Mit ‚Fallout‘ beginnt nun der mit über 150 Minuten erstaunlich lange Zieleinlauf des Impossible-athon. Wird er wie im Flug vergehen oder doch noch zu einer Durchhalteprobe? Oder werde ich, „Hase & Igel“-Style, alle hundert Meter durch eine weit athletischere Person in einer perfekten LatexmaskeTM ausgetauscht? Ich bin schließlich nicht Tom Cruise, ich mache bestimmt nicht alle meine Stunts selber. Teil eins des Langlaufs findet Ihr hier und den zweiten Part hier.
Nachdem Solomon Lane (Sean Harris) im vorigen Teil festgesetzt wurde, hat sich das Syndikat aufgelöst. Es gilt allerdings noch Überreste, die Apostel, die versuchen waffenfähiges Plutonium an sich zu bringen, um weiteres Chaos und Zerstörung zu stiften. Hunt (Cruise) und sein Team (Luther Stickell (Ving Rhames) und Benji Dunn (Simon Pegg)) schleichen sich Undercover bei einer Übergabe ein. Als allerdings, mal wieder, alles schiefgeht setzt Hunt das Leben seines Freund und Kollegen Luther über die Sicherung des Plutoniums. Als Konsequenz wird seinem Team der CIA Agent Walker (Henry Cavill) zugeteilt, der das weitere Vorgehen überwachen soll und aus seiner Verachtung für die IMF und Hunt persönlich kein Geheimnis macht. Bald stellt sich heraus, dass die Apostel und ihr geheimnisvoller Kontaktmann John Lark, es nicht nur auf Atombombenbau, sondern auch auf die Befreiung von Solomon Lane abgesehen haben. Auch die genauen Ziel der Agentin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) sind wieder einmal zweifelhaft.
Oookay, fall ich mal direkt mit der Tür ins Haus: wann genau ist mir klar geworden, dass ich gerade den besten Teil der Serie schaue? Ich glaube, es war die Ankunft in Paris. Hunt und Walker reisen natürlich nicht irgendwie nach Paris, sie vollführen einen HALO-Sprung perfekt ins Ziel. Es folgt eine (beeindruckende) Toilettenschlägerei, eine Flucht vor/Schießerei mit drei Dutzend Assassinen in einem Club, mehrere motorisierte Verfolgungen mit gefühlt jeder Art von Fahrzeug durch die Pariser Straßen, bevor unsere Agenten in einem Boot in der Kanalisation landen. Am Ende hat man das Gefühl jeden Quadratzentimeter der Metropole so effektiv wie möglich für Action genutzt zu haben. Und das ist lange vor dem Höhepunkt, über den ich hier aber nichts verraten möchte.
Es ist jedoch nicht nur die Action, die den Film ausmacht. Christopher McQuarrie, der hier allein für Buch und Regie verantwortlich zeichnet, nutzt den Bombast für eine Charakteranalyse von Ethan Hunt. Er muss sich hier mit dem „Fallout“ seiner Entscheidungen auseinandersetzen. Nicht nur der vom Anfang des Films, Luther zu retten, sondern durchaus Entscheidungen durch die ganze Reihe, allen voran seine unüberlegte Ehe mit Julia (Michelle Monaghan). Seine Neigung, seine Empathie über das große Ganze zu stellen, genau das was ihn für den Zuschauer so sympathisch macht, wird hier in Frage gestellt.
Mc Quarrie scheint sich bewusst, dass es heutzutage schwer ist Geheimdienstorganisationen für einen auch nur halbwegs informierten Zuschauer sympathisch zu machen. Und so versucht er es erst gar nicht. Die CIA ist eine rigide, gnadenlose Organisation, nichts anderes als der verlängerte Arm amerikanischer Interessen. Und beinahe schon so etwas wie ein Nebenantagonist, personifiziert durch Walker, der durchaus daran arbeitet Hunt zu untergraben. Ilsa Faust hingegen zerstört sich hier wieder beinahe selbst, bei dem Versuch dem MI6 ihre Loyalität zu beweisen, einer Organisation, die diese ganz offensichtlich nicht verdient. Man vergleiche das mal mit den erstaunlich heldenhaften MI6ern, die ich schon in ‚Spectre‘ erwähnt habe. Am Ende ist es nur die Fantasieorganisation des IMF, perfekt personifiziert durch den Superhelden Ethan Hunt, die das Menschliche im Blick behält.
Der Film gibt einem also einiges, worüber man nachdenken kann, wenn es gerade einmal nicht kracht. Das bedeutet vermutlich nach dem Film, denn, meine Güte, es kracht! Und zwar qualitativ wie quantitativ absolut hochwertig. Der Ansatz so wenig wie möglich über CGI zu lösen und weiter noch die Schauspieler möglichst selbst in den zahllosen Stunt-Szenen einzusetzen zahlt sich absolut aus, nötige Verletzungspausen hin oder her. Wie oben schon für Paris erwähnt, McQuarrie holt aus seinen Action-Setpieces wirklich alles raus, was auch nur drinstecken könnte. Es ist beeindruckend und gelegentlich wirklich überraschend.
Der Humor, der mir in ‚Rogue Nation‘ etwas gefehlt hat, feiert hier eine erfolgreiche Rückkehr. Und wieder ergibt er sich genau aus dem, woher er kommen sollte, den Interaktionen zwischen dem Team. Pegg und Rhames leisten sicherlich ihren Teil, aber ich war überrascht, dass die Hauptquelle des Humors für mich Henry Cavills Walker war. Seine pompöse Arroganz, sein offener Hass für alles, wofür die IMF steht (er spuckt Hunt den berühmten Satz „Ihre Mission, wenn Sie sie akzeptieren“ geradezu ins Gesicht), oft genug ausgedrückt in nur einem Blick, der bleischwer vor Ressentiments scheint, ist absolut komisch. Und spätestens, wenn er vor der oben erwähnten Toilettenprügelei seine Arme durchlädt wie zwei Pumpschrotflinten, war für mich lautes Lachen angesagt.
Der Rest des Casts ist gewohnt gut und hat sich inzwischen etabliert als Personal, mit dem man gerne seine Zeit verbringt. Insbesondere Cruise ist in diesem Teil aber auch emotional wieder etwas mehr gefragt und darf unter Beweis stellen, dass er mehr kann, als nur den Action-Darsteller.
Ein wenig peinlich ist mir, dass ich bei Teil 6 ankommen musste, bevor ich ein paar Worte über den unkaputtbaren, musikgewordenen Tritt in den Hintern von einem Titelthema, komponiert von Lalo Schiffrin gesagt habe. In sechs verschiedenen Interpretationen habe ich es bis hierhin gehört und noch jedes Mal ging es direkt ins Ohr und lange nicht wieder hinaus. Komponist Lorne Balfe liefert hier ansonsten gekonnte Agenten-Action Musik ab, steigert sich allerdings in manchen finsteren Szenen gar zu einem apokalyptischen Scheppern, das mich an Wojciech Kilars Score zu ‚Bram Stokers Dracula‘ erinnert hat.
Fazit: so gut wie die Reihe je war. Perfekt inszenierte Action, mit einer brauchbaren Geschichte und gelungener Charakterzeichnung dahinter. Top!
9/10 Weißen Witwen
So, damit ist er vorerst beendet der Impossible-athon. Spaß hat es gemacht und nach diesem Teil schaue ich mehr als gespannt in die Zukunft der Serie. Ich war zuerst ein wenig enttäuscht, dass das Konzept, jeden Teil von einem anderen Regisseur inszenieren zu lassen, aufgegeben wurde. So hatte jeder Teil ein ganz eigenes Flair bei wiedererkennbaren Rahmenbedingungen. Andererseits hat McQuarrie nun die Möglichkeit an einer „Mythologie“ der Serie zu arbeiten, die bisher vom geringen Zusammenhang der Filme verhindert wurde. Es ist wohl auch eine gute Idee Teil 7 und 8 zusammen zu drehen, wie es demnächst passieren wird. Denn, seien wir ehrlich, selbst ein Tom Cruise wird nicht jünger und ich weiß nicht, ob die Serie ohne ihn funktionieren könnte.
Bleibt mir nur noch mein Ranking der Reihe:
- ‚Fallout‘
- ‚M:I 1‘ und ‚Ghost Protocol‘
- ‚Rogue Nation‘
- ‚M:I 3‘
- ‚M:I 2‘
Wenn Ihr mögt, wäre ich durchaus interessiert Euer Ranking in den Kommentaren zu lesen. Ansonsten sehen wir uns hier nächste Woche wieder, dann ohne Marathon.
„Fallout“ ist wirklich ein unglaublich guter Actionthriller, vor allem wenn man bedenkt, dass das ein sechster Teil ist. Für mich einer der besten Filme des letzten Jahres. Dee Showdown war mir ein bisschen zu lang und Jeremy Renner hat mir ein bisschen gefehlt, aber auch bei mir hat sich „Fallout“ an die Spitze gesetzt.
1. Fallout
2. Mission Impossible
3. Rogue Nation
4. Ghost Protocol
5. MI 3
6. MI 2
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Ich sehe unser einziger „großer“ Unterschied ist die Bewertung von Ghost Protocol. Ich bin ernstlich gespannt auf 7 & 8.
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Fand Fallout auch ziemlich genial…wie eh schon öfters angemerkt, vor allem auch weil es der sechste! Teil eines Franchise ist.
Meine Reihung wäre allerdings trotzdem:
Ghost Protocol
Fallout
Mission Impossible
MI 2
MI 3
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Ich glaube GP wäre der Teil, den ich am ehesten nochmal schauen würde. Wegen der guten Mischung aus Action und Humor und weil er, anders als Fallout, keine 2,5 Stunden braucht… (auch wenn die sich nicht danach anfühlen)
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Oh hoppla, hab Rogue Nation vergessen 😅…der käme zwischen Mission Impossible und MI 2
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6 > 5 > 1 > 4 > 3&2
Bei Star Wars sähe die Reihenfolge anders aus.
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Und sie stimmt noch nicht einmal… 6 > 4 > 1 > 5 > 3&2…
ich hab’s nicht so mit Zahlen.
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Ja, 3 und 5 haben den Nachteil, dass sie durch ihre viel stärkeren Nachfolger beinahe überflüssig werden und 2 ist nicht gut. Und 3 hat, glaube ich, nur einen dicken Hoffman Bonus bei mir.
So, jetzt geh ich mal gucken wie weit unten ich diesmal beim rätseln gelandet bin…
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3 fand ich auch ohne Nachfolger (also in der Zeit bis zu Teil 4) recht belanglos. Hätte niemals damit gerechnet, dass sie die Franchise nicht nur retten können, sondern in solche Höhen schnellen lassen, wie jetzt bei Fallout geschehen.
Mal sehen, ob der neue James Bond sich daran ein Beispiel nehmen wird.
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Naja, JB hatte ja letztens erst nen Peak mit Skyfall. Und meistens ist der Darstellerwechsel der Zeitpunkt für die besten Filme, mals schauen.
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Nach Skyfall kam allerdings Spectre… und davor Quantum Trost…
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Schon wahr. Für den nächsten habe ich ehrlich gesagt wenig Hoffnung. Aber wenn ein neuer Darsteller kommt… die letzten Male gab das Goldeneye und Casino Royale.
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Huch, 4 so weit unten?
Vergiss es, habe grad deinen anderen Kommentar gesehen… 😉
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