‚Flash Gordon‘ (1980) – „Aaahhh Aaahhh, He Saved Everyone Of Us!“

‚Flash Gordon‘ ist ein Film, den es ohne ‚Star Wars‘ vermutlich nie gegeben hätte, ebenso wie es ‚Star Wars‘ ohne ‚Flash Gordon‘ nicht gegeben hätte. In den 70er Jahren hielt der umtriebige Produzent Dino De Laurentiis die Filmrechte an dem Science Fiction Comic-Strip aus den 30ern. 1977 (oder eher früher) wollte ein relativ unbekannter Filmemacher namens George Lucas einen Gordon Film drehen und kam auf De Laurentiis zu. Der lehnte dankend ab, Lucas schuf seine eigene weit entfernte Galaxie und veränderte mal eben die gesamte Filmwelt. Nun schien die Zeit auch für einen ‚Flash Gordon‘ Film gekommen. Doch die Macher würden einen anderen Ansatz wählen.

Football Quarterback Flash Gordon (Sam J. Jones) und Reiseleiterin Dale Arden (Melody Anderson) kehren in einem kleinen Flugzeug aus dem Urlaub zurück. Da zieht plötzlich nicht nur ein Sturm auf und eine rote Wolke vor die Sonne, sondern auch die Piloten werden aus dem Flugzeug gerissen. Flash gelingt es die Maschine notzulanden. Leider genau auf dem Assistenten des verrückten(?) Wissenschaftlers Hans Zarkov (Chaim Topol). Der braucht nun neue Begleiter für seinen Raumflug. Denn er ist überzeugt die meteorologischen Phänomene überall auf der Welt (darunter „heißer Hagel“!!) und das Lösen des Mondes aus seiner Umlaufbahn sind ein außerirdischer Angriff. Und tatsächlich steckt der fiese Weltraumkaiser Ming (Max von Sydow) dahinter, an dessen Hof sich die drei Erdlinge alsbald wiederfinden. Hier geraten sie in die Intrigen von Ming, seiner Tochter Aura (Ornella Muti) und Berater Klytus (Peter Wyngarde). Können sie sich mit den anderen geknechteten Völkern des Gewaltherrschers, den Waldmenschen unter Prinz Barin (Timothy Dalton) und Falkenmännern unter Vultan (BRIAN BLESSED) zusammentun und Ming stürzen, bevor der die Erde zerstört?

Die wichtigste Information, um zu wissen in welche Richtung es geht erhält man im Vorspann. Das Drehbuch stammt von Lorenzo Semple Jr., dem Schöpfer und Hauptautoren der 66er ‚Batman‘ Serie. Der ironische Unterton des Films ist folglich so laut, dass er quasi schon der Ton ist. Für Puristen des 30er Jahre Comicstrips mag das ein Problem darstellen, doch dürften die deutlich seltener sein als Batman-Puristen. Kritik und Publikum wussten 1980 nicht so genau, wie sie mit dem Film umgehen sollten. Er hatte nichts von der utopischen Ernsthaftigkeit eines ‚Star Trek‘ oder der mystischen, galaktischen Weite von ‚Star Wars‘. Stattdessen zwinkerte er dem Zuschauer so heftig zu, dass man beinahe ein nervöses Lidzucken annehmen könnte.

Aber erst einmal zu dem, was abseits jeder Ironie funktioniert, oder eben nicht. Die Kostüme, Masken und Effekte decken nämlich eine erhebliche Bandbreite ab. Die Kostüme der menschenähnlichen Charaktere sind durch die Bank ebenso überladen wie großartig. Von Mings gigantischen, goldenen Krägen, über Klytus Doktor-Doom-Metallmaske, das paillettenbesetzte Robin Hood-grün der Waldleute zu den glitzernden Tiaren der weiblichen Helden. Auch Kreatureffekte, wie ein giftiges Monster in einem Baumstamm oder ein gigantischer, unterirdischer Jäger besitzen zwar eine gewisse „Gummihaftigkeit“, funktionieren aber dennoch sehr gut. Aber dann sind da die Kostüme der Echsenmenschen, die funktionieren mögen, solange sie im Hintergrund sind, aber bei gelegentlichen Nahaufnahmen, bei aller Ironie, schon an Kindergeburtstag denken lassen. Gebäude, Raumschiffe und vor allem die wirbelnden Hintergründe des beeindruckenden Himmels von Mings Thronwelt sind toll, leiden höchstens gelegentlich, BluRay-Auflösung sei Dank, an etwas auffälligem Bluescreening. Wenn sich aber in der letzten Schlacht („HAWKMEN, DIIIIIIIIIIVE!!!“) mehr Lasereffekte als je zuvor im Auge des Betrachters spiegeln, dann funktioniert das, zumindest für mich, auch heute noch ganz großartig.

Und dann ist da natürlich noch die Musik von Queen. Wer sie kennt, hat sie seit der Lektüre des Filmtitels ohnehin im Kopf und kann sich diesen Absatz sparen. Die Musik ist alles was der Film auch ist: bombastisch, over the top, augenzwinkernd bis albern. Sie ist treibend, hat Ohrwurmqualität, insofern man jedes Mal, wenn im Film der Name Flash fällt man instinktiv mit „Aaahhh Aaahhh“ antworten möchte. Auch finden wir heraus, dass man auf Mings Welt offenbar den Hochzeitsmarsch kennt. Allerdings von Brian May wunderbar auf der E-Gitarre genudelt. Persönlich mag ich Queens ‚Highlander‘ Soundtrack noch ein Stück lieber, aber der hier ist schon sehr großartig und ein Highlight des Films.

Kommen wir zu den Schauspielern. Schon die ‚Batman‘ Serie lebte von ihren großartig überspielten Schurken. Und da hat man hier mit Max von Sydow, der die Darstellung seines Ming irgendwo zwischen sadistischem Kind und ebenso sadistischem Erwachsenen, mit den unterschiedlichen Arten von Brutalität, die damit einhergehen, verortet, eine perfekte Wahl getroffen. Er weiß genau, wie er das Material zu behandeln hat und geht mit sichtbarem Spaß an die Sache heran. Fast noch besser gefiel mir Peter Wyngarde als Klytus, eine der ersten Stimmen, die wir im Film hören und der so viel Verachtung in das Wort „Earth“ legt, dass man fast spontan applaudieren möchte, ob der verbalen Fähigkeiten. Aber auch die nichtschurkischen Charaktere sind zu einem guten Teil überzogen. Da ist Dr. Zarkov, der eine elektronische Indoktrination dank Erinnerungen an die Beatles übersteht und natürlich BRIAN BLESSED als Falkenmann Vultan, der vermutlich noch nie eine Szene leiser als 110% gespielt hat. Ornella Muti in der Rolle der verführerisch-intriganten Aura scheint zunächst recht erwartet, wenn man allerdings die schiere Größe des Netzes ihrer Beziehungen und ihre spätere Wandlung bedenkt, ist sie ein durchaus interessanter Charakter. Etwas merkwürdig ist Timothy Dalton, der seinen Bazin vielleicht zu zurückhaltend als exakt das spielt was er scheint: einen Robin Hood ohne Bogen, dafür mit mehr Blutdurst. Man merkt seinen Dialogen teilweise an, dass sie für ein überzogeneres Spiel geschrieben wurden und seine Bodenständigkeit kämpft gelegentlich damit.

Die Batman Serie lebte aber natürlich mindestens genau so sehr vom völlig ernsthaften Spiel von Adam West, der seinem Batman eine liebenswerte Oberlehrerhaftigkeit verpasste. Melody Andersons Dale Arden scheint anfangs, genau die stets zu rettende Damsel in Distress, die man von der Umsetzung eines 30er Jahre Comics erwarten würde. Tatsächlich kontrollieren sie und Aura den Fortgang der Handlung aber weit mehr, als das für weibliche Charaktere in den 30ern (oder womöglich sogar den 80ern) typisch wäre. Sam Jones Flash bleibt leider deutlich blasser. Er ist ein vage sympathischer, gutmütiger Proto-He-Man (ich fresse einen  Laserbesen, wenn die Macher der Spielzeugserie diesen Film nicht zumindest im Hinterkopf hatten), der bis zum Ende hin eher von den Geschehnissen um ihn herum getrieben wird, als selbst aktiv zu werden. Jones vertrug sich offenbar nicht mit Regisseur Mike Hodges und verließ das Projekt, bevor es vollständig war, worin einer der Gründe für Flashes relative Blässe liegen könnte. Das soll aber nicht heißen, dass er nicht seine Momente hätte.

Diese Szene, in der sich herausstellt, das Quarterback Flash nur dann wirklich kämpfen kann, wenn er sich in einer Football-artigen Situation befindet, darf stellvertretend für den gesamten Film stehen und bildet quasi alles bisher Geschriebene ab. Diese Szene dürfte auch am nächsten an der ‚Batman‘ Serie sein. Genaugenommen ist sie nur ein paar „Zock“, „Biff“ und „Pow“ Soundword-Einblendungen entfernt.

Als Fazit bleibt mir nur zu sagen, dass ‚Flash Gordon‘ quasi das Idealbild eines Kultfilms ist. Bei seinem Erscheinen nicht wirklich geschätzt oder verstanden, hat er über die Jahre eine überzeugte, begeisterte Gefolgschaft unter Filmemachern, wie Edgar Wright und Filmfreunden aufgebaut, zu der ich mich, bei all seinen fraglosen Fehlern (oder vielleicht gerade deswegen), gerne zähle.

15 Gedanken zu “‚Flash Gordon‘ (1980) – „Aaahhh Aaahhh, He Saved Everyone Of Us!“

  1. „Da zieht plötzlich nicht nur ein Sturm auf und eine rote Wolke vor die Sonne, sondern auch die Piloten werden aus dem Flugzeug gerissen. Flash gelingt es die Maschine notzulanden. Leider genau auf dem Assistenten des verrückten(?) Wissenschaftlers Hans Zarkov (Chaim Topol).“

    Da bin ich jetzt gedanklich beim „Zauberer von Oz“ und bei Lukians „Wahre Geschichten“, womit Du mich mal wieder zu einem Artikel inspiriert hättest 😉

    „Und dann ist da natürlich noch die Musik von Queen. Wer sie kennt, hat sie seit der Lektüre des Filmtitels ohnehin im Kopf und kann sich diesen Absatz sparen.“

    Richtig 😉

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  10. Ich denke der Film wurde Jahrzehnte lang unterschätzt. Das mit Oz ist mir übrigens in all der Zeit nie aufgefallen. Übrigens gut geschrieben Kritik. Auf DVD ist dieser Film ein optischer Leckerbissen, ansonsten hat man ihn nicht wirklich „gesehen“. Was ich zu guter letzt auch noch empfehlen kann ist die Roman Version wo die Geschichte meiner Ansicht nach besser rüber kommt.

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