Manche Leser mögen es schon wissen, andere kann es überraschen, aber ich bin ein großer Fan von Vincent Price. Darum möchte ich hier in vollkommen unregelmäßigen Abständen über Filme mit Vincent Price sprechen. Und weil mich Niemand davon abgehalten hat, habe ich dafür eine neue Kategorie eingerichtet, die ich, nach ausführlicher, 15sekündiger Überlegung, „Price Is Right“ nennen werde („Der Price ist heiß“ könnte vermutlich falsch verstanden werden, oder?). Nun bietet die mehr als 5 Jahrzehnte umfassende Karriere des Mannes natürlich mehr als genug Möglichkeiten für Besprechungen. Wo also anfangen? Vielleicht bei einem relativ unbekannten Film, den Price selbst aber als seinen Liebsten beschrieben hat (und hoffentlich nicht nur weil er seine dritte Ehefrau Coral Browne bei den Dreharbeiten getroffen hat…). Aber auch für Price „Anfänger“ ist ‚Theater des Grauens‘ perfekt geeignet, denn wer mit Prices affektiert-ironischer Darstellung hier so gar nichts anfangen kann, für den fällt ein Großteil seiner Karriere schon mal weg.
Der Theaterkritiker George Maxwell (Michael Hordern) wird an den Iden (dem 15.) des März von einer großen Gruppe Angreifern brutal erstochen. Wie Julius Cäsar im Shakespeare Stück „Julius Cäsar“. Bei seiner Beerdigung galoppiert plötzlich ein Pferd über den Friedhof, das den Leichnam von Kritiker Hector Snipes hinter sich her schleift, wie es dessen Namensvetter, dem Hektor in Shakespeares „Troilus & Cressida“, ergangen ist. Für die übrigen Mitglieder des einflussreichen Critic’s Circle ist klar was los ist: der selbsternannte beste Schauspieler der Welt Edward Lionheart (Price), den der Circle bei einer Preisverleihung vor zwei Jahren derart erniedrigt hatte, dass er Selbstmord beging, ist gar nicht tot. Und nun nimmt er Rache! Und tatsächlich steckt Lionheart, zusammen mit einer Gruppe von Herumtreibern und seiner Tochter Edwina (Diana Rigg) dahinter. Auch dem übrigen Circle hat er einige der kreativsten Tode des Dramatikers aus Stratford-upon-Avon zugedacht.
Und viel tiefer wird die Handlung auch nicht. Ein bisschen ‚Phantom der Oper‘ und ganz viel Prices eigener ‚Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes‘ werden hier zu einem Quasi-Slasher mit Shakespeare Zitaten vermischt. Und tatsächlich macht genau das den größten Reiz des Films aus: Price schlüpft in bekannte Shakespeare-Rollen, wie Richard III., Titus Andronicus oder Shylock, rezitiert berühmte Reden und bringt dann einen der Kritiker auf durchaus makabre Weise ums Leben. Sei es, dass er die Shakespeare Klassiker unverändert übernimmt und einen der Kritiker in einem Weinfass ertränkt, wie es dem Herzog von Clarence in „Richard III.“ passiert, oder er adaptiert die Klassiker in die Moderne, wenn die Verbrennung der Johanna von Orleans in „Henry VI.“ an einer Kritikerin mittels präparierter Trockenhaube beim Friseur nachvollzogen wird. Der Film lebt aber nicht nur von Prices Darstellung des Schauspielers der keinerlei Kritik akzeptieren kann, sondern auch der der Kritiker (darunter Größen wie Robert Morley und Jack Hawkins), die alle auf ihre Art wunderbar pompöse Unsympathen sind.
Man könnte den Film wohl als Horrorkomödie klassifizieren, wobei klar sein sollte, dass der Komödie-Teil hier weitaus größer geschrieben wird als der Horror-Teil. Die Morde sind zwar zum Teil durchaus fies inszeniert, aber immer mit einem makabren, schwarzhumorigen Augenzwinkern. Die Bluteffekte wirken aus heutiger Sicht reichlich zahm und ich glaube nicht, dass das 1973 großartig anders war oder sein sollte. Die Vermischung der klassischen Handlung der Opfer, die nach und nach getötet werden, mit Shakespeare Motiven und satirischen Elementen um den Umgang von Künstlern und Kritikern miteinander, lässt ‚Theater des Grauens‘ zu einem relativ einzigartigen Film werden.
Regisseur Douglas Hickox inszeniert ihn gekonnt aber sehr unauffällig. Er lässt den Darstellern, allen voran Price, den Raum den sie brauchen, um Szenen strahlen zu lassen, behält aber das notwendige Moment bei, um den Film nicht zu einer reinen Nummernrevue werden zu lassen, die gegen Ende hin vermutlich langweilig würde. Dass die meisten Szenen vor Ort, anstatt im Studio gedreht wurden, lässt den Film gelegentlich größer wirken als er ist. Man bekommt jedenfalls einen interessanten Blick auf das London der 70er, wenn auch mit einem starken Übergewicht auf verfallenen Theatern.
Price mochte den Film, weil er ihm die Möglichkeit gab innerhalb seines Feldes einmal etwas anderes machen zu können. Seit Ende der 60er, vor allem wegen Roger Cormans Poe-Zyklus, war er quasi vollständig auf Horror-Rollen festgelegt. In ‚Theater des Grauens‘ konnte er sich aber immerhin an Shakespeare Vignetten versuchen, woran er dem Vernehmen nach sehr großes Vergnügen hat. Und dieses Vergnügen überträgt sich vollends auf den Film und letztlich den Zuschauer. Wer Price, Makabres und Shakespeare mag (oder vielleicht ein Problem mit Kritikern hat) hat den Film vermutlich ohnehin schon gesehen, aber auch wenn nur ein oder zwei Dinge zutreffen lohnt er sich durchaus.
Ein Wort zur deutschen DVD: die ist leider ziemlicher Mist. Keine Extras und das Hauptproblem: der Film liegt nicht anamorph vor. Wer interessiert ist sollte die Augen nach Alternativen offenhalten.
Und nun entlasse ich Euch aus der ersten Folge von „Price Is Right“ mit dem vermutlich besten Interview, das Price je gegeben hat, in dem er Kermit dem Frosch die Geheimnisse seines Erfolges ein wenig zu genau verrät: