Die Känguru-Chroniken (2020)

Hier ist es also, das kleine, deutsche Kinowunder aus dem Pandemie Jahr 2020. Ich sage lieber gleich dazu, dass ich die Buchvorlage nicht kenne. Meine einzige Begegnung mit dem Känguru sind die Comicstrips von Autor Marc-Uwe Kling und Zeichner Bernd Kissel auf Zeit Online. Und die sind oft genug komisch genug, um mein Scrollen zu unterbrechen. Okay, damit wäre meine Ahnungslosigkeit schon ausreichend festgestellt, kommen wir zum Film.

Nachdem der berliner (Klein-)Künstler Marc-Uwe (Dimitrij Schaad) ein sprechendes Känguru (Stimme Marc-Uwe Kling) vor der Polizei versteckt hat, zieht dieses ungefragt bei ihm ein und bringt sein ohnehin nicht sonderlich geordnetes Leben ein ganzes Stück weiter aus dem Takt. Gleichzeitig plant Baulöwe Dwigs (Henry Hübchen), Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei AzD, das gesamte Kreuzberger Kiez, in dem Marc-Uwe und das Känguru leben, aufzukaufen und dort den gigantischen „Europa-Tower“ zu bauen. Für das Känguru steht schnell fest, dass hier entschiedener Widerstand geleistet werden muss und es gründet zu diesem Zweck das „Asoziale Netzwerk“. Mit der Folge, dass Marc-Uwe nicht nur von Nazis, verzeihung, „Patrioten“ auf die Fresse bekommt, sondern auch wegen allerlei Delikten seines tierischen Kumpels im Knast landet. Da kann auch sein Therapeut (Paulus Mankert) kaum mehr helfen. Nicht, dass der irgendein gesteigertes Interesse daran hätte.

Das Grundmuster des Films ist ja eines, das in Komödien der 80er sehr beliebt war. Irgendein reicher Bauherr will Grundbesitz kaufen, der den Protagonisten sehr wichtig ist und die müssen sich als Underdog dagegen wehren. Das ist bewährt, das funktioniert und das tut es auch hier. Es ist nur halt so gar nichts Besonderes, auch wenn hier noch zusätzlich der Rechtspopulismus sein absolut verdientes Fett wegbekommt. Das macht aber nicht viel. Denn die Handlung ist ohnehin eher eine lose Klammer und der Film glänzt vor allem in seinen Dialogszenen und mit seinem Wortwitz. Das ist sicherlich einerseits seiner literarischen Herkunft zuzuschreiben, aber wohl auch der Tatsache, dass Regisseur Dani Levi sich hier meistens hervortut. So waren für mich insbesondere die Szenen mit Marc-Uwes komplett desinteressiertem Therapeuten, der seinen Patienten zu erhöhtem Alkoholkonsum rät, echte Höhepunkte des Films. Auch die türkischen Brüder (Adnan Maral und Tim Seyfi), die einen Späti betreiben, und von ihren extrem integrationswilligen Eltern die Namen Friedrich Wilhelm und Otto Von verpasst bekommen haben sind sehr lustig. Wobei nun nicht ausschließlich  der Dialog funktioniert. Es gibt auch durchaus gute Sightgags, oder spaßige Cameos, wobei hier wohl der Höhepunkt Helge Schneider als Vorturner in einem Work Out Video ist.

Anderes funktioniert weniger gut. Die Slapstick- oder Prügelszenen sind nicht wirklich Höhepunkte des Films. Marc-Uwes Liebesgeschichte mit Nachbarin Maria (Rosalie Thomass) wirkt so, als wäre sie vor allem hier, weil so etwas eben einfach in einen Film gehört. Wobei zur Fairness erwähnt werden muss, dass der Film das zum Ende hin auch mehr oder weniger offen so sagt.

Die Darsteller hingegen sind alle top aufgelegt. Dimitrij Schaad tölpelt sich sympathisch-stoisch von einer merkwürdigen Situation in die nächste. Levi-Stammdarsteller Henry Hübchen gibt den neurotischen Baulöwen mit Trump-Komplex gut gelaunt eklig und hat in Bettina Lamprecht als Ehefrau Jeanette eine hervorragende Partnerin für allerlei Pointen (auch wenn ich immer Schwierigkeiten habe in ihr nicht „Die Bruck“ aus ‚Pastewka‘ zu sehen). Leider aber auch seine einzige. Ich wünschte er hätte mehr Interaktion mit den tumben Nazis oder den zahlreichen Doppelgängern europäischer Rechtspopulisten. Auch das CGI des Kängurus ist in meinen Augen gut gelungen. Es wurde nicht zu knuffig-cartoonig umgesetzt, aber eben auch nicht komplett realistisch und interagiert recht glaubwürdig mit seiner Umwelt. Man darf nun kein Hollywood-Niveau erwarten, aber für eine deutsche Komödie kann sich das allemal sehen lassen.

Okay, kommen wir zu meinem größten Problem mit dem Film. Ein Problem, bei dem ich mich frage, ob es an mir liegt. Und an meinem Unwissen der Vorlage. Der Film stellt bekannte Szenen anderer Filme nach. 1:1. Und ich weiß nicht wieso. Am auffälligsten ist das bei einer Rückblende, in der wir erfahren, wie Fiesling Dwigs seinen filmentscheidenden Glücksbringer bekommt. Das ist eine ikonische Szene aus ‚Pulp Fiction‘, in der das Wort „Armbanduhr“ durch „Hasenpfote“ ersetzt wurde. Andere ergeben sich zumindest ein wenig organischer aus der Handlung, aber ich werde jedes Mal komplett aus dem Film gerissen. Das ist derart plump, dass es echt nicht mehr als Hommage durchgeht. Das ist Anbiederung auf Mario Barth „kennse dit?“-Niveau. Frage an die Kenner der Vorlage: gibt es da irgendwas, was ich hier womöglich nicht verstehe? Zitiert Kling bekannte literarische Passagen und versucht sie scherzhaft als eine eigenen auszugeben, oder so? Ich hab das Gefühl hier irgendwas echt nicht mitzubekommen. Ich habe jedes Mal auf eine Pointe auf eine Dekonstruktion, auf einen meta-Kommentar, auf irgendwas gewartet. Aber nö, das war einfach „na, kennst Du die Szene? Wir auch! Lustig, oder?“. Aber vielleicht denke ich hier auch, um das Känguru zu zitieren, in zu bürgerlichen Kategorien.

Der Film hat viel, was ihn empfehlenswert macht. Hätte er nicht das oben erwähnte Problem wäre ich vermutlich sogar recht enthusiastisch. So bin ich echt versucht, in Klings Bücher hineinzuschauen, um zu erfahren, ob es dort irgendeinen Grund für die Filmzitate gibt. Falls das das Ziel war: bravo! Aber gut, der Film braucht meine Fürsprache nicht, der war eh schon erfolgreich und bekommt ein Sequel. Wenn sich das auf die Stärken dieses Films konzentriert und die Schwächen ausräumt, dann kann das was echt Großes werden!

‚Gremlins‘ (1984)

In den USA kam Joe Dantes ‚Gremlins‘ 1984 in derselben Woche ins Kino, wie ‚Ghostbusters‘. In den modernen 80ern, so philosophierten Filmkritiker damals, musste man offenbar über die Schrecken früherer Tage nurmehr lachen. Der wahre Film-Horror der 80er trug eine Maske und ein großes Messer, war aber am Ende menschlich. So ganz funktioniert diese Annahme in der Rückschau zwar nicht mehr, aber eines ist dennoch deutlich: die 80er waren ein Höhepunkt der Horrorkomödie. Ein Genre, das bei weitem nicht so einfach funktioniert, wie es klingt. ‚Ghostbusters‘ und ‚Gremlins‘ sind dabei grundsätzlich  unterschiedliche Filme. ‚Ghostbusters‘ zieht seinen Humor vor allem daraus, dass dem Übernatürlichen mit blasiertem Großstadtzynismus begegnet wird, am Ende, eher mit Glück als Verstand, sogar erfolgreich. ‚Gremlins‘ hingegen nimmt zwei typische, amerikanische Kleinstadt-Genres, den Weihnachtsfilm und den Horror B-Movie, hämmert sie zusammen und lacht über den Schaden, den er dabei anrichtet.

Die Handlung, sollte sie jemand noch nicht kennen: Der erfolglose Erfinder Randall Peltzer (Hoyt Axton) kauft vom Enkel eines mysteriösen, chinesischen Händlers einen Mogwai. Ein niedliches, pelziges Wesen, das mit drei Regeln daherkommt: 1. Den Mogwai nicht dem Sonnenlicht aussetzen. 2. Ihn nicht nass werden lassen. 3. Nicht nach Mitternacht füttern. Peltzer schenkt den Mogwai seinem Sohn Billy (Zach Galligan) zu Weihnachten. Der tauft das Wesen Gizmo. Doch Billys Freund Pete (Corey Feldman) bricht alsbald Regel 2, woraufhin weitere Mogwai aus Gizmo hervorplatzen. Die Neuen sind deutlich weniger nett als dieser und legen Billy herein, sodass er sie nach Mitternacht füttert. Daraufhin verwandeln sie sich in deutlich größere, geschuppte Gremlins und richten im Örtchen Kingston Falls eine Menge tödliches Chaos an. Es ist an Billy, seiner Freundin Kate (Phoebe Cates) und Gizmo die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen und die bösartigen Gremlins zu stoppen.

„Gremlins“ waren tatsächlich, wie es Dick Millers Charakter, Mr. Futterman, im Film beschreibt, eine Erfindung anglophoner Kampfpiloten im Zweiten Weltkrieg. Kleine Wesen, denen humorvoll allerlei kleine Probleme mit den Flugzeugen zugeschrieben wurden. RAF-Pilot und Autor Roald Dahl verewigte sie 1943 in seinem Buch „The Gremlins“. Tatsächlich kamen sie in der Popkultur immer mal wieder in Zusammenhang mit Flugzeugproblemen vor. Sei es ein Bugs Bunny Cartoon, oder William Shatners Beobachtung eines Gremlins „…on the WING… of the PLANE!“ in einer Folge der originalen ‚Twilight Zone‘. Drehbuchautor Chris Columbus und Regisseur Joe Dante nehmen Abstand vpn Flugzeugen, behalten aber die technischen Manipulationen der Kreaturen bei, sei es eine Ampel oder, besonders effektiv, ein Treppenlift, doch sind ihre Gremlins auch mehr als bereit Menschen direkt zu schaden.

Tatsächlich war es bei seinem Erscheinen die Gewalt des Films, die besonders kritisiert wurde. Dabei ist genau diese wichtig, als stilistisches Mittel zur Abgrenzung vom oftmals süßlichen Weihnachtsfilm. Wenn das Scrooge/Mr. Potter Äquivalent dieses Films, Mrs. Deagle (Polly Holliday), von den Gremlins mittels manipulierten Treppenlifts im hohen Bogen aus dem Fenster und über die Straße katapultiert wird, dann ist das komisch und unerwartet, aber auch sehr, sehr düster. Es ist interessant zu lesen, wie exakt an der Gewaltschraube gestellt wurde. Denn die Gremlins waren ursprünglich noch deutlich grausamer. Billys Mutter Lynn (Frances Lee McCain) sollte eigentlich, nachdem sie eine ganze Reihe Gremlins mit Hilfe von Küchengeräten ausgeschaltet hatte, von ihnen überwältigt werden. Und wenn Billy nach Hause zurückkehrt, sollte ihr Kopf die Treppe herabrollen. Auch sollten die Gremlins Billys Hund auffressen. Und mehrere der Kleinstadtbewohner. Daran sieht man, wie schwierig die Balance einer Horrorkomödie zu finden ist. Hätte man das gemacht, hätte man den Regler vermutlich viel zu weit in Richtung Horror gedreht. Jedenfalls für diesen Film. Tatsächlich sollte sich auch Gizmo in den Gremlinanführer Stripe verwandeln. Dagegen legte jedoch Produzent Steven Spielberg früh sein Veto ein, nachdem er erste Konzepte des niedlichen Mogwai (übrigens kantonesisch für „Teufel“) gesehen hatte.

Eine Szene für die Dante allerdings energisch gekämpft hat, um sie gegen die Widerstände der Produzenten im Film zu behalten, ist die absurd-düstere Weihnachtsgeschichte, die Phoebe Cates Charaktere erzählt. Wie ihr Vater an Weihnachten verschwindet und ihre Mutter und sie in den nächsten Wochen einen Verwesungsgestank rund um den Kamin wahrnehmen. Da wisse doch keiner, ob die nun komisch oder tragisch sein soll, sagten die Produzenten. Aber genau darum geht es doch, erwiderte Dante. Und setzte sich zum Glück durch.

Denn das ist genau das wovon der Film lebt. Von der Widersprüchlichkeit des Settings. ‚Ist das Leben nicht schön?‘ vs. ‚Der Blob‘ beschreibt den Film recht gut. Da fällt nicht mehr groß ins Gewicht, dass das Drehbuch bei genauerer Betrachtung reichlich dünn ist, der Film ist schließlich stolz auf seinen B-Movie-Charakter. Schwerer ins Gewicht fallen da vielleicht eher die Pacing-Probleme. Insbesondere der abschließende Kampf gegen Stripe in einem Kaufhaus zieht sich für mich etwas in die Länge. Und dem Film würden 10 Minuten weniger vermutlich insgesamt nicht schaden (vielleicht einer der Gründe, warum der zweite Film direkt auf Vollgas drückt und nie mehr den Fuß vom Gas nimmt).

Aber natürlich lebt der Film nicht nur von seiner hintersinnigen Genre-Mixtur. Auch die praktischen Effekte wussten damals zu begeistern und können es bis heute. Insbesondere Gizmo ist, nicht zuletzt aufgrund der geringen Größe der Figur, eine technische und puppenspielerische Meisterleistung. Man wollte Gizmo übrigens kurzzeitig von einem Affen spielen lassen, hat aber zum Glück davon abgesehen, als das arme Tier in Panik ausbrach, als man ihm die Maske überziehen wollte. Die Puppe wurde aber, weil sie so filigran war, zum Hassobjekt der technischen Crew. Die Szene in der die Gremlins Gizmo mit Darts bewerfen, wurde denn auch vor allem zum Vergnügen der Crew eingefügt.

Ähnlich wie bei den ‚Ghostbusters‘ sollte es einige Jahre dauern, bis sich Joe Dante zu einer Fortsetzung überreden ließ. Für die verlangte er dann aber volle kreative Freiheit und ließ sämtliche Hintersinnigkeit in den Vordergrund springen, indem er sie zu einer lautstarken, cartoonhaften  Persiflage auf den unbedingten Willen nach Sequels machte. Aber um den umstrittenen, zweiten Film (ich mag ihn sehr!) soll es hier gar nicht gehen. ‚Gremlins‘ ist immer noch ein grandioser Spaß, auch wenn er einige Zeichen seiner Zeit aufweist (weiß eigentlich jemand, warum in vielen 80er/frühen 90er Komödien das Bild des Vaters als erfolgloser Erfinder so beliebt war?).

‚Freaky‘ (2020)

Christopher Landon scheint so ein bisschen seine eigene Nische im Filmgeschäft geschaffen zu haben. Mit der Formel „Slasher + bekanntes, aber abgedrehtes Filmkonzept“. Bei ‚Happy Death Day‘ war es der Slasher + Zeitschleife. Im zweiten Teil fiel dann der Slasher/Horror-Aspekt, der schon im ersten eher marginal war, gänzlich weg und wurde durch SciFi ersetzt. Mit ‚Freaky‘ kehrt Landon nun zur ursprünglichen Idee zurück, mit Slasher + Körpertausch. „Freaky Friday The 13th“, sozusagen. Ich mag die beiden ‚Happy Death Day‘ Filme deutlich lieber als ich je erwartet hätte, was an ihrem cleveren Skript, vor allem aber an Jessica Rothes Darstellung des Hauptcharakters liegt. Natürlich war ich gespannt, ob es Landon mit ‚Freaky‘ noch einmal gelingen würde mich so abzuholen. Schauen wir mal.

Der „Blissfield Butcher“ gilt als eine Art „Urban Legend“. Doch eine Gruppe Teenager muss erfahren, dass er deutlich mehr ist als das, als der Butcher (Vince Vaughn) sie nicht nur ermordet, sondern auch noch einen antiken Dolch entwendet. Mit diesem attackiert er in der nächsten Nacht die schüchterne Außenseiterin Millie Kessler (Kathryn Newton), muss jedoch fliehen, bevor er sie ermorden kann. Doch der nächste Morgen beginnt sowohl für Millie als auch für den Butcher mit einem Schock: sie haben, aufgrund mystischer Qualitäten des Dolches, die Körper getauscht. Während der Butcher die Vor- und Nachteile des Daseins als Teenager-Mädchen erforscht, die sich für ihn vor allem darin äußern, dass er deutlich leichter Opfer anlocken kann, aber mit deutlich weniger Körperkraft auskommen muss, hat Millie das Problem ihre Freunde Nyla (Celeste O’Connor) und Josh (Misha Osherovich) davon zu überzeugen, dass sie wirklich der schmuddelige, zwei Meter große Hüne ist, der plötzlich in der Schule auftaucht. Und das ist noch nicht alles, wenn nicht Millie innerhalb von 24 Stunden ihrerseits den Butcher mit dem Dolch verletzt, wird der Körpertausch endgültig.

Landon setzt hier auf ganz ähnliche Stärken wie in ‚Happy Death Day‘. Die ganze Geschichte um den Dolch und seine mystischen Qualitäten und die sich daraus ableitenden Regeln sind natürlich ein purer MacGuffin, nur ein Grund die Charaktere zum Handeln zu bringen, deren Entwicklung aber im Mittelpunkt des Interesses steht. Millie ist ein gut geschriebener, wenn auch auf bekannten Versatzstücken aufbauender Charakter, der in eine absolut bizarre Situation geworfen wird und an dieser wächst. Das ist ein interessantes Konzept, das tatsächlich ein weiteres Mal recht gut aufgeht, wenn auch Landon gewisse Muster erkennen lässt. ‚Happy Death Days‘ Tree hatte ihre Mutter verloren und in Folge ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Vater. Millie hat ihren Vater verloren und in Folge ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter. Doch wie Tree lebt Millie vor allem von ihrer Darstellerin. Oder von ihren Darstellern sollte man sagen, denn für einen guten Teil des Films wird sie schließlich von Vince Vaughn verkörpert. Und der hat mich ernstlich positiv überrascht. Er bringt fraglos die physischen Vorrausetzungen mit, um einen Slasher-Killer zu spielen, aber ich fürchtete als Teenie Mädel würde er eine reine Karikatur abliefern. Tut er nicht. Natürlich sind eine ganze Reihe Szenen reichlich albern, sollen sie auch sein, doch in ernsteren, intimen Szenen, etwa mit Millies Schwarm Booker (Uriah Shelton) wird klar, dass Vaughn die Rolle, bei allem erkennbaren Spaß, durchaus ernstgenommen hat. Nicht nur bildet er Kleinigkeiten aus Newtons Darstellung seinerseits ab, er trägt es auch mit einiger Ernsthaftigkeit vor. Und das ist für die Rolle und das Gelingen des ganzen Films entscheidend. Auf der anderen Seite ist Newton, deren Millie anfänglich der Fußabtreter für die gesamte Schülerschaft und auch den einen oder anderen Lehrer darstellt. Interessant hier ist, dass der Film die Übernahme ihres Körpers durch den Butcher dadurch, dass sie plötzlich beginnt sich cool zu kleiden und auf die Meinung ihrer Mitschüler plötzlich nichts mehr zu geben, aber auch durch die Wahl ihrer/seiner Opfer, ihrer Bullies und eine Gruppe Beinahe-Vergewaltiger, eine seltsame, durchaus gewollt unangenehme Balnce zwischen Schrecken und Ermächtigung hält. Quasi in Richtung ‚Carrie‘ gehend. Auch Netwon gelingt der Spagat, den sie in der Darstellung vollführen muss außerordentlich gut.

Was auffällt ist, dass Landon hier das Horror-Element mehr betont als das sogar im ersten ‚Happy Death Day‘ der Fall war. Das äußert sich vor allem darin, dass der Film deutlich brutaler ist. Das wird direkt am Anfang klar, wenn sich Vaughns Butcher auf den Spuren von Jason Voorhees kreativ und effizient durch eine große Villa voller unsympathischer Teenager mordet. Und der seinerseits wenigstens leicht psychotische Handwerks-Lehrer Mr. Bernardi (Alan Ruck) findet ein wahrlich übles Ende auf einer Tischsäge.

Leider trifft nicht jeder Gag ins Schwarze, manche gehen sogar recht weit am Ziel vorbei. Und in manchen Szenen frage ich mich, ob der Film und ich uns eigentlich richtig verstehen. Ich bin mir nicht sicher, ob der Film Millies große Schwester (Dana Drori) als eigentlich unfähige, mindestens aber absolut miserable Polizisten präsentieren will (der Rest der Kleinstadtpolizei kommt aber nicht viel besser weg), kann aber sagen, dass sie absolut als solche herüberkommt.

Dennoch Newton und Vaughn tragen den Film problemlos auf ihren ungleichen Schultern und ich kann sagen, ich hatte durchaus eine Menge Freude mit ihm. ‚Happy Death Day‘ ist aber fraglos der bessere Film von beiden und wer den noch nicht gesehen hat, sollte vermutlich mit ihm beginnen. Landon selbst muss anstatt High Concept Slasher nun erst einmal ‚Paranormal Activity‘ rebooten. Das freut mich persönlich gar nicht, denn diese „hat da gerade ne Tür geklappt?“-Filme erweisen sich bei mir als durchaus hochwirksames Schlafmittel. Hoffen wir, dass ihn Blumhouse danach wieder machen lässt, was er wirklich gut kann…

Kurz & schmerzlos 37: ‚What Happened Downstairs?‘ (2021)

Okay, Halloween steht an, Zeit für Grusel bei Kurz & schmerzlos. Grusel insbesondere für mich, denn die letzte Ausgabe war durchaus ein Wechselbad der Gefühle. Da schreibt mir die Regisseurin des Kurzfilms doch glatt einen Kommentar auf mein Blog. In dem sie, völlig zu Recht und sehr freundlich, feststellt, dass meine dort vorgetragene Schlaumeierei völliger Unsinn war. Deswegen schreibe ich es dieses Mal direkt dazu: denkt bitte immer daran, dass ich dümmer bin als ein Sack voll Hämmer und alles was ich schreibe, dringend unter diese Prämisse gelesen werden sollte!

In ‚What Happened Downstairs?‘ macht es sich ein Paar im Schlafzimmer eines AirBnB gemütlich, als sie mysteriöse Geräusche aus dem Erdgeschoss hören. Natürlich gehen sie nachsehen, stehen jedoch alsbald wieder im Schlafzimmer und können sich nicht erinnern, was unten passiert ist. Das ist die gruselig-unterhaltsame Prämisse des Films, aus der er in seinen 17 Minuten so ziemlich alles herausholt.

Ein unterhaltsames Puzzle, über das ich hier entsprechend auch gar nicht mehr verraten möchte. Ein kleiner Schwachpunkt sind womöglich die Charaktere, gespielt von Regisseur Andrew Nisinson selbst und seiner Partnerin Meilin Gray. Beiden gehört das Studio Pyramid, dass sowohl Werbefilme, als auch kreative Produktionen schafft. Die Charaktere können jedenfalls gelegentlich ein wenig nerven. Und ich vermute fast, das ist gewollt. Denn der Plakatslogan des Films ist „A very annoying Horrorfilm“. Das kann sich durchaus darauf beziehen, dass wir einen Großteil der Handlung nie sehen, weil sie eben „unten“ stattfindet und die Kamera das Schlafzimmer nie verlässt. Oder vielleicht eben auch doch auf die Charaktere.

So, jetzt bereite ich mich mal mental darauf vor, dass mir Herr Nisinson schreibt, dass das völliger Schwachsinn ist. Ihr könntet inzwischen einfach mal den Film schauen!

Kurz und schmerzlos 25: ‚We Summoned A Demon‘ und ‚Luisa and Anna’s First Fight‘

Es ist endlich mal wieder Zeit für Kurzfilme. Und weil es so lange keine gab, gibt es heute gleich zwei. Fangen wir mit Chris McInroys ‚We Summoned A Demon‘ von 2017 an. Zwei Typen versuchen sich an einem finsteren Ritual, das sie cooler machen soll. Das schlägt spektakulär fehl, wenn sie stattdessen, der Titel lässt es ahnen, einen Dämon beschwören. Der Film bietet 80er Jahre Atmosphäre mit praktischen Effekten, etwas zu viel Kunstblut, einem Dreh, der sich, wie es sich für eine billige direct to video Produktion gehört, vollständig in einem Lagerhaus abspielt. Dazu diese Purpur/Pink/Blau Beleuchtung (gibt es dafür eigentlich einen Fachbegriff?), die nach 80ern aussieht, aber ehrlich gesagt ziemlich modern ist (siehe etwa ‚Neon Demon‘ oder ‚Mandy‘). Daraus macht McInroy fünf durchaus unterhaltsame Minuten.

 

Als nächstes haben wir Lena Tsodykovskayas ‚Luisa and Anna’s First Fight‘ von 2019. Luisa und Anna sind zwei Teenagerinnen auf der Suche nach einem Kampf, den es womöglich gar nicht gibt. Aber wenn es ihn nicht gibt, dann muss man ihn halt erfinden. Denn genau wie die beiden Typen aus dem ersten Film wären Luisa und Anna gern cool. Beschwören dafür zwar keinen Dämon, richten aber durchaus auch Unheil an. Auch der Film kommt mit einer nostalgischen Retrostimmung daher (man beachte die Abwesenheit von Smartphones) und lebt vor allem von seiner montageartigen Inszenierung, der Musik und vor allem der Chemie der beiden Hauptdarstellerinnen Olivia Taylor Cruz und Allison Moses.

 

Ich hoffe es war etwas für Euch dabei und, dass es nicht wieder so lange bis zum nächsten kurz & schmerzlos dauert. Ich meine, letztlich habe ich da die volle Kontrolle drüber und müsste nicht hoffen, sondern könnte morgen den nächsten posten, aber Ihr wisst was ich meine. Und falls nicht ist das auch in Ordnung. Vermutlich sogar besser.

‚One Cut of the Dead‘ (2018) – „POM!“

Warnung: die folgende Besprechung enthält notwendigerweise Informationen, die über den Inhalt des ersten Aktes des Films hinausgehen. ‚One Cut oft he Dead‘ ist ein Film, der ein Ansehen ohne jedes Vorwissen sicherlich belohnt (oder für einige auch erschwert…), allerdings bin ich der Meinung, dass „Spoiler“ darüber was später im Film passiert das Vergnügen nicht wirklich arg schmälern… und viel mehr als der Trailer verrate ich auch nicht. Aber jetzt könnt Ihr selbst entscheiden, ob Ihr erst schauen, oder erst lesen wollt. Weiterlesen