‚Schneller als der Tod‘ (1995)

Derzeit ist Regisseur Sam Raimi ja mal wieder in aller Munde. Der Marvel-Maschinerie sei Dank. Es gibt aber eine Phase seiner Karriere, über die wird kaum gesprochen. Die Zeit zwischen seinen ‚Evil Dead‘ und ‚Spider-Man‘ Trilogien. Das hat sicherlich seine Gründe. ‚The Gift‘ zum Beispiel ist schlicht kein guter Film. ‚Ein simpler Plan‘ hingegen ist ein guter Film, wurde aber irgendwie immer ein bisschen wie die Pepsi zu ‚Fargos‘ Coca Cola behandelt. Und ob ‚Aus Liebe zum Spiel‘ gut oder schlecht ist, weiß ich nicht, weil ich ihn nie gesehen habe. Denn wenn es etwas auf dieser Welt gibt, das mich weniger interessiert als Baseball, dann ist es vermutlich noch nicht erfunden. Aber um all diese Filme soll es heute gar nicht gehen, sondern um Raimis Beitrag zum kleinen Western-Revival der 90er, das mit ‚Erbarmungslos‘ (oder ‚Zurück in die Zukunft III‘?) begann, mit ‚Der mit dem Wolf tanzt‘ seinen größten Erfolg erreichte und von wicka-wicka ‚Wild Wild West‘ zu Grabe getragen wurde.

‚Schneller als der Tod‘ fiel damals bei Kritik und Publikum weitgehend durch. Es ist schwer wirklich nachzuvollziehen woran das lag. Es wäre wohl zu einfach, zu sagen, es war pure Misogynie. In einem Genre so testosteronbesoffen wie dem Western konnte man, zumindest damals, auch mit einer Sharon Stone als Hauptdarstellerin nix reißen. Vielleicht ist es jedoch nicht ganz falsch. Aber das erklärt nicht, warum bis heute die große Wiederentdeckung des Films, die „Kultfilmisierung“ sozusagen, ausgeblieben ist. Denn in der Rückschau wird der Film nur interessanter.

So war er eine Zusammenarbeit von Raimi und Kameramann Dante Spinotti, bekannt nicht nur für seine lange Zusammenarbeit mit Michael Mann sondern auch für Filme wie ‚L.A. Confidential‘, auf dem Höhepunkt ihrer Fähigkeiten. Und da kamen zwei visuell durchaus unterschiedliche Stile zusammen. Aber fast noch interessanter ist seine Besetzung. Die haben wir zu einem guten Teil Sharon Stone zu verdanken, die als Ko-Produzentin hier einigen Einfluss genommen hat. So finden wir hier einen vierschrötigen aber attraktiven Australier namens Russel Crowe in seiner ersten Hollywoodrolle. Es sollte ihn nicht viel Zeit kosten, zum Star zu werden. Und Leonardo DiCaprio, fünf Minuten bevor er mi der rechts-links-Kombination aus ‚Romeo & Julia‘ und ‚Titanic‘ zum absoluten Superstar wurde. Hier lehnte ihn Studio TriStar aber noch derart entschieden ab, dass Stone seine Gage aus eigener Tasche bezahlen musste.

Aber bevor wir noch länger theoretisch über den Film reden, kommen wir zum Eingemachten. Fangen wir mit der Geschichte an.

Das Jahr ist 1881. Der Lokaltyrann John Herod (Gene Hackman) veranstaltet in dem Städtchen Redemption sein alljährliches Duell-Tournier, bei dem dem Sieger erstaunliche 123.000 Dollar winken. Daher kommen allerlei Scharfschützen und Glücksritter der weiteren Umgebung zusammen. Auch Herods ungeliebter Sohn Fee, genannt The Kid (DiCaprio) nimmt teil. Weniger des Geldes wegen, mehr um den Respekt seines Vaters zu erlangen. Den widerwilligen Priester Cort (Crowe) zwingt Herod gar mit Gewalt zur Teilnahme. Doch die erstaunlichste Teilnehmerin ist wohl die geheimnisvolle Lady (Stone), die ebenfalls weniger am Geld interessiert scheint und es eher auf die Möglichkeit abgesehen hat, dem Gauner Herod eine Kugel zu verpassen. Doch bis dahin wird sie es mit einer Menge übelstem Gesindel aufnehmen müssen.

Der Western ist ein Genre, das seine Tropen sehr ernst nimmt. Natürlich weiß jeder Zuschauer in dem Moment, als die Lady auftaucht, dass sie sich an Herod für erlittenes Unrecht rächen will. So sicher, wie man weiß, dass er auf Rache aus ist, wenn Charles Bronsons Charakter in ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ auf dem Bahnsteig materialisiert. Und das ist auch völlig in Ordnung so. Sich darüber zu verwundern ist so sinnlos wie zu hinterfragen, warum in einem Musical die Leute plötzlich zu Singen und Tanzen beginnen. Doch manche Filme weben diese Tropen zu geradezu mythologischen Höhenflügen auf, wie eben Leone in ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ und manchmal sind sie nur der geschmacksangebende Hintergrund für einen Film. Wie hier.

Viel ist gesagt worden über die gegenseitige kreative Befruchtung zwischen Eastern und Western. Die sieht mach auch hier ganz deutlich. Im Kung Fu Film ist die Idee des Kampfsporttourniers, veranstaltet von einem Mistkerl, an dem die Heldin aus ganz persönlichen Gründen teilnimmt, nicht selten. Schließlich muss man sich dann keine fadenscheinigen Gründe aus den Fingern saugen warum Charakter x sich mit Charakter y kloppt. Drehbuchautor Simon Moore hat es schlicht auf den wilden Westen übertragen. Und wir wissen alle, dass der Kampfsport des Westerns das Schießeisen ist und seine organisierteste Form das Duell.

Und so bekommen wir hier genau das. Eine Reihe von effektvoll inszenierten Duellen. Das sind denn auch die Momente, in denen sich Raimis typischer Stil Bahn bricht. In wilden Zooms auf durchlöcherte Köpfe und Torsos hinrast. Den typischen Schnittwechsel zwischen den Gesichtern der Teilnehmer und der großen Rathausuhr mit derart wilden Dollyzooms untermalt, dass man meint vom Sofa zu fallen. Zwischen den Duellen allerdings ist die Kameraführung deutlich kontrollierter als man es von Raimi kennt. Was ich einfach mal Spinotti zuschreibe. Die Kamera ist immer noch mobil, doch gibt es gelegentliche Aufnahmen, die man auch direkt ausdrucken und an die Wand hängen könnte. Was nicht nur mit Spinottis eleganter Inszenierung, sondern auch mit dem meisterhaften Produktionsdesign von Patrizia von Brandenstein (‚Amadeus‘, ‚Die Unbestechlichen‘) zu tun hat, die dafür sorgt, dass dieser Western fast schon überreich ausgestattet ist.

Dazu kommt die wunderbare Musik von Alan Silvestri. Der hat in seiner langen Karriere nicht viele Western orchestriert, genau genommen diesen, ‚Young Guns II‘ und ‚Zurück in die Zukunft III‘, doch folgt er hier elegant vor allem Ennio Morricone, aber auch Elmer Bernstein, versieht die Musik aber mit seinem ganz eigenen Schwung, der zu diesem wilden Film passt.

Die Story folgt, wie erwähnt, bekannten und teils ausgetretenen Pfaden. Aber die Darsteller lassen sie funktionieren. Allen voran natürlich Gene Hackman, der gar nicht fähig ist, eine schlechte Darstellung abzuliefern, gibt seinen Fiesling mit einer derartigen Spielfreude, dass man ihm jedes seiner miesen Worte am liebsten glauben würde. Bei DiCaprio stellt sich kaum die Frage warum er zum Star werden würde. Er meistert die komischen wie dramatischen Elemente seiner Rolle als würde er das seit Jahrzehnten machen und wäre nicht gerade eben 20. Und auch Crowe darf hier schon tun was er am besten kann. Den reibeisenstimmigen Stoiker geben, der zu ebenso plötzlichen wie heftigen Gewaltausbrüchen neigt. Sharon Stone wird selbst in positiven Besprechungen des Films oft negativ dargestellt. Und das erschließt sich mir gar nicht. „Starke Frauen“ im 90er Actionfilm waren allzu oft pure Karikaturen, die entweder so stahlhart waren, dass gar kein erkennbarer Charakter mehr übrig war, oder brauchten eben doch immer wieder die Hilfe eines starken Mannes. Stone gibt ihre Lady mit all der nötigen Härte, aber auch Verletzlichkeit. Sie ist nie der unberührbare Clint Eastwood Charakter, der das Duell schon gewonnen hat, wenn er auf die Straße tritt. Sie muss sich jeden Millimeter vorwärts verdienen und zeigt das, in meinen Augen durchaus glaubhaft.

Aber tatsächlich ist sie auch für mich nicht das Highlight des Films. Das sind aber auch nicht die anderen, erwähnten Darsteller, obwohl all ihre Leistungen, wie gesagt, wirklich gut sind. Aber mein Highlight ist die ellenlange Liste an „Ach, der Typ“-en, die hier im Film auftauchen. Charakterköpfe die man immer wieder sieht, aber deren Namen man nicht unbedingt kennt, machen hier einen guten Teil der Tournierteilnehmer aus. Da ist Lance Henriksen als langhaariger Dandy. Tobin Bell als besonders dreckiger Drecksack. Keith David als Pfeife schmauchender Ex-Militär. Mark Boone junior als entflohener Sträfling „Scars“. Und sogar Schwarzeneggers Bodybuilder Kumpel Sven-Ole Thorsen als schwedischer Schützenkönig und allzu große Zielscheibe. Um nur einige zu nennen. Und jeder von denen bekommt einen grandiosen Auftritt vor seinem schmerzhaften Abgang.

Okay, bevor ich hier jetzt noch anfange über das Finale zu schwärmen, das wahrlich keine Wünsche offen lässt, sage ich stattdessen einfach, geht los und schaut ‚Schneller als der Tod‘. Jetzt. „Aber ich mag keine Western“, sagt Ihr. Ich sage, gebt dem Film eine Chance, denn Ihr habt noch nie einen Western im Raimi Stil gesehen. „Aber ich mag Raimis Stil nicht“, sagt Ihr. Geht hin und schaut den Film, denn das hier ist Raimi durch Spinottis Linse und auch das habt Ihr so noch nicht gesehen. „Aber in dem Film kommt gar kein Baseball vor“, sagt Ihr, vermutlich nur um mich zu ärgern. Daher würdige ich das nicht einmal einer Antwort. Mann ey, warum lest ihr immer noch diesen Quatsch, statt ‚Schneller als der Tod‘ zu schauen? Entdeckt endlich den Film wieder, damit wir was Besseres bekommen als die lieblos hingerotzte BluRay ohne jeden Bonus! Ich verspreche auch, auf Hipster-haftes „ICH mochte den Film schon, bevor es cool war“ zu verzichten! Definitiv in meinen Raimi Top 3!

Newslichter Ausgabe 79: Academy-Erinnerung, Zauber-Raimi und Cluedo?

Willkommen bei Ausgabe 79 des Newslichters. Die Oscars sind verliehen, die Diskussionen laufen noch und auch beim Newslichter werden wir sie zumindest am Rande berühren. Ansonsten war diese Woche nicht wahnsinnig viel los. Taika Waititi bestreitet eine der Neuigkeiten des Newslichters der letzten Wochen, nämlich, dass er in Gesprächen um die Regie bei einem ‚Star Wars‘ Film sei. Das kann natürlich alles und nichts bedeuten, schließlich gibt es zu allem aus dem Blockbusterbereich Geheimhaltungsverträge. Wir werden sehen. Ich wollte es hier nur nicht ganz verschweigen. Und nun legen wir für diese Woche los!

 

Die Academy und die Erinnerung

Ich kann zu den diesjährigen Oscars, wie so oft, nicht allzu viel sagen, weil ich noch zu wenige der nominierten/ausgezeichneten Filme gesehen habe. Erwähnt sei aber immerhin, dass ich mich für Bong Joon-ho sehr freue. Auf das seine bisherige Filmografie mehr Zuschauer bekomme!

Doch zu einer Sache kann und muss ich leider (mal wieder) etwas sagen: das inzwischen leidige „In Memoriam“ Segment, mit welchem die Academy im letzten Jahr verstorbene Beteiligte am Film, vor und hinter der Kamera, ehren will. Und sich dabei immer wieder unbeliebt macht, siehe etwa meinen Text zur Auslassung von Tobe Hooper. Die „Vergessenen“, die dieses Jahr den meisten Unmut verursachten waren die tragisch früh verstorbenen Luke Perry (52 Jahre) und Disney Channel Star Cameron Boyce (20 Jahre). Bei beiden mag man argumentieren, dass sie eher für Fernseh- als Filmauftritte berühmt waren, Perrys Gastauftritt in ‚Once Upon A Time in Hollywood‘ ist zwar nicht lange her, aber sagen könnte man es, doch fände ich das ein etwas unpassendes Argument. Aber eines, das womöglich auch für die Auslassung etwa von ‚Airwolf‘-Pilot Jan-Michael Vincent, oder ‚ALF‘ Kumpel Willie Tanner-Darsteller Max Wright ins Feld geführt werden könnte. Vielleicht auch für den Darsteller des Odo aus ‚Deep Space Nine‘, René Auberjonois. Wobei spätestens der auch eine ansehnliche Filmografie vorzuweisen hat. Wenn auch sicher keine so umfangreiche wie Sid Haig, der in fast 150 Filmen mitgespielt hat. Das mögen zwar nicht unbedingt Oscar-Anwärter gewesen sein, doch eine Rolle wie seinen sadistischen Captain Spaulding aus ‚Devils Rejects‘ vergisst man nicht, egal was man von dem Film ansonsten halten mag. Auch Autor/Regisseur Larry Cohens Filme mögen nicht wirklich Oscar-Material gewesen sein, doch sollte das zum einen keine Voraussetzung sein, zum anderen gilt auch hier, man mag von ‚American Monster‘ halten was man will, vergessen wird man diese Stop Motion Kreatur eher nicht.

Doch kann man durchaus auch vergessen werden, selbst wenn man „Oscar-Material“ ist, wie der Fall Michael J. Pollard zeigt. Der war 1968 für seine Rolle in ‚Bonnie & Clyde‘ für den Preis nominiert. Außerdem war er eine dieser Charakterköpfe, eines dieser nicht eben hübschen, aber dafür unvergesslichen Gesichter, von denen es in Hollywood immer weniger gibt.

Seht mal Academy, ein Stück weit verstehe ich Euch sogar. Ihr könnt in Zeiten schwindender Zuschauerzahlen kein 15 Minutensegment für die Nennung Verstorbener, von denen kaum einer Eurer Zuseher gehört hat, zusammenstellen. Das Problem ist, dass genau dieses Segment das einzige Eurer Veranstaltung sein sollte, das sich nicht wie ein Wettbewerb anfühlt. Voraussetzung für eine Erwähnung sollte nicht sein, dass der Name (noch) bekannt ist. Es sollte eine Geste allgemeiner Höflichkeit und Pietät gegenüber Mitarbeitern in Eurem Gewerbe sein. Ich will verdammt nochmal nicht raten müssen, ob jemand der Zeit wegen fehlt, weil irgendein hohes Academy-Mitglied sie nicht mochte, oder weil der verantwortliche Praktikant nicht googeln kann. Und dass Letzteres durchaus der Falls ein kann, zeigt die fälschliche Verwendung eines Bildes der (nachwievor) lebendigen, australischen Produzentin Jan Chapman im „In Memoriam“ von 2017. Dann beschränkt das Segment während der Übertragung halt auf die absoluten Superstars und setzt das vollständige Video auf Youtube, wo es sich Interessierte ansehen können. Ich verstehe wirklich nicht, wie das jedes Jahr erneut in die Hose gehen kann…

 

Superheldenrückkehr für Sam Raimi?

https://screenrant.com/doctor-strange-2-sam-raimi-director-in-talks/

Bekannt vor allem sicherlich für seine ‚Evil Dead‘ Filme, stand Regisseur Sam Raimi auch ganz am Anfang der Superheldenwelle des neuen Jahrtausends. Mit der ersten ‚Spider-Man‘ Trilogie, die er mit dem leider wenige gelungenen dritten Teil verließ. Und damit auch den Superheldenfilm an sich. Nun steht aber die Möglichkeit einer Rückkehr im Raum. Raimi soll sich, nach dem Weggang von Scott Derrickson, in Gesprächen für eine mögliche Regie im zweiten ‚Doctor Strange‘ Film befinden. Ein für Marvel sehr wichtiger Film, soll er doch eine neue Ära der engeren Verbindung zwischen MCU Filmen und den entsprechenden Serien auf Disney+ einläuten. Sollte Raimi für die Rolle ausgewählt werden, dann macht das meine Spekulationen, ob Derrickson gehen musste, weil er eher in eine Horror-Richtung wollte, vermutlich blödsinnig. Denn wenn ich weiter weg vom Horror will, dann hole ich mir wohl eher nicht den ‚Evil Dead‘ Mann ins Comicboot.

 

Mr. Reynolds im Filmzimmer mit der Neuverfilmung

https://movieweb.com/clue-reboot-director-james-bobin/

Cluedo ist einer dieser nicht totzukriegenden Dauerbrenner auf Brettspieltischen. Die heitere Mörderjagd existiert in allerlei mehr oder weniger abwegigen Editionen, von Sherlock Holmes bis Harry Potter. Auch eine Filmadaption gab es bereits, 1985 in Deutschland als ‚Alle Mörder sind schon da‘ erschienen. Der Film glänzte mit dem unvergleichlichen Tim Curry als Butler und vier verschiedenen Auflösungen von denen heute drei in Reihe am Ende des Films gezeigt werden (die vierte wurde als zu schlecht befunden). Aber ansonsten nicht viel. Nun wird es wohl eine neue Verfilmung des Stoffes geben. James Bobin (‚Muppets Most Wanted‘) soll die Regie übernehmen, die ‚Deadpool‘ Autoren Rhett Reese und Paul Wernick haben das Drehbuch geschrieben. Ernst wird sich der Film also mit ziemlicher Sicherheit nicht nehmen. Vor der Kamera scheint momentan einzig Ryan Reynolds gesichert, der den Film gemeinsam mit 20th Century FOX auch produziert. Welche Rolle Reynolds übernimmt ist noch unklar, allerdings darf man wohl, wie in jeder seiner Rollen seit Deadpool allerlei dumme Sprüche und vor allem Popkulturanspielungen erwarten/befürchten. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie hoch die Synergie zwischen Brettspielenthusiasten und Kinogängern ist, dass sich eine solche Verfilmung wirklich lohnt.

 

Und das war es auch schon wieder. Bis nächste Woche!

Liam Neeson hat ein paar ganz besondere Fähigkeiten: ‚Darkman‘ (1990)

Heutzutage sind Superheldenfilme zum absoluten Standard geworden. 1990, als ‚Darkman‘ erschien sah das noch ganz anders aus. Ein paar ‚Superman‘-Filme von wechselhafter Qualität und natürlich Tim Burtons großartiger ‚Batman‘ waren in den 80ern alles, was den Weg bereitet hat. ‚Batman‘ hätte Sam Raimi gern gedreht. Als daraus nichts wurde, legte der junge Filmemacher, der große Independent Erfolge mit seiner ‚Tanz der Teufel‘ Reihe feiern konnte, Universal ein Drehbuch zu einem eigenen Superhelden vor. Einem der auf keinem Comic basierte, sondern seine Wurzeln eher in den alten Universal Monster Filmen hatte. Ob nun trotz der heutigen Superhelden-Übersättigung oder gerade deswegen eines kann man sicher sagen: ‚Darkman‘ würde heute nicht mehr gemacht werden.

Der Wissenschaftler Peyton Westlake (Liam Neeson) arbeitet an einer Formel für künstliche Haut. Leider ist sein Ergebnis, einmal dem Licht ausgesetzt, nur für 99 Minuten haltbar, bevor es sich verflüssigt. Seine Freundin, die Anwältin Julie Hastings (Frances McDormand), kommt in den Besitz von Beweisen für Korruption im Bauwesen. Als sie diese im Labor von Westlake lässt wird es vom sadistischen Gangsterboss Durant (Larry Drake) überfallen. Er und seine Leute verbrennen Westlakes Hände mit Starkstrom und verätzen sein Gesicht mit Säure, bevor sie das ganze Labor in die Luft jagen. Westlake überlebt, kann jedoch zunächst nicht sprechen und aufgrund seiner Entstellung nicht identifiziert werden. Im Krankenhaus nimmt man, aufgrund seiner ungeheuren Schmerzen eine Lobotomie vor, die allerdings auch für unkontrollierte emotionale Ausbrüche und erhöhte Körperkraft sorgt. Westlake flieht und nimmt seine Forschung in einem verlassenen Gebäude wieder auf. In allerlei Masken aus seiner Flüssighaut nimmt er Rache an den Gangstern und in seiner eigenen Maske über seinem völlig zerstörten Gesicht Kontakt zu Julie auf.

Ich entschuldige mich, wenn sich die obige Inhaltsangabe etwas konfus liest, möchte aber darauf aufmerksam machen, dass das ausnahmsweise einmal nicht an mir liegt. Sam Raimi erntet viel verdientes Lob dafür, wie gut seine ‚Tanz der Teufel‘ Reihe Horror und tiefschwarzen Slapstickhumor miteinander verschmelzt. Das Problem von ‚Darkman‘ ist er versucht einen Superheldenfilm, einen Monsterfilm, einen Rachefilm, einen typischen 90er Actionfilm, eine tragische Romanze, ein persönliches Drama und Slapstick miteinander zu verbinden. Einer der Cutter soll während der Arbeiten einen Nervenzusammenbruch erlitten haben und ich kann erahnen warum. Der Film hat große Schwierigkeiten seinen Ton zu finden. Nicht nur das Raimis Interessen und Unviversals Wunsch nach kommerziellem Erfolg schwer unter ‚Darkmans‘ schäbigen Hut zu bringen sind, auch Raimi selbst scheint nicht so recht zu wissen was er eigentlich will. Emblematisch ist eine Szene, in der der ‚Darkman‘ an einer Kette an einem Hubschrauber hängt. Weite Aufnahmen zeigen einen offensichtlich echten, noch heute beeindruckenden Stunt, dann blendet Raimi aber mehrfach zu Nahaufnahmen um, in denen Neeson vor einem Greenscreen baumelt und ‚Whubwhubwhub‘ Geräusche macht, während seine Beine in Zeitraffergeschwindigkeit über einen LKW trappeln. Die tonalen Umschwünge sind so hart, dass man ein Schleudertrauma befürchten muss.

Am besten ist der Film, wenn er sich auf seine Rachegeschichte konzentriert. Larry Drake ist wunderbar widerwärtig als Finger-sammelnder, sadistischer Obergangster Durant. Und Neeson ist am besten, wenn er hinter seinen dicken Bandagen über all das wütet, was er verloren hat, wie ein rachedurstiges Phantom des Labors. Die Maskeraden und der damit verbundene Zeitdruck (99 Minuten Haltbarkeit) sind wunderbar kreativ eingesetzt und gipfeln in einer Szene mit zwei Durants in einer Drehtür. So gut diese Teile funktionieren, die Korruptionsgeschichte um Memoranden und Kaffeeflecken funktioniert hingegen gar nicht und fühlt sich nach 90er Jahre Stangenware an. Das hat Raimi aber auch ganz offensichtlich selbst gemerkt und diesen Teil soweit gekürzt, dass er so gerade eben noch Sinn ergibt (meistens). Die romantischen Teile leiden ebenfalls. So gut Neeson als wütender Rächer auch ist, anfangs als schlaksiger Strickjackenträger Westlake wirkt er nicht sehr glaubwürdig. Raimi wollte eigentlich Stammdarsteller Bruce Campbell für die Rolle aber das Studio sagte nein. Immerhin hat der noch einen cleveren Cameo-Auftritt. Da mir niemals einfiele etwas Negatives über Frances McDormand zu schreiben, lasse ich sie einfach selbst zu Wort kommen: „ich war völlig fehlbesetzt“ sagte sie in einem späteren Interview. Und ja, ihre bodenständige, realistische Darstellung beißt sich extrem mit der Operettenhaftigkeit des restlichen Films. Die Tatsache, dass sie und Neeson nicht halbes Reagenzglas voll der berühmt-berüchtigten „Chemie“ miteinander haben tut sein übriges. Raimi selbst drückte das später einmal sehr diplomatisch aus: „Frances und ich hatten unterschiedliche Ideen, was einen guten Film macht“. Für die weibliche Hauptrolle war übrigens eigentlich Julia Roberts gedacht, die sprang allerdings kurz vor Drehbeginn ab um ‚Pretty Woman‘ zu drehen. Aus ihrer Sicht eine sicher kluge Entscheidung.

Ich habe ein wenig Sorge, dass all das jetzt viel zu negativ klingt. Lasst mich eines klarmachen: der Film langweilt in seinen 90 Minuten Laufzeit nicht eine einzige Minute. Er mag etwas weniger sein als die Summe seiner teilweise inkompatiblen Teile, doch in seinen besten Momenten ist er ein früher Raimi im besten Sinne des Wortes. Hier ist ein einfacher Test, ob euch der Film gefallen könnte: eine Szene in der der maskierte Westlake, kurz vor Ablauf der 99 Minuten mit Julie auf einem Rummelplatz unterwegs ist (sie weiß noch nichts von seiner Situation/Entstellung):

Wenn euch die nur ein wenig gefällt, dann solltet ihr ‚Darkman‘ eine Chance geben. Einen zweiten Superheldenfilm (das Wort trifft es zugegeben nicht ganz) wie diesen wird es sicherlich nie geben.

Es sollte noch gut zehn Jahre dauern, bis Raimi sich an einem „echten“ Comichelden versuchen durfte. Bei ‚Spider-Man‘ war er bereits deutlich besser auf die Bedürfnisse eines Mainstream-Films abgestimmt. Dann dauerte es noch einmal 10 Jahre bis in ‚Die fantastische Welt von Oz‘ sein einzigartiger Stil vollends abgeschliffen war und ein reines, vergessenswertes Mainstream-Produkt übrig blieb. Zum Glück hat er zwischendurch mit ‚Drag me to Hell‘ bewiesen, dass er es noch kann.

Horrortipps: HaHa-Horror? Missverstandene Horrorkomödien

Horror und Komödie stellen eine Symbiose dar, die fast so alt ist, wie die beiden Filmgenres selbst. Die frühesten Horrorfilme arbeiteten immer auch mit bewusst komischen Elementen. Was macht diese Kombination so reizvoll? Ist es nur der typische „comic relief“, der auch in anderen Genres zu finden ist oder geht es darüber hinaus? Ist es mit der Tragikomödie verwandt und Schreckliches und Lächerliches liegen einfach sehr nah beieinander? Man könnte darüber sicher eine interessante psychologische Ausführung schreiben, doch ist dies sicher nicht der Ort dafür.

legosi-port-klHerr Legosi meint: Oder Sie der Mann dafür! Ah ah ah!

Warten Sie bitte bis Sie dran sind! Jede Zeit bringt gelungene Horrorkomödien hervor jedoch werden viele Vertreter abseits der großen Namen, wie ‚Shaun of the Dead‘ oder ‚Cabin in the Woods‘ in den letzten Jahren missverstanden. Gerade über die beiden folgenden Filme habe ich mehrfach die Spekulation gehört, sie nähmen sich grundsätzlich ernst und jeder Humor sei nur mangelnder Umsetzung geschuldet. Das ist natürlich Quatsch. Beide Filme wollen, dass über sie gelacht wird. Tut Euch also keinen Zwang an.

‚Drag me to Hell‘ (2009)

Sam Raimi hat einige der besten Horrorkomödien überhaupt abgeliefert. Je nachdem welche Mischung der beiden Genres man bevorzugt ist ‚Evil Dead 2‘ oder ‚Armee der Finsternis‘ der ideale Vertreter des Genres.  Dann riefen aber die Superhelden und er drehte zwei gelungene Spider-Man Filme. Und dann noch einen. Dann riefen die Superhelden nicht mehr und er kehrte zu dem Genre zurück, dass ihn bekannt gemacht hat.

Christine Brown ( Alison Lohman) ist eine junge Bankangestellte in Los Angeles. Als sie eines Tages, in Hoffnung auf eine Beförderung, der älteren, unheimlichen Sylvia Ganush einen Aufschub ihrer Hypothekenzahlung verweigert, wird sie prompt von der Frau verflucht. Der Dämon Lamia wird sie nun drei Tage verfolgen und mit allerlei finsterem Schabernack quälen, mal lustig, mal schrecklich. Am Ende der Frist wird er sie mit in die Hölle nehmen, es sei denn sie findet bis dahin eine Lösung.

Die ein oder andere Szene, der ein oder andere Gag kommt dem aufmerksamen Zuschauer zwar schon aus den ‚Evil Dead‘ Filmen bekannt vor, doch findet sich hier genug Neues und Lohmans Rolle ist derart anders angelegt als Bruce Campbells Ash, dass hier ein absolut lohnenswerter Film herauskommt. Eine Seancenszene samt Ziegenbock allein macht den Film schon sehenswert. Das alte Niveau erreicht Raimi zwar nicht mehr (und , wenn ‚Die fantastische Welt von Oz‘ als Hinweis dienen darf, wird er es auch nicht mehr erreichen) doch der Film macht jede Menge Spaß.

legosi-port-klHerr Legosi meint: Zu meiner Zeit hätte ein finsterer Dämon sich nicht drei Tage Zeit genommen, für irgendwelchen Blödsinn, wie Fliegen in Kuchen zu backen oder was auch immer dieser Typ hier macht. Da  ging’s direkt in die Hölle! Außerdem: die arme Katze!!

 

‚Slither‘ (2006)

Für den Regisseur von ‚Slither‘, James Gunn, stand der Ruf der Superhelden noch bevor, als er diesen Film gemacht hat. Mit ‚Guardians of the Galaxy‘ würde er 2014 einen der unterhaltsamsten Filme dieses Genres abliefern. Doch stand ‚Slither‘ noch sehr im Lichte seines Karrierebeginns bei Troma. Einem US-amerikanischem Independent Studio, dessen Gründer Lloyd Kaufman stolz darauf ist niemals eine Geschmacklosigkeit auszulassen und das zum Motto seiner Firma gemacht hat. ‚Slither‘ hat zwar offiziell mit Troma nichts zu tun, Geschmacklosigkeiten sind aber reichlich vorhanden und Gunn würdigt seinen ehemaligen Arbeitgeber mit einem Stan Lee-esken Cameo Auftritt als Betrunkenem.

Ein Meteorit schlägt nahe einer amerikanischen Kleinstadt ein. Auf dem Meteoriten befand sich ein nacktschneckenartiger, intelligenter Parasit, der den lokalen Autohändler und Unsympathen Grant Grant (Michael Rrooker) infiziert. Der gibt die folgenden körperlichen Veränderungen gegenüber seiner Frau als Folgen einer allergischen Reaktion auf einen Bienenstich aus, plant jedoch heimlich die Infizierung der ganzen Stadt. Grants Frau Starla (Elizabeth Banks) bleibt misstrauisch und wendet sich an Sherriff Bill Pardy (Nathan Fillion), der nur zu bereit ist die Vermutungen seiner Jugendliebe zu verfolgen – zum Glück.

Die Handlung mag aus zahllosen 50er Jahre Filmen oder David Cronenbergs Oeuvre bekannt erscheinen, doch schafft es Gunn sie sich ganz und gar zu eigen zu machen. Mit allerlei Widerlichkeiten, sympathischen Charakteren und lustigen Dialogen bevölkert er seine Kleinstadt und arbeitet hier schon mit zahlreichen gut aufgelegten Schauspielern, denen wir auch in ‚Guardians‘ wieder begegnen. Eine völlig unterbewertete Genre-Perle, bestens geeignet für Leute, die typische Zombiefilme satt haben.

legosi-port-klHerr Legosi meint: Igitt, dass Ihnen solcherart Geschmacklosigkeit zusagt sollte mich wohl nicht überraschen Herr „Filmlichter“. Ah ah ah!

 

 

Wissen Sie, statt „Ah ah ah“ könnten Sie auch „lol“ tippen!

legosi-port-klHerr Legosi meint: Oh, wirklich, kann ich das? Und was kann ich anstelle eines eiskalten Blicks voller Verachtung tippen? Haben Sie da auch einen weisen Rat? Oh bitte, sagen Sie es mir, ich bin soo gespannt!

 

Okay, Schluss für Heute.