Warum ein ‚Blade‘ Film doch nicht so einfach ist… im MCU

Mit Yann Demange hat nun, nach Bassam Tariq, der zweite Regisseur das Marvel Filmprojekt ‚Blade‘ verlassen. Erst Ende letzten Jahres wurde mit Michael Green bereits der fünfte Autor engagiert, der das bestehende Skript grundlegend überarbeiten sollte. Nun arbeitet mit Eric Pearson ein sechster(!) Autor am Drehbuch. Das Projekt wurde 2019 angestoßen, offenbar vor allem deshalb, weil Schauspieler Mahershala Ali Interesse daran verkündet hat die Rolle des Daywalkers zu spielen. Damals war er Mitte vierzig, jetzt hat er die fünfzig hinter sich. Ende letzten Jahres hieß es, dass er selbst kurz davor sei auszusteigen. Ich habe mich hier häufig darüber lustig gemacht, wie schwer es sein kann, einen Film über einen Vampirjäger mit Sonnenbrille und Schwert zu drehen. Jetzt habe ich etwas mehr darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass das doch gar nicht so leicht ist. Jedenfalls nicht im MCU.

Da wäre zunächst einmal das Problem des Tonfalls des Films. ‚Blade‘ ist ein wenig verrucht, ein wenig „sleazy“. Hat ein bisschen einen Hauch von Exploitation und ist definitiv sexy. Nehmen wir allein die Eröffnungsszene des ersten ‚Blade‘. Im „bloodrave“ sieht man dutzende hedonistische Vampire, die Haut an Haut in einer Blutdusche tanzen und kurz davor stehen, einen notgeilen Typen aufzuessen, bevor der Daywalker auftaucht und mit Silbernitratkugeln und Schwert blutig-finstere Ernte einfährt. Das ist eine Szene, die so im MCU niemals funktionieren könnte. Klar, MCU Helden töten auch, aber das ist meist eine klinisch saubere Angelegen, verbunden mit einem lustigen Spruch, um der Sache die Härte zu nehmen. Ja, ‚Deadpool & Wolverine‘ wird sicherlich einen brutaleren Tonfall anschlagen, aber auch dort wird das stets durch Ryan Reynolds distanziert-ironischen Kommentar und seine Brüche der vierten Wand abgeschwächt. Und jegliche „Sexyness“ erschöpft sich in pubertären Andeutungen. Nein, ein ‚Blade‘, jedenfalls einer, der Fans der alten Filme nicht vor den Kopf stößt, braucht einen Ton, den es so im MCU nicht wirklich gibt und der vielleicht auch gar nicht funktionieren kann.

Dann ist da das Problem des Plots. Es gibt also Vampire im MCU mindestens zehntausende, vermutlich mehr, und das schon seit tausenden von Jahren. Dazu sind die eng verknüpft mit Politik und Staatsgewalt. So eng, dass nur ein etwas schmuddeliger Typ und seine noch schmuddeligeren Kumpane was dagegen unternehmen. S.H.I.E.L.D. hat da keine Ahnung von? Wong und Dr. Strange haben nie etwas von untoten Blutsaugern mitbekommen? Thor wusste es mal, aber hat’s vergessen? Okay, die Eternals haben uns gewarnt, aber wer hört schon auf die Eternals (Hinweis: der Autor dieser Zeilen hat den Film ‚The Eternals‘ nie gesehen)? Oder muss man da wieder etwas hilflos mit dem Multiversum argumentieren? Sind Vampire und Blade gerade eben durch irgendein Portal gestolpert, weil Spider-Man wieder keinen Collegeplatz bekommen hat, oder so? Das würde den Film etwas zu albern machen, denke ich wenigstens.

Und dann ist da das Problem der Verknüpfung mit dem Rest des MCU. Das war bekanntlich nervig genug, dass Edgar Wright die Flucht von ‚Ant-Man‘ ergriffen hat. In der Post-Credit Szene von ‚The Eternals‘ (den der Autor immer noch nicht gesehen hat) taucht offenbar die Stimme von Ali auf, als der zukünftige Black Knight (ein Marvel Charakter, den fast so viele Leute kennen wie die ‚The Eternals‘)  gerade die „Ebony Blade“ ergreifen will. Da haben wir also schon einmal eine Verbindung zu einem anderen Charakter (und womöglich auch zu den Eternals). Dazu soll ‚Blade‘, angeblich, die Gruppe Midnight Sons, bestehend aus übernatürlichen Charakteren wie Moon Knight oder Elsa Bloodstone, aufbauen. Und irgendeine Verbindung zu den Avengers wird es wohl auch brauchen. Die Tatsache, dass Demange gerade jetzt gegangen ist (aufgrund „kreativer Differenzen“, latürnich) und das Skript erneut überarbeitet wird, ist wahrscheinlich kein Zufall. Kevin Feige hat soeben umfängliche Nacharbeiten am nächsten ‚Captain America‘ Film hinter sich gebracht und hat nun wohl sein lidloses Auge dem „Problemkind“ ‚Blade‘ zugewandt. Das Feige-Micromanagement im MCU scheint jedenfalls zurück. Zum Guten wie zum Schlechten.

Bedenkt man all diese Probleme, wird aus einem eigentlich recht spaßigen Projekt plötzlich ein Franchise-Minenfeld. Die Disney-Verantwortlichen, so vermute ich jedenfalls, scheinen sehr viel glücklicher mit der Idee eines ‚Blade‘-Films, als ein erfolgreiches Franchise, als mit der Existenz eines tatsächlichen ‚Blade‘ Films. Der bringt halt, wie gezeigt, eine Menge Probleme mit sich und wird sich stets dem Vergleich mit den beiden guten, alten Filmen stellen müssen. Wenn er schlechter als ‚Blade Trinity‘ wird, sollten Disney mit dem Filmemachen wohl ohnehin aufhören. Und Mahershala Ali wird eben auch nicht jünger. Wen holt man jetzt als Regisseur an Bord? Offenbar hat Disney kürzlich mit Jordan Peele gesprochen, aber der hat wohl ‚Nope‘ und ‚Get Out‘ gesagt. Hier wird irgendein armer Indie Regisseur ranmüssen, der immerhin vermutlich ein paar Millionen dafür bekommen wird. Aber ob da so viel Herzblut drinstecken wird, wie in den alten Filmen, darf wohl bezweifelt werden.

Das MCU scheint hier tatsächlich der Mühlstein zu sein, der um den Hals dieses Projektes hängt. Vielleicht wäre Marvel nicht so schlecht beraten, manche Filme einfach in anderen Welten spielen zu lassen. Das Gerüst dafür ist ja schon da. Nennt es einfach ‚Geschichten aus dem Paulanergarten Multiversum‘ und fertig. Das Publikum geht da schon mit und man könnte das MCU erzählerisch so weit entschlacken, dass es nur umso besser funktioniert. Wahrscheinlicher ist aber wohl, dass Ali das Interesse verliert/zu alt wird und das Projekt heimlich still und leise einschläft. Im Sarg. Wie ein Vampir.

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