‚Durst‘ (2009)

Nach ‚J.S.A.‘, seiner Rache-Trilogie und dem, in meinen Augen unterschätzten, ‚I’m a Cyborg, but that’s okay‘, erhielt der Südkoreaner Park Chan-wook für seinen Vampirfilm ‚Durst‘ erstmals auch amerikanische Finanzierung. Bevor er ein paar Jahre später mit ‚Stoker‘ gleich direkt in den USA drehen würde. Ich muss zugeben, ich empfand ‚Durst‘ und ‚Stoker‘ damals als ich sie zum ersten Mal sah, als seine beiden schwächsten Filme, bevor ‚Die Taschendiebin‘ ein beeindruckendes Comeback war. Hat sich meine Meinung über ‚Durst‘ geändert, jetzt da ich gut zehn Jahre klüger (HA!) bin? Schauen wir mal!

Der katholische Priester Sang-hyeon (Song Kang-ho) meldet sich freiwillig für ein medizinisches Experiment zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen den tödlichen (fiktiven) Emmanuel-Virus. Während der Versuche wird er jedoch mit der unheilbaren Krankheit infiziert. Allerdings verschwinden seine Symptome plötzlich, nachdem er eine Blutinfusion erhalten hat. Auch entwickelt er alsbald erhöhte Wahrnehmung, einen Durst nach Blut und starke Lichtempfindlichkeit. Kurz, er ist zum Vampir geworden. Gleichzeitig wird er in seiner Heimat, wegen seines Überlebens der bis dahin absolut tödlichen Krankheit als Wunderheiler verehrt. Für viele Kranke soll er nun beten, darunter auch sein Jugendfreund Kang-woo (Shin Ha-kyun). Dieser überlebt seine angebliche Krebserkrankung und so geht Sang-hyeon bald in seiner Wohnung ein und aus. Schnell fühlt er sich zu Kang-woos Ehefrau Tae-joo (Kim Ok-bin) hingezogen. Diese ist das Leben mit dem kränklichen (möglicherweise hypochondrischen) Kang-woo und vor allem dessen allzu beschützerischen Mutter Frau Ra (Kim Hae-sook) mehr als leid. In Sang-hyeon sieht sie einen möglichen Ausweg. Umso mehr als sie hinter dessen Geheimnis kommt.

In gewissen Grundzügen nimmt Park hier ‚Die Taschendiebin‘ schon ein wenig vorweg. Die zentralen Themen sind Lust jeder Art und vor allem ihre Kontrolle und was diese Mischung aus Lust und Kontrolle aus Menschen macht. Anders als bei ‚Die Taschendiebin‘ ist Liebe in der Welt von ‚Durst‘ jedoch quasi nicht vorhanden. Erotische Spannung und Verführung sicherlich, doch stehen dahinter immer andere Interessen. Sang-hyeons Vampirexistenz ist eine trostlose. Sein Wille Menschen zu helfen und sein Blutdurst, inklusive wieder ausbrechender Symptome des Emmanuel-Virus sollte er zu lange kein Blut zu sich nehmen, führen ihn in einen Teufelskreis moralischer Ideale und körperlicher Bedürfnisse. Tae-joos Vampirexistenz hingegen ist eine nihilistische. Sie sieht sich jenseits jeglicher Moral, kaum dass sie zum Vampir geworden ist. Beide Wege können nur zu einem Ende führen. Doch diese Trostlosigkeit reichert Park mit jeder Menge tiefschwarzem Humor an. Sei es, dass Sang-hyeon versucht seine Erektion mit einer Flöte niederzuknüppeln, oder auf dem Boden liegend von Komapatienten trinkt, im Krankenhaus, in dem er ehrenamtlich arbeitet. Der dritte Akt ergeht sich dann in stetig absurder werdenden Blutbädern.

Park Chan-wook inszeniert dies in gewohnt elegant fotografierten Bildern. Die CGI sind zum größten Teil angemessen, nur in ‚Tiger & Dragon‘-esken Sprungeinlagen werden die Effekte teils so absurd schlecht, dass ich mich frage, ob das nicht so gewollt war. Die Szenen in denen Sang-hyeon von Visionen seines ermordeten Freundes verfolgt wird, sind jedoch nichts weniger als grandios inszeniert. Letztlich findet der Film aber, wenigstens in meinen Augen, nicht wirklich zu einer festen, erzählerischen Linie. Was als ein moralisches Dilemma beginnt, wird zu einer Verschiebung und einem Verschwimmen der typischen Verführer- und Verführten-Rollen der Vampirmythologie, um dann in einem überzogenen, wenn auch durchaus unterhaltsamen Finale zu gipfeln.

Song Kang-ho, zuletzt natürlich vor allem in Bong Joon-hos ‚Parasite‘ zu sehen, überzeugt als zerrissener Geistlicher. Fast noch besser hat mir hier aber Kim Ok-bin gefallen (zu sehen etwa in ‚The Villainess‘, auch dort wieder neben Shin Ha-kyun) als Frau, die in einer ausweglosen, unglücklichen Beziehung gefangen ist und alles tun würde, um daraus zu entkommen.

Zum Favoriten in Parks Oeuvre ist der Film für mich auch diesmal nicht geworden. Aber er hat mir dennoch deutlich besser gefallen als beim ersten Mal. Damals scheint der bitterböse schwarze Humor weitgehend an mir vorbeigegangen zu sein, so peinlich es mir auch ist das zuzugeben. Es ist interessant zu sehen, dass der Vampirfilm am Ende der 2000er mit diesem und etwa ‚So finster die Nacht‘ an einem wirklich interessanten Ort war, bevor er in den 10ern von einer nicht enden wollenden Lawine von Zombiefilmen überrollt wurde.

‚Die Taschendiebin‘ (2016)

Ich bin ein großer Fan der Filme von Park Chan-wook. Durch seinen ‚Joint Security Area‘ bin ich damals sogar erst auf das moderne südkoreanische Kino aufmerksam geworden. Seine Rache-Trilogie ist großartig, ‚Thirst‘ ein ungewöhnlicher, gelungener Vampirfilm, selbst seinen etwas ungeliebten ‚I’m a Cyborg, but that’s okay‘ mag ich sehr. Seinen bislang einzigen Hollywood-Ausflug in Form der Hitchcock-Hommage ‚Stoker‘ fand ich allerdings eher interessant als rundum gelungen. Nachdem ich nun ‚Die Taschendiebin‘ zum zweiten Mal gesehen habe, kann ich sagen, dass ‚Stoker‘ in gewissem Sinn eine Trockenübung für diesen Film gewesen sein könnte, finden sich doch viele thematische Elemente aus diesem Film hier wieder. Überhaupt ist dieser Film, wie das Herrenhaus in dem ein Großteil der Handlung spielt und die Mode vieler Charaktere, eine Melange aus östlichen und westlichen Einflüssen, die Park hier wunderbar zu seinem vielleicht besten Film vermischt.

Der Film basiert auf dem Roman „Fingersmith“ von Sara Waters, den ich allerdings nicht kenne. Er verlegt die Handlung vom viktorianischen England ins japanisch besetzte Kore der 30er Jahre. Das passt, wie ein schwarzer Lederhandschuh, findet sich doch hier wie dort eine extrem streng stratifizierte Gesellschaft. In dieser Gesellschaft möchte der Betrüger Fujiwara (Ha Jung-woo) um jeden Preis aufsteigen. Dafür will er die japanische Adlige Lady Hideko (Kim Min-hee ) heiraten. Zu diesem Zweck plant er sich selbst als japanischer Graf auszugeben und gleichzeitig eine Gaunerkollegin, die Taschendiebin Sookee (Kim Tae-ri), als Dienstmädchen in den Haushalt von Hidekos Onkel Kouzuki (Cho Jin-woong) einschleusen, die ihre Position nutzen soll, um Hideko  von der Großartigkeit „Graf Fujiwaras“ zu überzeugen und als Dienstmädchen Treffen zwischen den beiden ermöglichen soll. Onkel Kouzuki seinerseits möchte Hideko ebenfalls heiraten, um so als echter Japanischer Adliger akzeptiert zu werden. Wirklich kompliziert wird die Sache allerdings, als sich Sookee und Hideko ineinander verlieben.

Das Erste, was man über den Film sagen muss ist, wie unfassbar gut fotografiert er ist. Wenige Filme bringen mich dazu schon in den ersten Minuten mehrfach ein leises „wow“ von mir zu geben, Park schafft das hier problemlos und hält diesen Wow-Faktor über zweieinhalb Stunden. Er fasst hier wunderschöne Menschen in wunderschönen Kostümen vor wunderschönen Hintergründen in Bilder, die es schaffen tatsächlich noch etwas mehr zu sein als die Summe ihrer Teile. Die Musik von Cho Young-wuk trägt weiterhin ihren Teil dazu bei. Bei aller inszenatorischen Eleganz verliert der Film allerdings niemals seinen Drive, sein Tempo. Selbst im zweiten, des in drei Kapiteln unterteilten Films, das zahlreiche Sequenzen des ersten Kapitels aus anderer Perspektive wiedergibt, wird er nicht langweilig. Sprich, der Film verliebt sich nie zu sehr in seine Bilder, weiß das seine rauschenden Kimonos und überschwänglichen Bibliotheken immer nur dazu dienen dürfen seine Charaktere zu unterstützen. So gewaltig aber ist seine Bilderflut, dass ich mehrfach schlicht vergessen habe die Untertitel zu lesen, weil ich zu sehr in seinen Bildern verloren war. Das ist mir noch nicht häufig passiert.

Und die Untertitel zu lesen, um der Geschichte zu folgen lohnt sich absolut, denn die kommt mit so einigen Wendungen, daher, mit Plänen innerhalb von Plänen. Park erzählt sie mit Leichtigkeit, Eleganz und wunderbar wohldosiertem, tiefschwarzen Humor. Sicherlich hat keine Wendung die Wucht jenes Moments aus Parks ‚Oldboy‘, das ist aber auch nicht das Ziel, auch die Ränke dieser Geschichte dienen vornehmlich dazu uns die Charaktere näher zu bringen.

Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellerinnen funktioniert ganz hervorragend. Sookees sorgfältig gehegte Pläne sind von dem Moment zum Scheitern verurteilt, als sie die kühle, scheinbar naive aber definitiv einsame Hideko das erste Mal sieht. Das bringt mich zu den, in vielen Besprechungen kritisierten, Sexszenen zwischen den beiden. Die sind sicherlich expliziter als vieles, was wir heute im Kino geboten bekommen, sind allerdings für die Wärme und die Intimität zwischen den beiden Charakteren von entscheidender Wichtigkeit und erscheinen mir ehrlich gesagt in keiner Weise exploitativ oder geschmacklos. Wenn man sich weiterhin die männlichen Figuren ansieht, wird es für mich schwierig hier besondere Männerfantasien auszumachen. Denn Fujiwara wird schnell zu einem reinen Störfaktor für die beiden, ein lästiger, aufdringlicher Vollidiot, während Onkel Kozouki eine schwarzzüngige, sadistische, übergriffige Monstrosität ist, der die Realität am liebsten seinen geliebten, pornografischen Schriften angleichen würde. Insofern würde ich den Film eher als sexuell befreiend begreifen wollen, denn als typischen Vertreter des „Male Gaze“. Ein passender Vergleich wäre vielleicht der zu ‚Carol‘ von 2015, den ich ebenfalls sehr mochte.

Wenn ich einen Kritikpunkt einbringen müsste, dann ist das die gelegentliche, nur mäßig gelungene Einbindung von Gedankengängen der Charaktere als Voice-Over. Es ist beinahe erstaunlich, dass Park in der Lage ist solche Bilder zu komponieren, ihnen dann aber in entscheidenden Momenten doch nicht genug vertraut und auf eine solche Krücke zurückgreift. Wenn Sookee Hideko das erste Mal sieht, dann sagt ihre Reaktion alles, da brauche ich kein Voice-Over, das mir sagt, dass Hideko wunderschön ist. Das sehe ich nebenbei auch selbst. Aber ich will das nicht zu sehr aufblähen, der Einsatz ist wie gesagt sehr sparsam, zumindest für mich dennoch gelegentlich störend.

Lasst mich noch ein paar Worte zum Titel sagen, weil das ein Thema ist, dass mir immer noch durch den Kopf geht. Der koreanische Titel lautet ‚Agassi‘, hat nichts mit Tennis zu tun, sondern bedeutet Fräulein, im Doppelsinne von Adelstitel und unverheirateter Frau. Der internationale Titel wurde dann ‚The Handmaiden‘, also das Dienstmädchen. Im Deutschen war man dann direkt so ehrlich zu verraten, wer hinter dem Dienstmädchen steckt. Der originale Titel ist sicher der beste, allerdings glaube ich nicht, dass ‚Das Fräulein‘ im Deutschen besonders gut funktioniert hätte. Das lässt doch eher an piefige 50er Jahre denken, als an viktorianisch-gothische Erotik. Und der deutsche Titel gefällt mir hier ehrlich gesagt besser als der internationale.

Wenn ihr alle Elemente einer gelungenen „Gothic Novel“, also verbotene Leidenschaften, Selbstmorde und verborgene Perversionen elegant eingebettet in eine für Korea ebenso verstörende, wie prägende Epoche sehen möchtet, dann ist dieser Film der Richtige für Euch. Wenn ihr einen Meister sowohl der Technik als auch des visuellen Erzählens auf dem Höhepunkt seines Schaffens sehen wollt, dann auch. Sicherlich einer der (wenn nicht der beste) besten Filme des letzten Jahres.

Die 5 Besten am Donnerstag: 5 Lieblingsregisseure

Heute geht Gorana bei den 5 Besten am Donnerstag ans Eingemachte. Die Frage, die ich als Filmfreund fast so sehr fürchte, wie die Frage nach dem Lieblingsfilm. Unsere 5 liebsten Regisseure möchte sie von uns wissen. Das wird eine Liste, die ich vermutlich zwei Minuten nach der Veröffentlichung ändern möchte. Und eine, bei der ein umfangreiches „Ferner Liefen“ Material notwendig wird, denn mich auf 5 zu beschränken ist fast unmöglich.

Es gilt der übliche Grundsatz „es muss mir im Moment des Listenschreibens einfallen“:

  1. John Carpenter

Wer hier länger mitliest, der weiß vermutlich um meine Zuneigung zu Carpenters Filmen. Mit der Subtilität hat er es nicht so, der John. Dafür besitzt er die Fähigkeit aus Nichts eine Atmosphäre zu schaffen, die man mit dem Messer schneiden könnte. Was er dann meist auch tut. Er hat es mit ‚Halloween‘ geschafft das Slasher Genre zu begründen und lieferte für 30.000 Dollar einen Film ab, der besser ist als 98% der anderen Vertreter des Genre. Andere Anspieltips: ‚Das Ding aus einer anderen Welt‘ und ‚Sie Leben‘.

  1. Alfred Hitchcock

Zu seiner Zeit durchaus umstritten ist Altmeister Hitchcock aus keiner Geschichtsschreibung des Films wegzudenken. Genaugenommen hat er sogar drei Karrieren hingelegt: eine im Stummfilm, eine im Schwarz-Weiß-Film und eine im Farbfilm. Und jede für sich wäre erwähnenswert. Und beinahe jeder seiner Filme ist sehenswert (einige seiner Letzten vielleicht weniger). In Sachen minutiöser Planung, akribischer Kameraarbeit aber auch bloßem Spektakel macht er vielen Regisseuren heute noch was vor. Meine drei Liebsten: ‚Das Fenster zum Hof‘, ‚Vertigo‘ und ‚Der unsichtbare Dritte‘.

  1. Akira Kurosawa

Und noch eine beeindruckende Filmografie, mit weitreichendem Einfluss. Seine Samuraifilme haben sowohl den amerikanischen Western bleibend beeinflusst (‚Die Sieben Samurai‘), als auch quasi den Grundstein für den Italo-Western gelegt (‚Yojimbo‘). Er hat Shakespeare auf eine typisch japanische Weise interpretiert (‚Das Schloss im Spinnwebwald‘, ‚Ran‘) und mit ‚Rashomon‘ die erzählerischen Grenzen des Mediums ausgetestet und erweitert. Außerdem hat er ‚Ikiru‘ gedreht. Das allein würde schon reichen, um auf meiner Liste zu stehen.

  1. Park Chan-wook

Am bekanntesten dürfte er für seine Rache-Trilogie und aus dieser vor allem für ‚Oldboy‘ sein. Es gelingt ihm sich dreimal mit dem Thema Rache auseinanderzusetzen und ihm jedes Mal neue und interessante Seiten abzugewinnen. Außerdem war es Parks ‚Joint Security Area‘ durch den ich auf das südkoreanische Kino aufmerksam wurde. Allein dafür kann ich ihm gar nicht genug danken.

PS: habe ich eigentlich ‚The Handmaiden‘ im Kino verpasst? Muss ich mal recherchieren…

  1. Joel & Ethan Coen

Tja, hier konnte niemand anderes stehen. Es ist mir kaum möglich auf diesem Raum meinen Respekt für diese beiden Filmemacher gebührend zum Ausdruck zu bringen. Ich könnte über ‚The Big Lebowski‘ schwärmen. Oder ‚Fargo‘. Sie dafür loben, dass sie als erste bemerkt haben, dass John Goodman nicht nur lustig, sondern absolut furchteinflößend sein kann (‚Barton Fink‘). Mich darüber begeistern, dass man bei ihnen nie genau weiß was man bekommt aber es doch immer unverkennbar „Coen“ ist. Aber wer eine derart umfangreiche Filmografie hat, die nur zwei leichte Ausfälle hat (‚Ein (un)möglicher Härtefall‘ und das ‚Ladykillers‘ Remake) und ansonsten zwischen „zutiefst unterhaltsam“ und „Klassiker“ rangiert, den brauche ich nicht mehr über den grünen Klee zu loben.

Ferner Liefen:

„Mein Herz blutet, weil sie nicht auf der Liste sind“-Fraktion:

Quentin Tarantino, Stanley Kubrick, David Lynch, Lars von Trier, Wes Anderson, Bong Joon-ho, Jean-Pierre Jeunet

„Erwähnt werden müssen“ Fraktion:

Steven Spielberg, Martin Scorcese, Ridley Scott, Guillermo del Toro, Christopher Nolan, Ben Wheatley, Wim Wenders, Werner Herzog,

Die 5 Besten am Donnerstag: Die 5 besten NICHT englischsprachigen Filme.

Bei den 5 Besten am Donnerstag zeigt sich Gorana heute enttäuscht von Hollywood. Ich könnte versuchen, sie vom Gegenteil zu überzeugen, indem ich ihr sage, dass es statt eines Tetris Films jetzt gleich eine Tetris Trilogie geben soll, weil „die Story so groß“ sei und…  Oh, Moment, ich glaube ich sehe, was sie meint… Okay, Zeit sich mit meinen 5 besten nicht englischsprachigen Filmen auseinanderzusetzen. Es gelten die üblichen Einschränkungen, ich muss den Film kennen, er muss mir einfallen. Außerdem schließt die Formulierung der Frage eine Menge internationales Kino aus. Das gesamte britische zum Beispiel. Oder auch fast alle Italo-Western oder Perlen, wie Andrzej Żuławskis ‚Possession‘. Im Dienste der Abwechslung werde ich auch auf Wiederholungen gerade genannter Filme verzichten, die in den letzten 5 Besten genannten ‚Pans Labyrinth‘ oder ‚Rashomon‘ hätten sich sonst auch hier einen Platz verdient. Genug Bla-Bla, los geht’s:

  1. Der Totmacher (1995, Deutschland, Romuald Karmakar)

Götz George liefert in diesem Kammerspiel als historischer Serienmörder Fitz Haarmann seine beste darstellerische Leistung ab. Eine der besten darstellerischen Leistungen schlechthin, würde ich sagen, stehe damit aber recht allein da. Das Drehbuch basiert auf den 400 Seiten Protokoll, die aus den Gesprächen Haarmanns mit dem Psychiater Ernst Schultze entstanden sind. George und Karmakar spielen mit den Sympathien des Zuschauers und machen Unfassbares erfahrbar.

  1. Santa Sangre (1989, Mexiko, Italien, Alejandro Jodorowsky)

Der Film erzählt parallel von der Kindheit von Hauptfigur Fenix, die er mit seinen Eltern im Zirkus als Darsteller verbracht hat und seiner Gegenwart, die er, nach einer Reihe traumatischer Ereignisse, in einer Nervenheilanstalt verbringt. Der Film pendelt zwischen Jodorowskys typischer Surrealität und dem blutigen Exzess der italienischen Giallo-Filme. Insbesondere an Dario Argentos ‚Suspiria‘ erinnern die Mordszenen. Am meisten in meiner Erinnerung festgesetzt hat sich aber die Beerdigung eines Elefanten.

  1. Lady Vengeance (2005, Südkorea, Park Chan-wook)

Ein Film von Park Chan-wook musste auf diese Liste. Ob ‚Oldboy‘ oder ‚Lady Vengeance‘ hat letztlich ein Würfel entschieden. Im dritten Film seiner „Rache-Trilogie“ setzt sich Park zum dritten Mal mit dem Sinn und vor allem dem Unsinn von Rache auseinander. Lee Geum-ja hat mehr als 13 Jahre unschuldig im Gefängnis gesessen und wünscht sich nichts mehr als Rache am sadistischen Mr. Baek, dem eigentlich Schuldigen. Unterlegt von Cembalo und Barock-Gitarren liefert Park den optisch ansprechendsten Teil seiner Trilogie ab.

  1. Rom, offene Stadt (1945, Italien, Roberto Rossellini)

Die Nazis waren kaum aus Rom verschwunden, als Rossellini mit seinen Dreharbeiten begann. Eine italienische Filmindustrie gab es nicht mehr und er war angewiesen auf Filmreste, die ihm ein befreundeter amerikanischer Soldat beschaffte. In realistischen Bildern zeigt er den Zusammenbruch einer Widerstandsgruppe gegen die Nazis. Er ist bedacht darauf die Situation in Rom dazustellen, wie sie ist und auf plumpe Heldendarstellungen zu verzichten. Seinen Idealismus und seinen Glaube an das Gute im Menschen kann er allerdings nicht völlig verbergen. Der Film begründete den italienischen Neorealismus, der das europäische Filmschaffen das 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflussen würde.

  1. Persona (1966, Schweden, Ingmar Bergmann)

Schauspielerin Elisabet Vogler hört während einer Theateraufführung zu sprechen auf. Ihr Arzt schickt sie zur Erholung in ihr Landhaus, wo sie von Krankenschwester Alma betreut werden soll. Die Beziehung der beiden entwickelt sich von anfänglicher Freundschaft schnell zu sadomasochistischer Hassliebe, hin zu Doppelgängertum und Identitätskrise. Der Film liefert damit eine Schablone, die von zahllosen Exploitation- und Mainstreamfilmen übernommen wurde, doch leistet er mehr. Hier ist es der Film selbst, der auf einer metanarrativen Ebene eine Identitätskrise erlebt und womöglich auch der Zuschauer selbst.