Stuntleute: fürs Prügeleinstecken gibt’s keine Preise

Jeder Filmfan ist irgendwo beindruckt von Stuntleuten. Drohte ihr Berufsstand über viele Jahre womöglich von CGI Trickserei überflüssig gemacht zu werden, hat in den letzten Jahren der Erfolg von Filmen wie ‚John Wick‘, ‚Fury Road‘ oder der ‚Mission: Impossible‘ Reihe gezeigt, dass „echte“ handgemachte Stunts, vielleicht unterstützt von CGI, einen weit größeren Wow-Effekt auszulösen vermögen, als reine Computergrafik. Irgendwas in unserem Hirn erkennt, wozu menschliche Körper in der Lage sind und was eben nur noch ein „Cartoon“ ist.

Auch Hollywood scheint diese neue Liebe für Stuntleute erkannt zu haben. Brad Pitt hat einen Oscar gewonnen, für seine Darstellung von Stuntman Cliff Booth in Quentin Tarantinos ‚Once Upon A Time in Hollywood‘. Derzeit läuft ‚The Fall Guy‘ im Kino, eine Wiederauflage des alten Colt Seavers Stoffes und dem Vernehmen nach eine Hommage an das Stuntfach. Das ist schön und gut, doch hat Pitts Oscargewinn Stunt Koordinator Jack Gill zu einer inzwischen zum Meme geworden Bemerkung gebracht: „Ist es nicht erstaunlich, dass man als Schauspieler, der einen Stuntman spielt einen Oscar gewinnen kann? Aber als Stuntman kann man keinen Oscar gewinnen?“ Und Gill muss es wissen, hat er doch über 30 Jahre lang versucht, die Academy dazu zu bewegen, einen Preis für Stuntleute auszuloben. Ohne Erfolg.

Sind es bekannte Stars, die ihre eigenen Stunts vollführen, dann wird viel darüber geredet und geschrieben, das Publikum zeigt sich tief beeindruckt. Sei es ein Tom Cruise oder ein Jackie Chan (das soll kein Vorwurf an beide sein, gerade Chan hat sich bereits in den 70ern dafür eingesetzt, dass Stuntleute in seinen Filmen im Abspann genannt werden, was keinesfalls üblich war!). Darsteller können auch von Stunts profitieren, wenn sie sie gar nicht selber vollführen. Charlize Theron etwa, hat sich in den letzten Jahren zur Actiondarstellerin entwickelt. Völlig verdient, wie ich gleich anmerken möchte. Allerdings werden doch auch eine Dayna Grant oder Monique Ganderton daran gewisse Mitarbeit geleistet haben. Wer sind die? Ihre Stuntfrauen in ‚Fury Road‘ bzw. ‚Atomic Blonde‘. Das ist übrigens gar nicht leicht herauszufinden. Googelt man zum Zeitpunkt zu dem ich dies schreibe „Charlize Theron stunt performer“ findet man Aurélia Agel. Und tatsächlich, Frau Agel war mehrfach Stuntfrau für Theron (etwa in ‚Fast & Furious X‘), aber für Google interessant ist sie eher, weil die Klatschpresse auf sie aufmerksam wurde, da sie Justin Howell, Chris Hemsworths Stuntperformer geheiratet hat. Cool.

Was also sind die Gründe, warum Stunts einerseits essentieller Teil des Kinos sind, dem von Publikum und Machern immer wieder Respekt gezollt wird, der aber ohne eine Kategorie beim größten Preis der Filmbranche auskommen muss?

Erste Vermutung: Snobismus. Die Hollywoodeliten schauen auf das Stuntproletariat herab und wollen es nicht würdigen. Das ist jetzt natürlich absichtlich dick plakativ formuliert, wird aber sicherlich zu einem Teil durchaus wahr sein. Viele technische Kategorien der Oscars werden in ihre eigene „Show“ ausgelagert, die nicht im Fernsehen übertragen wird. Oscars sind Glamour und Glanz der Stars. Da mögen Stuntleute vielleicht nicht ganz reinpassen. Aber das ist auch genau der Grund warum ich es nicht glaube. Wenn Hollywood auf ein „Proletariat“ herabschaut, dann sind das CGI Künstler und die bekommen ihren eigenen Preis für visuelle Effekte. Lagert halt den Stuntpreis auch zu den Technik-Oscars aus, Problem gelöst.

Zweite Vermutung: es zerstört die Magie des Films. Wir wollen für 90 Minuten glauben, dass Arnold Schwarzenegger oder Bruce Willis diese Charaktere sind, die alles einstecken können und nur umso härter austeilen. Wenn wir merken, dass das irgendwer anderes ist, der vom Dach springt, oder vom Auto umgefahren wird, dann beschädigt es den Film an sich. Das halte ich ebenfalls für unsinnig. Im Zeitalter der DVD konnte uns Hollywood gar nicht genug hinter die Kulissen gucken lassen. Die eigentliche „Magie“ des Films ist, dass wir alle ziemlich genau wissen, wie er gemacht wird, er aber dennoch funktioniert. Beim Bühnenmagier wissen wir auch, dass der „nur“ flinke Finger hat, beeindruckt sind wir doch. Überzeugt mich also auch nicht.

Kommen wir also zum dritten Punkt Der ist weniger eine Vermutung, sondern die häufig gelesene, wenn auch nicht ganz „offizielle“ Begründung: ein Preis würde zu immer gefährlicheren Stunts verführen. Und das ist ja nun der größte Quatsch überhaupt. Dieses sprichwörtliche „höher, schneller, weiter“ Denken gibt es doch ohnehin schon. Adrenalinjunkie Cruise muss sich für jeden ‚Mission: Impossible‘ Film irrsinnigere Stunts ausdenken. Jeder ‚John Wick‘ Film muss den letzten in Sachen Rumms übertrumpfen. Schaut Euch die, im wahrsten Sinne des Wortes, halsbrecherische Eskalation von Jackie Chans Stunts an, bis er, notwendiger Weise, die Reißleine gezogen hat.
Aber es gewinnt doch ohnehin in keiner Kategorie der auffälligste Kandidat. Es gewinnt doch nicht die grellste Maske, die irrsinnigsten Kostüme oder das durchgeknallteste Setdesign. Es gewinnt, wenigstens theoretisch, wir reden hier immer noch über Oscars, der Beitrag, der den künstlerisch wichtigsten Beitrag zur Gesamtheit des nominierten Films beigetragen hat. Und das wäre bei Stunts ja nicht anders. Bloß weil jemand ohne Netz einen Dreifachsalto von einem Hochhausdach an eine Quadcopter-Drohne vollführt, wäre das ja noch lange nicht preiswürdig, solange es nicht zur Gesamtheit des umliegenden Films beiträgt. Und da halte ich Stuntkoordinatoren für erfahren und vernünftig genug, die Gesundheit ihrer Stuntleute nicht aus purer Preisgeilheit zu verheizen.

Die Gründe überzeugen mich also nicht, aber den Preis gibt es trotzdem nicht. 2025 wird es einen Oscar für das beste „Casting“ geben. Einen Preis, den ich für redundant halte, der mit besten (Neben-)Darstellern abgedeckt sein sollte. Bestes Ensemble hätte ich da noch für vernünftiger gehalten. Stuntleute werden jedoch wieder leer ausgehen. Aber hey, vielleicht wird ja Ryan Gosling für ‚The Fall Guy‘ nominiert. Dann kann man immerhin das alte Pitt/Gill-meme direkt wieder aufwärmen.  

Die 5 Besten am Donnerstag: 5 Sitcoms für leichte Unterhaltung und Lacher

Willkommen bei den 5 Besten am Donnerstag! Passion of Arts Thema heute lautet: 5 besten Sitcoms für leichte Unterhaltung und Lacher. Klare Aufgabe, legen wir los!

5. ‚Flight of the Conchords‘

Jemaine Clement und Bret McKenzie spielen fiktionalisierte Versionen ihrer selbst, die mit der „Hilfe“ von Murray, einem gänzlich unqualifizierten Mitarbeiter des neuseeländischen Konsulats, den Durchbruch in den USA schaffen wollen. Eine wunderbar entspannte Serie, mit Songs, die im Ohr bleiben.

4. ‚Blackadder‘ (ab Staffel 2)

Rowan Atkinson wird sehr mit seinem Charakter Mr. Bean identifiziert. Dabei ist Blackadder doch viel besser! Jedenfalls ab Staffel 2. Staffel 1 ist eine ‚Richard III.‘-Parodie zum Füßeeinschlafen. Doch ab Staffel 2 hat sich die Serie gefunden und präsentiert den stets erfolglos Intrigen spinnenden Blackadder, seinen unfähigen Handlanger Baldrick und Miranda Richardson, Stephen Fry, Hugh Laurie und Rik Mayall als unerträgliche Adlige in verschiedenen Geschichtsepochen.

3. ‚30 Rock‘

Eine Serie rund um den writers room einer fiktionalisierten Version von Saturday Night Live klingt erst einmal unerträglich selbstreferentiell, erweist sich jedoch schnell als eine durchweg kreative Serie, die vor allem mit einer Vielzahl unterhaltsamer Charaktere glänzen kann.

2. ‚Arrested Development‘

Die Abenteuer einer gefallenen Dynastie einer ehemals superreichen Familie, die nun lernen muss, wie die „normale“ Welt funktioniert.

1. ‚Die Simpsons‘ (Staffel 3-8)

Ich glaube über die Serie hab ich schon genug gesagt. Zwischen Staffel 3 und 8 ist es quasi unmöglich eine schlechte Folge zu finden. Und sie hat meinen Humor unheilbar geprägt.

Newslichter Ausgabe 290: Horror-Ruhestand, Netflix und die K.I. und Tarantinos tote Filmkritik…

Willkommen bei Ausgabe 290 des Newslichters. Viel los heute, daher mal wieder eine echte Einleitung. Legen wir direkt los!

Horrorlegende geht in den Ruhestand

Darsteller Brad Dourif hat verkündet, dass er mit 74 Jahren nun weitgehend in den Ruhestand gehen will. Weitgehend daher, weil er immer noch als Stimme für Mörderpuppe „Chucky“ zur Verfügung stehen wird. Weil er deren Schöpfer, Don Mancini, als Familie betrachtet, so der Darsteller. Und vermutlich auch deshalb, weil es eben „nur“ Synchronisationsarbeit ist. Dourif feierte sein Debüt in ‚Einer flog übers Kuckucksnest‘, nachdem ihn Milos Forman im Theater gesehen hatte. Es folgten kleinere Rollen für Regisseure wie David Lynch oder Werner Herzog, aber auch eine Hauptrolle als soziopathischer Predigerin John Hustons ‚Wise Blood‘. Zur Horrorikone machte ihn dann wohl die links-rechts-Kombination aus ‚Chucky – die Mörderpuppe‘, wo er als Serienmörder Charles Lee Ray Puppe Chucky mittels schwarzmagischer Seelenwanderung erst zur „Mörderpuppe“ machte, und ‚Der Exorzist III‘, wo er den „Gemini“ Serienmörder gibt, der eine überraschende Verbindung zum ersten Film der Reihe darstellt. Chucky ist seine langlebigste Rolle geblieben, aber er tauchte auch in zahllosen anderen Horrormedien auf, so hinterließ er etwa einigen Eindruck in der ersten Staffel von ‚Akte X‘ und war vermutlich das Beste an ‚Alien: Ressurection‘. Seinen größten Filmerfolg feierte er jedoch abseits vom Horror, als Widerling Grima Schlangenzunge in Peter Jacksons ‚Herr der Ringe‘ Filmen. Meine persönliche Lieblingsrolle von ihm, ist der wunderbar gegen den Typ besetzte Doc Cochran, in der Serie ‚Deadwood‘. Dourif ist fraglos jemand, der fehlen wird. Aber nicht nur er als Person, sondern vielleicht noch mehr das, was er repräsentiert. Diese alte Art von charakterstarkem Nebendarsteller, die immer mindestens 100% geben, egal wie billig das Projekt und die es allein durch ihre Anwesenheit schon besser machen. Kauzige Charakterköpfe wie Dourif scheinen im modernen Hollywood immer weniger nachzuwachsen und das ist ein großer Fehler.

Netflix und die K.I.

Ich habe meine Meinung zur Nutzung derzeitiger K.I. in Filmen hier bereits mehr als ausreichend dargelegt. Kurz zusammengefasst: ich find’s scheiße! Wenn es aber eine Gattung von Film gibt in der K.I. generierte Bilder mal so überhaupt gar keinen Platz haben dürften, ganz egal was man von ihrem Einsatz ansonsten halten mag, dann ist das wohl die Dokumentation. Denn diese hat ja irgendwo immer noch den Anspruch, die Realität abzubilden. Sicherlich durch die Weltsicht der Macher gefiltert und verzerrt, aber das Gezeigte sollte doch einen gewissen Anspruch auf Wahrhaftigkeit haben. Die Netflix Doku ‚What Jennifer did‘, um einen Auftragsmord in Kanada im Jahr 2010, hat nun offenbar Fotos einer der Beteiligten, eben der Titelgebenden Jennifer, mittels K.I erstellt. Zumindest zeigen die Bilder die typischen K.I. Merkmale, die Finger an den Händen sind falsch und gewisse Gesichtsmerkmale bei genauem Hinschauen verzerrt. Die Bilder zeigen nichts Außergewöhnliches, lediglich Jennifer beim Feiern. Hier hätte man in früheren Zeiten wohl einfach symbolische Aufnahmen irgendwelcher Tanzenden verwendet, aber wozu, wenn man sich mittels K.I. doch auch einfach einen Menschen so erfinden kann, wie man ihn sehen will (oder, wichtiger, wie er gezeigt werden soll). Ich habe ohnehin meine ganz eigenen Probleme mit der ganzen True Crime Welle, die seit Jahren über uns hereinbricht und die sich mit sensationalistischer Gier über die finstersten Momente echter Menschen hermacht. Zugegeben, ich erwarte wenig in Sachen journalistischer Ethik von den Machern dieser Stoffe, aber ich hatte nicht erwartet, dass sich diese Probleme so bald mit  meinen Problemen mit K.I.-Verwendung verbinden. Es wird aber immer deutlicher, dass K.I. ihren Weg in den Film jeder Art finden wird. Im Moment noch auf Wegen, die keine neuerliche Auseinandersetzung mit mächtigen Gewerkschaften bedeutet (vornehmlich Werbematerial), die aber oft genug nicht weniger eklig sind. Es bedarf Regulierung und zwar besser gestern als heute.

Programmtipps von der K.I.

Falls Ihr gehofft habt, das wär es mit Netflix und der K.I. gewesen, dann muss ich Euch leider enttäuschen. Autor/Regisseur Brian Helgeland hat des Seite inverse ein Interview gegeben und dabei kam die Sprache auch auf ein mögliches Sequel zu seinem Film ‚Ritter aus Leidenschaft‘. Helgeland erzählt, dass er ausgearbeitete Ideen dazu habe, aber das Sony kein Sequel machen wollte. Netflix hingegen waren interessiert, doch, so Helgeland, nachdem sie die Chancen eines solchen Sequel durch ihre Algorithmen haben überprüfen lassen, mussten sie doch abwinken, denn die K.I. sah darin keine besonders guten Chancen.
Ich weiß was ich jetzt eigentlich sagen müsste, um meinem üblichen Tenor zu entsprechen: „AAAAAAAaaargh! K.I. beschränkt die Kreativität, das ist ja widerlich!!!“ Und, zugegeben, ein Teil von mir denkt das auch. Aber, ganz ehrlich? Ein Sequel zu ‚Ritter aus Leidenschaft‘? Ohne Heath Ledger? Braucht weder Mensch noch Computer. Mehr spaßige Mittelalter/Fantasy Filme? Gerne! Ber dafür muss man nicht eine bald 24 Jahre alte (oh Gott, oh Gott, ich zerfalle schon wieder zu Staub!) Marke reaktivieren, deren Star inzwischen tragisch verstorben ist! Aber bloß weil ich einmal derselben Meinung wie K.I. bin heißt nicht, dass ich sie mag. (Wobei ich mich ein Stück weit frage, wieviel Einsatz von Algorithmen wirklich dahinter steckt. „Computer sagt nein“ sagt sich halt leichter als „Ich finde deine Idee scheiße“)

Tarantinos ‚The Movie Critic‘ kommt nicht

Quentin Tarantino scheint es mit seinem Plan nur 10 Filme machen zu wollen wohl doch ernster zu meinen, als ich ihm bisher zugestanden habe. Denn nun hat er die Arbeit an ‚The Movie Critic‘, der Film Nummer 10 werden sollte eingestellt. „Er hat einfach seine Meinung geändert“, berichtet das Magazin Deadline. Das ist erstaunlich, vor allem deshalb, weil wohl schon einige Arbeit in den Film geflossen ist. Aber Tarantino scheint jemand zu sein, der bereits zu Lebzeiten viel (vielleicht zu viel) über sein cinematisches „Vermächtnis“ nachdenkt. Niemand weiß, ob sich eine Generation nach seinem Tod noch jemand an seine Filme erinnern wird. Das scheint auch weitgehend unmöglich vorherzusagen oder zu kontrollieren. Seine Idee nur 10 Filme zu machen, um nicht irgendwann nur noch irgendwas ohne wirkliche Kreativität ins Kino zu bringen, in allen Ehren, aber was wenn er nach Film 10 dann halt doch die perfekte Idee für einen 11ten Film hat? Schulterzucken? Obwohl er einer der ganz wenigen Privilegierten ist, die noch allein Kraft ihres Namens einen Film finanziert bekommen? Das erscheint wenigsten mir ein bisschen dämlich. Letztlich benötigt Tarantino allerdings sicherlich kaum etwas weniger, als Karriere-Tipps von mir. Mach was du willst Quentin, damit bist du bislang ja gut gefahren.

‚Mission: Impossible – Dead Reckoning Teil Eins‘ (2023)

Hoppla, ich habe den neuesten ‚Mission: Impossible‘ hier noch gar nicht besprochen? Und das wo ich die Filme hier doch eigentlich immer komplett hatte. Naja, ist ja noch keineswegs zu spät, um das nachzuholen. In den McQuarrie/Cruise Teilen der Reihe weiß man inzwischen eigentlich recht gut, was man bekommt. Nicht zuletzt weil Cruises irrsinnigster Stunt stets zentraler Teil der Werbekampagne ist. Ich muss allerdings zugeben, dass mich die Zweiteilung dieses Films von Anfang an ein wenig erstaunt hat. Die letzten Filme haben durchaus aufeinander aufgebaut (im Gegensatz zu den früheren Filmen, in denen ohne Kommentar komplett neue Teams um Cruises Ethan Hunt auftauchten (abgesehen von Luther, natürlich!)), bleiben aber immer für sich schaubar. Ich glaube nicht, dass man sich einen Gefallen damit getan hier dem „Teil 1“ Trend zu folgen, weil genau das der Struktur dieses Films überhaupt nicht gutgetan hat. Aber kommen wir erst einmal zur Geschichte.

Ein hochmodernes, russisches Tarnkappen-Uboot sieht sich im Beringmeer plötzlich mit einem feindseligen, amerikanischen Uboot konfrontiert. Es stellt sich jedoch heraus, dass die Systeme des russischen Uboot gehackt wurden. Es gab nie einen Gegner und das Schiff zerstört sich selbst. Die Schlüssel zum KI-Kern des Bootes werden später geborgen. Einer wird von Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) gestohlen, die in der Arabischen Wüste von Hunt (Cruise) gefunden wird. Inzwischen wird allerdings deutlich, dass die beiden Schlüssel Zugriff auf „die Entität“ geben. Eine künstliche Intelligenz mit Bewusstsein und unbekannten Zielen, die Sicherheits- und Bankensysteme überall auf dem Planeten unterwandert. Jede Nation will nun die Schlüssel in die Hand bekommen, um „die Entität“ zu kontrollieren. Einzig Hunt und sein Team aus Ilsa, Benji (Simon Pegg) und Luther (Ving Rhames) will sie zerstören. So werden sie zu auf der ganzen Welt Gejagten. Auch Taschendiebin Grace (Hayley Atwell) gerät in den Sog des Geschehens. Und was genau wollen eigentlich der mysteriöse Gabriel (Esai Morales) und seine chaotisch-brutale Handlangerin Paris (Pom Klementieff)? Nix Gutes, so viel ist schon mal klar!

Die Themen der späteren ‚Mission: Impossible‘ Teile laufen hier in ein Finale. „Technologie kann man nicht vertrauen, am Ende rettet immer nur die Loyalität guter Freunde den Tag (und die Welt…)“, ist vielleicht das zentrale Thema der Filme. Daher ist ja auch Ethans Fähigkeit Freunden gegenüber loyal bis zur Selbstaufopferung zu sein und diese Loyalität auch bei anderen zu wecken, quasi seine Superkraft. Hier spitzt sich die fehlbare Technologie nun auf eine offen feindselige Super-KI zu. Einer Art Skynet in den Kinderschuhen. Das ist natürlich einerseits dem derzeitigen Diskurs über Künstliche Intelligenz geschuldet, ergibt sich aber thematisch eben wunderbar aus den bisherigen Filmen. Auch wird hier nun endgültig deutlich, dass man keiner Regierung und das schließt die US-amerikanische explizit ein, wirklich trauen kann. Das ist eine Abkehr vom „Kalter Krieg“ Agentenfilm, in dem der Westen immer „der Gute“ war und alle anderen „die Bösen“. Auch das ergibt sich aus den bisherigen Filmen, in denen Staatsekretäre und CIA oft mindestens als Hindernis, oft genug aber als fehlgeleitete oder schlicht „böse“ Widersacher auftraten.

Das bringt allerdings auch einige der Serie inhärente Probleme mit sich. Die Serie krankt an mäßig spannenden Widersachern. ‚Fallout‘ immerhin hat hier ordentlich vorgelegt, mit Sean Harris als durchaus spannendem Superschurken und Henry Cavill als charismatischem Verräter. Ein Algorithmus als Gegner ist erst einmal Garnichts. Und leider bleibt Gabriel als sein Handlanger reichlich blass. Weil wir bis zum Schluss nicht wirklich erfahren, was seine Motivation ist, als menschliches Organ der KI zu fungieren. Auch seine Verbindung in Hunts Vergangenheit bleibt nur angedeutet. Hier schadet der „Teil 1“ ganz erheblich. Das wird alles in „Teil 2“ geschoben. Gabriels eigene Handlangerin bekommt noch weniger Raum wird aber immerhin von Pom Klementieff als Harley Quinn-eske Chaotin durchaus unterhaltsam inszeniert. Aber auch hier macht uns der Film deutlich, dass wir auf Teil 2 warten müssen.

Strukturell bleiben McQuarrie und Cruise dem treu, was ihre Filme funktionieren lässt. Es gibt ungefähr ein halbes Dutzend gigantische Actionsequenzen. Dazwischen Szenen, in denen Hunt und sein Team darüber sprechen, wie die nächste Actionsequenz ablaufen soll. Natürlich läuft die dann nie wie geplant und so muss improvisiert werden, was das Vergnügen der Szenen ausmacht. Und der Film agiert hier teilweise mit so unglaublich vielen beweglichen Teilen in einer Szene, dass es ernstlich atemberaubend ist, wie es gelingt die alle in ein Ganzes zusammenzuführen. Meistens gelingt das aber.

Das mag damit zu tun haben, dass McQuarrie hier einem ähnlichen Ansatz folgt wie ein Jackie Chan, nur hochskaliert auf Blockbuster-Budget. Chan etabliert einen Raum, dann nutzt er alles in diesem Raum für oftmals überraschende Action. Doch wo das bei Chan ein Zimmer, ein Haus, oder vielleicht mal ein Schloss ist, sind es bei ‚Mission: Impossible‘ der Flughafen von Abu Dhabi, der Orientexpress oder… Rom. Ich sage meist gelingt es die Action zu einem funktionierenden Ganzen zu koagulieren, aber leider nicht immer. Eben in Rom wird eine dramatische Verfolgung durch fast cartoonhafte Szenen in einem alten, frisierten FIAT 500 unterbrochen, die trotz der Chemie von Hayley Atwell und Cruise, nicht so wirklich zum Ton des Rests passen wollen, auch wenn sie in sich durchaus unterhalten. Und in kleinerem Maße finden sich solche Momente in fast allen Actionszenen.

Dazu kommt, dass der Film einige dieser inzwischen problemlos erkennbaren Merkmale einer Pandemie Großproduktion hat. Viel mehr als irgendwie nötig wird in isolierten Großaufnahmen präsentiert und Städte wie Venedig erscheinen erstaunlich leer (okay, schlechtes Beispiel, Venedig ist im Film immer erstaunlich leer, aber Ihr wisst was ich meine…). Klar, dafür können die Filmemacher absolut nichts, aber das macht es ja leider nicht wirklich besser.

Da ich einen noch recht neuen Film nicht spoilern möchte, schreibe ich hier nur ganz allgemein, dass mir der Umgang mit einem etablierten Charakter der Reihe überhaupt nicht gefallen hat. Diesen zu nutzen, um einem recht öden Schurken eine gewisse Gefährlichkeit zu geben und Hunt eine Motivation ist klischeehaft, billig und dieses Charakters nicht würdig.

Wow, das war jetzt ganz schön viel Negatives, ABER im Großen und Ganzen hatte ich durchaus Spaß mit dem Film. Im Gegensatz zu ‚Fallout‘ habe ich aber die 2 Stunden 40 Minuten Laufzeit durchaus in meinem Sitzfleisch gespürt. Insofern landet der Film im oberen Mittelbereich der Reihe. Einer Reihe, die mir eigentlich immer (mit der Ausnahme von Teil 2, wobei ich dem heute etwas milder gegenüberstehe als zum Erscheinen) großes Vergnügen bereitet.

Das Lustige ist, dass man theoretisch die Handlung dieses Films in 10 weiteren Minuten beenden und dann im nächsten Film etwas anderes angehen könnte. Die Tatsache, dass der hier ein wenig hinter den Erwartungen zurückblieb und  der nächste womöglich nicht mehr ‚Mission: Impossible – Dead Reckoning Teil Zwei‘ heißen soll, lässt mich fast vermuten, dass genau das passieren könnte.

Kevin Smiths verlorener Film oder „Der erste NFT Film der Welt“

Wir leben in einer verdammt schnellen Zeit. Das merkt man etwa daran, dass sich „NFTs“ inzwischen wahnsinnig weit weg anfühlen. Non Fungible Tokens waren eine Lösung auf der Suche nach einem Problem. Einmalige, nicht teilbare Krypto-Assets, die man für Kryptowährung erwerben kann und die zumeist eine URL repräsentieren, die auf irgendeine Art von Mediendatei verweist. Allerdings erwirbt man keinerlei Rechte an der Mediendatei selbst nur eben am einmaligen Zugang, den man weiterverkaufen kann. So habe ich es jedenfalls verstanden.

Die meisten Anleger wussten damit nichts anzufangen und die meisten Anbieter schienen oftmals selbst nur halbwegs zu verstehen, was sie da eigentlich hatten. Nach einem vieldiskutierten Hype 2021 und im Frühjahr 2022, brach der Handel mit NFTs bereits im Laufe des restlichen Jahres 2022 um 97% ein. Was auch immer NFTs gewesen sein sollten, sie waren schon wieder erledigt.

Bereits gegen Ende des Hypes, nämlich im April 2022, gab es dann eine kleine „Sensationsmeldung“: Filmemacher Kevin Smith würde seinen nächsten Film ‚Killroy Was Here‘, eine Slasher Anthologie, als NFT veröffentlichen. 5555 Menschen hätten so die Möglichkeit Zugriff auf den Film zu erwerben (wie genau das mit der „Einmaligkeit“ von NFTs vereinbar ist, weiß ich nicht). Das ist… erstaunlich. Denn diese Sensationsmeldung war so „sensationell“, das sei es nicht einmal in meinen Newslichter geschafft hat. Vermutlich deshalb, weil ich es schlicht nicht mitbekommen habe. Sucht man heute nach dem Film, findet man zum allergrößten Teil nur die Ankündigung vom April vor zwei Jahren und Diskussionen darüber.

NFT Gläubige waren sicher, das wäre nun endlich der Dammbruch, nach dem auch die blöden „Normies“ den Sinn und Wert von NFTs erkennen müssten. Kevin Smith Fans sprachen eher darüber, dass Smith keine Ahnung von Technik habe und vermutlich von fiesen Betrügern ausgenützt würde. Niemand scheint über den Film selbst zu sprechen. Kein Wunder, haben ihn doch höchstens 5555 Leute gesehen. Wobei ihn die meisten vermutlich als „Wertanlage“ betrachtet haben und nie einen Blick drauf geworfen haben. Der Rest der Welt scheint die Existenz dieses Films vollständig vergessen zu haben. Wenn er denn je davon wusste.

In den 90ern war Smith einmal ein Independent Darling. Eine neue aufregende, ungewöhnliche Stimme in Hollywood. Ein Kritiker- und Publikumsliebling. Die 2000er waren dann eher durchwachsen für ihn. Vollständig misslang 2010 der Versuch mit ‚Cop Out‘ ins „normale“ Hollywood-Actionkino zu wechseln, was dazu führte, dass Smith Filmkritiker zu seinen Feinden erklärte. In den 2010ern versuchte Smith dann einerseits mit späten Sequels an seine 90er Erfolge anzuknüpfen und versuchte sich andererseits im Indie Horrorbereich. Seine Aufmerksamkeit schien aber inzwischen eher seinen Podcasts zu gelten, mit denen er einigen Erfolg verbuchte, als nahbarer, nerdiger Hollywood-Insider.

Einige Filmideen entsprangen direkt diesen Podcasts, darunter auch ein Anthologiehorror rund um den Krampus, der es bis zur Drehbuchphase schaffte. Doch als 2015 Michael Doughertys Film ‚Krampus‘ erschien, landete Smiths Anthologie in der Schublade. Aus der sie offenbar Jahre später wieder hervorgezogen wurde und nun auf den „Charakter“ Kilroy, jenen langnasigen Mann, der in Graffitis seit dem 2ten Weltkrieg über eine Mauer schaut, mit dem Slogan „Kilroy was here“, umgeschrieben werden sollte. Irgendwie. Keine Ahnung.

2020 sollte der Film in die Kinos kommen. Dann kam Covid. Aus 2020 wurde 2021. Und in dem Jahr wurde wohl der Entschluss gefasst, den Film als NFTs zu verkaufen. Im Juli 2022 wurden die versteigert. Und dann brach der Markt zusammen.

Ich schreibe all das, weil ich bis kurz bevor ich das hier geschrieben habe keine Ahnung hatte, dass es den Film überhaupt gibt und genau das faszinierend finde. Klar, Kevin Smiths Name hat nicht mehr den Klang, den er in den 90ern oder frühen 2000ern hatte. Seine letzten Filme richteten sich eher an seine verbliebenen Superfans, als an ein breiteres Publikum. Aber dass einer seiner Filme jetzt quasi „lost media“ geworden ist, finde ich dennoch irgendwo erstaunlich und ein Stück weit faszinierend.

Ich habe keine Ahnung, ob Smith den Film jemals auf „gewöhnliche“ Weise veröffentlichen kann. Vermutlich würde ihn das für Klagen der NFT Käufer (die, so darf man annehmen, ihre „Wertanlage“ inzwischen bereuen) öffnen. Zugegeben, was ich über den Inhalt weiß, weckt keinerlei Interesse in mir, den Film jemals zu sehen und dennoch hat Smith auch heute noch sicherlich mehr als 5555 Fans. Doch ich finde es erstaunlich schwer herauszufinden, ob die enttäuscht darüber sind, dass sie den Film vermutlich nie sehen werden. Vor allem scheinen sie damit beschäftigt, Smith für sein Vorgehen zu verteidigen.

Vielleicht ist der Film auch ohnehin schon längst auf einschlägigen Sharing Seiten erhältlich. So weit wollte ich meine Recherche dann doch nicht treiben. Ich sammle weder NFTs noch Viren. Wenn er das ist, wundert es mich umso mehr, dass niemand über den Film redet (den Inhalt meine ich, nicht die Form der Veröffentlichung, über die, unter anderen, zum Beispiel die Filmlichtung soeben geschrieben hat…).

Es ist nicht schön, dass wir tatsächlich wieder in einem Zeitalter leben, in dem Medien einfach verloren gehen können. Man schüttelt den Kopf über Filmstudios, die in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts ihre Stummfilme vernichtet haben, sicher in dem Glauben, dass den „alten Mist“ niemand mehr sehen wollen würde, wo es doch jetzt Ton gab. Doch die neuen „lost media“ sind fast noch schlimmer. Weil sie, wie etwa im Fall der „Steuerrückzahlungsfälle“ ‚Batgirl‘ oder ‚Coyote vs. ACME‘ niemand sehen kann, oder im Fall von ‚Killroy was here‘ nur eine sehr kleine Zahl. Und das ist bevor wir über die vielen „streaming only“ Filme sprechen, die von ihren Diensten verschwinden.

In einer Zeit, wo eigentlich alles nur einen Klick und eine Transaktion entfernt sein sollte, fühlt sich das, wenigstens für mich, schon recht gruselig an.

Die 5 Besten am Donnerstag: 5 Filme, die soziale oder politische Themen behandeln

Willkommen bei den 5 Besten am Donnerstag! Passion of Arts Thema heute lautet: 5 Filme, die soziale oder politische Themen behandeln. Ich habe mich bemüht, mich hier auf halbwegs aktuelle Filme zu beschränken. Legen wir los!

5. ‚Sonne und Beton‘

Die Stärke von David Wnendts Verfilmung von Felix Lobrechts semibiografischem Roman ist gerade, dass sie nicht etwa soziale oder politische Themen in den Vordergrund stellt, sondern ihre Charaktere. Nur leben die eben im „Problemviertel“ Berlin Gropiusstadt. Und so bleiben sie von entsprechenden Tendenzen nicht unberührt.

4. ‚Shoplifters‘

Hirokazu Kore-edas erstaunlich empathischer Blick auf eine Familie, die gleichzeitig umzingelt von gigantischen Betonblöcken aber auch außerhalb der Gesellschaft lebt, droht gelegentlich in sozialromantische Ideen vom angeblichen „Glück nichts zu haben“ abzurutschen, doch findet er immer gerade noch den Weg zurück, bleibt geerdet und menschlich.

3. ‚Parasite‘

Weit zorniger als Kore-eda kommt Bong Joon-ho daher. Seine tiefschwarze Komödie mit Thrillerelementen sollte eigentlich nur die sozialen Unterschiede in Südkorea herausstellen, fand jedoch ein weltweites Echo. Das Ungleichgewicht einer Gesellschaft, die einerseits formale Gleichheit postuliert und benötigt, diese aber andererseits durch brutale ökonomische Zwänge unmöglich macht, ist in jeder kapitalistischen Demokratie völlig nachvollziehbar.

2. ‚Systemsprenger‘

Auch Nora Fingscheidts teilweise schwer erträglicher „anti-Familienfilm“ hat für Sozialromantik überhaupt keine Zeit. Das kleine Mädchen Benni muss erleben, wie jede Beziehung, die sie aufbaut atrophiert, ihr daraus resultierender Zorn eben jedes System „sprengt“. Der damals zehnjährigen Helena Zengel gelingt eine wahnwitzige Darstellung, die zwischen Unkontrollierbarkeit, Angst und Freude oszilliert.

1. ‚Oppenheimer‘

Es kommt selten vor, dass der Gewinner der meisten Oscars auch noch einer der erfolgreichsten Filme des Jahres ist. Wenn er dann auch noch definitiv unter meinen liebsten Filmen des Jahres zu finden ist, hat er fraglos etwas richtig gemacht. ‚Oppenheimer‘ zeigt die inszenierten Fremd- und Selbstmartyrien des „Vaters der Atombombe“, ohne uns dabei jemals wirklich Zugang zu seinem Subjekt selbst zu erlauben. Eindrucksvolle Szenen bleiben einige der „politischeren“, wie Oppenheimers Treffen mit Präsident Truman, oder die Auswahl der Ziele für die Bomben, wobei der Verteidigungsminister Kyoto von der Liste nimmt, weil er dort seine Flitterwochen verbracht hat. Und am Ende fühlen wir uns alle wie Albert am Teich.