Ist der wirklich sooo schlecht? ‚Octalus – Schrecken aus der Tiefe‘ (1998)

Alte Hasen werden sich freuen (oder auch nicht). Ist der wirklich sooo  schlecht? kehrt nach beinahe zwei Jahren triumphal (oder auch nicht) zurück. Für möglicherweise verwirrte Neuleser: in Ist der wirklich sooo schlecht? werfe ich einen Blick auf Filme, die bei Kritik und Publikum durchgefallen sind und stelle die Frage Ist der wirklich sooo schlecht? Und dann wundere ich mich, dass sich in den Kommentaren nur Leute melden, die den Film toll finden. Okay, das Prinzip ist so simpel, dass es eigentlich keine Erklärung gebraucht hätte. Und ja, die drei ooo müssen sein. Sonst kann das ja jeder.

Heute werfe ich einen Blick auf den Stephen Sommers Film ‚Octalus‘, wie aufmerksame Leser von Überschriften bereits wissen. Gutes Zeichen (für mich): ich mag Sommers Version von ‚Die Mumie‘ mit Brendan Fraser etwas lieber als der Rest der Welt. Schlechte Zeichen (für jeden): Sommers zeichnet auch für ‚Die Mumie kehrt zurück‘ und *schauder* ‚Van Helsing‘ verantwortlich. Da ist also alles offen.

John Finnegan (Treat Williams) und die Crew seines Schnellbootes werden gezwungen eine Gruppe Söldner zu einem megamodernen Luxuskreuzfahrtschiff zu bringen, dass diese plündern und versenken wollen. Auf dem Schiff angekommen, stellt sich die Techno-Titanic allerdings als Geisterschiff heraus. Unter den wenigen Überlebenden sind Schiffseigner und korporatistischer Unsympath Simon Canton (Anthony Heald), sowie die Taschendiebin und Namen-die-es-nur-im-Film-gibt Inhaberin Trillian St. James (Famke Janssen). Gigantische, blutnuckelnde Tiefseewürmer haben sich auf dem Schiff einquartiert und haben trotz einer fetten Portion High-Society Touristen immer noch Appetit auf frisches Hämoglobin. Oder sind es am Ende gar keine Würmer, sondern Tentakel einer zentralen, noch furchtbareren Kreatur (und habe ich die Frage schon beantwortet, indem ich sie gestellt habe?)?

Ich gebe zu, ich kenne mich in der Filmografie von Hauptdarsteller Treat Williams nicht wirklich aus. Sollte ich ihn allein nach diesem Film beurteilen, würde ich sagen, er ist jemand, den man anruft, wenn das Budget nicht für Kurt Russel reicht. Und man bekommt dann exakt wofür man bezahlt hat. Er ist nicht schlecht, nimmt das Ganze nicht zu ernst und liefert den einen oder anderen Oneliner ganz gekonnt ab. Und ist der Film dann abgeschaltet vergisst man ihn auf der Stelle. Ich habe ihn für diesen Film „Kapitän Geht-So“ getauft. Famke Janssen, die ich üblicherweise nicht sonderlich gut finde, hat mich hier positiv überrascht. Sie bekommt nicht wahnsinnig viel mehr zu tun als der Love-Interest für Kapitän Geht So zu sein aber das Wenige was sie hat, tut sie vergnüglich und mit erkennbarem Spaß. Unter den Söldnern sind Djimon Hounsou und vor allem der stets unterschätzte Wes Studi zu erwähnen, die ihre Charaktere mit jenem unsympathischen Reiz ausstatten, der dafür sorgt das es Spaß macht ihnen zuzusehen aber man sich auch ein wenig drauf freut, dass sie endlich vom heißhungrigen Meeresgrundling verknuspert werden.

Und dann ist da noch Kevin J. O’Connor. Beni aus ‚Die Mumie‘, falls Ihr Euch dran erinnert. Und wie in der Mumie gilt auch hier, dass Sommers ihn wahnsinnig komisch zu finden scheint. Die Gründe dafür sind nicht erkennbar. Hier wie da nervt er, ist unerträglich uncharismatisch und soweit von komisch entfernt, wie Kapstadt von Trondheim. Aber während er in der Mumie nur eine kleine Rolle hatte, ist er hier, als Kapitän Geht Sos Mechaniker Joey, beinahe allgegenwärtig. Selbst als man sicher zu sein glaubt, dass er endlich Tiefseefutter geworden ist taucht er (wortwörtlich) wieder auf. Er ist wie ein cinematischer Tinnitus: annähernd unerträglich, schwer zu ignorieren und er geht einfach nicht weg. Wenn der Film eine überdeutliche Schwachstelle hat, so heißt sie Joey.

Das Produktionsdesign auf der anderen Seite ist ziemlich gut. Wir sehen sehr viel vom Schiff und zwar eindeutig unterscheidbare Gebiete und nicht nur anonyme Gänge. Ein Raum, gefüllt mit blutigen Skeletten war ehrlich gesagt effektiver als alles, was ich diesem Film zugetraut hätte. Das kann auch als Hinweis genommen werden, dass eine Menge passiert, die Charaktere begegnen den Monstern oder überraschend einander oder anderen Gruppen und fast immer artet es in Feuergefechte aus. Die sind nicht immer wahnsinnig gut inszeniert aber meist unterhaltsam genug. Langweilig wurde mir jedenfalls nicht.

Das Monster auf der anderen Seite ist ein anderes großes Problem des Films. Die Mitte bis späten 90er waren ohnehin keine gute Zeit für Monster. Viel zu sehr verließ man sich auf CGI, obwohl die Technik noch nicht einmal annähernd ausgereift genug war. Und so sind auch hier Greenscreens problemlos erkennbar und das CGI Ding eben immer nur ein CGI Ding. Dier Tentakel gehen zwar noch durch aber das Vieh selbst im Grande Finale wirkt wie der Endgegner aus einem beliebigen Spiel der ersten PlayStation. Inklusive „bitte-hierhin-schießen, da-bin-ich-verwundbar“ Leuchtpunkt. Vom CGI Wasser will ich gar nicht erst anfangen.

Vermutlich werdet ihr es aufgrund meiner Beschreibung schon bemerkt haben, ‚Octalus‘ ist letztlich ‚Aliens‘ aufm Schiff, nur schlechter und lustiger. Für eine B-Movie Prämisse ist das aber eigentlich solide genug. Ist ‚Octalus‘ nun also sooo schlecht? Tja, da wollte ich gerade ein sattes „nein“ tippen und dann sah ich vor meinem inneren Auge Joey, wie er (un-)lustig in die Kamera greint. Wenn Euer Humor eher wie der von Sommers gelagert ist und Ihr schon immer gedacht habt, eine dauernörgelnde Nervbacke würde ‚Aliens‘ erheblich verbessern, dann ist es absolut ein „nein“, er ist nicht sooo schlecht. Für alle anderen bleibt ein deutliches und entschlossenes „jein“. Ich bereue nicht den Film gesehen zu haben aber eine unentdeckte Perle ist er sicherlich auch nicht.

Und damit hätte diese erste neue Folge der Serie ein wunderbares Wischi-Waschi Ende gefunden. Es würde mich freuen, wenn ihr mich wissen lasst, wie Euch diese (hoffentlich) eher unterhaltsame als informative Version von Ist der wirklich sooo schlecht gefällt. ich hatte beim Schreiben zumindest Spaß, die eine oder andere Folge wird also so oder so nicht ausbleiben.

Letzte Woche gelesen: ‚VHS – Video Cover Art‘ von Thomas Hodge

Ah, „Letzte Woche gelesen“, jene Kategorie, die so selten bedient wird, dass sie eigentlich gar keine Kategorie ist. Gerüchte, dass es sie nur gibt, um Behauptungen vorzubeugen ich sei eigentlich Analphabet und würde diese wirren Texte hier auf Schellack-Platten aufnehmen, dann von 30 Affen mit 30 Schreibmaschinen abtippen lassen, bevor ich sie einscanne und mit zusätzlichen Kommafehlern, versehe sind natürlich völliger Blödsinn und werden fraglos vom versierten Leser als die hundsgemeinen Fake-News durchschaut, die sie sind. Doch kommen wir zum Thema:

Es war einmal vor langer, langer Zeit, da gab es etwas, das hieß „Videothek“. Das war so etwas wie Netflix oder Amazon Prime, allerdings musste man dafür das Haus verlassen. Und in diesen Videotheken gab es die Filme (vor langer, langer Zeit) nicht etwa auf Bluray oder DVD, sondern auf VHS Kassetten. VHS war ein Videoformat, dass seinem Konkurrenzsystem Betamax technisch in jeder Hinsicht unterlegen war. VHS war aber in der Produktion billiger und so entschied sich die Pornoindustrie auf VHS zu setzen. Da es damals noch kein Internet gab, war das ’ne große Sache und das Rennen war entschieden. Weiterlesen

Gestern Gesehen: Electric Boogaloo (2014)

1979 beschlossen die israelischen Cousins Menahem Golan und Yoram Globus nach Los Angeles zu gehen und den amerikanischen Traum zu leben. Also von reichen Männer zu noch reicheren Männern zu werden. Denn die beiden waren in Israel Produzenten des ersten „Eis am Stiel“ Films, einer Erotikkomödie, die ein internationaler Erfolg wurde (in (West-)Deutschland z.B. Platz 11 der Charts). Das so verdiente Geld investierten sie um die Hollywood-Klitsche „Cannon Group“ zu kaufen, die zu dieser Zeit auf die Herstellung kostengünstiger Slasher und Erotikfilme spezialisiert war.

Franco Nero - Texas Ninja. . . wait,what?

Franco Nero – Texas Ninja. . . wait,what?

Golan und Globus verschoben den Fokus mehr in Richtung billige Actionfilme (wer jemals einen 80er Chuck Norris oder amerikanischen Ninja Film gesehen hat kennt zumindest einen Cannon Film).

Michael Dudikoff - möchte bitte von den 'Expendables' angerufen werden. . . bitte? halloho!

Michael Dudikoff – möchte bitte von den ‚Expendables‘ angerufen werden. . . bitte? halloho!

Electric Boogaloo blickt zurück auf die Schaffenszeit von Golan und Globus bei Cannon Films in Interviews mit Mitarbeitern, ehemaligen Stars und Regisseuren. Diese gehen manchmal über einen amüsierten Rückblick hinaus und bei manchem Interviewpartner kommen alte Empörung, Enttäuschung oder gar blanker Hass zum Vorschein. Auch die oftmals „kreative“ Finanzierung der teilweise über 40 Filme pro Jahr bleibt nicht außen vor. Aufgelockert wird das ganze durch Ausschnitte aus den besprochenen Filmen und Archivmaterial aus Nachrichtensendungen und Cannon Werbematerial. Der Schnitt ist hierbei manchmal etwas frenetisch und man wünscht sich die eine oder andere Information etwas länger verdauen zu können.

Später Protest für unbezahlte Filmcrews

Später Protest für unbezahlte Filmcrews: Laurene Landon verbrennt eine ‚America 3000‘ VHS

Zum Glück werden auch die – wenigen aber durchaus vorhandenen – guten bis großartigen Filme nicht übergangen. Tobe Hoopers „Lifeforce“, Franco Zeffirellis „Otello“ (der die Zusammenarbeit mit Golan und Globus gar als die Beste seiner Karriere bezeichnet) und mein persönlicher Favorit „Runaway Train“.

Rufen vermutlich gerade die 'Expendables' an Yoram Globus (sitzend) und Menahem Golan

Rufen vermutlich gerade die ‚Expendables‘ an Yoram Globus (sitzend) und Menahem Golan

Das Ende der großen Cannon Zeit kam dann 1987 aufgrund drei großer Flops: „Over The Top“(der Armdrückfilm mit Sylvester Stallone unter Regie von Menahem Golan), Superman 4 (ein Film, den eigentlich keiner der Beteiligten machen wollte – man merkt’s) und „Masters of the Universe“ (hey, Frank Langella hatte Gerüchteweise Spaß als Skeletor – gut für ihn). Diese kommen natürlich auch nicht zu kurz.

"Mein Sohn liebt Skeletor" Frank Langella in einer seiner liebsten Rollen

„Mein Sohn liebt Skeletor“ Frank Langella in einer seiner liebsten Rollen

FAZIT: Portrait zweier Rebellen, die Hollywood für einige Jahre aufgemischt haben. Es werden die guten wie auch die wirklich schlechten Seiten beleuchtet, ohne, dass der Film selbst Urteile fällen würde. Der rasante Schnitt mag den einen oder anderen nerven.

8/10 nicht zu Ende gedachten Filmideen

PS: weil ich vermutlich nie mehr ’ne Ausrede finde sie zu posten, hier zwei Ausschnitte aus Golans 1980er Musical „The Apple“ die man gesehen haben muss, um sie zu glauben:

Life is noTHING but showBUSiness – man beachte den Segway, 20 Jahre bevor es das Gerät gab

How to be a Masteur – man beachte irgendwie alles