutzt, die der anderen sind brandneu.

Was funktioniert nicht? Nun, die übergreifende Geschichte. Trotz jeder Menge Exposition, oder gerade deswegen, folgt man dem Film kaum. Charaktere treten auf, nur um zu verschwinden (wofür genau war Duncan Idaho (Richard Jordan) im Film? Um in den Kopf geschossen zu werden?), oder tauchen spät wieder auf, nur um doch keine Rolle zu spielen (siehe Patrick Stewarts Gurney Halleck). Oder ihr Bogen bleibt schlicht unerfüllt, siehe Thufir Hawat, den die Harkonnen in ihre Dienste zwingen. Sein Selbstmord, als er herausfindet, wer der Fremenführer Muad’dib wirklich ist, wurde gefilmt, schaffte es aber nicht in die Endfassung. Hier hätte man vermutlich ordentlich Personal eindampfen können. Die Schallmodule um die Kampfart des „weirding way“ zu ersetzen sind… okay, denke ich. Habe ich lange gehasst, heute sehe ich, warum das visuell, gerade damals, vermutlich besser funktioniert. Außerdem hat Lynch ja sowieso so ein Faible für die zerstöreische Kraft der Sprache.

Apropos visuell, für einen Lynch Film, gerade einen mit so viel mehr Action als gewöhnlich, ist der Film erstaunlich statisch. Nicht nur die einzelnen Bilder, es ist insgesamt wenig Zug drin und in der zweiten Hälfte fällt die Handlung dann ziemlich auseinander mit etwas Training, einer „zerstören wir Spice-Ernter“ Montage und dann plötzlich schon dem Endkampf.

Aber dennoch, der Film enthält mehr als genug, was ihn sehenswert macht. Gerade als Begleitstück zur modernen Verfilmung würde ich ihn unbedingt empfehlen. Schon damit man mal vergleichen kann, wo sich Villeneuve (und Hans Zimmer!) eindeutig hat inspirieren lassen.

Ist der wirklich sooo schlecht? ‚Jupiter Ascending‘ (2015)

Mit ‚Jupiter Ascending‘ tauchen die Wachowskis nun ein zweites Mal in der „Ist der wirklich sooo schlecht?“-Reihe auf. Aber seien wir ehrlich, ‚Speed Racer‘ hatte dort nicht wirklich etwas zu suchen und war dort nur, weil er ein finanzieller Flop war. Ich habe eine Menge guten Willens für die Wachowskis. Nicht nur weil sie mit ‚Matrix‘ und eben ‚Speed Racer‘ zwei großartige Werke und mit ‚Cloud Atlas‘ eine erstaunlich gelungene Verfilmung eines quasi unverfilmbaren Buchs abgeliefert haben, sondern auch weil sie selbst in ihren Fehlschlägen, wie etwa den Matrix Sequels, immer originell waren. Nie genau das abgeliefert haben, was man erwarten würde. Und Originalität ist dieser Tage im Film, gerade im millionenschweren Blockbuster-Bereich, ein mangelndes und wertvolles Gut.

Ich hatte so eine stille Hoffnung, dass ich mit ‚Jupiter Ascending‘ einen zweiten ‚Speed Racer‘ entdecken würde. Einen Film, der schlicht deshalb durchgefallen ist, weil er dem Publikumsgeschmack seiner Zeit diametral zuwider lief. Das Wenige, was ich über den Film gehört hatte, ließ ihn mindestens nach einem Meisterwerk des „Camp“ klingen: Channing Tatum als Möter in Raketenschlittschuhen, Sean Bean als Bienenmann namens Stinger Apini (warum nicht gleich Sean Bienlein?). Und dann ist da noch Eddie Redmaynes schauspielerische Entscheidung seinen Charakter… so zu spielen. Doch dazu wird später mehr zu sagen sein. Nun gilt es leider bereits zu verraten, dass meine Hoffnung enttäuscht wurde und mein guter Willen auf eine doch recht harte Probe gestellt wurde. Doch lasst mich kurz die Story anreißen, soweit mir das möglich ist.

Jupiter Jones (Mila Kunis) wurde von ihrer russischen Mutter auf der Überfahrt in die USA geboren, wo sie nun ein „illegal alien“ ist und sich mit Putzjobs in Chicago über Wasser hält. Eine Sequenzierung ihrer Gene löst jedoch eine Reihe Alarme im Weltall aus. Denn Jupiter ist die „genetische Reinkarnation“ eines mächtigen Mitglieds der Abrasax-Familie (kein Tippfehler). Diese züchtet Menschen auf tausenden von Planeten, um diese „abzuernten“, so bald genug Bevölkerung vorhanden ist, um die Menschen zu… blauem „Leute-Saft“ zu verarbeiten, der ewig jung hält und das wertvollste Handelsgut des Universums darstellt. Die Erde steht kurz vor der Ernte und gehört Balem Abrasax (Eddie Redmayne). Doch laut des Erbes seiner Mutter fällt unter anderem die Erde zurück an sie, falls ihre genetische Information erneut auftaucht, was sie in Form von Jupiter nun getan hat. Daher will Balem sie beseitigen, bevor sie ihr Recht antreten kann. Doch auch seine Geschwister Titus (Douglas Booth) und Kalique (Tupence Middleton) haben ihre eigenen Pläne und schicken Söldner auf die Erde. Darunter auch Caine Wise (Tatum), halb Mensch halb Wolf, der Jupiter vor allerlei Mordanschlägen schützen muss.

Das ist die kürzest mögliche Kurzfassung. Denn bis Minuten vor Filmende tauchen noch neue Charaktere auf, die mehr Exposition über die Welt des Films preisgeben. Und das ist auch schon eines der größten Probleme des Films. Anstatt eine Welt zu etablieren und dann die Charaktere darin handeln zu lassen, bauen die Wachowskis weiter und weiter an ihrer Welt, sind dringend darauf aus jeden Punkt zu erklären, ob nötig oder nicht. Über diese beständigen Erklärungen vergisst der Film seine Charaktere gern einmal. Beide nicht Balem Abrasax (ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mein Hirn ausbremsen muss, um nicht automatisch Abraxas zu tippen) Geschwister haben ihre mächtig bösen Pläne, die beide dadurch vereitelt werden, dass Channing Tatum auf seinen Raketenschlittschuhen durch eine Wand kracht. Sekunden später sind beide vergessen und werden nie mehr erwähnt. Da werden vom CGI Team und praktischen Bühnenbildnern und sicher nicht zuletzt vom Kostümdesign visuell wirklich beeindruckende Welten geschaffen, die wir für ein paar Sekunden zu sehen bekommen und dann vergessen sollen, um vom nächsten Setpiece beeindruckt zu sein. Nichts bekommt den benötigten Raum zum Atmen. Alles ist voller Ideen, die hingeworfen und dann vergessen werden, während sich die mäßig interessanten Hauptcharaktere Exposition erzählen. Insofern zeigt der Film erstaunliche Ähnlichkeit zu ‚Valerian und die Stadt der tausend Planeten‘. Wobei ich mit dem noch mehr Spaß hatte.

Doch das ist eine ungewollte Ähnlichkeit, viel entscheidender sind die absolut gewollten Zitate. Da sind erst einmal die Selbstzitate der Wachowskis. Jupiter ist mit ihrem Leben und ihrem Platz in der Welt unzufrieden und ist sich sicher, da müsse es doch noch mehr geben. Dann stellt sich heraus, dass sie in einer Welt lebt, wo Menschen letztlich nur Nutztiere für eine andere Macht sind. Whoa, deja vu! Um mal wieder Neo aus ‚Matrix‘ zu zitieren. Und die Idee der genetischen Reinkarnation? Das die exakt gleichen Menschen zu anderen Zeiten wieder auftauchen? Ich denke ich brauche keinen ‚Cloud Atlas‘, um den Ort zu finden, wo ich das schon mal gehört habe. Neben dieser Selbstreferentialität lehnt sich der Film aber auch auf andere Werke. Optisch wie inhaltlich ist er eine fröhliche Mischung aus ‚Flash Gordon‘, ‚Dune‘, ‚Star Wars‘ und ‚Per Anhalter durch die Galaxis‘, hat aber leider von George Lucas auch sein taubes Ohr für Dialoge übernommen, anstatt sich hier bei Douglas Adams zu bedienen. Doch die merkwürdigste und direkteste Referenz ist die auf Terry Gilliams ‚Brazil‘. Plötzlich nimmt sich der Film rund zehn Minuten für eine humoristisch-satirische Bürokratiesequenz, in der Jupiter ihre Königlichkeit beweisen muss (Sean Bienleins Bienlein erkennen Königinnen natürlich sofort, Bienen können das wie jeder weiß, allerdings wird das wohl vor Gericht nicht anerkannt). Sie werden von A nach B und von da zu C und zurück nach A geschickt. Gefilmt in typischer Gilliam Ästhetik. Und am Ende dieser Sequenz sitzt der dann da höchstselbst als oberster Bürokrat mit allerlei Requisiten an den Kopf geklebt und absolviert einen mäßig motivierten Cameo-Auftritt. Dann geht es weiter im geplanten Programm und die ganze Sequenz wird, natürlich, sofort vergessen.

Der ganze Film ist voller Rattenmenschen, Drachenmenschen und was weiß ich Menschen. Nur dürfen die alle nix machen. Da ist ein Elefantenmann-Pilot, den man zum ersten Mal während einer dramatischen Flugsequenz sieht, wo er ein Benjamin Blümeskes TÖRÖÖÖ loslässt. Ich habe auf die einzig mögliche Art reagiert: mit lautem Lachen. Aus der dramatischen Situation war ich raus. Ich habe nix gegen Elefantenmenschen in SciFi Filmen. Im Gegenteil, das klingt sehr cool. Aber führt ihn ein, lasst ihn durch seinen Rüssel atmen, anstatt plötzlichem TÖRÖÖÖ.

Wie passen alle diese Filmstile und Referenzen zusammen? Kaum. Das ist ein weiteres der Probleme. Ein Problem, das sich auch darin äußert, dass die Darsteller sich alle in unterschiedlichen Filmen wähnen. Mila Kunis spielt es wie eine RomCom. Mila Kunis ist hier nicht gut. So gar nicht. Sie ist eine Nichtpräsenz durch den ganzen Film, was ein Problem ist, wenn sie unsere Protagonistin ist. Sie schlafwandelt von einer Falle zur nächsten, geleitet nur von stumpfer Überraschung. Dann fällt sie irgendwo runter und Tatums Caine fängt sie auf. Und deshalb glaube ich auch nicht, dass eine bessere Darstellung diesen Charakter hätte retten können. Sie ist die Louis Lane zu Tatums Superdog. Selbst etwas tun darf sie eigentlich erst ganz am Ende des Films. Und beschließt nichts zu tun. Dann fällt sie wo runter.
Channing Tatum hingegen wähnt sich in einem höchst ernsthaften Film und kommt damit noch am besten weg. Mit seinem blonden Goatee und Vulkanierohren sieht er zwar weniger wie ein Werwolf und mehr wie eine böse Spiegeluniversum-Version eines Channing Tatum Star Trek-Charakters aus, doch hat er genug Charisma um hier einen okayen Actionhelden zu geben. Sean Bien sieht in keiner Weise aus wie eine Biene. Buh! Frechheit! Aber er stirbt auch nicht… glaub ich. Er wird einfach vergessen, genau wie alle anderen Charaktere.

Uuund daaann iiist daaa… Eddiiie Redmaaayne. Der ist in seinem ganz eigenen Film. Vermutlich einem Film, der nie das Licht der Öffentlichkeit hätte sehen sollen. Er spielt jede Szene, als hätte sich Ming der Gnadenlose in die Robe gepullert und versucht nun dies zu überspielen, während es ihm warm das Bein herunter rinnt. Den Kopf leicht nach hinten gelegt scheint er jedes Wort sowohl zu hauchen als auch herauszupressen. Er wurde viel für diese merkwürdig theatralische Darstellung kritisiert und irgendwo verstehe ich warum, aber mein Gott, er ist das Unterhaltsamste am ganzen Film. Besonders in seinen Szenen mit Kunis. Seine Theatralik ist irgendwo bei 95, ihre bei etwa 3. Ja, spätestens hier fällt der Film in sich zusammen, wie das aufgeblähteste Soufflé aller Zeiten, aber es ist immerhin unterhaltsam.

Auch wenn ich versucht habe unterhaltsam zu sein, hat mir diesen Text zu schreiben kein großes Vergnügen bereitet. 2018 haben die Wachsowskis ihr Studio geschlossen und einen möglichen Rückzug aus dem Filmgeschäft verkündet. Es wäre tragisch, wenn sich zwei hochoriginelle Stimmen mit einem solchen selbstreferentiellen, aufgeblähten Nichts vom Kino verabschieden würden. Sicher, die technischen Aspekte sind durch die Bank gelungen, bis hin zu Michael Giacchinos Musik. Und doch wirft der Film ein Schlaglicht auf die größte erzählerische Schwäche der Wachowskis: dass sie Weltenbau und Exposition nur allzugern über die Handlung und Charaktere setzen. Beim ersten Matrix kamen sie damit durch, bei den anderen beiden nicht. Ich behaupte genau deswegen ist ‚Speed Racer‘ ihr bester Film. Dort gibt es nichts zu erklären. Autorennen von a nach b, wer zuerst da ist hat gewonnen. Cool. Und nun können wird 2 Stunden damit zu bringen brillante Visionen aus diesem einfachen Konzept herauszuholen. Aber ‚Jupiter Ascending‘ fühlt sich an, als hätte man versucht eine dieser Jugendbuch-Trilogien, der Marke „du bist was ganz besonderes, aber in einer dystopischen Zukunft“, die mal so en vogue in den 2010ern waren, in einen Film zwängen wollen. Ohne dabei irgendwas zu streichen. Das Ergebnis ist so vollgestopft, das nichts mehr Bedeutung haben kann.

Ich bin froh, dass es nun doch nicht das letzte Werk der Schwestern sein wird, Lilly schreibt Bücher für eine Serie, und Lana arbeitet bekanntlich am vierten ‚Matrix‘ Film. Für den habe ich zwar keine großen Hoffnungen, doch origineller als das hier muss er fast sein.

Also, „ist der wirklich sooo schlecht?“ Ja. Leider.

Aber vielleicht ist es doch eine ‚Speed Racer‘ Situation und ich erkenne nur nicht die Qualität des Films? Falls ja, dann lasst es mich bitte wissen!

 

PS: hier noch ein Trivia-Nachtrag, der mir ansonsten vermutlich keine Ruhe gelassen hätte. Jupiter Jones ist natürlich der originale Name von „Drei Fragezeichen“ Nummer 1 Justus Jonas. Sind die Wachowskis also Drei Fragezeichen/Three Investigators Fans? Nun, es gibt einen Charakter namens Titus, wie Jupiters/Justus‘ Onkel in der Serie heißt und der auch hier (auf deutlich kompliziertere Weise) mit Jupiter verwandt ist. Auch einen Nebencharakter namens Bob, der Bürokrat ist und damit im weitesten Sinne Recherchen und Archiv betreibt. Aber ich glaube ehrlich gesagt, das ist purer Zufall. Schließlich hätten sie ja ansonsten Peter übersehen und der ist das beste Fragezeichen.

Ist der wirklich sooo schlecht? ‚Aliens vs. Predator 2‘ (2007)

Ich mochte ‚Aliens vs. Predator‘ nicht wirklich. Dieser ganze „Ancient Alien“-Pyramide am Südpol Kram und die etwas zu heldenhaft gezeichneten Predatoren, die wenig mit dem kichernden Mistkerl, der sich am Ende vom Arnie-Film in die Luft jagt, zu tun hatten, plus ziemlich öde Action-Szenen, ließen ihn mir in keiner guten Erinnerung bleiben. Und so kam ich auf die einzig mögliche Weise in den Genuss von Teil 2: ich angelte ihn tief vom Grund einer Ramschkiste im örtlichen Elektro-Markt. Und die BluRay hielt exakt, was der Herkunftsort versprach: Bonusmaterial ist Fehlanzeige, ja es gibt nicht einmal ein Menü, Ton/Untertiteleinstellungen werden während des Films geändert. Wurscht, auf den Film der Brüder Strause kommt es schließlich an. Falls Euch die Namen Colin und Greg Strause etwas sagen, dann hat das vermutlich weniger mit ihrem filmemacherischen Erfolg zu tun. Denn die beiden betreiben vor allem ein Computer FX Studio. Als solches arbeiteten sie 2010 an den Effekten für den Sony Film ‚Battle: Los Angeles‘, indem L.A. von Aliens überfallen wird. Sony war wenig erfreut, als die Brüder Strause die zeitgleiche Veröffentlichung ihres eigenen „Aliens überfallen L.A.“ Films ‚Skyline‘ verkündeten. So wenig erfreut, dass sie die Brüder wegen des Verdachts verklagten, FX Gelder des Sony Films für ihr eigenes Projekt verwendet zu haben. Man einigte sich schließlich außergerichtlich. Daher kannte zumindest ich vor diesem Film (auch wenn der natürlich früher entstanden ist…) den Namen Strause. Und zu diesem Film wollen wir jetzt endlich mal kommen.

Der Film beginnt dort, wo der letzte aufgehört hat. Ein Chestburster platzt aus der Brust des Hauptpredators des ersten Films. Das daraus entstehende „Predalien“ (laut Wikipedia) macht sich eilig daran die Predatoren Crew zu ermorden und das Schiff direkt zurück auf die Erde stürzen zu lassen. Hier entkommt es mit einigen Facehuggern in den Wald nahe des Ortes Gunnison in Colorado. Schnell fallen den Facehuggern ein Vater und ein Sohn auf der Jagd, sowie einige Obdachlose zum Opfer. Das Predalien trägt nicht nur den breiten Klappkiefer und schnieke Dreadlocks seines ehemaligen Wirtes zur Schau, sondern ist auch in der Lage mit seinem „Kiefer im Kiefer“ Leute mit Aliens zu infizieren. Anders als ein Facehugger legt er dabei gleich mehrere Chestburster ab. Der Xenomorph-Nachwuchs ist also gesichert. Ein sterbender Predator konnte allerdings noch einen Notruf absetzen. Und so kommt ein erfahrener Predator auf die Erde, erstens um die Aliens zu jagen und zweitens um alle Spuren sowohl von Aliens als auch Predatoren zu beseitigen. Sein Name (der im Film nie genannt wird) ist denn auch Wolf, nach Harvey Keitels „Cleaner“-Charakter aus ‚Pulp Fiction‘. Tatsächlich entsorgt dieser Wolf Leichen mit Chestburster Loch in der Brust, tote Facehugger und später ganze Aliens sehr effektiv mit hochwirksamer Säure. Da er allerdings aus seiner Predator Haut nicht heraus kann, kommt er nicht umhin einen Hilfssheriff, den er umbringt, weil der ihn beobachtet hat, nicht einfach verschwinden zu lassen, sondern er hängt seine gehäutete Leiche in einen Baum. Weil das die Predatoren in ihren Filmen das halt auch so gemacht haben. Wenig überraschend sorgt das dafür, dass die Ermittlungswut des örtlichen Sheriffs Morales (John Ortiz) steigt, anstatt zu sinken. Wer hätte das gedacht? Überhaupt sollte ich wohl ein paar Worte über die öden, menschlichen Charaktere sagen.

Da wäre Ex-Knacki Dallas (Steven Pasquale), frisch aus dem gefängnis nach Hause zurückgekehrt. Aber der sieht gut aus und der Sheriff mag ihn, also wissen wir, dass der kein Schlechter ist. Sein minderjähriger Bruder Ricky (Johnny Lewis) muss sich mit Pizzaaustragen und Bullies herumschlagen, aber immerhin mag ihn die Schulschönheit Jesse (Kristen Hager). Ebenfalls zurück kehrt Kelly O’Brien (Reiko Aylesworth). Allerdings nicht aus dem Knast, sondern dem Krieg. Ihre kleine Tochter Molly steht ihr sehr entfremdet gegenüber. All das wird aber in jener Nacht egal, als die Aliens das örtliche Kraftwerk ausschalten und zu aberdutzenden aus der Kanalisation hervorbrechen. Damit beginnt für die Menschen von Gunnison ein Kampf ums überleben.

Filmisch versagt ‚Aliens vs. Predator 2‘ ehrlich gesagt beinahe in jeder Hinsicht. Der Film ist hässlich. Wirklich hässlich. Die Helligkeit wurde extrem herausgenommen, damit die meist finsteren und oft recht heftigen Action- und Horrorszenen nicht zu einer höheren Altersfreigabe führen. Das sorgt dafür, dass in hellen Szenen die Farben „falsch“ wirken und selbst vor Ort, etwa im Wald, gedrehte Szenen wie von einem billigen Set wirken. Und bei längeren Szenen im Dunkeln tun einem fast die Augen weh, so muss man sich anstrengen um etwas zu sehen.

Die Handlung beginnt quasi als Slasher (mit nem mörderischen Predator als Doktor Loomis-Ersatz) und wird zu einem Invasionsfilm. Viele Überraschungen bietet das nicht, ist aber völlig okay. Die Dialoge hingegen sind annähernd schmerzhaft. „You are too stupid to talk, Dale! So shut up!“ Ist da beinahe schon ein Satz, der einen Funken Selbsterkenntnis enthält. Die Charaktere sind absolut flache Abziehbildchen, verkörpert von Darstellern, die mit „mittelmäßig“ freundlich umschrieben würden. Ausnahme ist John Ortiz, der seinen Sheriff, der vom Drehbuch irgendwo zwischen der Nutzlosigkeit von ‚Aliens‘ Lt. Gorman und dem Bürgermeister aus ‚Der Weiße Hai‘ verortet wurde, mit erstaunlich viel Pathos ausstattet. Ironisch.

Und dann sind da die Anspielungen. Oh, die Anspielungen. Dallas heißt nicht nur einfach Dallas (wie Tom Skerritts Charakter in ‚Alien‘), nein er sagt auch noch wortwörtlich in einer Szene „Get to da Choppa!“ (im Gegensatz zu mir versucht er sich dabei wenigstens nicht an einer Arnie-Imitation!), natürlich wie Dutch in ‚Predator‘. Manches funktioniert aber auch, wie der kurze Blick auf die Predatoren Heimatwelt, von der ich gern mehr gesehen hätte.

Nach alledem ist der Film also sooo schlecht wie sein Ruf? Tja… Nö. Ich hatte ehrlich gesagt weit mehr Spaß mit diesem Film als mit seinem Vorgänger. Die Idee die beiden Weltraummonster in einer Umgebung agieren zu lassen, die ansonsten irdischen Slashern vorbehalten ist, funktioniert für mich ganz erstaunlich gut. Die Kampfszenen zwischen Predator und Aliens (wenn man sie denn erkennen kann) haben ordentlich Wumms dahinter, vor allem weil Darsteller in Kostümen und nicht CGI-Monster verwendet werden. Die Szenen wenn das Predalien (ein erstaunlich doofes Wort) Patienten im Krankenhaus, hier vor allem eine werdende Mutter, infiziert, sind tatsächlich recht grausig (im positiven Sinne) inszeniert. Und wenn die Aliens das Kraftwerk überfallen, dann gelingen dem Film sogar recht beeindruckende Aufnahmen. Vor allem habe ich selten so gegrinst, wie wenn ein Alien durch eine Western-Saloon-Schwingtür kommt. Auch wenn sich daran direkt eine unnötige Anspielung auf die Küchenszene aus ‚Alien 3‘ anschließt…

Ein wenig zum Stillstand kommt der Film immer dann, wenn wir zu viel von den menschlichen Charakteren sehen. Eben auch wie bei einem Slasher. Aber irgendwann habe ich dann halt über die doofen Dialoge doch lachen müssen (‚Do you look at me, or the clock?“). Ich mag bekanntlich den Begriff „Guilty Pleasure“ nicht, denn wenn ich aus etwas Vergnügen ziehe und es niemandem schadet, dann fühle ich mich nicht „schuldig“. Der Einfachheit halber könnte man diesen Film für mich aber als genau solchen bezeichnen. Es ist ein bisschen so, als würde man einen Hamburger in einem heruntergekommenen Restaurant bestellen. Obwohl das Salatblatt nicht ganz frisch scheint und der extra bestellte Käse fehlt, schmeckt er deutlich besser als erwartet, wird aber nicht gerade zum neuen Lieblingsessen werden. Und ‚AvP2‘ ist wenigstens nicht so fettig, dass man nachts um 3 mit Sodbrennen aufwacht. Das ist doch auch was.

So, aus dieser verwirrenden Essensmetapher müsst Ihr nun selbst entschlüsseln, ob ich den Film empfehle oder nicht. So ganz sicher bin ich mir da nämlich selbst nicht.

Ist der wirklich sooo schlecht? ‚Speed Racer‘ (2008)

Zehn Jahre alt wird der berüchtigte Flop der Wachowski Geschwister diesen Sommer. Kann es einen besseren Moment geben, um den Blick zurückzuwenden und die Frage zu stellen, ob die Verfilmung eines 60er Jahre Manga von Tatsuo Yoshida (bzw. der etwas späteren Anime-Serie) wirklich derart misslungen ist, wie ihr Ruf vermuten lässt? Kurz: Ist der wirklich sooo schlecht?

Allerdings spiele ich heute nicht nach meinen eigenen Regeln und verrate meine Antwort im Voraus: um Himmels Willen, nein! ‚Speed Racer‘ ist in keiner Hinsicht ein schlechter Film. Er ist ein ungewöhnlicher Film. Für den Mainstream von 2008 ist er sogar ein zu ungewöhnlicher Film, der dazu noch das Pech hatte gegen den schlimmstmöglichen Rivalen antreten zu müssen. In einem Duell, das womöglich den Hollywood Popcorn Mainstream der letzten 10 Jahre entscheidend beeinflusst hat. Falls Euch das noch nicht neugierig genug auf den Artikel gemacht hat, lasst Euch sagen, dass Batman auch noch auftaucht! Verlieren wir also bloß keine Zeit! Weiterlesen

Ist der wirklich sooo schlecht? ‚Octalus – Schrecken aus der Tiefe‘ (1998)

Alte Hasen werden sich freuen (oder auch nicht). Ist der wirklich sooo  schlecht? kehrt nach beinahe zwei Jahren triumphal (oder auch nicht) zurück. Für möglicherweise verwirrte Neuleser: in Ist der wirklich sooo schlecht? werfe ich einen Blick auf Filme, die bei Kritik und Publikum durchgefallen sind und stelle die Frage Ist der wirklich sooo schlecht? Und dann wundere ich mich, dass sich in den Kommentaren nur Leute melden, die den Film toll finden. Okay, das Prinzip ist so simpel, dass es eigentlich keine Erklärung gebraucht hätte. Und ja, die drei ooo müssen sein. Sonst kann das ja jeder.

Heute werfe ich einen Blick auf den Stephen Sommers Film ‚Octalus‘, wie aufmerksame Leser von Überschriften bereits wissen. Gutes Zeichen (für mich): ich mag Sommers Version von ‚Die Mumie‘ mit Brendan Fraser etwas lieber als der Rest der Welt. Schlechte Zeichen (für jeden): Sommers zeichnet auch für ‚Die Mumie kehrt zurück‘ und *schauder* ‚Van Helsing‘ verantwortlich. Da ist also alles offen.

John Finnegan (Treat Williams) und die Crew seines Schnellbootes werden gezwungen eine Gruppe Söldner zu einem megamodernen Luxuskreuzfahrtschiff zu bringen, dass diese plündern und versenken wollen. Auf dem Schiff angekommen, stellt sich die Techno-Titanic allerdings als Geisterschiff heraus. Unter den wenigen Überlebenden sind Schiffseigner und korporatistischer Unsympath Simon Canton (Anthony Heald), sowie die Taschendiebin und Namen-die-es-nur-im-Film-gibt Inhaberin Trillian St. James (Famke Janssen). Gigantische, blutnuckelnde Tiefseewürmer haben sich auf dem Schiff einquartiert und haben trotz einer fetten Portion High-Society Touristen immer noch Appetit auf frisches Hämoglobin. Oder sind es am Ende gar keine Würmer, sondern Tentakel einer zentralen, noch furchtbareren Kreatur (und habe ich die Frage schon beantwortet, indem ich sie gestellt habe?)?

Ich gebe zu, ich kenne mich in der Filmografie von Hauptdarsteller Treat Williams nicht wirklich aus. Sollte ich ihn allein nach diesem Film beurteilen, würde ich sagen, er ist jemand, den man anruft, wenn das Budget nicht für Kurt Russel reicht. Und man bekommt dann exakt wofür man bezahlt hat. Er ist nicht schlecht, nimmt das Ganze nicht zu ernst und liefert den einen oder anderen Oneliner ganz gekonnt ab. Und ist der Film dann abgeschaltet vergisst man ihn auf der Stelle. Ich habe ihn für diesen Film „Kapitän Geht-So“ getauft. Famke Janssen, die ich üblicherweise nicht sonderlich gut finde, hat mich hier positiv überrascht. Sie bekommt nicht wahnsinnig viel mehr zu tun als der Love-Interest für Kapitän Geht So zu sein aber das Wenige was sie hat, tut sie vergnüglich und mit erkennbarem Spaß. Unter den Söldnern sind Djimon Hounsou und vor allem der stets unterschätzte Wes Studi zu erwähnen, die ihre Charaktere mit jenem unsympathischen Reiz ausstatten, der dafür sorgt das es Spaß macht ihnen zuzusehen aber man sich auch ein wenig drauf freut, dass sie endlich vom heißhungrigen Meeresgrundling verknuspert werden.

Und dann ist da noch Kevin J. O’Connor. Beni aus ‚Die Mumie‘, falls Ihr Euch dran erinnert. Und wie in der Mumie gilt auch hier, dass Sommers ihn wahnsinnig komisch zu finden scheint. Die Gründe dafür sind nicht erkennbar. Hier wie da nervt er, ist unerträglich uncharismatisch und soweit von komisch entfernt, wie Kapstadt von Trondheim. Aber während er in der Mumie nur eine kleine Rolle hatte, ist er hier, als Kapitän Geht Sos Mechaniker Joey, beinahe allgegenwärtig. Selbst als man sicher zu sein glaubt, dass er endlich Tiefseefutter geworden ist taucht er (wortwörtlich) wieder auf. Er ist wie ein cinematischer Tinnitus: annähernd unerträglich, schwer zu ignorieren und er geht einfach nicht weg. Wenn der Film eine überdeutliche Schwachstelle hat, so heißt sie Joey.

Das Produktionsdesign auf der anderen Seite ist ziemlich gut. Wir sehen sehr viel vom Schiff und zwar eindeutig unterscheidbare Gebiete und nicht nur anonyme Gänge. Ein Raum, gefüllt mit blutigen Skeletten war ehrlich gesagt effektiver als alles, was ich diesem Film zugetraut hätte. Das kann auch als Hinweis genommen werden, dass eine Menge passiert, die Charaktere begegnen den Monstern oder überraschend einander oder anderen Gruppen und fast immer artet es in Feuergefechte aus. Die sind nicht immer wahnsinnig gut inszeniert aber meist unterhaltsam genug. Langweilig wurde mir jedenfalls nicht.

Das Monster auf der anderen Seite ist ein anderes großes Problem des Films. Die Mitte bis späten 90er waren ohnehin keine gute Zeit für Monster. Viel zu sehr verließ man sich auf CGI, obwohl die Technik noch nicht einmal annähernd ausgereift genug war. Und so sind auch hier Greenscreens problemlos erkennbar und das CGI Ding eben immer nur ein CGI Ding. Dier Tentakel gehen zwar noch durch aber das Vieh selbst im Grande Finale wirkt wie der Endgegner aus einem beliebigen Spiel der ersten PlayStation. Inklusive „bitte-hierhin-schießen, da-bin-ich-verwundbar“ Leuchtpunkt. Vom CGI Wasser will ich gar nicht erst anfangen.

Vermutlich werdet ihr es aufgrund meiner Beschreibung schon bemerkt haben, ‚Octalus‘ ist letztlich ‚Aliens‘ aufm Schiff, nur schlechter und lustiger. Für eine B-Movie Prämisse ist das aber eigentlich solide genug. Ist ‚Octalus‘ nun also sooo schlecht? Tja, da wollte ich gerade ein sattes „nein“ tippen und dann sah ich vor meinem inneren Auge Joey, wie er (un-)lustig in die Kamera greint. Wenn Euer Humor eher wie der von Sommers gelagert ist und Ihr schon immer gedacht habt, eine dauernörgelnde Nervbacke würde ‚Aliens‘ erheblich verbessern, dann ist es absolut ein „nein“, er ist nicht sooo schlecht. Für alle anderen bleibt ein deutliches und entschlossenes „jein“. Ich bereue nicht den Film gesehen zu haben aber eine unentdeckte Perle ist er sicherlich auch nicht.

Und damit hätte diese erste neue Folge der Serie ein wunderbares Wischi-Waschi Ende gefunden. Es würde mich freuen, wenn ihr mich wissen lasst, wie Euch diese (hoffentlich) eher unterhaltsame als informative Version von Ist der wirklich sooo schlecht gefällt. ich hatte beim Schreiben zumindest Spaß, die eine oder andere Folge wird also so oder so nicht ausbleiben.

Ist der wirklich sooo schlecht? ‚Waterwold‘ (1995)

Ah, ‚Waterworld‘, auch bekannt als „Kevin’s Gate“, in Anspielung auf den Megaflop ‚Heaven’s Gate‘, der „United Artists“ in die Pleite getrieben hat. Pleite gegangen ist „Universal“ mit ‚Waterworld‘ nicht aber aus den ursprünglich für den Film veranschlagten Kosten von 66 Millionen Dollar wurden fast 180 Millionen, damals eine Rekordsumme. Rückblickend ist das erstaunlich, denn der Film begann seine Existenz als geplante Billigproduktion von B-Movie Gottkaiser Roger Corman. Peter Rader hatte ein Skript verfasst, dass auf einer fast gänzlich überfluteten Erde spielte und sich um Piraten, Sklavenhändler und die letzten Überreste von Zivilisation, die sich auf schwimmende Atolle gerettet hatte, drehte. Natürlich waren Corman 3 Millionen viel zu teuer. Irgendwie wurde man aber bei „Universal Studios“ auf das Skript aufmerksam, gewann David Twohy (‚Pitch Black‘, ‚Auf der Flucht‘) dafür eine neue Fassung zu schreiben, eine Fassung die 66 Millionen Dollar kosten sollte.

Dafür brauchte man jetzt Star-Power und die kam in Form von Kevin Costner. Der hatte zwar in den letzten Jahren in einigen Flops die Hauptrolle (‚Wyatt Earp‘ zum Beispiel), doch war er dank Filmen wie ‚Der mit dem Wolf tanzt‘, ‚Bodyguard‘ und ‚Robin Hood‘ immer noch ein Superstar. So hatte er denn auch die freie Wahl des Regisseurs. Den vom Studio eigentlich angedachten Robert Zemeckis (‚Forest Gump‘, ‚Zurück in die Zukunft‘) schlug er aus und entschied sich für ‚Robin Hood‘ Regisseur Kevin Reynolds, mit dem er auch bei ‚Fandango‘ sehr erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Als Bösewicht wurde Dennis Hopper besetzt (‚Super Mario Bros.‘, ‚Easy Rider‘), die weibliche Hauptrolle ging an Jeanne Tripplehorn (‚Die Firma‘), die Rolle ihrer Ziehtochter, die im Film den MacGuffin darstellt, wurde mit der 9jährigen Tina Marjorino (‚Veronica Mars‘) besetzt. Weiterlesen