Kurz & schmerzlos 57: ‚Kickstart My Heart‘ (2022)

Eine junge Frau (Emma Pasarow) wird von einem Auto überfahren. Daraufhin muss sie sich ihren inneren Dämonen zum Kampf stellen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Metapher des „ums Leben kämpfen“ mag hier etwas überdeutlich umgesetzt worden sein, aber ist dabei durchaus unterhaltsam.

Man merkt zwar, dass für die Kampfszenen nicht wahnsinnig viel Zeit und Geld zur Verfügung stand und so auf die Hollywood-Unsitte der wilden Schnitte zurückgegriffen werden musste, allerdings hatte Regisseurin Kelsey Bollig die gute Idee ihren Stunt-Koordinator, Joshua Mabie, auch zum Kameramann zu machen. Der war natürlich sehr darauf bedacht, dass die Actionszenen ihren „Impact“ behalten.

Bollig greift für den Film auf eigene Erlebnisse zurück. Sie selbst wurde in einem schweren Unfall von einem Auto erfasst, wobei 30 Knochen brachen und Milz und Leber rissen. Die im Kurzfilm immer wieder verwendeten Röntgenaufnahmen stammen aus ihrem Unfall.

Kurz & schmerzlos 56: ‚Skin & Bone‘ (2022)

Angesiedelt in der pastoralen Idylle einer Farm irgendwo im Wald, entspinnt sich in Eli Powers Kurzfilm ‚Skin & Bones‘ eine erstaunlich spannungsgeladene Geschichte. Die abweisende Serene (Amanda Seyfried) gibt dem verschlossenen Herumtreiber Christian (Thomas Sadoski) einen Job als Hilfskraft zum „Scheiße schaufeln“.

Alsbald wird Christian von Visionen verfolgt, die eine monströs-mythische, an die griechische Kirke gemahnende Bedrohung zeigen. Aber ist das die Realität, oder entspringt es nur Christians Einstellungen und Erfahrungen?

Seyfried und Sadoski sind im wahren Leben verheiratet und geben hier sehr naturalistische Darstellungen zweier Leute, die inkompatibler kaum sein könnten.

Kurz & schmerzlos 55: ‚Ding‘ (2021)

In ‚Ding‘ des deutschen Animators Malte Stein wird ein Mann von einem seltsamen kleinen Wesen verfolgt. Mit minimalen Hintergründen, ziemlich einzigartigem Figurendesign und zurückhaltend eingesetzten Sounds und Musik, schafft Stein hier eine seltsame, surreale Alptraumatmosphäre. Doch fühlt sich die Situation, bei aller Abstraktion merkwürdig real an. Der Film läuft dann auf ein Ende hinaus, das den Zuschauer quasi zwingt das Vorhergehende neu einzuordnen.

Kurz & schmerzlos 54: ‚Eat Your Carrots‘ (2022)

Karotten stehen nicht eben im Ruf das aufregendste Gemüse zu sein. Aber es gibt bestimmt Dinge, die weiß man einfach über Karotten. Sie sind orange. Kaninchen essen sie gerne. Und sie sind „gut für die Augen“. Aber was genau bedeutet das Letztere? Mit dieser Frage beschäftigt sich die kanadische Regisseurin Laura Stewart in ihrem Kurzfilm ‚Eat Your Carrots‘. Entstanden während der Pandemie, mit Filzpuppen mit Drahtgestellgerippe, ist ihr hier ein unterhaltsamer und etwas creepiger stop-motion Film gelungen.

Kurz & schmerzlos 53: ‚Hudson Geese‘ (2020)

Bernardo Brittos kleiner Animationsfilm beginnt ungewöhnlich. Wie das Videotagebuch einer Kanadagänterichs, der von der Migration erzählt. Von der jährlich wiederholten und doch immer anderen Reise in den Süden und zurück in den Norden. Wie seine liebste Wiese durch einen Parkplatz ersetzt wurde, wie sie ungebetene Gäste auf einem Golfplatz in Virginia wurden. Und wie er schon auf seiner zweiten Reise seine Gefährtin fürs Leben fand (Kanandagänse sind in der Tat monogam und bleiben ein Leben lang zusammen). All das ist ein bisschen wunderlich, aber malerisch und auch komisch mit gelegentlichem, wohlplazierten Tröten einer Gans, bis in der Mitte des Films die Geschichte der Gänse mit der der Menschen, im wahrsten Sinne des Wortes, kollidiert. Der Titel des Kurzfilms deutet es vielleicht schon an.

Newslichter Ausgabe 223: Trailerklage und Silvesterprequel

Willkommen bei Ausgabe 223 des Newslichters. Frohes Neues, Euch allen! Das sage ich so leicht, aaaber Moment: Jeder braucht doch heutzutage eine Verschwörungstheorie, der er allergrößten Glauben schenkt. So etwas generiert Klicks, Diskussion und wirkt schlicht weltmännisch. Hier also ist meine Verschwörungstheorie: das Jahr 2023 ist fake! Erfunden von Big Calendar, um die einbrechenden Umsätze aufzufangen. Dieser Newslichter erscheint folglich am 36. Dezember 2022. Glaubt nicht den Einträgen von wordpress, auch die sind bereits unterlaufen! Aber obwohl das Jahr fake ist (wie jeder weiß!), geschehen dennoch Dinge und erscheinen News. Wenden wir uns also denen zu!

Was darf ein Trailer?

Die USA haben einen Ruf als klagefreudiges Land. Für jeden Blödsinn, so hört man häufiger, könne man dort Firmen vor Gericht zerren und gigantische Summen herausschlagen. In meiner (juristisch weitgehend ungebildeten) Beobachtung ist die Wahrheit eine Mischung aus tatsächlicher Aussicht auf hohen Schadensersatz, aber oftmals auch einfach miserablem Verbraucherschutz, der derartige Klagen notwendig macht. Für mich stand es jedoch außer Frage in welche Kategorie die beiden Herren fallen, die letztes Jahr Universal verklagt hatten. Sie hatten für jeweils 3,99 Dollar den Film ‚Yesterday‘ bei Amazon geliehen. Sie taten dies, laut eigener Aussage, weil ein früher Trailer Ana de Armas in einer Hauptrolle versprach. Doch im fertigen Film kommt de Armas quasi gar nicht vor. Nun fordern sie 5 Millionen Dollar Schadensersatz von Universal, für irreführende Werbung. „Hoher Schadensersatz“, in der Tat!

Spätestens diese Höhe der Forderung zog das Ganze für mich ins Lächerliche. Doch nun ist teilweise zu lesen, dass die Männer Recht bekämen und Hollywood Trailer als Ganzes in Gefahr seien. Soweit ist es aber noch lange nicht. Universal hatte der Klage grundsätzlich widersprochen. Sagte, Trailer seien eine eigene Kunstform und eben nicht primär Werbung. Doch hier folgte der Richter den Klägern. Trailer sind seiner Einschätzung nach vor allem Reklame und fallen damit unter die Gesetzgebung für irreführende Werbung. Über die Erfolgsaussichten der eigentlichen Klage sagt das jedoch noch gar nichts aus. Denn das Gericht betont auch, dass es sich um Fälle handeln müsse, in denen eine signifikante Zahl vernünftiger Konsumenten getäuscht werden könnte.

Darüber wird im vorliegenden Fall zu entscheiden sein. Und auch das wäre eine Entscheidung, die nur für Darsteller oder Szenen in Trailern, die im fertigen Film gar nicht vorkommen bedeutsam wäre. Aber ich kann schon verstehen, warum das die Studios ein wenig umtreibt. Oft genug machen die Filmemacher die Trailer gar nicht selbst. Mangelnde Kommunikation kann hier schnell zu „falschen“ Trailern führen. Auch werden Trailer oft genug gemacht, lange bevor die endgültige Schnittfassung des Films steht. Wie im vorliegenden Fall kann das Gezeigte also zum Zeitpunkt eines frühen Trailers völlig korrekt sein, sich aber zum fertigen Film komplett ändern. Sollten die Kläger ihre fünf Millionen bekommen, und nicht einfach ihre vier Dollar zurück, dann dürfte das wohl Konsequenzen haben. Wenn auch vermutlich nur ein kleingedruckter Hinweis, rechts unten im Trailerbild, dass gezeigte Szenen so nicht unbedingt im Film vorkommen müssen. Fraglich auch, was mit Trailern wäre, die gar keine Szenen aus dem eigentlichen Film zeigen. Aber das ist ohnehin erst einmal Zukunftsmusik.

Happy new year, Ms. Sophie

Prequels. Ich mag sie ja nicht sonderlich. Meistens sind sie purer Fanservice, der Fragen beantwortet, die entweder keiner Antwort bedurft hätten, oder die niemand gestellt hat. Allzu oft lassen sie ein Universum zusammenschnurren, auf einen viel zu engen Fokus. Natürlich gibt es auch gute Prequels, aber die meisten sind fast noch überflüssiger als die üblichen „mehr vom Gleichen“ Sequels. Wenn ich eine Liste machen sollte, mit Dingen, die definitiv kein Prequel benötigen, dann würde ‚Dinner For One‘ dort nicht auftauchen. Weil mir gar nicht einfiele, dass jemand auf die Idee kommen könnte, uns hier eine große Vorgeschichte zu präsentieren. Freddie Frintons und May Wardens Sketch sagt in 18 Minuten alles was er zu sagen hat. Und für die meisten von uns tut er das ein Mal im Jahr, zu Silvester. Hat sich ernsthaft irgendjemand jemals gefragt, was wohl die tiefe Vorgeschichte von Admiral von Schneider sein könnte? Ich kann es mir kaum vorstellen. Sei das wie es will, wir bekommen eine deutsche Prequel Serie. Geschrieben unter anderen, von Tommy Wosch. 50 Jahre vor dem Sketch soll sie spielen und Miss Sophie gelobt denjenigen ihrer vier Verehrer zu heiraten, der ihr das Schönste Geschenk zu ihrem vierzigsten Geburtstag überreicht. Doch in Wahrheit liebt se James, den Sohn des Butlers. Ob wir wohl erfahren, wo das Tigerfell herkommt? Ich hoffe doch, wir erfahren wo das Tigerfell herkommt, aber vielleicht kommt das auch erst in Staffel 2 vor. Haha, ich freu mich schon, wenn Mr. Winterbottom Ms. Sophie „Nicest Little Woman“ nennt, das wird sooo toll!!! Und der letzte Dialog muss sich natürlich um die „same procedure“ drehen, mannoman, ich lach jetzt schon als hätt ich zu viele Berliner gefressen!!! Freddie Frinton galt, als aktiver Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg, nie als großer Freund der Deutschen. So weigerte er sich, seinen Sketch auf Deutsch aufzuführen. Irgendetwas lässt mich vermuten, diese Serie hätte ihn in seinem negativen Eindruck bestätigt. Aber vielleicht bin ich auch bloß ein alter Griesgram.

Wir sehen uns nächste Woche wieder. Mal sehen, ob ich mich dann noch an meine Kalenderverschwörung erinnere…