Wenn ein Film allein durch seinen Trailer schon zu einem Meme wird, dann ist das oftmals ein zweischneidiger Papierschneider. Es kann ein Zeichen für einen sehr unterhaltsamen Film sein, es kann aber auch ein mittelprächtiges Machwerk sein, dass seine wenigen absurd-unterhaltsamen Momente bereits in der Vorschau verschwendet hat und im fertigen Film nurmehr eine aufgebähte Variante des eingangs unterhaltsamen Konzepts liefert. ‚M3gan‘ sah für mich im Trailer nach einem Killerpuppenfilm aus und natürlich ist sie auch genau das. Aber immerhin ist das ein sehr unterhaltsamer Vertreter seines Genres, der, wenigsten in meinen Augen, mehr ist als bloß ein spaßiger Trailer.
Die neunjährige Cady (Violet McGraw) verliert bei einem Unfall beide Eltern. Sie wird in die Obhut ihrer Tante Gemma (Allison Williams), einer erfolgreichen Ingenieurin und Spiezeugentwicklerin, gegeben. Doch trotz ihres Bezuges zu Spielzeug taugt Gemma, als Elternersatz überhaupt nicht, wie sie selbst schnell eingesehen muss. Da kommt ihr eine sicher nicht ganz ethische Idee: sie hat, gegen den Willen ihrer Chefs, eine wahnsinnig teure, KI-kontrollierte, voll bewegliche Roboterpuppe namens M3gan entwickelt. Falls die positiven Einfluss auf die traumatisierte Cady hätte, könnte das ihren Arbeitgeber von der Wirtschaftlichkeit der Puppe überzeugen. Und so wird Cady zu M3gans primärer Nutzerin, die sie fortan vor jeglichem körperlichen und seelischen Schaden schützen wird…
Wir wissen natürlich alle ganz genau was geschehen wird. Weil wir den Trailer kennen. Oder weil wir wissen, dass wir einen Killerpuppenfilm schauen. Und selbst wenn nicht, Gerard Johnstones Film ist so subtil wie eine volle Ladung chemischer Reiniger ins Gesicht. Natürlich ist es eine ganz üble Idee einem traumatisierten Mädchen eine künstliche Person als wichtigste Bezugsperson vorzusetzen. Ob die nun mörderisch veranlagt ist, oder nicht. Da stecken selbstverständlich gewollte Parallelen zu aktuellen Themen drin. Erziehung in der modernen Welt, in der Verhandlungen über „Bildschirmzeiten“ eben nicht mehr nur den ollen Fernseher betreffen, sondern eine ganze Batterie an Geräten. Wo die Verführung für Eltern riesig sein dürfte, die Kinder mal kurz Youtube zu überlassen, um sich selbst einen Moment der Ruhe zu gönnen, mit all den Gefahren, die das mit sich bringt.
All das ist hier durchaus vorhanden, steckt aber nicht wirklich im Kern des Ganzen. Der Film interessiert sich nur insoweit dafür, als dass sich hier Absurdität oder Grusel herausziehen lassen. ‚M3gan‘ ist kein ‚Robot & Frank‘, oder ‚Her‘, oder ‚Ex Machina‘. Sie ist eindeutig eine Nachfahrin von Chucky. Cadys Trauma und ihre schwierige Beziehung zu ihrer entnervend distanzierten Tante ist für den Film nur die Grundlage, auf der die absurde Puppe floriert. Gemma ist eine derart hyperrationale Technikerin, die stets nur nach dem wie und nicht dem warum fragt, dass sie wohl, hieße sie Frankenstein, von der Idee eine Braut für ihr Monster zu schaffen wahnsinnig angetan wäre. Und selbstverständlich werden die familiären Probleme am Ende dadurch gelöst, dass Nichte und Tante die maschinelle Widersacherin gemeinsam zu Altmetall zerlegen. Wenn mir das jetzt jemand als Spoiler auslegen will, weiß ich auch nicht, was ich sagen soll…
Aber Cady, Gemma und M3gan existieren in einer ohnehin überzeichneten Cartoonwelt, in der sich all das völlig richtig anfühlt. Gemmas Chef David (Ronny Chieng) ist ausdrücklicher Kinderhasser und CEO eines Spielzeugkonzerns. Vor allem darum, um Hasbro in den Hintern zu treten. Gemmas Nachbarin ist ein aufdringlicher, grenzüberschreitender Messie, mit einem Hund, der eine erhebliche Gefahr für Kinder darstellt. Eine andere Mutter, an der Schule, an der Gemma Cady unterbringen will, schwärmt von ihrem hochbegabten Sohn, während der sie öffentlich eine „Schlampe“ nennt (später ist er auch noch fies zu Cady… großer Fehler).
Das einzige, was mir in dieser Cartoonwelt fehlt, sind ein paar mehr Kills. Und bei den Toden, die wir zu sehen bekommen ist mir der Film allzu zurückhaltend. Und ich habe offenbar bereits die erweiterte Version geschaut. Diese stilvolle Zurückhaltung will so gar nicht zum Rest des Films passen, der durchaus mit dem Trash flirtet. Ich für meinen Teil habe etwa den großen Fehler gemacht, gerade einen Schluck von meinem Getränk zu nehmen, als M3gan zu ihrem ersten Song ansetzt. Trotz der daraus entstehenden Sauerei habe ich sehr gelacht. Und ähnlich over-the-top hätten die Kills eben auch sein müssen, damit ich voll zufrieden bin. Aber womöglich war diese Zurückhaltung gerade eines der Geheimnisse zum Erfolg des Films.
Man darf hier halt auch nicht den Fehler machen, einen Horrorfilm zu erwarten. Ja, der uncanny valley Effekt M3gans (die oft genug tatsächlich von einer Puppe dargestellt wurde, gelegentlich von der etwa 10jährigen Tänzerin Amie Donald mit Maske und CGI Nachhilfe) ist gelegentlich verstörend, aber das daraus resultierende Gefühl ist eben eher Absurdität als echter Horror. Will der Film aber halt auch nicht sein.
Was ich wohl sagen will ist, dass ‚M3gan‘ gut aber eben auch arg seichte Unterhaltung ist. Ich werde den Film in Zukunft sicherlich noch öfter schauen und jetzt bin ich immerhin gewarnt, wann ich lieber nix trinken sollte. Ein zweiter Teil mit einem auf drölf gedrehten Bodycount würde mich allerdings auch sehr freuen!