Hallo zusammen. Dies könnte der erste Teil einer neuen (sehr losen) Reihe über Filme, die aus dem einen oder anderen Grund verboten wurden, werden. Dabei muss der Film oder das Verbot natürlich ein wenig über das Alltägliche hinausgehen. Und auf den heutigen Film trifft beides zu. Es war der erste Spielfilm mit einer Länge von über einer Stunde, wurde in Teilen seiner Heimat verboten, inspirierte zu Gesetzen, die ein Genre abtöteten, noch bevor es wirklich entstehen konnte und war zumindest Teil der Begründung für Jahrzehnte drakonischer Vorgaben, was den Inhalt von Filmen angeht. Wir sprechen heute über den australischen Film ‚The Story of the Kelly Gang‘ von 1906. Weiterlesen
Australien
‚Wyrmwood‘ (2015) – Mad Max Zombie Road
Dem Genre des Zombiefilms wird ja, durchaus zu Recht, eine gewisse Formelhaftigkeit vorgeworfen. Auf der einen Seite, die mehr oder weniger sympathische Gruppe von Überlebenden, auf der anderen ein riesiges Rudel rottender Rabauken mit erheblichem Appetit auf menschliches Fleisch. Die können schnell sein oder langsam. Einer der Überlebenden wird vermutlich gebissen und sagt es den anderen nicht, dann gibt es noch die andere Gruppe Überlebender, die sadistisch und brutal sind und womöglich wahren Monster usw. usf. Um es gleich vorweg zu nehmen: ‚Wyrmwood‘ erfindet das Rad des Zombiefilms nicht neu, motzt es allerdings mit ein paar Klingen in der Nabe auf, um möglichst effektiv durch oben erwähntes Rudel zu brettern.
Aborigine Benny (Leon Churchill) und Mechaniker Barry (Jay Gallagher) sitzen in Franks (Keith Agius) Werkstatt im australischen Outback und erzählen, wie sie den Beginn der Zombieapokalypse erlebt haben. Barry war gezwungen seine Frau und Tochter mit einer Nagelpistole zu töten und ist seitdem suizidal. Das Einzige, was ihn am Leben hält ist der Wunsch nach Bulla zu seiner Schwester Brooke (Bianca Bradley) zu kommen. Da die anderen nichts Besseres vor haben sind sie dabei. Allerdings hat mit dem Auftauchen der Zombies auch Benzin seine Brennfähigkeiten verloren. Doch die Lösung für dieses Problem steht womöglich bereits vor der Tür. Brooke wurde inzwischen allerdings von einer paramilitärischen Truppe entführt und in das ebenso merkwürdige wie tödliche Labor eines Wissenschaftlers gebracht.
Entstanden aus einer erfolgreichen Crowdfunding Kampagne merkt man jeder Minute dieses Films die extreme Liebe an, die hineingeflossen ist. Gedreht über drei Jahre, mit häufig wechselnden Crews, liefert Regisseur Kiah Roache-Turner einen dynamischen, kleinen Film ab, der einem sehr müden Genre zumindest neue Impulse geben kann. Am auffälligsten ist sicherlich die Vermischung der Zombie-Apokalypse mit Mad Max-postapokalyptischer Ästhetik. Für ihren Weg nach Bulla rüsten die Überlebenden nicht nur einen Geländewagen mit allerlei Eisengestänge und Spikes auf, sie basteln auch für sich selbst Rüstungen, in denen sich ein Lord Humungous wohlfühlen würde.
Das ist allerdings nur eine ästhetische Entscheidung, aber auch in der Interaktion zwischen Zombies und Überlebenden findet der Film Möglichkeiten, die über das Übliche „gebissen werden oder in den Kopf schießen“ hinausgehen, die ich hier allerdings nicht weiter ausführen möchte, um die Überraschungen nicht zu verderben (der Trailer verrät es andererseits sowieso…). Am Drehbuch selbst könnte man ohne große Probleme herumkritteln. Es verlässt sich auf gigantische Zufälle und hält gelegentlich seine Charaktere und den Zuschauer für ziemlich blöd. Das hat mir aber wenig ausgemacht, denn der Film rollt mit derartiger Geschwindigkeit vorwärts, dass zumindest ich kaum Gelegenheit hatte mich darüber zu ärgern.
Der Film nimmt sich selbst auch nicht unbedingt die ganze Zeit ernst. Insbesondere spielt er mit typischen Aussie Klischees. Das Haus ist von Zombies umstellt? Erst mal Zeit kräftig Fleisch auf den Grill zu hauen! Und in einem Erste Hilfe Kasten sollte man lieber nichts anderes als Bier erwarten. Das funktioniert aber, auch in Verbindung mit den durchaus ernsteren Momenten, beinahe durchgehend sehr gut. Ich sage beinahe, denn jetzt ist es Zeit zum größten Schwachpunkt des Films zu kommen. Brooke ist (aus Gründen, die ich wieder nicht ausführen möchte) sicherlich der wichtigste Charakter des Films. Allerdings erfahren wir fast nichts über sie, weil sie in all ihren Szenen an die Wand eines Labors gebunden ist, während der „Mad Scientist“ (Berynn Schwerdt) eine Schau abzieht, die dem Sketch einer mäßigen Comedy-Show entsprungen scheint. Diese Szenen bringen den Film jedes Mal zum stehen, sind repetitiv und tun quasi nichts um Brooke einzuführen. Hier hätte man womöglich noch einmal am Buch schrauben sollen.
Von dem Wissenschaftler einmal abgesehen sind die schauspielerischen Leistungen dem Stoff aber völlig angemessen. Man darf von den unbekannten Darstellern sicherlich keine Wunder erwarten, doch insbesondere Benny und Brooke (wenn sie denn mal darf) kommen sehr charismatisch rüber. Keinesfalls charismatisch ist hingegen die deutsche Synchro. Spürt man dem Film in jedem Moment die Liebe, fühlt man hier nur pure Lustlosigkeit. Ich würde hier dringend das Aussie Original empfehlen, Mate! Zur Not halt mit Untertiteln!
Man sieht sicherlich jeden Dollar dieses Indie-Films auf dem Bildschirm oder der Leinwand. Der hochdynamische Schnitt tut Einiges, um mögliche Geldmängel unsichtbar zu machen und wenn das nicht reicht wird gelegentlich noch ordentlich (manchmal zu viel) mit dem Farbfilter drübergehauen. Es ist sicherlich nicht der Film, der Leute bekehren kann, die mit dem Genre überhaupt nichts anfangen können, er ist qualitativ auch kein ‚Train To Busan‘. Und doch ist er ein kleiner, gemeiner Film, der interessante neue Impulse setzt. Vielleicht muss man genau das bei einem Genre, dass aus einem Low Budget Film entstanden ist auch erwarten.
Legosi meint: glauben Sie ja nicht, ich hätte nicht bemerkt, dass diese Besprechung ein purer Angriff auf meine Person ist! Nicht nur besprechen Sie einen Film, in dem es um Zombies geht, die Proleten der Monsterwelt, anstatt um anständige Vampire! Nein, sie suchen sich auch noch einen heraus, der in einer Wüste spielt! Sie wissen genau was ich von Sonne halte. Aber Sie werden noch sehen, was Sie davon haben und… hey, nicht „Veröffentlichen“ klicken, ich bin noch nicht fertig mit Ihnen…
Reisetagebuch: ‚The Dressmaker‘ (2015) – Kleider richten Unrecht
Reiseziel #01: Schaue einen Film aus Australien
Nach meinem Besuch im verrauchten Paris der 60er im Rahmen der Filmreise Challenge, brauchte ich dringend Frischluft. Und wo könnte man die besser finden als im Land der Beuteltiere und Bumerangs: Australien. Und was soll ich sagen? Die Landschaft hier ist trocken und rau aber schön und… uh, jemand hat mich soeben an die Existenz von Riesenkrabbenspinnen, Inlandtaipanen und Würfelquallen erinnert!! Zeit mich in einen hermetisch verschlossenen Raum zu verdrücken und einen Film zu schauen.
Manchmal liege ich verdammt falsch. Ich habe das Cover von ‚The Dressmaker‘ gesehen und ich habe den Klappentext gelesen und glaubte exakt zu wissen, wo die Reise hingeht. Lasst mich Euch die Ausgangssituation erklären: Mitte der 20er Jahre wird dem Mädchen Myrtle „Tilly“ Dunnage, aus dem australischen Kleinstdorf Dungatar vorgeworfen ihren Mitschüler Stewart ermordet zu haben. Der war der Sohn des Stadtrates und so wird sie des Dorfes verwiesen. Ein Vierteljahrhundert später kehrt Tilly (Kate Winslet), inzwischen eine erfolgreiche Damenschneiderin, zurück nach Dungatar. Augenscheinlich um sich um ihre demenzkranke Mutter Molly (Judy Davis) zu kümmern. Oder steckt doch etwas anderes hinter ihrer Rückkehr? Der Wunsch den Tod Stewarts aufzuklären? Oder gar Rache? Klar ist nur, dass zumindest ihre Kleider bei den Frauen Dungatars schnell Anklang finden. Ansonsten sind nur wenige Dorfbewohner froh Tilly zu sehen. Darunter der Dorfpolizist (Hugo Weaving mit John Waters Strichbärtchen), der Schuldgefühle hegt, weil er Tilly einst fortgebracht hat und eine stille Vorliebe für Crossdressing hat. Und der Außenseiter Teddy (Liam Hemsworth), der mit seinem kognitiv beeinträchtigten Bruder und seiner Mutter in einer Wohnwagensiedlung lebt. Der Rest der Bevölkerung sind mehr oder weniger Karikaturen, die Tilly unterschiedliche Ausprägungen von Hass entgegenbringen.
Von hier aus dachte ich, es wäre doch klar was passiert: Die Dorfbewohner stehen Tilly kritisch gegenüber, doch mit ihren Modekreationen verschönert sie das hinterwäldlerische Dorf, es stellt sich raus, dass ihr größter Kritiker hinter dem Mord steckt, alle lernen eine wichtige Lektion über Vorurteile und am Ende heiratet sie ihre Jugendliebe und alle Frauen tragen ihre Kleider. Hurra! Aber von wegen, dachte sich Regisseurin Jocelyn Moorhouse (und vor ihr die Autorin der Buchvorlage Rosalie Ham). Dass es in durchaus andere Gefilde geht macht der Film innerhalb seiner ersten Minute deutlich. Zu den Tönen einer Italowesternmelodie entsteigt Tilly dem Bus, wie einst Charles Bronson dem Zug, nur mit einer Nähmaschine statt der Winchester unter dem Arm, was vor dem Hintergrund des Outback-Kaffs gar nicht so absurd wirkt. Dann zündet sie sich in ihrem schwarz-weißen Kleid eine Zigarette an und verwandelt sich in jede Femme Fatale eines jeden Noir Films, was vor dem Hintergrund des Outback-Kaffs absolut absurd wirkt.
Der Film will also in allerlei unterschiedlichen Genres funktionieren, womit teilweise extreme Wechsel in der Tonalität einhergehen. Der Umgang mit durchaus ernsten Themen, im Mittelpunkt steht, wie gesagt, der gewaltsame Tod eines Kindes, aber auch häusliche Gewalt, Vernachlässigung, Alkoholismus sowie Demenz und andere Alterserscheinungen, ist zum größten Teil humoristisch. Der tonale Spagat gelingt dabei nicht immer und gelegentlich erscheint der Umgang mit diesen Themen dann doch allzu putzig, wenn nicht gar geschmacklos. Tillys Mutter Molly etwa erkennt ihre Tochter für eine ganze Weile überhaupt nicht, doch ihre Demenz wird zumeist als Grundlage für Humor verwendet, kann im nächsten Moment aber dramatische Züge annehmen. Dass das überhaupt funktioniert liegt meines Erachtens weniger am Drehbuch, als an Judy Davis schauspielerischen Fähigkeiten, die selbst Kate Winslet gelegentlich die Schau stehlen.
Normalerweise erwähne ich keine Kostümbildner, doch da das hier zentrales Element ist muss ich kurz Marion Boyces Kreationen erwähnen, die einerseits glaubhaft 50er Jahre sind, andererseits aber sowohl die Hinterwäldler des Dorfes beeindrucken, als auch mich, der von Mode vermutlich noch weniger Ahnung hat.
Wie dem auch sei, nachdem der Film also schon in den ersten Akten sowohl tonal unerwartet war, als auch einige handlungstechnische Überraschungen bot, so erfahren wir schon nach der Hälfte der Laufzeit, was hinter dem Tod steckt, beginnt dann der dritte Akt, über den ich gerne mehr schreiben würde, doch das wäre unfair. Nur so viel: er tritt eine Reihe von Ereignissen los, teilweise tragisch, teilweise bizarr, aber durchgehend makaber. Nachdem ein bestimmter Charakter gestorben ist, habe ich alle Ideen, ich könne voraussagen, wo es hingeht aufgegeben und mich nur noch auf die wahrlich wilde Fahrt, die Hirse, Cannabis-Kekse und Macbeth mitnimmt, eingelassen. Der Film bricht hier beinahe alle erzählerischen Konventionen und es wird klar, dass Moorhouse fast 20 Jahre nachdem sie ihren letzten Film in Hollywood gedreht hat, keinerlei Interesse hat in ihrer Heimat zum Mainstream zurückzukehren. Am Ende hat der Film sogar noch eine etwas pointiertere Aussage zu Erinnerungen und Vergangenheit, als ich vermutet hätte.
Das Ergebnis ist ein Film, an dem es sicherlich viel zu kritisieren gibt. Der gewollte tonale Spagat gelingt nicht immer, die Erzählweise ist gelegentlich arg simplistisch, wenn nicht gar geschmacklos und viele Charaktere bleiben zu sehr Karikatur um wirklich zu funktionieren. Neben typischen Filmproblemen, wie das Liam Hemsworth für seine Außenseiterrolle ein ganzes Stück zu sauber und gut frisiert ist. Aber seine Hauptaufgabe ist eh gut auszusehen und die erfüllt er natürlich achtbar. Andererseits ist Kate Winslet hervorragend in der Hauptrolle und Judy Davis und Hugo Weaving geben überzeugende, sympathische Nebendarstellungen. Vor allem lohnt sich der Film, meiner Meinung nach aber eben wegen des letzten Drittels, in dem der narrative Zug nicht einfach entgleist, sondern durch das Bahnhofsgebäude kracht und die Hauptstraße herabdonnert. Es ist sicher kein Film, der sich ins Gedächtnis einbrennt, noch wird jeder mit dem tonalen Schleudertrauma zurechtkommen, doch kann ich gar nicht anders als einen Film, der mich so überrascht hat weiterzuempfehlen.
So, nachdem ich mich an die Existenz von Koalas, Wallabys und Schnabeltieren erinnert habe, komme ich dann, allem Giftgetier zum Trotz, wohl doch wieder raus aus meinem Panic Room und bin mal gespannt, wo mich die Challenge nächstes mal hinführt.
Gestern (mal wieder) Gesehen: ‚Lake Mungo‘ (2008)
Ich beschreibe hier mal nicht, wie lange ich nach einem vernünftigen Trailer suchen musste, der nicht versucht diesen Film als MEGAHORRORSCHOCKER, SO GRUSELIG, OHHHH MEIN GOOOTTTT!!!! zu verkaufen und damit Enttäuschung garantiert…
‚Lake Mungo‘ ist ein Film, der es alles andere als einfach macht über ihn zu schreiben. Ich habe keine Ahnung wem dieser Film gefallen könnte und ich habe nicht die geringste Idee, wie ich ihn irgendjemandem schmackhaft machen könnte. Ich liebe diesen Film, auch wenn es keiner ist, den ich häufig ansehen würde. Insofern kann ich nur bitten: vertraut mir!
Der Film ist eine Pseudodokumentation, die die fiktiven Erlebnisse der australischen Familie Palmer nachzeichnet. 2005 ertrank die 15jährige Alice Parker beim Baden in einem Stausee. Wenig später beginnen im Haus der Palmers seltsame Vorkommnisse und Alices Bruder Matthew zeichnet mit seiner Kamera eine schemenhafte Gestalt auf, die an Alice erinnert. Doch auch auf den Aufnahmen eines völlig unbeteiligten Touristenpärchens taucht im Hintergrund eine Gestalt auf, die Alice sein könnte. Ein gefundenes Fressen für die Presse und eine schwere Prüfung für Alices Eltern, die eine Exhumierung der Leiche in Auftrag geben. Doch es kommt alles ganz anders als man jetzt denkt. Seltsamer und letztlich schlimmer.
Ja, ich weiß die Inhaltsangabe könnte genauso auch aus einer dieser reißerischen „Geisterdokus“ stammen denen man zu später Stunde im Privatfernsehen gelegentlich begegnet. Und als genau das geriert sich der Film, zumindest anfangs. Allerdings hat der Film bereits im ersten Drittel einen Twist, den diese Dokus niemals (freiwillig) machen würden. Und das ist nur der erste von mehreren. Eigentlich hat sich Regisseur Joel Anderson den Film ganz anders vorgestellt. Doch als er merkte, dass er für den Film, den er drehen wollte nicht das Budget zusammenbekommen würde änderte er das Drehbuch grundlegend bis das herauskam, was jetzt vorliegt. Ohne das originale Buch zu kennen, kann ich nur sagen: manchmal bringt eine äußere Einschränkung die größte Kreativität zum Vorschein. und genau das scheint hier geschehen zu sein. In verschiedenen Videoformaten gedreht, besitzt der Film eine typische Fernsehoptik, die er jedoch perfekt für sich zu nutzen weiß. Selbst die weitgehend unbekannten Darsteller, die nur einen groben Umriss der Handlung hatten und alle Dialoge (oder, in den meisten Fällen, Monologe zur Kamera) improvisierten, wirken für die Illusion nur förderlich. Und gelegentlich rutscht ihm sogar eine höchst gelungene Landschaftsaufnahme in die nur scheinbar rein zweckmäßigen Szenen. ‚Lake Mungo‘ ist ein Musterbeispiel für den Umgang mit minimalem Budget (unter 30.000 australische Dollar). Nicht zuletzt deshalb findet sich auf der Hülle der DVD ein Hinweis auf ‚Paranormal Activity‘, den megaerfolgreichen Low-Budget-Horror aus den USA, den ich persönlich unerträglich langweilig fand. Wem es da so geht wie mir sollte sich von dem Hinweis also bitte nicht abschrecken lassen.
‚Lake Mungo‘ ist genau genommen über weite Strecken gar kein Horrorfilm, obwohl er über seine gesamte Spieldauer mit unheimlichen Bildern arbeitet. Er enthält nur einen einzigen – allerdings perfekt platzierten – „Jumpscare“. Es ist ein Familiendrama, dass sich über die Abwesenheit des zentralen Charakters, eben Alice, definiert. Der Name der Familie, Palmer, ist sicherlich keinesfalls zufällig gewählt und weckt sofort Assoziationen zur Familie Palmer aus ‚Twin Peaks‘, die ein ähnliches Schicksal erlitt wie ihre australischen Namensvettern. Und ähnlich, wie Laura stellt sich Alice nach ihrem Tod als eine ganz andere Person heraus, als alle die sie kannten je vermutet hätten. Vielleicht ist ‚Lake Mungo‘ als „Variation auf die Themen von ‚Fire Walk With Me‘ aber letztlich ganz anders“ genauso treffend, wie wenig hilfreich umschrieben. Doch genau, wie in dem Film überwiegt ein Gefühl von Traurigkeit jedes Gefühl von Horror. Und eben das sorgt dafür, dass ich den Film nicht unbedingt oft sehen möchte und kann. Ein weiterer Vergleich der gezogen werden muss, nicht nur aufgrund der australischen Herkunft, ist meiner Meinung nach ‚Picknick am Valentinstag‘. Ähnlich wie in Peter Weirs Film, über das Verschwinden einiger Schülerinnen, vermischt sich hier Profanes mit Mystischem, etwas, dass in der ebenso schönen, wie lebensfeindlichen Natur Australiens nur allzu leicht zu geschehen scheint.
Eine Meditation auf die Tatsache, dass sich Teenager oft genug nicht nur selbst nicht kennen, sondern auch Eltern und Verwandte große Schwierigkeiten haben sich wirklich in sie einzufühlen und ihre Bedürfnisse und Wünsche nachzuvollziehen. Aber auch über die oftmals ebenso schwierige, wie merkwürdige Bewältigung von Trauer. Allerdings eingebettet in einen großartig gelungenen Film, der ein weitaus größeres Publikum verdienen würde, als die Plattheit eines ‚Paranormal Activity‘. Auch wenn er vermutlich einen guten Teil dieses putativen Publikums enttäuscht zutiefst zurücklassen würde.
Kurz und Schmerzlos Folge 4: ‚Monster‘ (2005)
Die australische Regisseurin Jennifer Kent konnte mit dem ‚Babadook‘ 2014 einen großen kritischen Erfolg verbuchen. Die Zuschauer rannten zwar nicht gerade die Kinos ein aber auch vom Einspielergebnis her war der Film ein Erfolg. In den USA gab es einige enttäuschte Stimmen, vermutlich nicht zuletzt weil ‚Exorcist‘ Regisseur William Friedkin den Film als den gruseligsten, den er je gesehen habe bezeichnete und so übertriebene Erwartungen weckte.
‚Der Babadook‘ betrachtet die zerstörerischen Folgen unbewältigter Traumata und Trauer, sowie die schwierige Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem Sohn. ‚Monster‘ von Kent inzwischen auch als ‚Baby Babadook ‚ bezeichnet legt sein Augenmerk vollständig auf die Mutter-Kind Beziehung (wobei die Abwesenheit des Vaters natürlich die Andeutung vergangener Traumata beinhaltet). Das Kreatur-Design ist schlichter und das Popup-Buch spielt nur eine sehr kleine Rolle aber dennoch lohnt es sich diese 10 Minütige Fingerübung anzusehen.