Die Rückkehr der Spuktakulären Filmmonster Kapitel 5: Mumien

Im letzten Jahr ging es bei den Spuktakulären Filmmonstern um Vampire, Geister, Zombies und Bizarres, mit einem kurzen Ausflug in die Welt der Hexen. Und wie alle guten Monster stehen natürlich auch die Spuktakulären Filmmonster noch einmal auf, wenn man nicht mehr damit rechnet. Im ersten Kapitel dieses Jahres soll es um die Mumien gehen. Die haben zwar keine besonders beeindruckende Filmografie unter den Bandagen und dürften, Tom Cruise sei Dank, aus Hollywood erst einmal verbannt sein. Doch ist die westliche Faszination mit (vor allem) ägyptischen Mumien keine die erst mit dem Film begonnen hat. Bereits im 19. Jahrhundert vermischten sich echtes historisches Interesse und morbide Faszination. In der damaligen imperialistischen Welt, hatte das allerdings recht hässliche Konsequenzen. Doch fangen wir am Anfang an.

Wer es sich im Alten Ägypten leisten konnte, der ließ sich mumifizieren. Der Tod war immerhin nur der Übergang zu einem ewigen Dasein. Und das wollte man möglichst in gutem Zustand erleben. Eingeweide und Hirn wurden dabei entnommen, der Körper einbalsamiert und fest mit Binden umwickelt. Den Pharaonen wurden Pyramiden errichtet, ihre Mumien in kostbare Sarkophage gelegt und mit allerlei Schätzen, Genussmitteln und manchmal auch Dienern und Haustieren auf die ewige Reise geschickt. Aber auch hohe Beamte konnten ansehnliche Grabmäler erhalten. Der „normale Bürger“ würde nach dem Tod, wenn er Glück hatte, in einem Volksgrab mit hunderten anderer Mumien landen.

Seit dem Mittelalter wurden in Europa zermahlene Mumien als Heilmittel geschätzt. Das geht vermutlich auf eine Fehlübersetzung aus dem Arabischen zurück. Im 16. Jahrhundert wurde das Mumienpulver zu einem beliebten braun-Pigment für Gemälde. Wie viel von den braunen Pudern, die man an Mittelmeerhäfen von nordafrikanischen Händlern kaufen konnte tatsächlich von Mumien stammte ist allerdings wohl mehr als fragwürdig. Anfang des 19. Jahrhunderts fand Napoleons Feldzug in Ägypten statt. In seinem Gefolge befanden sich zahlreiche Ägyptologen. Neben erheblichen wissenschaftlichen Fortschritten rund ums Alte Ägypten, führten deren Berichte allerdings auch zu einer Art Mumienmanie in Europa. Vor allem in Großbritannien kam es bald in Mode „Mumienparties“ zu veranstalten. Nach einigen ägyptologischen Vorträgen wurde dabei, als Höhepunkt des Abends, eine Mumie ausgewickelt. Das sorgte einerseits für makaberen Grusel, andererseits war es eine Art Wundertüte, denn oft kamen Schmuck und Amulette zum Vorschein, die der Veranstalter behalten konnte. Die Bandagen und oft genug die Leichname selbst wurden hingegen entsorgt. Die Totenruhe einer anderen Kultur wurde mit einem Schulterzucken abgetan und tausende Mumien auf diese Weise zerstört.

In der Literatur tauchten Mumien um diese Zeit auch auf. Jedoch nicht als Gruselgestalten, sondern als freundliche, weise Übermittler von Wissen. Das früheste Auftauchen dürfte 1828 in „The Mummy! A Tale of the Twenty-Second Century“ der Botanikerin Jane C. Loudon sein. Kein anderer als Pharao Cheops wurde da mit einer galvanischen Batterie (wie in Mary Shelleys ‚Frankenstein‘) wiederbelebt und übermittelte Jahrtausende alte Weisheiten. Auch in Edgar Allan Poes „Some words with a mummy“ von 1845 bleibt alles friedlich. Es ist eine Satire auf die Fortschrittsgläubigkeit der USA und die wiederbelebte Mumie darin heißt „Allamistakeo“, was dafür sorgt, dass ich mich bei meinen eigenen Wortspielen etwas besser fühle.

Der Grusel beginnt erst gegen Ende des 19. Jahrunderts/Anfang des 20. Mit Arthur Conan Doyles Kurzgeschichte „The Ring of Toth“ (1890) und Bram Stokers „The Jewel of Seven Stars“, übrigens das erste Werk mit einer weiblichen Mumie im Mittelpunkt. Ende der 20er Jahre kochten dann, in der Klatschpresse, die Gerüchte um einen „Fluch der Pharaonen“ hoch, als Mitglieder der Expedition, die das Grab von Pharao Tutanchamun entdeckte, wenige Jahre später verstarben. Tatsächlich waren einige Teilnehmer bereits krank, als das Grab eröffnet wurde. Der einzige „Fluch“ war wohl eine sehr hohe Konzentration von Schimmelsporen in der Grabluft, die zu weiteren Krankheiten führte. Und wie später herausgefunden wurde haben mindestens 5 Teilnehmer aufgrund der sensationalistischen Berichterstattung Selbstmord begangen.

In genau diese Atmosphäre hinein erschien 1932 Universals ‚Die Mumie‘, das erste der Universal Monster, dass auf keiner literarischen Vorlage basierte. Die wiederbelebte Mumie ist hier Imhoptep. In der realen Geschichte einer der ersten Universalgelehrten, der später kultisch verehrt wurde, im Film ein finsterer Schwarzmagier, verkörpert von Boris Karloff. Bandagen und vertrocknetes Aussehen lässt er auf der Suche nach seiner geliebten Anck-es-en-Amon, die er in einer modernen Frau wiedererkennen will, schnell hinter sich. Karl Freunds Film hat, meiner Meinung nach zu Unrecht, den Ruf eine langweiligere Variante von ‚Dracula‘ zu sein. Ich mag seine atmosphärischen Bilder und Karloff in einer Rolle, in der er etwas mehr sagen darf, als als Monster.

Für die Fortsetzungen wurde Imhotep allerdings nicht zurückgeholt. Stattdessen ist der Hohepriester Kharis die lebende Mumie, die mit einem Sud aus Tana-Blättern über die Jahrtausende am Leben gehalten wurde, um das Grab von Prinzessin Ananka zu bewachen. Dies geschieht als Strafe dafür, das Kharis Ananka mit den Tana-Blättern wiederbeleben wollte. Aus diesen Filmen ergibt sich das Bild der Mumie als bandagiertes, schlurfendes aber fast unaufhaltsames Monster, das allerdings von einer geheimen Priesterschaft kontrolliert wurde. Kharis tauchte in vier Filmen auf und traf, wie fast alle Universal Monster, als seine Beliebtheit nachließ auch auf die Komiker Abbott und Costello.

Nach der Universal-Welle wurde es lange Zeit recht still um Mumien im Film. 1960 gab es eine italienische Neuverfilmung des Films von 1932 unter dem Titel ‚Il Sepolcro dei Re‘/‘Fluch des Pharao‘. 1959 erweckten die britischen Hammer-Studios die Mumie zu neuem Unleben, wie fast alle Universal Monster. Man orientierte sich hier sogar recht direkt an den früheren Filmen. Christopher Lee übernahm die Rolle des Kharis. Die Serie brachte es aber nur auf drei Filme – für Hammer Verhältnisse sehr wenige. Ein weiterer Hammerfilm ist ‚Das Grab der blutigen Mumie‘ (1971), eine Verfilmung von Bram Stokers ‚Jewel Of The Seven Stars‘, der sich allerdings mehr mit Grabräuberei und Flüchen als tatsächlichen Mumien beschäftigt.

Und wieder kehrte Ruhe um die Mumien ein. In Fred Dekkers ‚Monster Busters‘ von 1987, den man am besten als „Goonies vs. Universal Monster“ umschreiben könnte, taucht die Mumie zwar auf, bleibt aber gegenüber den anderen Monstern sehr blass. Frankensteins Monster ist ein netter Kerl, der Wolfmann anatomisch korrekt und Dracula ein dynamitwerfender Mistkerl. Die Mumie hingegen ist schnell vergessen.

Ender der 90er folgt ein Remake des allerersten Universal Films. Allerdings setzt der 1999er ‚Die Mumie‘ Film weniger auf Grusel, als recht albernes Action-Abenteuer. Ich mag den Film, trotz dramaturgischer Schwächen und Übereinsatz von 90er CGI sehr gerne. Anders sieht es bei der Fortsetzung ‚Die Mumie kehrt zurück‘ aus, die alle Konzepte des ersten Films gnadenlos überstrapaziert und Dwayne Johnson als albernes CGI Monster verheizt. ‚Die Mumie: Das Grabmal des Drachenkaisers‘ von 2008 habe ich nicht gesehen und kenne niemanden, der das hat. Allerdings ging es darin wohl nach China anstatt nach Ägypten, wobei es dort eigentlich keine umfangreiche Geschichte willentlicher Mumifizierung gibt. Eine weitere feste Rolle scheint die Mumie in den ‚Hotel Transsylvanien‘-Animationsfilmen gefunden zu haben, wo sie wieder mit ihren Universal-Monster-Gefährten vereint ist.

Am besten sind die Mumien vielleicht bei ihren kleineren Auftritten. Sei es als unwahrscheinlicher Gegner für einen alternden Elvis in einem texanischen Altenheim in ‚Bubba Ho-Tep‘ (2002). Oder in der ursprünglichen Rolle in westlicher Literatur,  als Übermittler alter Weisheit im zu Unrecht übersehenen ‚Adèle und das Geheimnis des Pharaos‘ (2010). Hier liefert die Mumie von Patmosis, dem Leibarzt Ramses II. alte medizinische Geheimnisse. Für größere Auftritte besteht nach dem Tom Cruise Debakel vermutlich ohnehin erstmal keine Chance mehr.

Welche sehenswerten kleineren Auftritte habe ich übersehen? Welche Mumienfilme mögt ihr besonders?

PS: ich hab den Legosi nirgendwo gesehen. Der hat doch angedroht zu allem was beitragen zu wollen. Das macht mir Sorgen…

19 Gedanken zu “Die Rückkehr der Spuktakulären Filmmonster Kapitel 5: Mumien

  1. Tatsächlich habe ich den dritten Teil der Mumien Reihe mit Fraser gesehen und kann dir sagen, du hast nichts verpasst. Hier wird davon ausgegangen, dass die berühmte Terra-Cotta Armee in Wirklichkeit verfluchte Schergen des legendären Drachenkaisers sind…und weil so ein paar Kriegerlein nicht reichen erwachen auch noch die Skelette der tausenden in der chinesischen Mauer verscharrten, damals nach dem Tod einfach mit einbetonierten, Arbeiter zum Leben🙄

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    • Okay, ich verstehe, warum rachel Weisz nach Lektüre des Drehbuchs „Haha, nein!“ zum Wiederaufnehmen ihrer Rolle gesagt hat. Aber ein ganz zentrales Wort fehlt in deiner Zusammenfassung: wer ist denn jetzt die Mumie? 😉

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      • Sorry, die Antwort hat jetzt etwas auf sich warten lassen😅…das ist ja das Problem, irgendwie alle aber eigentlich keiner. Das Wort Mumie wird hier eher großzügig als konservierter Körper (der Drachenkaiser plus in Ton gehüllte Terra Cotta Schergen) bzw auferstandene Skelette (in der Mauer verbuddelte Arbeiter) ausgelegt. Und ja, ich konnte auch sofort verstehen warum Rachel Weisz da angelehnt hat!

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  2. Ich freue mich, dass die tolle Serie vom letzten Jahr weitergeführt wird. Super!

    “ Karl Freunds Film hat, meiner Meinung nach zu Unrecht, den Ruf eine langweiligere Variante von ‚Dracula‘ zu sein. “
    Auch wenn du den Beitrag schon kennst, muss für weitere interessierte Leser gestehen, dass ich so ein bisschen ins gleiche Horn blase.

    https://magofilmtipps.wordpress.com/2016/07/12/universal-monsters-4-die-mumie-ueber-die-zweifelhafte-kunst-der-selbstkopie/

    Die Brandon Fraser Film finde ich übrigens furchtbar. Sorry 😦 Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Cruise Film noch schlechter ist. Hast du den gesehen?

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    • Ich glaube das ist die allgemeine Meinung, Dein Artikel ist ja durchaus fair zu dem Film. Aber es wird schon einen Grund gehabt haben, dass der arme Imhoptep für die Sequels einfach ersetzt wurde… (hast Du Sequels mal gesehen? Ich glaube ich nur den ersten Kharis Film, der mir aber nicht in Erinnerung geblieben ist)

      Ich mag den ersten Fraser Film bin mir aber völlig bewusst, dass das ein Guilty Pleasure ist.

      Den Cruise Film habe ich nur so kurz erwähnt, weil ich ihn eben nicht kenne. Habe auch kein Bedürfnis. Inzwischen scheint ja recht deutlich, dass es einer der Fälle war, wo Cruise zu viel kreative Kontrolle in einem Projekt hatte und es in die Tom Cruise Show verändert hat und das ist halt blöd, wenn man gleichzeitig ein Cinematic Universe aufziehen will.

      Ironisch ist, dass fast alle Kritiken sagen Sophia Boutellas Mumie sei das Beste am Film. Denn sie hatte wohl, bevor Cruise das Ruder übernahm, eine deutlich größere Rolle. Wie man es von der Mumie in einem Film namens „Die Mumie“ erwarten würde… 😉

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      • Von den Sequels habe ich keins gesehen.

        Was die neue Mumie angeht bin ich megaenttäuscht. 😦 Ich hatte so große Hoffnungen in das Projekt und bin nach wie vor davon überzeugt, dass man daraus etwas hätte machen können. Allerdings müsste man dazu halt den Geist der Originale einfangen. Ich hab den Cruise Film hier noch als DVD rumstehen. Habe aber immer noch nicht reingeschaut.

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      • Nachtrag: Ich habe den 2017er Mumien Film nun endlich gesehen und fand ihn überraschenderweise gar nicht so schlecht. Nicht unbedingt das große Highlight, das ich mir für das Dark Universe gewünscht hätte. Aber nicht so mies wie die meisten Kritiken es befürchten ließen. Boutellas Mumie muss sich schauspielerisch nicht hinter Karloffs Darbietung verstecken. Das war echt toll. Die große Schwäche ist das Drehbuch (und der Einfluss von Tom Cruise). Ich werde in den nächsten Wochen seeeehr ausführlich darüber schreiben.

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        • Ehrlich gesagt könnte die Mumie meine Erwartungen nur noch übertreffen, wenn sie keine Totalkatastrophe ist, so niedrig sind sie. Sophia Boutella war ja auch die einzige, die mit Lob aus der Sache herausgekommen ist.

          Ich bin gespannt was Du zu sgen hast und ob es mich dazu bringt den Film zu sehen.

          Ich bin aber sicher, das der Wechsel in ein kleineres Format ein guter Schritt für die Monster ist.

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          • Ich habe mich nun gedanklich tiefer mit dem Film beschäftigt und finde ihn mittlerweile sogar gar nicht übel. Keineswegs perfekt. Dazu ging denke ich in der Planung zu viel durcheinander. Aber ich würde ihn jetzt durchaus empfehlen.

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