Weiter geht es, mit der oberen Hälfte der westdeutschen Kino Top 10 von 1984. Die untere Hälfte findet ihr hier.
- ‚Sag Niemals Nie‘
Noch vor den Filmen der Eon Production, arbeitete Bond-Autor Ian Fleming an einer möglichen Filmidee mit Produzent Kevin McClory. Die kam nicht zustande und Fleming machte aus den gemeinsam erarbeiteten Ideen den Roman ‚Feuerball‘. Ohne McClory mit einem Wort zu erwähnen. McClory klagte und bekam das Recht einen buchnahen Film aus ‚Feuerball‘ zu machen. Inzwischen waren aber die Eon Filme schon am Laufen. Daher wurde McClory 1965 für ‚Feuerball‘ als Produzent angeheuert und erklärte im Gegenzug für 10 Jahre keine eigene Version zu drehen. 1975 arbeitete er prompt an ‚Warhead‘, seiner eigenen Filmversion. Doch die Eon klagte erfolgreich, weil das Drehbuch zu weit vom Buch entfernt sei. Anfang der 80er versuchte McClory es nochmal. Diesmal erfolgreich, er heuerte sogar Ur-Bond Connery für seine Version an. Natürlich durfte ‚Sag Niemals Nie‘ nicht die typischen Eon Elemente, wie die ikonische Pistolenlauf-Sequenz oder das Bond-Thema verwenden. Tonal orientierte sich der Film dennoch stark an den aktuellen Bond-Filmen mit einem eher albernen Stil. Das zeigt sich allein daran, dass man Lorenzo Semple (66er ‚Batman‘ Serie, ‚Flash Gordon‘) für die Adaption angeheuert hatte. Statt Baccara spielt Bond hier ein 3D Videospiel gegen Bösewicht Largo. Die Darstellung Largos durch Klaus Maria Brandauer ist denn auch eines der wenigen Highlights des Films, er wird zu einem der komplexeren Bond-Schurken. Die Action ist in Ordnung, dafür sorgt schon die Regie von Irvin ‚Das Imperium schlägt zurück‘ Kershner. Aber vielmehr als das Gimmick Connery noch einmal im höheren Alter in seiner Paraderolle zu sehen bietet der Film nicht.
- ‚Amadeus‘
Als „Biopic“ Wolfgang Amadeus Mozarts taugt Miloš Formans großartige Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks von Peter Shaffer eher gar nicht. Und nicht nur, weil die Umstände seines Todes schlicht nicht wahr sind. Die Idee, dass Komponist Salieri Mozart vergiftet haben soll, existiert allerdings mindestens seit Puschkins Theaterstück „Mozart und Salieri“ von 1832. Der historische Salieri hatte allerdings gar keinen Grund Mozart umzubringen. Bei Kaiser und Publikum genossen er und seine Musik stets höheres Ansehen. Mozart hat sich die Finger nach einer Anstellung wie der seinen geleckt. Aber darum geht es hier nicht wirklich. Es geht um Genie und Mittelmäßigkeit. Mozart, von Tom Hulce als infantiler Clown mit Vorliebe für Fäkalhumor, groteskem Lachen und Punk-Perücke gegeben, schüttelt brillante Musik scheinbar aus dem Rüschenärmel. Während der verkopfte, in seiner Eigenwahrnehmung hochfromme Antonio Salieri von F. Murray Abraham als zutiefst verbittert darüber nichts als Mittelmäßigkeit zu erschaffen dargestellt wird und darüber zu einem der faszinierenderen Antagonisten der Filmgeschichte wird. Forman lässt hier nichts an ein Theaterstück erinnern, bewegt sich voll und ganz in der Sprache und dem Rhythmus des Films, etwa wenn er die (angeblichen) Inspirationen Mozarts im Schnitt direkt zu ihren Bühnenfiguren werden lässt. Vermutlich mein liebster Film auf dieser Liste.
- ‚Indiana Jones Und Der Tempel Des Todes‘
Das schwarze Schaf der ursprünglichen ‚Indiana Jones‘ Trilogie. George Lucas und Steven Spielberg orientieren sich hier noch weit mehr als beim ersten Film an ihren Vorlagen aus den 30ern und 40ern. Das bedeutet neben einer musikalischen Eröffnung eben auch, dass Kate Capshaws weibliche Hauptrolle auf alles mit, einzig in seiner Lautstärke differenziertem Geschrei reagiert. Nach der coolen Marion Ravenwood des ersten Films fühlt sich das wie ein Rückschritt an. Und braucht Indie wirklich einen jugendlichen Sidekick? Die Darstellung der indischen Kultur erfolgt ebenfalls mit dem geballten Feingefühl der 30er Jahre. Trotz allem muss ich für mich sagen, ich hatte nie ein großes Problem mit dem Film. Ja, er ist der Schwächste der drei, aber immer noch unterhaltsam. Aber gut, ein bisschen müßig drüber zu reden, den Platz als schlechtester Indie hat ihm eh längst das kristalline Kranium abgelaufen. Gerade zum Ende hin hat der Film jedenfalls eine Menge cooler und ikonischer Szenen. Insbesondere die wilde Lorenfahrt kann es in der Hinsicht beinahe mit dem rollenden Fels des ersten Teils aufnehmen. Gerade für Videospieldesigner der frühen 90er Jahre scheint diese Sequenz ein wichtiger Ideengeber gewesen zu sein. In dem Sinne: AAAAAAAAAAAAAAaaaaaaAAAAAAA IndiiiiIIIIIIIEEE!!!
- ‚Die Unendliche Geschichte‘
Michael Ende hasste die Verfilmung seines Buches. Zutiefst. Er hatte einen Deal über einen kleinen, experimentellen Film auf Grundlage seines Romans abgeschlossen, als plötzlich Produzent Bernd Eichinger in den Vertrag eintrat und die Kontrolle an sich riss. Nun sollte es nicht nur ein großer Film werden, der teuerste deutsche Film bis dahin, nein, es sollte auch ein internationaler Erfolg, insbesondere in den USA werden. Ende wetterte gegen die „Micky Maus“-Version seiner Geschichte (würde mich nicht wundern, wenn die Filmrechte für ‚Die Unendliche Geschichte‘, genau wie quasi alles andere inzwischen tatsächlich bei der Maus liegen…) und wurde vom Produzenten erst durch die Androhung einer ruinösen Schadensersatzklage brutal aber effektiv zum Schweigen gebracht. Wolfgang Petersen, der schon ‚Das Boot‘ zum Amerika-Erfolg gefahren hatte, wurde als Regisseur eingesetzt. Gedreht wurde in den Bavaria Filmstudios. Mit allerlei brillanter, praktischer Tricktechnik. Doch auch Eichingers tiefe Taschen reichten nicht für die Finanzierung. Also kaufte sich Warner ein. Und eine amerikanische Versicherung. Und plötzlich merkte Eichinger, welche Ironie, dass er nun selbst jede Kontrolle über den Film verloren hatte und Warner ihn, wenn sie denn wollten, jederzeit vom Set hätten verweisen könnten. Bei alledem überrascht vor allem wie gut das Ergebnis letztlich ist. Nein, seiner Vorlage wird der Film nicht annähernd gerecht, schon allein durch die Konzentration auf die heroischere erste Hälfte des Buches. Aber abgesehen vom wahrlich ärgerlich-doofen Ende, wenn Bastian mit Fuchur Bullies in einen Abfallcontainer treibt, steht der Film recht sicher auf seinen eigenen Füßen. Ich kann Endes Ärger verstehen und die Art ihn zum Schweigen zu bringen war widerwärtig, doch den Film selbst? Den mag ich ehrlich gesagt dennoch ganz gerne.
- ‚Police Academy – Dümmer Als Die Polizei Erlaubt‘
Puh. Ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin, um über Police Academy zu schreiben. Ich habe 1994 den siebten Teil im Kino gesehen. Wohl eine der größeren Enttäuschungen meiner damals jungen Filmschau-Karriere. Ehrlich gesagt wollte ich ihn aber schon damals nicht sehen. Denn ich habe nie so recht verstanden, was an den Police Academy Filmen nun so spaßig ist. Halt schon als Kind nicht. Und so habe ich seit mehr als 25 Jahren nicht mehr an Police Academy gedacht und möchte diese lange Erfolgssträhne eigentlich nicht unnötig durchbrechen. Da sind also ein paar Trottel, die wollen Polizisten werden. Daraus entstehen allerlei mieser Slapstick, doofe Wortwitze und ein Running Gag über den versehentlichen Besuch eines Schwulenclubs. Und dann ist da ein Typ, der macht Geräusche mit seinem Mund. Und das dann sieben Mal. Bis jegliche Luft, die möglicherweise mal drin war entwichen ist wie ein stiller, aber übelriechender Furz.
So, kommen wir zur üblichen „Auswertung. Es finden sich zweieinhalb deutsche Produktionen in den Charts, mit ‚Die Unendliche Geschichte‘ aus oben genannten Gründen als die Halbe. Dazu mit ‚Es war einmal in Amerika‘ noch eine halbe europäische (US-italienische Ko-) Produktion. Die restlichen sieben (oder besser sechs und zwei halbe) Filme sind US-Produktionen. Eine nicht-europäische/nicht-US-Produktion fehlt völlig. In der Einleitung habe ich vollmundig versprochen nun auch eine Statistik über „Franchises“ zu führen. Das gestaltet sich als gar nicht so einfach wie es klingt. Was ist als Franchise zu werten? Gehen wir mögliche Kandidaten einmal durch:
‚Didi – Der Doppelgänger‘
Ist Dieter Hallervorden ein „Franchise“? Er spielt eine bestimmte Persona, man weiß was man bekommt, also womöglich ja?
‚Zwei Nasen Tanken Super‘
Exakt das Gleiche gilt für die Supernasen.
‚Highway 2 – Auf Dem Highway Ist Wieder Die Hölle Los
Ist eine Reihe mit 2 Filmen (in Deutschland wurde allerdings noch ein anderer Film, des Erfolgs wegen namentlich zum dritten Highway-Film gemacht) schon ein „Franchise“?
‚Gremlins‘
Exakt die gleiche Frage wie bei ‚Highway‘. Allerdings gab es hier zahllose Videospiele und anderes Material über die Filme hinaus, das die Reihe vielleicht eher zum Franchise macht?
‚Sag niemals nie‘
Grenzfall. Offiziell natürlich kein Teil des Franchises, er lebt aber vom Namen.
‚Indiana Jones Und Der Tempel Des Todes‘
Endlich ein offensichtliches Franchise, na Gott sei Dank!
‚Die Unendliche Geschichte‘
Drei Filme und eine Zeichentrickserie, mehr oder weniger basierend auf einem Buch: fraglos Franchise!
‚Police Academy – Dümmer Als Die Polizei Erlaubt‘
Sieben(!) Filme und eine Zeichentrickserie und allerlei Material drumrum: Franchise.
Also, „offensichtliche“ Franchises: drei. Dazu fünf, bei denen man über den Status streiten könnte. Das macht den Vergleich auch mit bisherigen Listen schwierig. Wie würdet Ihr meinen soll ich da vorgehen? Wie definiert man Franchise? Bauchgefühl? Nicht der beste Weg für eine Statistik…
Ansonsten haben wir nun die Mitte der 80er erreicht. Filmisch hat die Dekade ihre Füße gefunden und egal wie wir Statistik lesen oder schreiben wollen, Franchises und Reihen werden einen unauslöschlichen Platz in den Charts einnehmen. Das zeigt sich schon daran, dass nächstes Jahr 5 der 10 Plätze von Filmen eingenommen werden, bei denen man in keiner Weise über ihren Status als Teil eines Franchises diskutieren kann oder muss. Doch Überraschungen gibt es immer noch. Nächstes Mal, im Jahr 1985, mit 88 Meilen pro Stunde. GREAT SCOTT!!!