‚Last Action Hero‘ (1993) – „The famous comedian Arnold Braunschweiger“

Hier haben wir ihn also, Arnold Schwarzeneggers größten „Flop“. Natürlich hat er dennoch eine ganze Menge Geld eingespielt, aber Kritik und Publikum standen ihm zutiefst ablehnend gegenüber. Zumindest in den USA, weit weniger in Europa. Das hatte in Amerika wohl auch weniger mit dem Film an sich, als mit der absoluten Überheblichkeit zu tun, mit der Sony Pictures und Columbia ihren Film behandelt haben. Doch dazu weiter unten mehr, jetzt erst einmal eine Zusammenfassung für die zwei Leute, die den Film nicht kennen.

Der 11jährige Danny (Austin O’Brien) ist ein Riesenfan von Actionheld Jack Slater, gespielt von Arnold Schwarzenegger. Selbst die Schule schwänzt er, um im alten, heruntergekommenen Kino von Nick (Robert Prosky) seine Filme zu sehen. Als Nick ihm offenbart, dass er ihn nicht nur in eine Vorabvorführung von ‚Jack Slater IV‘ bringen kann, sondern ihm auch ein angeblich magisches Ticket von Harry Houdini schenkt, ist Danny begeistert. Das Ticket besitzt tatsächlich übernatürliche Qualitäten und versetzt Danny in den Film zu seinem Idol Slater. Hier funktioniert die Welt nach Gesetzen und Klischees des Actionfilms. Da Danny diese gut durchschaut hat, kann er Slater helfen seinen Widersacher, den Killer Benedict (Charles Dance) zu stellen. Dem gelingt allerdings mit dem Ticket die Flucht in die reale Welt, verfolgt von Slater und Danny. Als Benedict bemerkt, dass man in der Realität durchaus mit Mord davonkommen kann, schlussfolgert er, dass wenn er Arnold Schwarzenegger beseitigt, es auch keinen Slater mehr gibt, der ihm im Weg stehen könnte.

In meiner Besprechung zu ‚Phantom Kommando‘ habe ich geschrieben, dass ein gewisses Augenzwinkern immer einen guten Teil des Charmes von Arnold Schwarzeneggers „Äkschn“ ausgemacht hat. In den 90ern merkte man dies wohl auch in Hollywood und steckte ihn in eine ganze Reihe von Komödien, die mal mehr, mal weniger gut funktionieren. Der beste Vertreter ist für mich ‚Last Action Hero‘. Ist es ein Film ohne jegliche Probleme? Oh Mann, wahrlich nicht! Aber er hat eine interessante Grundprämisse, die recht clever umgesetzt wurde und, für mich, einige der besten schauspielerischen Momente von Schwarzenegger (ob das nun ein großes Kompliment ist, muss jeder selbst entscheiden) und schafft einen Balanceakt zwischen Idolisierung und Persiflage seines öffentlichen Bildes.

Actionfilme sind simpel, das macht der Film von Anfang an klar, indem der 11jährige Danny sie bereits vollständig durchschaut hat. Typische Klischees wie die Unsterblichkeit des Hauptcharakters („Nur eine Fleischwunde!“), den herumbrüllenden Polizei-Captain und den älteren Kollegen, der 2 Tage vor dem Ruhestand in die Luft fliegt. Aber auch so etwas wie Typecasting durchschaut Danny. Wenn er in einem Freund Slaters Schauspieler F. Murray Abraham erkennt, dann warnt er Slater, dem sei nicht zu trauen, der habe Mozart (oder Moe Zart, wie Slater, der in seiner Actionwelt noch nie Klassik gehört hat, glaubt) ermordet! Natürlich hat er Recht. Der Film setzt seine Parodie allerdings weniger wie ein Skalpell ein, sondern, passend zu Arnie, wie eine Schrotflinte. Daher trifft bei weitem nicht jeder Gag. Oder vielleicht verstehe ich einfach nicht, was eine Cartoonkatze oder eine Biowaffe in einer furzenden Mafiosoleiche nun mit dem Actionkino der späten80er/frühen 90er zu tun haben (letztere Szene wird allerdings allein dadurch schon wieder lustig wie ewig lang sie geht).

Und gerade wenn der Parodie endgültig die Puste auszugehen droht, wechseln wir über in die wirkliche Welt. Hier ist nun Slater der Fisch aus dem Wasser, der damit klar kommen muss, dass seine Fähigkeiten hier nicht funktionieren. Aber wichtiger noch, der einsehen muss, dass sein immer verrückter und finsterer werdendes Leben, sogar der Tod seines Sohnes, der Unterhaltung eines Publikums dient („Das sind Sequels, die müssen verrückter werden!“). Wenn er auf Schwarzenegger trifft, der sich hier selbst als oberflächlichen Idioten, vornehmlich daran interessiert sich selbst und seine „Plane Hollywood“ Restaurants in Szene zu setzen, spielt, dann hat er ihm nur eines zu sagen: „You have brought me nothing but pain.“ In genau diesen Momenten legt Schwarzenegger denn auch all seine Ironie ab und spielt sie erstaunlich direkt und glaubhaft. Natürlich geht direkt danach der Irrsinn weiter.

Danny ist wie eingangs erwähnt absolut notwendig für den Film. Einerseits um zu zeigen, wie simpel die Filme sind, andererseits aber auch um ihren Wert als Eskapismus in einer alles anderen als perfekten Situation zu zeigen. Danny verleiht dem Film ein Stück weit Herz. Leider überquert Austin O’Brien häufiger die Grenze zur Nervigkeit und gerade wenn man ihn mit Eddie Furlong aus ‚Terminator II‘ vergleicht, macht er als Arnie Sidekick nur eine mäßige Figur.

Absolute Highlights des Films sind die Ganoven. Charles Dance macht unglaublich viel Spaß als Benedict, der allem und jedem mit absoluter Verachtung begegnet, etwas, das kaum einer besser kann als Dance. Er bekommt auch einige der besten Gags. Sei es subtil, etwa wenn er, kurz bevor er tatsächlich die Grenze zwischen Film und Wirklichkeit durchbricht, mehrfach die „vierte Wand“ durchbricht, indem er direkt in die Kamera schaut. Oder weniger subtil, wenn er in der Wirklichkeit jemanden erschießt und lautstark nach der Polizei ruft, die zu seiner Freude, nicht kommt. Und Tom Noonan ist natürlich wunderbar creepy als Südwester tragender Ripper!

Regisseur John McTiernan (‚Stirb Langsam‘) und Autor Shane Black (‚Lethal Weapon 2‘ und die frühere McTiernan Kollaboration ‚Predator‘) wissen durchaus wo sie die Hebel ansetzen müssen, um das meiste aus ihrer Parodie herauszuholen. Manchmal übertreiben sie es jedoch. Der Film ist mit 2 Stunden und 10 Minuten ein ganzes Stück zu lang. Und man sieht problemlos Material, das gestrichen werden kann. Etwa eine längere Sequenz mit Ian McKellen als Tod aus Bergmans ‚Das siebente Siegel‘. Die ist weder sonderlich lustig, noch bringt sie die Handlung weiter. Allerdings wäre einem weiteren Durchgang im Schnittraum wahrscheinlich auch der „Arnie als Hamlet“ Trailer zum Opfer gefallen und das wäre tragisch.

Hier sind wir dann auch bei der Überheblichkeit des Studios angekommen. ‚Last Action Hero‘ sollte unbedingt am 18. Juni 1993 in den USA erscheinen, um den Sommerblockbustererfolg  von ‚Terminator II‘ zu kopieren. Das bedeutete McTiernan und co. hatten nur 5 Wochen für Schnitt und Postproduktion zwischen Drehende und Premiere. Macht nix, in den Augen von Columbia und Sony konnte ein Arnie Film nicht scheitern. Man überlegte gar Werbefläche auf einer NASA-Rakete zu kaufen! Eine Testvorführung des Rohmaterials verlief grausig. Egal, wir haben Arnie! Und dann setzte Universal völlig überraschend ‚Jurassic Park‘ auf den 11. Juni. Nun versuchte Schwarzenegger (nach eigenen Angaben) selbst die Studiobosse zu überzeugen die Veröffentlichung zu verschieben, denn neben einem T.Rex sieht selbst der Steiermärker klein aus. Aber nein, ein Schwarzeneggerfilm scheitert nicht. Tat er am Ende wirklich nicht, spielte aber nur einen geringen Gewinn, gerade für einen Schwarzeneggerfilm, ein. Und auch wenn er von der US-Kritik zerrissen und als überlanger Sketch bezeichnet wurde, kam er anderswo besser an, wurde der Spagat aus liebevoller Hommage und Satire besser verstanden.

Und wenn er in ca. 5 Jahren an die Reihe für ein Remake kommt, dann würde er zwar in seiner hier vorliegenden Fassung überhaupt nicht mehr funktionieren, könnte aber als ‚Last Super Hero‘ vermutlich ziemlich gut auf aktuellere Sehgewohnheiten hin angepasst werden. Robert Downey jr. hat schließlich schon mehrfach mit Shane Black gearbeitet.

‚The Villainess‘ (2017) – Jane Wick?

Es gibt gewisse Phänomene, die treten nur sehr selten auf. Totale Sonnenfinsternissen etwa. Oder die Blüte des Titanenwurzes. In die Reihe dieser seltenen Phänomene kann man sicher auch Actionfilme einsortieren, die bei den Filmfestspielen von Cannes beinahe 5 Minuten stehende Ovationen bekommen. Einer dieser seltenen Vertreter ist der südkoreanische Film ‚The Villainess‘ von Jung Byung-gil. Und das allein wäre schon Grund genug ihn sich einmal genauer anzusehen.

Eine junge Frau (Kim Ok-vin) mordet sich durch ein Gangsterversteck mit angeschlossenem Drogenlabor. Nachdem sie von der Polizei festgenommen wurde, erwacht sie aber nicht etwa im Gefängnis, sondern in einem geheimen Trainingslager, wo sie von der Leiterin Kwoon-sook (Kim Seo-hyung) vor eine Wahl gestellt wird: dem koreanischen Geheimdienst 10 Jahre lang in neuer Identität als Schläferin für gelegentliche (Mord-)Aufträge dienen und danach ein Leben lang sicheres Gehalt kassieren, oder gleich hier sterben. Der jungen Frau, die nicht am Leben hängt fällt die Antwort zunächst leicht, doch als Kwoon-sook ihr eröffnet, dass sie schwanger sei, nimmt sie das Angebot doch an. Als ihre, geradezu schmerzhaft niedliche, Tochter geboren ist, wird ihr eine Wohnung in Seoul gestellt, in der sie in der Identität der Theaterschauspielerin Chae Yeon-soo leben wird. Zum Wohle aller hätte der Geheimdienst aber gut daran getan, die Vergangenheit der jungen Frau etwas genauer zu durchleuchten…

Der Film beginnt in medias res (oder eher in mordias res). Wir sehen aus der Ich-Perspektive der jungen Frau, wie sie sich durch das Haus kämpft und mordet. Ihr Gesicht sehen wir zum ersten Mal in einem Spiegel, als einer ihrer Widersachen ihren Kopf hindurch schmettert. Dadurch scheint der Zauber aufgehoben, die Kamera, von der subjektiven Sicht der jungen Frau befreit. Doch scheint sie dennoch eine gewisse Subjektivität zu behalten, wenn sie durch den Raum fliegt, Kämpfenden, jetzt in einem Fitnessstudio, wo Hanteln und Springseile zweckentfremdet werden, ausweicht und bemüht scheint, die Situation im Blick zu behalten. Schließlich folgt sie der jungen Frau durch ein Fenster nach draußen.

Das ist ein Auftakt, dem man sich nur schwer entziehen kann. Während der folgenden Ausbildungssequenz behält der Film seine subjektive Sicht aus Yeon-soos Perspektive mit wenigen Ausnahmen bei, demarkiert aber in keiner Weise, wenn er aus der Gegenwart in eine Rückblende wechselt. Damit verwirrt er absichtlich und zeigt uns hier bereits, dass es Aspekte von Yeon-soo gibt, die wir nicht kennen. Hier mehr darüber zu sagen wäre nicht in Ordnung, weil das Heraustüfteln, was nun was ist, Teil des Vergnügens ist.

Der folgende Mittelteil ist in meinen Augen leider der Schwächste. Es ist zwar visuell sehr interessant, auf der einen Seite die sehr naturalistisch ausgeleuchteten Alltagsszenen aus Yeon-soos Leben zu haben. Inklusive romantischer Begegnung mit dem Nachbarn, von der wir als Zuschauer wissen, dass sie nicht so unschuldig oder zufällig ist, denn der freundliche Hyun-soo (Sung Joon) ist in Wirklichkeit Yeon-soos vom Geheimdienst gestellter Aufpasser.  Auf der anderen Seite haben wir die Aufträge, die in einem Licht inszeniert sind, das an den Glanz von Neon-Reklamen auf regennassem Asphalt um Mitternacht erinnert. Alles ist etwas „Larger Than Life“, selbst das Blut, das, nicht eben selten, auf Yeon soons Gesicht spritzt scheint zu leuchten.

Dennoch hat der Film hier gewisse Längen, wenn man darauf wartet in wie fern sich Autor/Regisseur Jung Byung-gil sich nun vom bis hierher allzu offensichtlichen Vorbild von Luc Bessons ‚Nikita‘ lösen wird (er tut es!). Dass eine der Auftragssequenzen dann auch noch ziemlich direkt ‚Kill Bill‘ zitiert hilft auch nicht wirklich. Dennoch, der Film belohnt diese kleinen Geduldsproben mit einem wahrlich explosiven Finale, samt liebevoller Hommage an Jackie Chan.

Neben gelungenen Actionszenen bietet der Film optisch ohnehin einiges auf. Neben der oben beschriebenen stilisierten Gewalt, geht das bis hin zu kleinen, unauffällig trockenen, visuellen Gags. Wenn sich Yeon-soo eine Schießerei mit einigen Gangstern in einer Küche liefert, schwenkt die Kamera ein ganz klein wenig, um eine Reihe sorgfältig gerupfter und zubereitungsfertiger Hühner ins Bild zu bekommen und liefert so ein wenig überraschendes und staubtrockenes Orakel zu den Überlebenschancen der Handlanger.

Hauptdarstellerin Kim Ok-vin ist mir zum ersten Mal in Park Chan-wooks ‚Durst‘ aufgefallen. Hier muss sie sich einer nicht ganz leichten Doppelaufgabe stellen: einerseits die emotionalen Aspekte (oder in einigen Fällen, die nicht vorhandene Emotionalität) ihrer Figur überzeugend herüberbringen, gleichzeitig den körperlichen Anforderungen der Stuntsequenzen gerecht werden. Dass sie den ersten Part überzeugend meistert, überrascht nicht, falls man ‚Durst‘ kennt. Selbst wenn das Drehbuch im Mittelteil gelegentlich in Melodramatische abrutscht, bleibt sie zumindest überzeugend. Auch den anderen Aspekt trägt sie gut, was nicht zuletzt damit zu tun haben dürfte, dass sie Erfahrung in Hapkido und Taekwondo mitbringt (behauptet zumindest Wikipedia). Die anderen Darsteller sind durch die Bank gut, aber keiner der herausragend wäre.

Hat man in Cannes also zu recht applaudiert? Nach dem Finale auf jeden Fall. Aber vielleicht sind gerade der starke Anfang und das starke Ende in gewisser Weise auch das „Problem“ des Films, weil sie den etwas schwächeren, wie erwähnt leicht melodramatischen, Mittelteil umso offensichtlicher machen. Obwohl sich auch die kinetischen Actionsequenzen in diesem Mittelteil nicht vor westlicher Action a la ‚John Wick‘ verstecken müssen. So oder so, von mir gibt es eine glasklare Empfehlung!

 

‚Phantom Kommando‘ (1985) – destillierte 80er Action

Wir alle haben ein Bild im Kopf, wenn wir an 80er Jahre Action aus Hollywood denken. Der muskelbepackte Überpatriot, der sein gigantisches Maschinengewehr in Horden und Horden von „unamerikanischen“ Feinden entlädt, ohne sich jemals um so mondäne Ideen wie „Nachladen“ oder „Deckung“ scheren zu müssen. Die wilde Actionszene endet dann mit mindestens einer, besser aber einer Reihe gigantischer Explosionen, die jeweils mindestens zwei Stuntleute durch die Luft fliegen lassen. Welcher Film trifft das Herz dieser Art von Action am besten? Viele werden sagen ‚Rambo 2‘ und die haben sicher nicht ganz unrecht. Ich meine, am besten trifft es ‚Phantom Kommando‘, denn der weiß exakt wie ernst er sich nehmen muss.

John Matrix (Arnold Schwarzenegger) ist ehemaliger Offizier einer US Spezialeinheit. Nun ist er im (Früh)Ruhestand, wo er mit seiner Tochter Jenny (Alyssa Milano) Angeln geht, Eis isst und Rehe füttert, was man eben so macht. Doch dann werden seine Männer nach und nach von einer unbekannten Gruppe ermordet. Bald tauchen sie auch bei Matrix auf. Es stellt sich heraus, dass sie unter Bennet (Vernon Wells) agieren, einem Mann, den Matrix wegen übertriebener Gewalt gefeuert hatte. Im Moment stehen sie im Sold von Arius (Dan Hedaya), dem ehemaligen Presidente des südamerikanischen Staates Val Verde. Der wurde mit Hilfe von Matrix‘ Einheit gestürzt. Nun haben Arius und Bennet Jenny in ihrer Gewalt und zwingen Matrix den amtierenden Staatschef von Val Verde zu ermorden, um Arius die Rückkehr zu erlauben. Zum Glück braucht Matrix nur etwa 5 Minuten, um seinen Aufpassern zu entwischen und macht dann Jagd auf Bennet und seine Männer, um Jenny zu befreien. Hilfe bekommt er dabei von Stewardess Cindy (Rae Dawn Chong).

Als dieser Film ins Kino kam, war Arnold bislang für zwei Rollen bekannt: Conan und den (bösen) Terminator. Dieses ist der Film, wo er einen großen Teil seiner Actionfilm Persona des hyperkompetenten Armeespezialisten entwickelt, die er bis etwa 2000 nutzt. Ich traue Arnold Schwarzenegger zu, dass ihm bewusst ist, dass er kein großer Darsteller ist. Dennoch hat er zwei große Pfunde, mit denen er wuchern kann. Da ist zum einen sein natürliches Charisma, er ist einfach jemand, den man gern auf der Leinwand/im Fernsehen sieht. Zum anderen ist er sehr gut darin, Aspekte von Figuren beizubehalten, die für ihn gut funktionieren. Hier riecht er den Gegner, bevor andere wissen, dass er überhaupt da ist, wie Conan. Und er ist unzerstörbar wie der Terminator. Was er hier neu für sich entdeckt ist vor allem der Humor. Und das ist etwas, was er den Norrises, Bronsons, Lundgrens und Stallones voraushatte: das Bewusstsein, dass man einen solchen Film nicht ganz ernst nehmen muss, vielleicht sogar nicht ganz ernst nehmen sollte. Das der Oneliner danach, egal wie doof, mindestens so wichtig ist, wie der brutale Kill vorher.

Das soll nicht bedeuten, dass Regisseur Mark L. Lester hier auf die übliche hypermaskuline Inszenierung verzichtet, im Gegenteil. Das Erste was wir von Col. a.D. John Matrix (was ein Name!) zu sehen bekommen, ist sein schweißglänzender Bizeps. Aber es ist eben auch der Film in dem Arnie aus „I’ll be back!“ einem Satz, der in ‚Terminator‘ vor der finstersten Szene (dem Massaker in der Polizeistation) fällt, eine liebenswerte Catchphrase und einen Running Gag macht. Wenn Matrix jemanden vom Telefonieren abhalten will, zieht er ihn nicht etwa aus der Telefonzelle, nein, er reißt die Zelle aus ihrer Verankerung UND DANN WIRFT ER DAMIT! Bevor er an einer Luftballonkette durch die Shoppingmall schwingt wie ein konsumorientierter Tarzan. Das ist glorreich, wunderbar albern und annähernd unvergesslich.

Darüber sollte aber auch nicht vergessen werden, dass Lester einen guten Teil der Action sehr zeittypisch und damit ein wenig statisch inszeniert. Oft genug sieht man den Standard „Matrix ballert in Richtung Kamera“ Schnitt „drei Fieslinge kippen um“. Aber irgendwie muss Arnie ja auf seinen Bodycount (den höchsten seiner Karriere) kommen, bei einem Budget, dass mit 10 Millionen, für einen Actionfilm dieser Größe, recht mager ausfällt. Und als Entschädigung folgen genug Momente wie der, in dem Arnie Gartenwerkzeuge zum Zwecke des Mordens missbraucht.

Die Handlung* ist nicht wahnsinnig erwähnenswert, aber sie überrascht doch immer mal wieder. So erreicht niemand im Film jemals lebend (nur „dähd teierd“) das fiktive Land Val Verde. Und Rae Dawn Chongs Cindy ist nicht etwa nur ein Love Interest, den Matrix dann noch zusätzlich zu Jenny retten muss, im Gegenteil. Cindy rettet Matrix den Hintern in einer der lustigsten Szenen des Films („I read the manual!“) und ist ihm auch später noch eine ganz wesentliche Hilfe. Wenn man aber anfängt das Drehbuch auf Fragen wie „warum kann ein, mit Hilfe der USA gestürzter, Diktator sich auf eine Insel vor der US Küste zurückziehen, nicht nur mit einem Gutteil seiner Armee, sondern dort auch noch neue Söldner anheuern?“ abzuklopfen, tut man weder dem Film, noch sich selbst einen großen Gefallen.

Bei den Fieslingen ist natürlich allen voran Vernon Wells als Bennet zu erwähnen. Der hat erst einmal das Problem, dass ein Name wie „Bennet“ nun eher keine Furcht in den Herzen seiner Gegner sät. Dem wirkt er entgegen, indem er zu seiner Lederweste Kettenhemd trägt, auch in den 80ern ein mutiges Fashion-Statement. Vielleicht sollte er wirklich mal Dampf ablassen. David Patrick Kelly gibt den wieselig-widerlichen Sully, der den fiesesten Abgang des Films bekommt („Ei ledd him go.“) und ein stets bedrohlicher Bill Duke mit Cooke den wahrscheinlich kompetentesten der Bösewichter, der Arnie dennoch nichts entgegenzusetzen hat. Am Ende isst Matrix eben auch Green Berets zum Frühstück…

Ist ‚Phantom Kommando‘ also der beste Actionfilm der 80er? Nein, das ist natürlich ‚Stirb Langsam‘. Der ist aber schon ein Übergangsfilm, der explizit weg möchte vom unzerstörbaren 80er Jahre Helden. McClane ist sehr verwundbar, während Matrix überfahren, angeschossen, in die Luft gejagt (2 mal) und von Dutzenden Mallcops vermöbelt wird. Oh und in zwei schwere Autounfälle ist er auch noch verwickelt, ohne dass es ihn irgendwie aufhalten würde. Was ‚Stirb Langsam‘ allerdings von ‚Phantom Kommando‘ übernimmt, ist der Humor, wenn er dort auch zum Galgenhumor wird. Aber wenn wir den unzerstörbaren 80er Actionhelden wollen, dann würde ich John Matrix zumindest als seinen unterhaltsamsten Vertreter bezeichnen.

 

 

*Fun Fact: Drehbuchautor Steven de Souza zeichnet auch für das Drehbuch zu ‚Stirb Langsam‘ verantwortlich. Ein Buch, das er als Sequel zu ‚Phantom Kommando‘ geplant hatte, wurde später zu ‚Stirb Langsam 2‘. Daher kommt General Esperanza dort aus Val Verde. Folglich spielen ‚Stirb Langsam‘ und ‚Phantom Kommando‘ im selben Universum.