Willkommen bei Ausgabe 243 des Newslichters. Der Arbeitskampf in Hollywood wird in den nächsten Wochen vermutlich den Newslichter entscheidend mitgestalten. Insbesondere nun, da sich die Studios als nicht sonderlich verhandlungswillig erwiesen haben. Aber ich bin sicher, es finden sich dennoch immer noch genug absurde Themen abseits davon. Legen wir los!
Gewerkschaftsverhandlungen in Hollywood
Ich lag, wieder einmal, reichlich falsch. Als ich, vor fast einem Monat, über den Beginn des Streiks der US-Film- und Fernseh-Autoren-Gewerkschaft WGA geschrieben habe, fragte ich mich am Ende, ob es überhaupt im Interesse der Produzenten sei, wenn sich die Studios allzu aggressiv gäben, schließlich stünden auch Verhandlungen mit der Directors Guild und der Schauspieler Gewerkschaft an. Nun, die Verhandlungen mit der Directors Guild laufen derzeit und obwohl man nicht viel hört, sind sie wohl nicht sehr freundschaftlich. Und zumindest Discovery Warner haben diesen Moment ausgewählt, um sich extrem aggressiv zu geben. Im Zuge der Umbenennung ihres Streaming Services von HBO Max zu nur Max (tolle Idee, übrigens, ist ja nicht so als hätte HBO einen Namen der gewisse Qualität verspricht und außerdem ist „Max“ wahnsinnig einprägsam und bestimmt ganz prima zu googlen!) haben sie nun, in ihren Beschreibungen, Produzenten, Regisseure und Autoren von Filmen/Serien als „Creators“ zusammengefasst. Das verstößt nicht nur gegen die Regeln mehrerer Gewerkschaften, es ist auch einfach eine bewusste Respektlosigkeit gegenüber den Kreativen hinter den verkauften Produkten. In einem Moment, in dem Arbeitskämpfe nicht ausgeschlossen werden können.* Wie bereits beschrieben, einen Autorenstreik kann man eine Weile aussitzen, weil Material bereits vorliegt. Aber wenn man die Regisseurinnen in den Streik treibt? Das wäre fraglos katastrophal.
Fran Drescher, Vorsitzende der Schauspieler-Gewerkschaft SAG-AFTRA, fordert die Mitglieder derweil auf, vor dem Beginn ihrer Verhandlungen am 7. Juni die Gewerkschaft zur Verkündung eines Streiks zu autorisieren. Dafür müssten sich 75% der Mitglieder für einen Streik aussprechen. Der für seine Uneinigkeit berüchtigte, nationale Rat der Gewerkschaft hat sich bereits, einheitlich, für die Autorisierung eines Streiks ausgesprochen.
Wenn es nicht eine bekloppte Verschwörungstheorie wäre, könnte man fast annehmen, David Zaslav, neuer CEO von Discovery Warner, wolle seine Firma bewusst schädigen. Seit seiner Ernennung herrscht quasi unaufhörliches Chaos, das, sollte es tatsächlich zum Arbeitskampf der Regisseure und Darsteller (oder auch nur einer der Gruppen) kommen, einen schmerzhaften Höhepunkt erreichen dürfte. Oder glauben die Produzenten ernsthaft, nicht als alberne Drohung oder Werkzeug, um die Leistung der Kreativen herabzuwürdigen, sondern ernsthaft, dass ihnen ChatGPT ihre Serien und Filme liefern kann? Das wäre jedenfalls die irrsinnigste Antwort und wenn ich mir die Geschichte der letzten Jahre so anschaue, eine, die ich nicht mehr kategorisch ausschließen kann…
*Update: die Max „Creators“ Kategorisierung sei ein Fehler durch die Techniker bei der Umstellung gewesen, heißt es nun. Kein leitender Angestellter habe irgendeine Kenntnis davon gehabt. Der „Fehler“ würde allerdings wohl Wochen in der Behebung benötigen. Mein persönlicher Kommentar dazu lautet: LOL. Oder ausführlicher: klar, „Techniker“ tun nix lieber als, ohne Erlaubnis von oben, eine Datenbank in Stücke zu hauen, um sie dann ich wochenlanger Arbeit wiederherzustellen (vermutlich mit dem grausigen Gedanken im Hinterkopf, dass irgendein Anzugträger auf die Frage kommt: könnte das nicht ChatGPT machen?)!
‚Alien vs. Predator‘ Serie im Giftschrank
„Lost Media“ sind ein Thema, das derzeit erschreckend aktuell ist. Von Filmen und Serien, die sang und klanglos von Streaming-Plattformen verschwinden, ohne je auf physischen Medien vorgelegen zu haben, bis hin zu fertigen Filmen, die aus steuerlichen Gründen nie veröffentlicht werden. Und die Datensicherheit der Studios scheint inzwischen so solide, dass dieses Material nicht still und heimlich irgendwo ins Internet „leakt“. Ich habe Vergleiche gelesen, zur bewussten Zerstörung von Stummfilmen durch Studios in den 30ern (denn wer will den alten Scheiß noch sehen, wo es jetzt doch Ton gibt?!), oder dem Überspielen klassischer Serien, weil die Bänder gebraucht werden, bei TV Sendern. Das geht mir ein Stück zu weit, denn das Material liegt bei den Studios ja (hoffentlich, zumindest…) noch vor. Es ist nicht zerstört. Doch der Effekt könnte tatsächlich der gleiche sein: es ist für Interessierte nicht verfügbar.
Nun stellt sich heraus, dass bei Disney eine fertige ‚Aliens vs. Predator‘ Animationsserie mit 10 Folgen in der Schublade liegt. Im Podcast „Perfect Organism“ erzählt Produzent Joshua Izzo, dass die Serie vor der Disney Übernahme bei FOX entstanden sei, mit dem Ziel sie „direct-to-DVD“ zu veröffentlichen. Aus der Formulierung „direct-to-DVD“ kann man wohl ablesen, dass die Serie auch bei FOX schon eine Weile auf Halde gelegen haben dürfte. Woraus man – vielleicht – gewisse Rückschlüsse über die Qualität ziehen kann. Oder aber sie war schlicht nicht kommerziell genug, wir werden es nie wissen, ohne sie sehen zu können. Disney jedenfalls werden vermutlich kein großes Interesse haben sie zu veröffentlichen. Zuletzt hatte man mit ‚Prey‘ einen gut besprochenen, neuen ‚Predator‘ Film im Angebot und derzeit dreht Fede Alvarez einen neuen Alien Film und eine ganze Serie ist in Arbeit. Da will man vielleicht nicht mit einem ‚Aliens vs. Predator‘ Produkt reingrätschen. Einer Reihe, die, nicht ganz zu Unrecht, einen eher trashigen Ruf genießt.
Das macht es aber nicht besser, dass wir nun von einer weiteren Serie wissen, die zu „Lost Media“ werden könnte.