Newslichter Ausgabe 243: MAX-imale Aggression und verlorene Medien

Willkommen bei Ausgabe 243 des Newslichters. Der Arbeitskampf in Hollywood wird in den nächsten Wochen vermutlich den Newslichter entscheidend mitgestalten. Insbesondere nun, da sich die Studios als nicht sonderlich verhandlungswillig erwiesen haben. Aber ich bin sicher, es finden sich dennoch immer noch genug absurde Themen abseits davon. Legen wir los!

Gewerkschaftsverhandlungen in Hollywood

Ich lag, wieder einmal, reichlich falsch. Als ich, vor fast einem Monat, über den Beginn des Streiks der US-Film- und Fernseh-Autoren-Gewerkschaft WGA geschrieben habe, fragte ich mich am Ende, ob es überhaupt im Interesse der Produzenten sei, wenn sich die Studios allzu aggressiv gäben, schließlich stünden auch Verhandlungen mit der Directors Guild und der Schauspieler Gewerkschaft an. Nun, die Verhandlungen mit der Directors Guild laufen derzeit und obwohl man nicht viel hört, sind sie wohl nicht sehr freundschaftlich. Und zumindest Discovery Warner haben diesen Moment ausgewählt, um sich extrem aggressiv zu geben. Im Zuge der Umbenennung ihres Streaming Services von HBO Max zu nur Max (tolle Idee, übrigens, ist ja nicht so als hätte HBO einen Namen der gewisse Qualität verspricht und außerdem ist „Max“ wahnsinnig einprägsam und bestimmt ganz prima zu googlen!) haben sie nun, in ihren Beschreibungen, Produzenten, Regisseure und Autoren von Filmen/Serien als „Creators“ zusammengefasst. Das verstößt nicht nur gegen die Regeln mehrerer Gewerkschaften, es ist auch einfach eine bewusste Respektlosigkeit gegenüber den Kreativen hinter den verkauften Produkten. In einem Moment, in dem Arbeitskämpfe nicht ausgeschlossen werden können.* Wie bereits beschrieben, einen Autorenstreik kann man eine Weile aussitzen, weil Material bereits vorliegt. Aber wenn man die Regisseurinnen in den Streik treibt? Das wäre fraglos katastrophal.
Fran Drescher, Vorsitzende der Schauspieler-Gewerkschaft SAG-AFTRA, fordert die Mitglieder derweil auf, vor dem Beginn ihrer Verhandlungen am 7. Juni die Gewerkschaft zur Verkündung eines Streiks zu autorisieren. Dafür müssten sich 75% der Mitglieder für einen Streik aussprechen. Der für seine Uneinigkeit berüchtigte, nationale Rat der Gewerkschaft hat sich bereits, einheitlich, für die Autorisierung eines Streiks ausgesprochen.
Wenn es nicht eine bekloppte Verschwörungstheorie wäre, könnte man fast annehmen, David Zaslav, neuer CEO von Discovery Warner, wolle seine Firma bewusst schädigen. Seit seiner Ernennung herrscht quasi unaufhörliches Chaos, das, sollte es tatsächlich zum Arbeitskampf der Regisseure und Darsteller (oder auch nur einer der Gruppen) kommen, einen schmerzhaften Höhepunkt erreichen dürfte. Oder glauben die Produzenten ernsthaft, nicht als alberne Drohung oder Werkzeug, um die Leistung der Kreativen herabzuwürdigen, sondern ernsthaft, dass ihnen ChatGPT ihre Serien und Filme liefern kann? Das wäre jedenfalls die irrsinnigste Antwort und wenn ich mir die Geschichte der letzten Jahre so anschaue, eine, die ich nicht mehr kategorisch ausschließen kann…

*Update: die Max „Creators“ Kategorisierung sei ein Fehler durch die Techniker bei der Umstellung gewesen, heißt es nun. Kein leitender Angestellter habe irgendeine Kenntnis davon gehabt. Der „Fehler“ würde allerdings wohl Wochen in der Behebung benötigen. Mein persönlicher Kommentar dazu lautet: LOL. Oder ausführlicher: klar, „Techniker“ tun nix lieber als, ohne Erlaubnis von oben, eine Datenbank in Stücke zu hauen, um sie dann ich wochenlanger Arbeit wiederherzustellen (vermutlich mit dem grausigen Gedanken im Hinterkopf, dass irgendein Anzugträger auf die Frage kommt: könnte das nicht ChatGPT machen?)!

‚Alien vs. Predator‘ Serie im Giftschrank

„Lost Media“ sind ein Thema, das derzeit erschreckend aktuell ist. Von Filmen und Serien, die sang und klanglos von Streaming-Plattformen verschwinden, ohne je auf physischen Medien vorgelegen zu haben, bis hin zu fertigen Filmen, die aus steuerlichen Gründen nie veröffentlicht werden. Und die Datensicherheit der Studios scheint inzwischen so solide, dass dieses Material nicht still und heimlich irgendwo ins Internet „leakt“. Ich habe Vergleiche gelesen, zur bewussten Zerstörung von Stummfilmen durch Studios in den 30ern (denn wer will den alten Scheiß noch sehen, wo es jetzt doch Ton gibt?!), oder dem Überspielen klassischer Serien, weil die Bänder gebraucht werden, bei TV Sendern. Das geht mir ein Stück zu weit, denn das Material liegt bei den Studios ja (hoffentlich, zumindest…) noch vor. Es ist nicht zerstört. Doch der Effekt könnte tatsächlich der gleiche sein: es ist für Interessierte nicht verfügbar.
Nun stellt sich heraus, dass bei Disney eine fertige ‚Aliens vs. Predator‘ Animationsserie mit 10 Folgen in der Schublade liegt. Im Podcast „Perfect Organism“ erzählt Produzent Joshua Izzo, dass die Serie vor der Disney Übernahme bei FOX entstanden sei, mit dem Ziel sie „direct-to-DVD“ zu veröffentlichen. Aus der Formulierung „direct-to-DVD“ kann man wohl ablesen, dass die Serie auch bei FOX schon eine Weile auf Halde gelegen haben dürfte. Woraus man – vielleicht – gewisse Rückschlüsse über die Qualität ziehen kann. Oder aber sie war schlicht nicht kommerziell genug, wir werden es nie wissen, ohne sie sehen zu können. Disney jedenfalls werden vermutlich kein großes Interesse haben sie zu veröffentlichen. Zuletzt hatte man mit ‚Prey‘ einen gut besprochenen, neuen ‚Predator‘ Film im Angebot und derzeit dreht Fede Alvarez einen neuen Alien Film und eine ganze Serie ist in Arbeit. Da will man vielleicht nicht mit einem ‚Aliens vs. Predator‘ Produkt reingrätschen. Einer Reihe, die, nicht ganz zu Unrecht, einen eher trashigen Ruf genießt.
Das macht es aber nicht besser, dass wir nun von einer weiteren Serie wissen, die zu „Lost Media“ werden könnte.

Newslichter Ausgabe 242: Contentschwund, teure Filme und Ray Stevenson

Willkommen bei Ausgabe 242 des Newslichters. Zwar bin ich gesundheitlich noch nicht völlig wiederhergestellt, aber doch in der Lage wieder einen Newslichter zu verfassen. Genau den, den Ihr jetzt gerade lest! Irre, wa? Legen wir los!

Später Frühjahrsputz bei Disney+

Disney machen es der Konkurrenz von Discovery Warner nach und wollen im hauseigenen Streaming Service ordentlich Platz schaffen. Zahlreiche Serien und Filme werden aus dem Programm entfernt, mit dem Ziel etwa 2 Milliarden Dollar in den USA steuerlich abschreiben zu können. Der Schritt wurde in Folge von schwindenden Abonnenten und Wertverlust wohl als notwendig angesehen. Ziel der Aktion sind natürlich nicht die großen Marvel und Star Wars Projekte, sondern die kleineren, die nicht wirklich ein Publikum gefunden haben. Die Serienfortsetzung zum Film ‚Willow‘ dürfte des prominenteste „Opfer“ werden. Insgesamt um die 60 Produktionen werden wohl bereits zum kommenden Freitag verschwinden.
Die Frage ist, was mit diesen Produktionen passiert. Bietet sie Disney anderen Anbietern in Lizenz an? Werden sie auf eine andere Weise irgendwo veröffentlicht? Man weiß es nicht. Und da diese Disney+ Produktionen ja bewusst nie auf Heimmedien veröffentlicht wurden, regt sich bei mir wieder etwas die Sorge darum, wie mit Medien umgegangen wird. Wir leben in einem Zeitalter, in dem „Lost Media“ eigentlich eine Idee sein sollte, die es nicht mehr gibt. Es gibt keine Lager mehr, die zu voll von Filmrollen wären, aber die Tatsache, dass man nun voll auf Disney vertrauen muss, um diese Serien und Filme irgendwo im Hintergrund zu erhalten, stimmt mich doch unsicher.
Da kann man sicher fragen, warum eigentlich, sind es doch Serien und Filme, die offenbar nicht gut angekommen sind. Das mag sein, aber das macht sie, in meinen Augen, nicht weniger erhaltenswert. Mal ganz davon ab, wie oft die Qualität eines Werks erst lange im Nachhinein wirklich erkannt wurde. Nein, dieses Verschwinden von direct-to-stream Werken irgendwo im Limbo der Unsicherheit, ob bei Warner oder bei Disney oder wem auch immer, sitzt mir ernstlich quer im Hals.

Fast zu Teuer-ious

Im Februar diesen Jahres berichtete ich darüber, dass ‚Fast & Furious 10‘ und der fünfte ‚Indiana Jones‘ durch Verkettungen von inneren und äußeren Umständen zu extrem teuren Vertretern ihrer Franchises geworden sind. Hat sich das gelohnt? Während ‚Fast & Furious 10‘ in Deutschland mit rund 600.000 Besuchern einen sehr guten Start hingelegt hat (den zweitbesten des Jahres) und weltweit gar über 300 Millionen eingespielt hat und sich so nur dem hüpfenden Klempner ergeben muss, so will das Nitro aber im Heimatmarkt der USA nicht recht zünden. Auf gerade einmal 67,5 Millionen Dollar bringt der Film es dort und bleibt so sogar hinter seinem Vorgänger zurück, der noch während  der Pandemie erscheinen ist! Der größte Erfolgsmarkt für den Film ist China mit 78,3 Millionen Dollar Umsatz. Die Besprechungen für den Film sind verhalten bis durchwachsen, es wird sich also zeigen müssen, ob die Mundpropaganda den Film trägt. Aber die Zahlen sollten vermutlich für die beiden angekündigten letzten Teile reichen. Es zeigt sich aber wieder einmal, dass China für den US Blockbustermarkt von erheblicher Bedeutung ist. Was bei den zuletzt recht unterkühlten Verhältnissen zwischen China und den USA wohl immer häufiger zu einem Problem werden dürfte. ‚Indiana Jones und das Rad des Schicksals‘ rollt in gut einem Monat in die Kinos. Auch hier sind nach der Premiere die Kritiken eher schwachbrüstig. Disney aber scheint großes vom alternden Archäologen zu erwarten. So hat CEO Bob Iger zuletzt gezielt vermieden, den Film als letztes Abenteuer von Dr. Jones zu bezeichnen, obwohl er lange genau damit beworben wurde. Aber wir wissen ja, wie das mit Franchises heute ist. Ich fresse auch einen ganzen Verbrennungsmotor, wenn mit F&F wirklich Schluss sein sollte, wenn die nächsten beiden Filme ordentlich Geld einspielen, sei es in China oder anderswo.

Ray Stevenson ist tot

Der nordirische Schauspieler Ray Stevenson ist tot. Er starb offenbar am letzten Sonntag auf der italienischen Insel Ischia. Es ist bislang unklar, ob sein Tod während Dreharbeiten eintrat, ebenso wie Ursache und nähere Umstände. Sicher scheint nur, dass sein Tod überraschend eintrat. Stevenson war 58 Jahre alt.
Zum ersten Mal aufgefallen ist mir Stevenson in der HBO Serie ‚Rom‘. Seinen hünenhaften Legionär Titus Pullo gab er mit derartig viel Charisma und Präsenz, dass er mir mehr in Erinnerung blieb als viele der Darstellungen bekannterer Persönlichkeiten. Ebenfalls sehr gut gefiel er mir im, meiner Meinung nach zu Unrecht, viel gescholtenen ‚Punisher: Warzone‘, wo er Frank „Punisher“ Castle als reichlich abgeranzten, wenig sympathischen Psychopathen gab. Aber auch im Marvel Cinematic Universe fand er ein Zuhause, in der Rolle des Asen Volstagg. Zuletzt war er als fieser britischer Gouverneur im Tollywood-Kracher ‚RRR‘ zu sehen. Demnächst wird er den Bösewicht in der Star Wars Serie ‚Ahsoka‘ geben.

Noch kurz eine News in eigener Sache: die Twitter Verknüpfung scheint endgültig hinüber und wird wohl auch nicht mehr repariert. Wer den Blog also bislang aus Elons Bällebad besucht hat, wird das hier vermutlich gar nicht mehr lesen können, aber falls doch: Zeit einen neuen Weg zu finden!

Newslichter Ausgabe 241: Streik! (und Blade)

Willkommen bei Ausgabe 241 des Newslichters. Und erneut gibt es eine thematische Klammer, wenn auch diesmal eine sehr offensichtliche. Die US-Film- und Fernsehautoren sind im Streik. Und wer sich an den qualitativen Abfall einer Menge Serien vor 15 Jahren erinnern kann, wird wissen, das ist ein Ding, das Hollywood einerseits kaum ernst genug nimmt, welches ihnen andererseits aber auch reichlich schaden kann. Aber darüber mehr als ausführlich gleich. Ich weiß noch nicht, was der Streik für den Newslichter bedeuten wird. Falls sich das lange zieht, könnte hier eine Wüste aus „Projekt X verschoben, Projekt Y gecancelt“ entstehen und damit reichlich öde Newslichter. Aber das sehen wir dann. Zunächst einmal dürfte der Late Night Talk und dann US Soap Operas betroffen sein. Beides Felder, über die ich hier tatsächlich noch nie geschrieben habe und das auch nicht vorhabe. Hoffen wir mal, dass hier alles heißer gekocht als gegessen wird. Legen wir los!

Autorenstreik!

Am 2. Mai diesen Jahres erklärte die US-amerikanische Gewerkschaft der Autoren der Film- und Fernsehbranche (WGA), unter Zustimmung von 98% ihrer Mitglieder, den Arbeitskampf. Es ist der erste seit dem Streik von 2007/2008. Damals hatte die Gewerkschaft einen langen Atem bewiesen. Gut 100 Tage dauerte der Streik, der die Branche rund 2 Milliarden Dollar gekostet haben dürfte. Doch der damals mit der AMPTP, dem Zusammenschluss der Film- und Fernsehproduzenten, ausgehandelte Vertrag gibt, laut WGA, die aktuelle Situation nicht mehr akkurat wieder.

Zu viel hat sich in den letzten fünfzehn Jahren verändert. Und das hat natürlich zum Großteil mit den Streaming-Anbietern zu tun. Die alte Fernsehsituation, als in den USA eine Serienstaffel im Durchschnitt  22 Folgen hatte und der „Writers Room“ noch zusammensaß, wenn die Staffel anlief und auf Dinge die gut oder schlecht ankamen reagieren konnten, sprich, als eine Anstellung als Autor für eine Staffel eine gewisse Zeit der Arbeitssicherheit mit sich brachte, sind vorüber. Die Streamer bestellen ihre Staffeln zumeist im Block mit 10 Folgen. Die Arbeit der Autoren endet, bevor die erste Klappe fällt. Höchstens ein einzelner Autor wird für möglicherweise notwendige Anpassungen zurückbehalten. Die Sicherheit ist dahin.

Daraus entwickelt sich eine ziemliche Schere nun auch bei den Autoren, wo es einige Superstars gibt, die Verträge über hunderte Millionen Dollar bekommen und dem Großteil, der sich als prekäre Freiberufler einer brutalen „gig-economy“ stellen müssen.  Auch die Tantiemen die die Streamer pro Folge an die Autoren auszahlen, angesichts dessen, dass es keine Gehälter mehr gibt natürlich von größter Bedeutung, spiegelten in keiner Weise die Gewinne wieder, die mit der internationalen Auswertung von Filmen und Serien gemacht würden. Hier fordert die WGA für die nächsten drei Jahre Erhöhungen um 6, 5 und 5 Prozent, die AMPTP bietet 3, 2, 1. Autor Adam Conover erklärte in einem Interview mit CNN, dass man insgesamt über Beträge von etwa einer Viertelmilliarde mehr im Jahr für gut 10.000 Autoren spreche. Das entspreche ziemlich genau dem Betrag, den sich Discovery Warner CEO David Zaslav letztes Jahr selbst ausgezahlt habe. Das sich Studios und Streaming Anbieter hier jetzt als arme Schlucker zu gerieren versuchen, sei nicht glaubwürdig.

Ein anderer Streitpunkt ist, welche Überraschung, K.I.. Die WGA will eine Situation verhindern, in der eine K.I. wie ChatGPT eine Geschichte zusammenschustert, die nicht verwendbar ist, dann aber von Autoren nachgebessert wird, bis sie veröffentlichbar ist. Doch da die Story ursprünglich von K.I. kam, erhielten die Autoren nur ein Entgelt für die Überarbeitung und würden im schlimmsten Fall nicht einmal genannt. Daher war man reichlich irritiert, dass sich die AMPTP wohl strikt weigerte überhaupt das Thema Künstliche Intelligenz anzusprechen. Das lässt natürlich Befürchtungen aufkommen, die Produzenten hätten sich ein Szenario wie das obige bereits überlegt. Natürlich wurden direkt nach Verkündung des Streiks denn auch Ideen laut, K.I. als Autoren zu verwenden. Das ist selbstverständlich derzeit utopisch.

Manchmal frage ich mich, ob irgendwer mal einen Hollywood-Produzenten beiseite genommen und ihn gefragt hat, ob er eigentlich verstünde, welcher Job der Filmbranche am einfachsten von K.I. ersetzt werden könnte. Es wäre nämlich seiner. Zählen, egal ob Erbsen oder Dollars, können Computer historisch schon verdammt gut, ein Budget aufstellen auch und dank K.I. können sie nun eben auch die Erfolgsaussichten eines Projekts ziemlich genau bestimmen. Sobald sie auf ner dicken Zigarre raumkauen können, sind sie menschlichen Produzenten mindestens ebenbürtig…

Aber wieder ernsthafter: was können die Produzenten denn, abgesehen vom unwahrscheinlichen Einsatz von K.I.s, tun, um dem Streik zu schaden? Denn die Welt hat sich in den letzten 15 Jahren eben tatsächlich verändert. So ist sie zum Beispiel deutlich globaler geworden. Hollywood Produzenten könnten schlicht internationale Autoren anheuern. Wenn die (oder ihre eigenen Gewerkschaften) nicht gerade solidarisch mit ihren US-Kollegen sind, gibt es keinerlei Handhabe, die die WGA dagegen hätte. Außer natürlich diese Autoren als zukünftige Mitglieder auszuschließen, womit eine Autorenkarriere in den USA faktisch unmöglich würde.

Aber es ist fraglich, wie aggressiv sich die AMPTP überhaupt geben will. Denn am 30. Juni laufen die Verträge mit den Gewerkschaften der Schauspieler und Regisseure aus. Aus deren Reihen gab es deutliche Solidaritätsbekundungen für die Autoren und es laufen bereits harte Verhandlungen für neue Verträge. Und während ein Autorenstreik hart ist, ist es doch einer, der sich eher langsam auswirkt, weil es eben vorerst noch verwertbares Material gibt. Ein Streik der Darsteller oder Regisseure hingegen ist katastrophal, weil sofort sämtliche Produktionen zum Stillstand kommen. So hat die Directors Guild in ihrer Geschichte nur einen einzigen Streik ausgerufen, im Jahr 1983. Dieser war nach drei Stunden beendet. Aber diesmal lesen sich die Forderungen der Regisseure, gerade was die Tantiemen von Streamern betrifft, sehr ähnlich denen der Autoren. Und ein Arbeitskampf wird auch hier nicht ausgeschlossen. Es könnte also im Interesse der AMPTP sein, schon vor Ende Juni zu einer Lösung zu kommen, die sich auch auf die Regisseure übertragen lässt.

‚Blade‘ verschoben

Der Streik macht sich (angeblich) sofort bemerkbar. Marvels Neuauflage von Vampirjäger ‚Blade‘ mit Mahershala Ali in der Hauptrolle ist verschoben worden. Tatsächlich plante man hier die Produktion mit einem unfertigen Drehbuch zu beginnen und während der Produktion fortzuschreiben. Durchaus möglich, dass der Streik so für einen zwar späteren, aber auch besseren Film sorgt. Tatsächlich ist ‚Blade‘ ein Projekt, das bereits seit 2013 bei Marvel herumgeistert und 2021 mit Regisseur Bassam Tariq in die heiße Phase ging. Allerdings verließ Tariq das Projekt nach einigen Monaten aufgrund der berühmten „kreativen Differenzen“ und wurde durch Yann Demange ersetzt. Offenbar ging das auch mit einer kompletten Neuauflage des Drehbuchs (sofern es denn je eines gab) einher, die nun (angeblich…) durch den Streik gestört wurde. Wenn man es denn glauben will. Denn der Film hat alle Anzeichen einer ohnehin schon schwierigen Produktion. Wer weiß also ob es stimmt, oder ob es ungefähr so wahr ist wie „mein Besuch im Fitnessstudio verschiebt sich aufgrund des Autorenstreiks bis ca. 2025“. Natürlich bleibt, bei allem Respekt für Ali, ohnehin die Frage offen, ob es eine Variante mit US PG-13 Freigabe von ‚Blade‘ ohne Wesley Snipes überhaupt braucht. Schließlich ist das brutale Töten brutaler Vampire quasi der gesamte Inhalt der Reihe.

Newslichter Ausgabe 240: Filmversionen, K.I. Visionen und Aliens

Willkommen bei Ausgabe 240 des Newslichters. Hey Du! Ja Du! Möchtest Du sehen, wie Michael Keatons Seele seinen Körper verlässt? Dann schau den neuen ‚Flash‘ Trailer, wo der Mann voll in die Kamera blicken muss und sagt „You wanna get nuts? Let’s get nuts“. Du weißt schon, wie in diesem alten Film! Voll memeig, und so! Mal ganz davon ab, wie merkwürdig es aussieht den Burton/Keaton Batman im hellen Sonnenlicht moderne CGI Superheldenmoves ausführt. Will sagen, für mich ist das nix. Aber Nostalgie zieht ja nun mal. Legen wir los!

Spielberg bereut Walkie-Talkies

Eigentlich ist es nicht wirklich eine Neuigkeit, dass Steven Spielberg es bereut, für die Wiederveröffentlichung von ‚E.T.‘ im Jahr 2002 gewisse Veränderungen an dem Film vorgenommen zu haben. Er hat es nur gerade mal wieder bei einem Vortrag erwähnt. Insbesondere einer Szene, in der Bundesagenten mit Shotguns die Gruppe Kinder und E.T. aufhalten wollen. Hier hatte Spielberg die Schusswaffen durch Sprechfunkgeräte ersetzt. Eine Änderung ausgelöst vermutlich durch das Schoolshooting in Columbine 1999 und die Anschläge vom 1. September. Spielberg bezeichnete das bald als einen Fehler und verkündete 2011, dass die geänderte Version nicht mehr verfügbar sein würde. Nun spricht er alle paar Jahre darüber, dass er es grundsätzlich für einen Fehler hält einen Film nachträglich zu überarbeiten. Dass Filme eben auch in der Zeit ihrer Entstehung verwurzelt sind, und dass nachträgliche Änderungen durch die Linse der Rückschau sie immer verfälschen müssten. Und ja, er hat auch mehrfach erzählt, dass er darüber mit seinem Freund George Lucas gesprochen hat, und dass man sich da extrem uneins ist.
Ich stimme Spielberg weitgehend zu. Jedenfalls deutlich mehr als Lucas. Ich würde aber spätere Versionen nicht grundsätzlich ablehnen. Sie werden dann zu einem Problem, wenn sie das Original ersetzen. Ansonsten können sie durchaus Spaß machen. Ich mag meine ‚Blade Runner‘ Box mit ihren 5(?) Versionen. Und würde, in einer recht unkontroversen Meinung, soweit gehen, dass die Originalversion hier nicht die Beste ist. Aber es ist gut dass man sie schauen kann! Es macht Spaß die Versionen zu vergleichen. Wenn es aber wie bei Lucas originaler ‚Star Wars‘ Trilogie läuft, und die jeweils neueste Version Kanon wird und alle anderen verschwinden müssen, dann ist das ein Problem. Selbst bei der Library of Congress, die den 1977er Film für erhaltenswert erklärt hat, hat Lucas die 1997er Version eingereicht. Angeblich weil es zu schwierig wäre, eine Version in guter Qualität vom Original zu bekommen… sure, George. Ich war mir sicher, als Disney Star Wars gekauft hat, dass wir in kürzester Zeit eine edle Auflage der Originale bekämen. Aber bislang nix. Vermutlich hat sich Lucas das im Kaufvertrag zusichern lassen. Denn dass sich Disney eine Möglichkeit zum Geldverdienen entgehen lässt, ist doch eher uncharakteristisch.
Aber genug Star Wars Gemecker. Ich finde es ein wenig schade, dass Spielberg die 2002er Version komplett verschwinden lassen will. Nicht weil ich sie für die bessere halte, sondern weil sie eben auch in ihrer Zeit verwurzelt war und eine Ahnung gibt, was man Anfang der 2000er in einem Kinderfilm eben nicht zeigen wollte. Aber gut, mehr Auswahl ist zwar immer besser, aber ein Riesenverlust ist die ‚E.T.‘ Version nicht.

Joe Russo träumt von K.I. Schafen

Ja, ich sammle hier immer noch News über K.I., sofern sie auch nur entfernt irgendwas mit Film zu tun haben. Nun hat eine Hälfte der Russo Brüder, den Regisseuren hinter ‚Endgame‘, sich auf dem Sands International Film Festival in Schottland dazu geäußert. Er sieht große Möglichkeiten für K.I. im Storytelling, für sich stetig entwickelnde Geschichten. Aber nicht nur für große Film- oder Serienevents, sondern für personalisiertes Erzählen. So fabuliert er davon, dass man einer Streaming K.I. in seinem Wohnzimmer sagen könne, man wolle eine RomCom sehen, mit dem eigenen fotorealistischen Avatar und dem von Marilyn Monroe in den Hauptrollen. Oder dass man sich selbst mittels K.I. in bestehende Filme einarbeiten könnte („I want to be Dr. Strange!“). Auf die Frage wie lange es dauern wird, bis der erste K.I. geschriebene Film auftaucht, bei dem Kritik und Publikum nicht merken wird, dass er von einer K.I. geschrieben wurde, antwortete Russo „zwei Jahre!“. Der mit ihm interviewte Chief Creative Officer Donald Mustard von Videospielschmiede Epic Games widersprach ihm hier und behauptete, das ginge noch schneller. Allerdings sagte Mustard auch, dass es deutlich komplexerer Prompts bedürfte, als im Marilyn Monroe Bespiel von Russo. Er klang dann so, als wäre K.I. für jede absehbare Zukunft nur ein Zuarbeiter, nie der alleinige Ausführende.

Ich könnte hier jetzt darüber schreiben, dass ich Russos Ausführungen für arg optimistisch halte. Aber das habe ich hier schon getan. Ich könnte auch darüber schreiben, dass er in Bezug auf die RomCom Idee sehr naiv ist. Ich würde sagen, ein deutlich weniger romantischer Film zwischen dem User und einer Nachbarin oder Arbeitskollegin ist eine realistischere und düsterere Vision ist. Aber auch darüber habe ich schon geschrieben. Dem Zyniker aber mag auffallen, dass Russo (und sein Bruder (und Steven Spielberg, übrigens)) in das Startup Wonder Dynamics involviert sind. Das ist 2022 mit einem Kapital von 10 Millionen Dollar gestartet und verspricht „blockbuster-level visual effects achievable by living-room-level creators using AI and cloud services“. Kommt nur mir das gerade erstaunlich bekannt vor, oder hat Russo, ein wenig paraphrasiert, die Eigenwerbung exakt wiedergegeben? Ich vermute, würde ich weiter buddeln, käme heraus, dass sie das in genau zwei Jahren versprechen?
Und ich glaube hier liegt eine gute und wichtige Lektion, die wir derzeit über K.I. lernen können: wer allzu optimistisch und begeistert darüber redet, hat vermutlich etwas daran zu verdienen/zu verlieren. Und durch genau diese Brille (oder eher Hörrohr) sollten wir das Gesagte verstehen.

Mehr Alien, keine Ripley

Es ist ja bereits länger bekannt, dass Noah Hawley (verantwortlich für die ‚Fargo‘ Serie) eine Serie im ‚Alien‘ Universum entwickelt. Die wird einige Jahre vor dem ersten Film auf der Erde spielen. Nun ist auch die Hauptdarstellerin bekannt, Sydney Chandler. Dass diese eine jüngere Ellen Ripley spielt, ist wohl eher unwahrscheinlich. Denn man darf wohl annehmen, dass die Charaktere hier mindestens einem Alien begegnen. Und dann hätte sie auf der Nostromo wohl ein „Hey, das kenn ich!“ erwähnt. Vermutlich wird es ein Bindeglied zwischen den ‚Prometheus‘/‚Covenant‘ Filmen und der klassischen Reihe. Daneben soll mit ‚Alien: Romulus‘ auch noch ein neuer Film von Fede Alvarez erscheinen, der aber gänzlich unabhängig von bisheriger Handlung sein soll.
Viel los also, im ‚Alien‘ Kosmos. Aber eine wird damit nichts zu tun haben: Sigourney Weaver. Kürzlich hat sie in einem Interview, auf die Frage geantwortet, ob sie jemals wieder Ripley spielen würde, dass der Zug für sie abgefahren sei, nachdem der geplante fünfte Alien Film von Neill Blomkamp ins Wasser gefallen ist.
Eine weitere Reihe, der man wohl niemals Ruhe gönnen wird. Mögliche Punkte zum Aufhören hätte es zuhauf gegeben. Aber ein Wesen so ikonisch wie den Xenomorph schüttelt man halt auch nicht mal eben aus dem Ärmel. Da muss die Alien Queen ja gemolken werden (igitt, ich entschuldige mich für das Bild!).

Newslichter Ausgabe 239: keine Konsequenzen, Serien SciFi und Kinoerfolg

Willkommen bei Ausgabe 239 des Newslichters. Diese Woche fehlt die schicke thematische Klammer von letzter Woche wieder vollkommen. Eleganter könnte man die Themen der Woche wohl als „vielfältig“ beschreiben. Von ärgerlich, über interessant bis erfreulich. Jedenfalls aus meiner Warte. Und sehen sie aus Eurer Sicht anders aus, lasst es mich in den Kommentaren wissen! Legen wir los!

Was sind Konsequenzen?

Erinnert Ihr Euch an den tödlichen Unfall am Set des Indie-Westerns ‚Rust‘, bei dem sich ein scharfer Schuss aus einer als „sicher“ deklarierten Waffe löste, während Darsteller Alec Baldwin eine Szene probte und die Kamerafrau Halyna Hutchins tötete? Das brachte damals die US Filmwelt ordentlich in Aufregung. Für ca. 5 Minuten wurde über den Verzicht auf funktionale Waffen an Filmsets geredet. Dann wurde das Ganze weitgehend vergessen. Die Staatsanwaltschaft des Drehorts New Mexico stellte dann Baldwin (nicht etwa in seiner Rolle als Produzent, sondern als denjenigen, der die Waffe in der Hand hielt) und die Waffenmeisterin vor Gericht. Dabei stellte man sich derart ungeschickt an, dass es einem ‚Dick & Doof‘ Film gleichkäme. Nun wurde die Anklage gegen Baldwin fallengelassen*. Womit meine trübe Vorhersage, dass sich keiner der wirklichen Verantwortlichen für die katastrophale Situation am Set des Westerns verantworten muss, sondern nur die junge und völlig überforderte Waffenmeisterin. Prima, kann ja alles weiterlaufen wie bisher!
Aber die Welt will mir mal wieder beweisen, dass ich die Dinge halt noch nicht schwarz genug sehe. Denn womit ich nicht gerechnet hätte ist, dass an ‚Rust‘ jetzt weitergearbeitet wird! Bloß in Montana! Und mit voll vielen Sicherheitsberatern, ehrlich! Und keine funktionierenden Waffen am Set, großes Peng-Peng-Ehrenwort! Ganz ehrlich, könntest Du Dir vorstellen, bei dieser Produktion nun als Kameraperson oder in Funktion der Waffenmeisterschaft anzuheuern? Ich jedenfalls nicht und ich frage mich, wer verzweifelt genug dafür ist. Aber gut, der Zynismus dürfte funktionieren. Der billo-Western, der unter normalen Bedingungen niemanden interessiert hätte, ist jetzt „der Film, wo die Kamerafrau erschossen wurde“. Das weckt sicherlich eine morbide Faszination, die manche ins Kino locken dürfte. Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, warum ich mich eigentlich wundere. ‚The Crow‘ wurde fertiggestellt und da starb der Hauptdarsteller. Der ‚Twilight Zone‘ Film wurde fertiggestellt und dort starben ein erwachsener Darsteller und zwei Kinder! „The Show Must Go On“ ist ein offenbar unsterbliches Motto.
Hoffen wir für alle Beteiligten an ‚Rust‘, dass der Rest des Films ohne neue Katastrophen fertig wird.

*die zivilrechtlichen Klagen von Hutchins‘ Familie bleiben allerdings bestehen

‚Galaxy Quest‘ in Serie

‚Galaxy Quest‘ ist eine wunderbare Parodie auf SciFi Serien und ihr Fandom, allen voran natürlich ‚Star Trek‘. 1999 war der Film seiner Zeit vielleicht noch ein wenig voraus, hat aber, dank seines spielfreudigen Ensembles und gelungenem Buch durchaus seine Fans. Und er hätte sich für eine Serienfortsetzung ziemlich gut geeignet, schließlich wird eine solche genau am Ende des Films angekündigt. Aber das war bei dem hochkarätigen und vielbeschäftigten Cast und dem Stellenwert, den TV-Serien in den späten 90ern noch hatten, sehr unwahrscheinlich. Erst 2015 kam offenbar die Idee einer ‚Galaxy Quest‘ Serie auf. Paramount wollte die für Amazon prime produzieren und der Cast schien im Großen und Ganzen bereit zur Rückkehr. Dann starb Anfang 2016 leider Alan Rickman und die Pläne waren vom Tisch. Bis 2018, als ein Autor seine Arbeit an der Serie erwähnte. Dann wurde es aber sofort wieder still. Bis jetzt. Denn Paramount will es nun anscheinend wissen und beginnt erneut mit der Produktion. Jetzt natürlich für ihren eigenen Dienst, Paramount plus. Ob die Mitglieder der Originalbesetzung zurückkehren werden, und ob das ohne Rickman überhaupt wünschenswert ist, oder man direkt eine „Next Generation“ angeht, ist nicht bekannt. Ebenso wenig, ob die Serie komplett in der SciFi-Fiktion spielt, oder ob wieder die Darsteller im Mittelpunkt stehen.

Hooked On The Brothers

Der ‚Super Mario Bros. Film‘ bleibt weiterhin sagenhaft erfolgreich. Er hält sich, mittelmäßigen Kritiken zum Trotz, an der Spitze der Charts, ist der derzeit erfolgreichste Film des Jahres und wird, vermutlich eher früher als später, die Milliardenmarke knacken. Und Nintendo haben bereits angedeutet, dass auf ihre Vorzeigemarke weitere Filme folgen könnten. Kein Wunder, ist das doch eine Riesenwerbung für die Spiele. Aber eine Werbung, die selbst auch noch Geld ein spielt. Win-win-win, sozusagen.
Aber darum geht es mir hier gar nicht so sehr. Es geht mir eher darum, dass diejenigen, die in der Coronakrise und auch noch danach (soweit man von danach sprechen kann), das Kino für tot erklären wollten offensichtlich und glücklicherweise Unrecht behalten haben. ‚Spider-Man‘, ‚Top Gun 2‘, ‚Avatar 2‘ und nun eben Mario (und in Deutschland auch so etwas wie der erstaunliche Erfolg des ‚Drei ???‘ Films) haben gezeigt, dass das Kino noch stark ist. Zugegeben, es zeigt auch, dass das vor allem bei Franchise Einträgen oder Umsetzungen gilt. Aber das ist ja nun keine neue Entwicklung der letzten drei Jahre. Ich würde sogar so weit gehen, dass die Kinos gestärkt aus der Krise gekommen sind. Der Streaming Goldrausch ist einer gewissen Katerstimmung gewichen. Und gerade für Blockbuster hat sich gezeigt, dass eine sorgfältige Kinoauswertung für die Finanzierung von großer Wichtigkeit ist. Die Studios sind nicht mehr in der Position von 2019, wo sie überzeugt schienen, die Kinos brauchten sie dringender als sie die Kinos. Die gegenseitige Abhängigkeit ist wieder deutlicher geworden. Und das ist gut. Bloß der Netflix Co-CEO Ted Sarandos hat neulich verschnupft angekündigt, man werde in Zukunft darauf verzichten, das eigene Publikum ins Kino zu schicken, sprich, eigene Produktionen nicht mehr auf der großen Leinwand zeigen. Aber das ist wohl auch in sich selbst ein Zeichen der Zeit und des neuen Erfolges des Kinos.

Newslichter Ausgabe 238: Disney Flops, Warner und Amazon auf Nummer sicher

Willkommen bei Ausgabe 238 des Newslichters. Heute ist mal einer dieser ganz seltenen Newslichter, wo sich völlig organisch eine thematische Klammer ergeben hat, die sich durch alle News zieht. Daher kann ich mir langes Vorgeplänkel ersparen und wir fangen direkt an!

Kurze Servicemitteilung: der von mir kürzlich besprochene ‚Hatching‘ ist jetzt bei Amazon Prime verfügbar (das soll keine Werbung sein, es gibt zahlreiche andere, tolle Streamingservices (nur halt ohne ‚Hatching‘)).

Disneys Flops machen mir angst

Disney zeichnet verantwortlich für zwei der größten Flops des letzten Jahres. Ihr Pulp-inspirierter Animationsfilm ‚Strange World‘, machte, laut dem Magazin Deadline, nur knapp 74 Millionen Dollar Kino-Einnahmen, bei einem Budget von gut 317 Millionen. Bei dem Film ‚Amsterdam‘ stehen 108 Millionen Budget Kino-Einnahmen von nur gut 31 Millionen gegenüber. ‚Strange World‘ scheint sich immerhin zu einem Hit auf Disney+ zu mausern, aber Disney hat ja zuletzt lauthals geklagt, wie schwer es sei, mit Streaming Geld zu verdienen. Das dürfte also auch nur ein Heftpflaster auf der klaffenden Fleischwunde sein. Die Gründe dürften vielfältig sein. ‚Strange World‘ wurde einerseits wenig beworben, andererseits haben sich Familien, dank der vielen direct-to-Streaming Pixar Veröffentlichungen womöglich daran gewöhnt Animation daheim zu schauen und sich den anstrengenden Kinobesuch mit Kindern zu sparen (hübsche Theorie, die ein gewisser Mario aber gerade in Stücke hopst). David O. Russels ‚Amsterdam‘ hingegen könnte tatsächlich unter den recht schlechten Kritiken gelitten haben. Aber darum soll es hier gar nicht gehen. Es geht mir mehr darum, dass diese Flops eine Katastrophe sein könnten.
Man kann jetzt fragen warum. Schließlich geht es hier um Disney und die können einen solchen Verlust locker wegstecken und verdienen am ehesten noch Häme. Beidem würde ich grundsätzlich zustimmen. Das Problem ist nur, dass Disney der Branchenriese schlechthin ist. Und das Disney das Risiko neuer Ideen scheut. Beide Filme basierten auf originellen Ideen. Und sind gefloppt. Für Disneys Erbsenzähler kann das nur heißen: mehr Fortsetzungen, mehr Remakes, noch mehr Sicherheit. Insbesondere wenn sie eben gerade den Videospiel-Klempner bei der Konkurrenz in die Stratosphäre hopsen sehen. Und da sie halt der Branchenriese sind, werden sich viele andere daran orientieren. Und das ist fatal. Ich hoffe, ich sehe das zu schwarz. Dass man die Fehlschläge bei Disney genauer untersucht und aus der Untersuchung  die richtigen Rückschlüsse zieht. Das nicht die originellen Themen das Problem war, sondern der Umgang mit den Filmen, oder die Umsetzung der Filme selbst. Bloß machen sich komplexe Analysen auf Power Point Slides für Aktionäre halt durchaus schlechter als simples „mehr Bewährtes -> mehr Geld!“.

Warners trüber Stream

Und wie „mehr Bewährtes -> mehr Geld!“ in der Praxis aussehen kann, das zeigen gerade die Jungs und Mädels vom inzwischen notorisch geizigen Warner Discovery. Denn deren Pläne für ihren Streamingservice MAX lesen sich wie so eine Art Best Of. Die Harry Potter Romane sollen als Serie neu adaptiert werden. Eine weitere Westeros Serie wird kommen. Ebenso ein neues ‚Big Bang Theory‘ Spin-off. Eine Serie im ‚Conjuring‘ Universum. Eine Zeichentrickfortsetzung der ‚Gremlins‘ Filme (Korrektur, das wird ein Prequel). Eine Show rund um den Penguin aus dem letzten ‚The Batman‘ Film. Eine neue Staffel ‚True Detective‘, mit Jodie Foster. Ja, daneben gibt es auch eine Handvoll neuer Ideen, insgesamt liest sich das aber wie ein kreativer Bankrott. Ganz ehrlich, da sind mir beim auflisten vom Augenrollen die Glotzer fast aus dem Kopf gefallen. Warum was Neues kochen, solange das Publikum die zum dritten Mal aufgewärmte Matsche noch runterwürgt? Eben.

Amazon in der MGM Wühlkiste

Und auch Amazon hat sich jetzt wohl mal angesehen, was sie sich da neben James Bond mit MGM eigentlich noch so gekauft haben. Und stellen offenbar fest: jede Menge exploitable IPs! Ein neuer ‚Stargate‘ Film, eine ‚Robocop‘ Serie, eine ‚Natürlich blond‘ Serie, ein neuer ‚Thomas Crown Affäre‘ Film, ein ‚Pink Panther‘ Animationsfilm, und Serien basierend auf den ‚Barbershop‘ Filmen, ‚Fame‘ und ‚Die glorreichen Sieben‘. Dazu noch eine Gameshow mit James Bond Thema. Prima Prime Futter!
Ich könnte jetzt fragen, ob echt noch so viele ‚Thomas Crown‘ oder ‚Natürlich blond‘ Fans mit angehaltenem Atem auf Nachschub warten, aber darum scheint es ja kaum noch zu gehen. Wie viel die hier vorgestellten Projekte wirklich mit ihren Namensgebern zu tun haben, scheint ohnehin weit weniger wichtig als die Namen selbst. Denn „mehr Bewährtes -> mehr Geld!“. Vielleicht mach ich mein eigenes Studio auf und schaue mal, wie viele Geldgeber ich allein mit einem einzigen Power Point Slide nur mit diesen Worten drauf bekomme. So schwer kann es nicht sein.